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Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663].

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an Jhm selbst.
gemeinen Wesens dienet/ das alle wird umsonst gelernet und geleh-
ret. Zwey Dinge sind/ auß welchen eine vollkommene Weisheit
bestehet: wol leben/ und wol reden Das wol-Leben lehren die
Geschicht Beschreiber. Von denen haben die Alten den Raht und
Willen der Götter/ das verborgene Alterthum der gantzen Welt/
die Thaten der groffen Helden/ die Beyspiel/ ja die göttliche und
weltliche Geschickligkeit hergenommen. Und kan kein Theil der
rechtschaffenen Geschickligkeit gegeben werden/ welche von den
Geschicht Schreibern nicht were verfasset worden/ und welchen wir
heute zu Tage in ihren Büchern nicht zufinden hätten. Wollreden
aber lehren nur die Redner. Diese zwey Stücke sinds/ welche die
Alten mit solchem Fleisse suchten/ und erhielten. Wann sie die-
se beyde zur Seiten hatten/ dürfften sie sich weder für das
Gericht/ noch für das gemeine Wesen zu tretten/ etwas scheuen.
Mit diesen stunden sie/ gleich als gewaffnet/ wider den Anlauff des
wiederwärtigen Glücks/ gantz unbewegt/ und trugen in den be-
schwerlichsten Läufften der Zeit den grösten Preiß davon/ und
nahmen bey dem gefährlichsten Ungewitter ihre einige Zuflucht zu
dem Hafen dieser Weisheit. Wir vergnügen uns an der Blüte der
Wissenschafft/ weil uns die Frucht mangelt. Ja wir haben auch
noch nicht einmahl die Blüte/ sondern wir weltzen diesen unsern
Himmlischen Geist in lautern Koht herum. Gleich wie aus dem
Oceanus der Maeotis/ aus dem Maeotis/ der Pontus/ aus dem
Pontus der Hellespontus/ und aus dem Hellespontus das Meer:
Also hat die gantze Welt-Weisheit ihren Ursprung von dem Plato/
Plato vom Homerus, Homerus ist so wol ein Redner/ als ein Poet
gewesen. Die scharffsinnigen Philosophen und Redner sind zwar in
allen Dingen einer Meinung/ aber sie reden dieselbige auff einerley
Art und weise nit auß/ Homerus lehret alles das jenige in seinem Hector,
was Aristoteles von der Stärcke geschrieben hat. Alle die verborgne
Dieng der Natur/ alle Unterrichtungen der Bürgerlichen Klugheit/
alle Lehren der Sitten/ die ihr in dem Aristotel findet hat Homerus vor
längst in seinen Oratorischen und Poetischen Erfindungen begriffen/
welche wir nicht erforschen können/ weil unser Verstand durch die
närrischen Phantaseyen gantz verblendet ist. Der hat endlich der
grösten und ältesten Weißheit am besten wahr genommen/ welcher/
nach dem er verstehet/ was er lieset/ auff ein anders dencket/ welches
er nicht lieset. Epictetus hat Griechisch disputiret/ und Seneca La-
tenisch/ und handeln doch beyde von einerley Weisheit. Derowegen ist
fast unter einem rechtschaffenen weltklugen Mann/ und unter einem Red-
ner in Underscheid/ als unter dem Socrates/ und unter der Xantip-
pen Manne/ Ja nur so viel sind die Redner den Philophen vorzuziehen/

als
J i i ij

an Jhm ſelbſt.
gemeinen Weſens dienet/ das alle wird umſonſt gelernet und geleh-
ret. Zwey Dinge ſind/ auß welchen eine vollkommene Weisheit
beſtehet: wol leben/ und wol reden Das wol-Leben lehren die
Geſchicht Beſchreiber. Von denen haben die Alten den Raht und
Willen der Goͤtter/ das verborgene Alterthum der gantzen Welt/
die Thaten der groffen Helden/ die Beyſpiel/ ja die goͤttliche und
weltliche Geſchickligkeit hergenommen. Und kan kein Theil der
rechtſchaffenen Geſchickligkeit gegeben werden/ welche von den
Geſchicht Schreibern nicht were verfaſſet worden/ und welchen wir
heute zu Tage in ihren Buͤchern nicht zufinden haͤtten. Wollreden
aber lehren nur die Redner. Dieſe zwey Stuͤcke ſinds/ welche die
Alten mit ſolchem Fleiſſe ſuchten/ und erhielten. Wann ſie die-
ſe beyde zur Seiten hatten/ duͤrfften ſie ſich weder fuͤr das
Gericht/ noch fuͤr das gemeine Weſen zu tretten/ etwas ſcheuen.
Mit dieſen ſtunden ſie/ gleich als gewaffnet/ wider den Anlauff des
wiederwaͤrtigen Gluͤcks/ gantz unbewegt/ und trugen in den be-
ſchwerlichſten Laͤufften der Zeit den groͤſten Preiß davon/ und
nahmen bey dem gefaͤhrlichſten Ungewitter ihre einige Zuflucht zu
dem Hafen dieſer Weisheit. Wir vergnuͤgen uns an der Bluͤte der
Wiſſenſchafft/ weil uns die Frucht mangelt. Ja wir haben auch
noch nicht einmahl die Bluͤte/ ſondern wir weltzen dieſen unſern
Himmliſchen Geiſt in lautern Koht herum. Gleich wie aus dem
Oceanus der Mæotis/ aus dem Mæotis/ der Pontus/ aus dem
Pontus der Helleſpontus/ und aus dem Helleſpontus das Meer:
Alſo hat die gantze Welt-Weisheit ihren Urſprung von dem Plato/
Plato vom Homerus, Homerus iſt ſo wol ein Redner/ als ein Poet
geweſen. Die ſcharffſinnigen Philoſophen und Redner ſind zwar in
allen Dingen einer Meinung/ aber ſie reden dieſelbige auff einerley
Art und weiſe nit auß/ Homerus lehret alles das jenige in ſeinem Hector,
was Ariſtoteles von der Staͤrcke geſchrieben hat. Alle die verborgne
Dieng der Natur/ alle Unterrichtungen der Buͤrgerlichen Klugheit/
alle Lehren der Sitten/ die ihr in dem Ariſtotel findet hat Homerus vor
laͤngſt in ſeinen Oratoriſchen und Poetiſchen Erfindungen begriffen/
welche wir nicht erforſchen koͤnnen/ weil unſer Verſtand durch die
naͤrriſchen Phantaſeyen gantz verblendet iſt. Der hat endlich der
groͤſten und aͤlteſten Weißheit am beſten wahr genommen/ welcher/
nach dem er verſtehet/ was er lieſet/ auff ein anders dencket/ welches
er nicht lieſet. Epictetus hat Griechiſch diſputiret/ und Seneca La-
teniſch/ und handeln doch beyde von einerley Weisheit. Derowegen iſt
faſt unteꝛ einem rechtſchaffenen weltklugen Mañ/ und unter einem Red-
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pen Manne/ Ja nur ſo viel ſind die Redner den Philophen vorzuziehẽ/

als
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[867/0909] an Jhm ſelbſt. gemeinen Weſens dienet/ das alle wird umſonſt gelernet und geleh- ret. Zwey Dinge ſind/ auß welchen eine vollkommene Weisheit beſtehet: wol leben/ und wol reden Das wol-Leben lehren die Geſchicht Beſchreiber. Von denen haben die Alten den Raht und Willen der Goͤtter/ das verborgene Alterthum der gantzen Welt/ die Thaten der groffen Helden/ die Beyſpiel/ ja die goͤttliche und weltliche Geſchickligkeit hergenommen. Und kan kein Theil der rechtſchaffenen Geſchickligkeit gegeben werden/ welche von den Geſchicht Schreibern nicht were verfaſſet worden/ und welchen wir heute zu Tage in ihren Buͤchern nicht zufinden haͤtten. Wollreden aber lehren nur die Redner. Dieſe zwey Stuͤcke ſinds/ welche die Alten mit ſolchem Fleiſſe ſuchten/ und erhielten. Wann ſie die- ſe beyde zur Seiten hatten/ duͤrfften ſie ſich weder fuͤr das Gericht/ noch fuͤr das gemeine Weſen zu tretten/ etwas ſcheuen. Mit dieſen ſtunden ſie/ gleich als gewaffnet/ wider den Anlauff des wiederwaͤrtigen Gluͤcks/ gantz unbewegt/ und trugen in den be- ſchwerlichſten Laͤufften der Zeit den groͤſten Preiß davon/ und nahmen bey dem gefaͤhrlichſten Ungewitter ihre einige Zuflucht zu dem Hafen dieſer Weisheit. Wir vergnuͤgen uns an der Bluͤte der Wiſſenſchafft/ weil uns die Frucht mangelt. Ja wir haben auch noch nicht einmahl die Bluͤte/ ſondern wir weltzen dieſen unſern Himmliſchen Geiſt in lautern Koht herum. Gleich wie aus dem Oceanus der Mæotis/ aus dem Mæotis/ der Pontus/ aus dem Pontus der Helleſpontus/ und aus dem Helleſpontus das Meer: Alſo hat die gantze Welt-Weisheit ihren Urſprung von dem Plato/ Plato vom Homerus, Homerus iſt ſo wol ein Redner/ als ein Poet geweſen. Die ſcharffſinnigen Philoſophen und Redner ſind zwar in allen Dingen einer Meinung/ aber ſie reden dieſelbige auff einerley Art und weiſe nit auß/ Homerus lehret alles das jenige in ſeinem Hector, was Ariſtoteles von der Staͤrcke geſchrieben hat. Alle die verborgne Dieng der Natur/ alle Unterrichtungen der Buͤrgerlichen Klugheit/ alle Lehren der Sitten/ die ihr in dem Ariſtotel findet hat Homerus vor laͤngſt in ſeinen Oratoriſchen und Poetiſchen Erfindungen begriffen/ welche wir nicht erforſchen koͤnnen/ weil unſer Verſtand durch die naͤrriſchen Phantaſeyen gantz verblendet iſt. Der hat endlich der groͤſten und aͤlteſten Weißheit am beſten wahr genommen/ welcher/ nach dem er verſtehet/ was er lieſet/ auff ein anders dencket/ welches er nicht lieſet. Epictetus hat Griechiſch diſputiret/ und Seneca La- teniſch/ und handeln doch beyde von einerley Weisheit. Derowegen iſt faſt unteꝛ einem rechtſchaffenen weltklugen Mañ/ und unter einem Red- ner in Underſcheid/ als unter dem Socrates/ und unter der Xantip- pen Manne/ Ja nur ſo viel ſind die Redner den Philophen vorzuziehẽ/ als J i i ij

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Zitationshilfe: Schupp, Johann Balthasar: Schrifften. Hrsg. v. Anton Meno Schupp. [Hanau], [1663], S. 867. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schupp_schriften_1663/909>, abgerufen am 22.11.2024.