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Schurz, Karl: Der Studentencongreß zu Eisenach am 25. September 1848. Bonn, 1848.

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jedenfalls die Studenten in der ehrlichen Reformparthei die Hauptmasse. Wenn es aber auf das Bauen, nicht auf das Stürzen ankommt, so ist eine Masse nur dann von großem Gewicht, wenn sie vernünftig organisirt ist. Die Spitze der Organisation unsrer großen, räumlich weit versprengten Reformparthei kann nur die Centralisation in einem Körper sein, und das ist die Bedeutung des Studentenparlaments.

Man messe daher seine Wirksamkeit nicht nach dem einzelnen konkreten Vortheil ab, den der Deputirte seinen Committenten etwa mit nach Hause bringen könnte: denn das Studentenparlament erfüllt jetzt seine Aufgabe als Barometer für den intellektuellen Standpunkt oder Fortschritt der Parthei, es bildet jetzt das Mittel einer geistigen Centralisation und wird dann erst die Frucht seiner materiellen Thätigkeit zeigen können, wenn die Zeit eines einheitlichen Handelns gekommen ist. Man glaube nicht, daß das Studentenparlament in Bezug auf jenen theoretischen Fortschritt unnütz sei; denn es bietet eine oft sehr willkommene, oft gar nothwendige Anregung, die allgemeine Aufmerksamkeit aus der wirren Zerfahrenheit politischer und socialer Interessen und Bestrebungen auf die systematische Cultur der Wissenschaft, diese stille Oase, dauernd zu concentriren. Aber vor Allem schlage man den Werth jener lebhaften Agitation, welche das periodische Zusammentreten des Studentenparlaments mit sich bringt und nach sich zieht, nicht zu gering an; denn eine gesunde Agitation ist überall im Staatsleben ein mächtiger Hebel intellektuellen Fortschritts, indem sie die Gedanken ins thätig bewegte Leben und an das klärende Licht der Sonne ruft und treibt und keinerlei Stagnation duldet; sie ist dem Volke das, was dem menschlichen Körper die Bewegung. Sie hält das Gegeneinanderwogen der verschiedenen Meinungen lebendig, bis die eine von der andern verschlungen wird und ein einheitlicher Wille resultirt. Der deutschen Studentenschaft

jedenfalls die Studenten in der ehrlichen Reformparthei die Hauptmasse. Wenn es aber auf das Bauen, nicht auf das Stürzen ankommt, so ist eine Masse nur dann von großem Gewicht, wenn sie vernünftig organisirt ist. Die Spitze der Organisation unsrer großen, räumlich weit versprengten Reformparthei kann nur die Centralisation in einem Körper sein, und das ist die Bedeutung des Studentenparlaments.

Man messe daher seine Wirksamkeit nicht nach dem einzelnen konkreten Vortheil ab, den der Deputirte seinen Committenten etwa mit nach Hause bringen könnte: denn das Studentenparlament erfüllt jetzt seine Aufgabe als Barometer für den intellektuellen Standpunkt oder Fortschritt der Parthei, es bildet jetzt das Mittel einer geistigen Centralisation und wird dann erst die Frucht seiner materiellen Thätigkeit zeigen können, wenn die Zeit eines einheitlichen Handelns gekommen ist. Man glaube nicht, daß das Studentenparlament in Bezug auf jenen theoretischen Fortschritt unnütz sei; denn es bietet eine oft sehr willkommene, oft gar nothwendige Anregung, die allgemeine Aufmerksamkeit aus der wirren Zerfahrenheit politischer und socialer Interessen und Bestrebungen auf die systematische Cultur der Wissenschaft, diese stille Oase, dauernd zu concentriren. Aber vor Allem schlage man den Werth jener lebhaften Agitation, welche das periodische Zusammentreten des Studentenparlaments mit sich bringt und nach sich zieht, nicht zu gering an; denn eine gesunde Agitation ist überall im Staatsleben ein mächtiger Hebel intellektuellen Fortschritts, indem sie die Gedanken ins thätig bewegte Leben und an das klärende Licht der Sonne ruft und treibt und keinerlei Stagnation duldet; sie ist dem Volke das, was dem menschlichen Körper die Bewegung. Sie hält das Gegeneinanderwogen der verschiedenen Meinungen lebendig, bis die eine von der andern verschlungen wird und ein einheitlicher Wille resultirt. Der deutschen Studentenschaft

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[8/0010] jedenfalls die Studenten in der ehrlichen Reformparthei die Hauptmasse. Wenn es aber auf das Bauen, nicht auf das Stürzen ankommt, so ist eine Masse nur dann von großem Gewicht, wenn sie vernünftig organisirt ist. Die Spitze der Organisation unsrer großen, räumlich weit versprengten Reformparthei kann nur die Centralisation in einem Körper sein, und das ist die Bedeutung des Studentenparlaments. Man messe daher seine Wirksamkeit nicht nach dem einzelnen konkreten Vortheil ab, den der Deputirte seinen Committenten etwa mit nach Hause bringen könnte: denn das Studentenparlament erfüllt jetzt seine Aufgabe als Barometer für den intellektuellen Standpunkt oder Fortschritt der Parthei, es bildet jetzt das Mittel einer geistigen Centralisation und wird dann erst die Frucht seiner materiellen Thätigkeit zeigen können, wenn die Zeit eines einheitlichen Handelns gekommen ist. Man glaube nicht, daß das Studentenparlament in Bezug auf jenen theoretischen Fortschritt unnütz sei; denn es bietet eine oft sehr willkommene, oft gar nothwendige Anregung, die allgemeine Aufmerksamkeit aus der wirren Zerfahrenheit politischer und socialer Interessen und Bestrebungen auf die systematische Cultur der Wissenschaft, diese stille Oase, dauernd zu concentriren. Aber vor Allem schlage man den Werth jener lebhaften Agitation, welche das periodische Zusammentreten des Studentenparlaments mit sich bringt und nach sich zieht, nicht zu gering an; denn eine gesunde Agitation ist überall im Staatsleben ein mächtiger Hebel intellektuellen Fortschritts, indem sie die Gedanken ins thätig bewegte Leben und an das klärende Licht der Sonne ruft und treibt und keinerlei Stagnation duldet; sie ist dem Volke das, was dem menschlichen Körper die Bewegung. Sie hält das Gegeneinanderwogen der verschiedenen Meinungen lebendig, bis die eine von der andern verschlungen wird und ein einheitlicher Wille resultirt. Der deutschen Studentenschaft

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Zitationshilfe: Schurz, Karl: Der Studentencongreß zu Eisenach am 25. September 1848. Bonn, 1848, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schurz_studentencongress_1848/10>, abgerufen am 21.11.2024.