mel erhoben, am südlichen Firmament als ein leuchten¬ des Gestirn.
Jasons Ende.
Jason gelangte nicht zu dem Throne von Jolkos, um dessentwillen er die gefahrvolle Fahrt bestanden, Me¬ dea ihrem Vater geraubt, und an ihrem Bruder Absyrtus einen schändlichen Mord begangen hatte. Er mußte das Königreich dem Sohne des Pelias, Akastus, überlassen, und sich mit seiner jungen Gemahlin nach Corinth flüch¬ ten. Hier wohnte er zehn Jahre mit ihr, und sie gebar ihm drei Söhne. Die beiden Aeltesten waren Zwillinge und hießen Thesalus und Alkimenes; der dritte, Tisan¬ der, war viel jünger. Während jener Zeit war Medea nicht nur um ihrer Schönheit willen, sondern auch wegen ihres edlen Sinnes und ihrer übrigen Vorzüge, von ihrem Gatten geliebt und geehrt. Als aber später die Zeit die Reize ihrer Gestalt allmählig vertilgte, wurde Jason von der Schönheit eines jungen Mädchens, der Tochter des Corintherköniges Kreon, mit Namen Glauce, entzündet und bethört. Ohne daß seine Gattin darum wußte, warb er um die Jungfrau und nachdem der Va¬ ter eingewilligt und den Tag der Hochzeit bestimmt hatte, suchte er erst seine Gemahlin zu bewegen, daß sie frei¬ willig auf die Ehe verzichten sollte. Er versicherte sie auch, daß er die neue Heirath nicht schließen wolle, weil er ihrer Liebe überdrüssig sey, sondern aus Fürsorge für seine Kinder suche er in Verwandtschaft mit dem ho¬ hen Königshause zu treten. Aber Medea ward entrüstet
mel erhoben, am ſüdlichen Firmament als ein leuchten¬ des Geſtirn.
Jaſons Ende.
Jaſon gelangte nicht zu dem Throne von Jolkos, um deſſentwillen er die gefahrvolle Fahrt beſtanden, Me¬ dea ihrem Vater geraubt, und an ihrem Bruder Abſyrtus einen ſchändlichen Mord begangen hatte. Er mußte das Königreich dem Sohne des Pelias, Akaſtus, überlaſſen, und ſich mit ſeiner jungen Gemahlin nach Corinth flüch¬ ten. Hier wohnte er zehn Jahre mit ihr, und ſie gebar ihm drei Söhne. Die beiden Aelteſten waren Zwillinge und hießen Theſalus und Alkimenes; der dritte, Tiſan¬ der, war viel jünger. Während jener Zeit war Medea nicht nur um ihrer Schönheit willen, ſondern auch wegen ihres edlen Sinnes und ihrer übrigen Vorzüge, von ihrem Gatten geliebt und geehrt. Als aber ſpäter die Zeit die Reize ihrer Geſtalt allmählig vertilgte, wurde Jaſon von der Schönheit eines jungen Mädchens, der Tochter des Corintherköniges Kreon, mit Namen Glauce, entzündet und bethört. Ohne daß ſeine Gattin darum wußte, warb er um die Jungfrau und nachdem der Va¬ ter eingewilligt und den Tag der Hochzeit beſtimmt hatte, ſuchte er erſt ſeine Gemahlin zu bewegen, daß ſie frei¬ willig auf die Ehe verzichten ſollte. Er verſicherte ſie auch, daß er die neue Heirath nicht ſchließen wolle, weil er ihrer Liebe überdrüſſig ſey, ſondern aus Fürſorge für ſeine Kinder ſuche er in Verwandtſchaft mit dem ho¬ hen Königshauſe zu treten. Aber Medea ward entrüſtet
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mel erhoben, am ſüdlichen Firmament als ein leuchten¬
des Geſtirn.
Jaſons Ende.
Jaſon gelangte nicht zu dem Throne von Jolkos,
um deſſentwillen er die gefahrvolle Fahrt beſtanden, Me¬
dea ihrem Vater geraubt, und an ihrem Bruder Abſyrtus
einen ſchändlichen Mord begangen hatte. Er mußte das
Königreich dem Sohne des Pelias, Akaſtus, überlaſſen,
und ſich mit ſeiner jungen Gemahlin nach Corinth flüch¬
ten. Hier wohnte er zehn Jahre mit ihr, und ſie gebar
ihm drei Söhne. Die beiden Aelteſten waren Zwillinge
und hießen Theſalus und Alkimenes; der dritte, Tiſan¬
der, war viel jünger. Während jener Zeit war Medea
nicht nur um ihrer Schönheit willen, ſondern auch wegen
ihres edlen Sinnes und ihrer übrigen Vorzüge, von
ihrem Gatten geliebt und geehrt. Als aber ſpäter die
Zeit die Reize ihrer Geſtalt allmählig vertilgte, wurde
Jaſon von der Schönheit eines jungen Mädchens, der
Tochter des Corintherköniges Kreon, mit Namen Glauce,
entzündet und bethört. Ohne daß ſeine Gattin darum
wußte, warb er um die Jungfrau und nachdem der Va¬
ter eingewilligt und den Tag der Hochzeit beſtimmt hatte,
ſuchte er erſt ſeine Gemahlin zu bewegen, daß ſie frei¬
willig auf die Ehe verzichten ſollte. Er verſicherte ſie
auch, daß er die neue Heirath nicht ſchließen wolle,
weil er ihrer Liebe überdrüſſig ſey, ſondern aus Fürſorge
für ſeine Kinder ſuche er in Verwandtſchaft mit dem ho¬
hen Königshauſe zu treten. Aber Medea ward entrüſtet
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/196>, abgerufen am 23.11.2024.
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