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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838.

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umher wie andere Schatten, sondern sein hoher Sinn und
Seherverstand war ihm geblieben. Seine Tochter Manto
hatte die Flucht nicht getheilt; sie war in Thebe zurück¬
gelassen worden, und fiel hier den Eroberern, welche die
verödete Stadt besetzten, in die Hände. Diese hatten ein
Gelübde gethan, das Beste, was sie von Beute zu Thebe
finden würden, dem Apollo zu weihen. Nun urtheilten
sie, daß dem Gotte kein Theil der Beute besser gefallen könne,
als die Seherin Manto, welche die göttliche Gabe von
ihrem Vater ererbt hatte, und nicht in geringerem Maße
besaß. Deßwegen brachten die Epigonen dieselbe nach
Delphi, und weihten sie hier dem Gott als Priesterin.
Hier wurde sie immer vollkommener in der Wahrsager¬
kunst und anderer Weisheit und bald die berühmteste Seherin
ihrer Zeit. Oft sah man bei ihr einen greisen Mann
aus und ein gehen, den sie herrliche Gesänge lehrte, die
bald in ganz Griechenland wiedertönten. Es war der
Maeonier Homerus.


umher wie andere Schatten, ſondern ſein hoher Sinn und
Seherverſtand war ihm geblieben. Seine Tochter Manto
hatte die Flucht nicht getheilt; ſie war in Thebe zurück¬
gelaſſen worden, und fiel hier den Eroberern, welche die
verödete Stadt beſetzten, in die Hände. Dieſe hatten ein
Gelübde gethan, das Beſte, was ſie von Beute zu Thebe
finden würden, dem Apollo zu weihen. Nun urtheilten
ſie, daß dem Gotte kein Theil der Beute beſſer gefallen könne,
als die Seherin Manto, welche die göttliche Gabe von
ihrem Vater ererbt hatte, und nicht in geringerem Maße
beſaß. Deßwegen brachten die Epigonen dieſelbe nach
Delphi, und weihten ſie hier dem Gott als Prieſterin.
Hier wurde ſie immer vollkommener in der Wahrſager¬
kunſt und anderer Weisheit und bald die berühmteſte Seherin
ihrer Zeit. Oft ſah man bei ihr einen greiſen Mann
aus und ein gehen, den ſie herrliche Geſänge lehrte, die
bald in ganz Griechenland wiedertönten. Es war der
Maeonier Homerus.


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[381/0407] umher wie andere Schatten, ſondern ſein hoher Sinn und Seherverſtand war ihm geblieben. Seine Tochter Manto hatte die Flucht nicht getheilt; ſie war in Thebe zurück¬ gelaſſen worden, und fiel hier den Eroberern, welche die verödete Stadt beſetzten, in die Hände. Dieſe hatten ein Gelübde gethan, das Beſte, was ſie von Beute zu Thebe finden würden, dem Apollo zu weihen. Nun urtheilten ſie, daß dem Gotte kein Theil der Beute beſſer gefallen könne, als die Seherin Manto, welche die göttliche Gabe von ihrem Vater ererbt hatte, und nicht in geringerem Maße beſaß. Deßwegen brachten die Epigonen dieſelbe nach Delphi, und weihten ſie hier dem Gott als Prieſterin. Hier wurde ſie immer vollkommener in der Wahrſager¬ kunſt und anderer Weisheit und bald die berühmteſte Seherin ihrer Zeit. Oft ſah man bei ihr einen greiſen Mann aus und ein gehen, den ſie herrliche Geſänge lehrte, die bald in ganz Griechenland wiedertönten. Es war der Maeonier Homerus.

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 1. Stuttgart, 1838, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen01_1838/407>, abgerufen am 24.11.2024.