was mir mein Herz gebietet! den Bundesvertrag, den wir jüngst geschlossen, hat Jupiter nicht genehmigt, viel¬ mehr beiden Völkern böse Entschlüsse eingegeben, bis ent¬ weder ihr selbst Troja erobert, oder vor uns erlieget bei euren Schiffen. Nun sind die tapfersten Helden Griechen¬ lands in eurem Heere. Welchem nun von solchen sein Herz gebeut, mit mir, dem göttergleichen Hektor den Vor¬ kampf zu wagen, der trete heraus! Die Bedingung, die ich stelle, ist diese, und Jupiter sey mein Zeuge: wenn mein Gegner mich mit dem Speer erlegt, mag er meinen Waffenraub zu den Schiffen hinabtragen, doch meinen Leib nach Troja senden, daß er der Ehre des Scheiterhaufens in der Heimath theilhaftig werde; wenn aber mir Apollo Ruhm gewährt und ich meinen Gegner erlege, so hänge ich seine Rüstung im Tempel des Phöbus zu Troja auf, und den Erschlagenen möget ihr bei euren Schiffen mit Pracht bestatten und ihm am Hellespont ein Mal auf¬ thürmen, von dem einst in späten Zeiten der Schiffer noch sage: Sehet, hier ragt der Grabhügel des längstverstorbe¬ nen Mannes, der einst im Streit mit dem göttergleichen Hektor erlag!"
Also sprach Jener, die Danaer aber schwiegen, denn es war schimpflich, den Kampf zu verweigern, und gefahr¬ voll, ihn anzunehmen. Endlich stand Menelaus auf und strafte seine Landsleute seufzend mit den Worten: "Wehe mir, ihr Prahler, Griechinnen und nicht Griechen. Wäre es doch eine unvertilgbare Schande, wenn kein Danaer dem Hektor zu begegnen wagte! Möchtet ihr euch Alle in Koth und Wasser verwandeln, wie ihr miteinander dasitzet, Jeder ohne Herz und ohne Ruhm! So will ich denn mich selbst zum Kampfe gürten und den Göttern den
Schwab, das klass. Alterthum. II. 10
was mir mein Herz gebietet! den Bundesvertrag, den wir jüngſt geſchloſſen, hat Jupiter nicht genehmigt, viel¬ mehr beiden Völkern böſe Entſchlüſſe eingegeben, bis ent¬ weder ihr ſelbſt Troja erobert, oder vor uns erlieget bei euren Schiffen. Nun ſind die tapferſten Helden Griechen¬ lands in eurem Heere. Welchem nun von ſolchen ſein Herz gebeut, mit mir, dem göttergleichen Hektor den Vor¬ kampf zu wagen, der trete heraus! Die Bedingung, die ich ſtelle, iſt dieſe, und Jupiter ſey mein Zeuge: wenn mein Gegner mich mit dem Speer erlegt, mag er meinen Waffenraub zu den Schiffen hinabtragen, doch meinen Leib nach Troja ſenden, daß er der Ehre des Scheiterhaufens in der Heimath theilhaftig werde; wenn aber mir Apollo Ruhm gewährt und ich meinen Gegner erlege, ſo hänge ich ſeine Rüſtung im Tempel des Phöbus zu Troja auf, und den Erſchlagenen möget ihr bei euren Schiffen mit Pracht beſtatten und ihm am Helleſpont ein Mal auf¬ thürmen, von dem einſt in ſpäten Zeiten der Schiffer noch ſage: Sehet, hier ragt der Grabhügel des längſtverſtorbe¬ nen Mannes, der einſt im Streit mit dem göttergleichen Hektor erlag!“
Alſo ſprach Jener, die Danaer aber ſchwiegen, denn es war ſchimpflich, den Kampf zu verweigern, und gefahr¬ voll, ihn anzunehmen. Endlich ſtand Menelaus auf und ſtrafte ſeine Landsleute ſeufzend mit den Worten: „Wehe mir, ihr Prahler, Griechinnen und nicht Griechen. Wäre es doch eine unvertilgbare Schande, wenn kein Danaer dem Hektor zu begegnen wagte! Möchtet ihr euch Alle in Koth und Waſſer verwandeln, wie ihr miteinander daſitzet, Jeder ohne Herz und ohne Ruhm! So will ich denn mich ſelbſt zum Kampfe gürten und den Göttern den
Schwab, das klaſſ. Alterthum. II. 10
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was mir mein Herz gebietet! den Bundesvertrag, den
wir jüngſt geſchloſſen, hat Jupiter nicht genehmigt, viel¬
mehr beiden Völkern böſe Entſchlüſſe eingegeben, bis ent¬
weder ihr ſelbſt Troja erobert, oder vor uns erlieget bei
euren Schiffen. Nun ſind die tapferſten Helden Griechen¬
lands in eurem Heere. Welchem nun von ſolchen ſein
Herz gebeut, mit mir, dem göttergleichen Hektor den Vor¬
kampf zu wagen, der trete heraus! Die Bedingung, die
ich ſtelle, iſt dieſe, und Jupiter ſey mein Zeuge: wenn
mein Gegner mich mit dem Speer erlegt, mag er meinen
Waffenraub zu den Schiffen hinabtragen, doch meinen Leib
nach Troja ſenden, daß er der Ehre des Scheiterhaufens
in der Heimath theilhaftig werde; wenn aber mir Apollo
Ruhm gewährt und ich meinen Gegner erlege, ſo hänge
ich ſeine Rüſtung im Tempel des Phöbus zu Troja auf,
und den Erſchlagenen möget ihr bei euren Schiffen mit
Pracht beſtatten und ihm am Helleſpont ein Mal auf¬
thürmen, von dem einſt in ſpäten Zeiten der Schiffer noch
ſage: Sehet, hier ragt der Grabhügel des längſtverſtorbe¬
nen Mannes, der einſt im Streit mit dem göttergleichen
Hektor erlag!“
Alſo ſprach Jener, die Danaer aber ſchwiegen, denn
es war ſchimpflich, den Kampf zu verweigern, und gefahr¬
voll, ihn anzunehmen. Endlich ſtand Menelaus auf und
ſtrafte ſeine Landsleute ſeufzend mit den Worten: „Wehe
mir, ihr Prahler, Griechinnen und nicht Griechen. Wäre
es doch eine unvertilgbare Schande, wenn kein Danaer
dem Hektor zu begegnen wagte! Möchtet ihr euch Alle in
Koth und Waſſer verwandeln, wie ihr miteinander daſitzet,
Jeder ohne Herz und ohne Ruhm! So will ich denn
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/167>, abgerufen am 24.11.2024.
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