rein, salbte ihn mit Ambrosia und gab ihn den Zwillingen Schlaf und Tod hinwegzutragen. Diese flogen mit ihm davon und brachten ihn in sein lycisches Heimathland.
Aber Patroklus, vom bösen Geschicke getrieben, mun¬ terte seinen Wagenlenker und seine Rosse auf, und rannte den Trojanern und Lyciern nach, ins eigne Unheil. Neun Troern zog er ihre Rüstungen vom erlegten Leichnam ab, und tobte so unaufhaltsam im Lanzenkampfe voran, daß er die gethürmte Stadt Troja selbst erobert hätte, wäre nicht auf dem festesten Thurme der Gott Apollo ge¬ standen, und hätte auf das Verderben des Helden und auf die Beschirmung der Trojaner gesonnen. Dreimal stieg der Sohn des Menötius zur hervorragenden Mauerecke heran, und dreimal verdrängte ihn Apollo mit unsterb¬ licher Hand, den leuchtenden Schild ihm entgegen haltend, und sein "Weiche!" rufend. Da entwich Patroklus mit eilendem Schritte vor dem Befehl des Gottes.
Am skäischen Thore hielt der fliehende Hektor mit seinen Rossen inne, und besann sich einen Augenblick, ob er sie ins Schlachtgetümmel zurücktreiben oder seinem Volke gebieten sollte, sich in die Mauern der Stadt ein¬ zuschließen. Während er so unentschlossen die Zügel an¬ zog, nahte sich ihm Phöbus in der Gestalt von Hecuba's Bruder Asius, der ein Oheim des Fürsten war, und sprach zu ihm: "Hektor, was entziehst du dich dem Kampfe? Wär' ich so viel stärker, denn du, als ich schwächer bin, ich wollte dich für deine Unthätigkeit zum Hades senden. Aber wohlan, wenn du nicht gern solche Worte hörst, lenke deine Rosse dem Patroklus zu; wer weiß, ob dir Apollo nicht den Sieg schenkt." So raunte ihm der ver¬ mummte Gott ins Ohr und verlor sich im Gewühl der
rein, ſalbte ihn mit Ambroſia und gab ihn den Zwillingen Schlaf und Tod hinwegzutragen. Dieſe flogen mit ihm davon und brachten ihn in ſein lyciſches Heimathland.
Aber Patroklus, vom böſen Geſchicke getrieben, mun¬ terte ſeinen Wagenlenker und ſeine Roſſe auf, und rannte den Trojanern und Lyciern nach, ins eigne Unheil. Neun Troern zog er ihre Rüſtungen vom erlegten Leichnam ab, und tobte ſo unaufhaltſam im Lanzenkampfe voran, daß er die gethürmte Stadt Troja ſelbſt erobert hätte, wäre nicht auf dem feſteſten Thurme der Gott Apollo ge¬ ſtanden, und hätte auf das Verderben des Helden und auf die Beſchirmung der Trojaner geſonnen. Dreimal ſtieg der Sohn des Menötius zur hervorragenden Mauerecke heran, und dreimal verdrängte ihn Apollo mit unſterb¬ licher Hand, den leuchtenden Schild ihm entgegen haltend, und ſein „Weiche!“ rufend. Da entwich Patroklus mit eilendem Schritte vor dem Befehl des Gottes.
Am ſkäiſchen Thore hielt der fliehende Hektor mit ſeinen Roſſen inne, und beſann ſich einen Augenblick, ob er ſie ins Schlachtgetümmel zurücktreiben oder ſeinem Volke gebieten ſollte, ſich in die Mauern der Stadt ein¬ zuſchließen. Während er ſo unentſchloſſen die Zügel an¬ zog, nahte ſich ihm Phöbus in der Geſtalt von Hecuba's Bruder Aſius, der ein Oheim des Fürſten war, und ſprach zu ihm: „Hektor, was entziehſt du dich dem Kampfe? Wär' ich ſo viel ſtärker, denn du, als ich ſchwächer bin, ich wollte dich für deine Unthätigkeit zum Hades ſenden. Aber wohlan, wenn du nicht gern ſolche Worte hörſt, lenke deine Roſſe dem Patroklus zu; wer weiß, ob dir Apollo nicht den Sieg ſchenkt.“ So raunte ihm der ver¬ mummte Gott ins Ohr und verlor ſich im Gewühl der
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rein, ſalbte ihn mit Ambroſia und gab ihn den Zwillingen
Schlaf und Tod hinwegzutragen. Dieſe flogen mit ihm
davon und brachten ihn in ſein lyciſches Heimathland.
Aber Patroklus, vom böſen Geſchicke getrieben, mun¬
terte ſeinen Wagenlenker und ſeine Roſſe auf, und rannte
den Trojanern und Lyciern nach, ins eigne Unheil. Neun
Troern zog er ihre Rüſtungen vom erlegten Leichnam ab,
und tobte ſo unaufhaltſam im Lanzenkampfe voran, daß
er die gethürmte Stadt Troja ſelbſt erobert hätte, wäre
nicht auf dem feſteſten Thurme der Gott Apollo ge¬
ſtanden, und hätte auf das Verderben des Helden und
auf die Beſchirmung der Trojaner geſonnen. Dreimal
ſtieg der Sohn des Menötius zur hervorragenden Mauerecke
heran, und dreimal verdrängte ihn Apollo mit unſterb¬
licher Hand, den leuchtenden Schild ihm entgegen haltend,
und ſein „Weiche!“ rufend. Da entwich Patroklus mit
eilendem Schritte vor dem Befehl des Gottes.
Am ſkäiſchen Thore hielt der fliehende Hektor mit
ſeinen Roſſen inne, und beſann ſich einen Augenblick, ob
er ſie ins Schlachtgetümmel zurücktreiben oder ſeinem
Volke gebieten ſollte, ſich in die Mauern der Stadt ein¬
zuſchließen. Während er ſo unentſchloſſen die Zügel an¬
zog, nahte ſich ihm Phöbus in der Geſtalt von Hecuba's
Bruder Aſius, der ein Oheim des Fürſten war, und
ſprach zu ihm: „Hektor, was entziehſt du dich dem Kampfe?
Wär' ich ſo viel ſtärker, denn du, als ich ſchwächer bin,
ich wollte dich für deine Unthätigkeit zum Hades ſenden.
Aber wohlan, wenn du nicht gern ſolche Worte hörſt,
lenke deine Roſſe dem Patroklus zu; wer weiß, ob dir
Apollo nicht den Sieg ſchenkt.“ So raunte ihm der ver¬
mummte Gott ins Ohr und verlor ſich im Gewühl der
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/246>, abgerufen am 23.11.2024.
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