Priamus, der durch eine feierliche Botschaft sich die Leiche erbeten hatte, um sie in der Gruft des Königes Laomedon zu bestatten, ihr Leichnam ausgeliefert werde. Priamus aber errichtete ihr vor der Stadt einen mächtigen Schei¬ terhaufen, und legte den Leib der Jungfrau sammt vielen herrlichen Gaben darauf. Dann entzündete er den Scheiter¬ haufen, daß er hoch empor loderte, und als der Leichnam verzehrt war, löschten die umstehenden Trojaner den Brand mit süßduftendem Weine. Sodann sammelten sie die Ge¬ beine Penthesilea's, legten dieselben in ein Kästchen und trugen sie wehklagend und in feierlichem Aufzuge in die Gruft des Königes Laomedon, die sich an einem hervor¬ ragenden Thurme der Stadt befand. Neben ihr wurden ihre zwölf Begleiterinnen, die alle ebenfalls in der Män¬ nerschlacht geblieben waren, beigesetzt, denn auch ihnen hatten die Söhne des Atreus diese Ehre gegönnt. Auf der andern Seite begruben auch die Griechen ihre Todten und bejammerten vor Allen den Podarkes, der seinem Bruder Protesilaus, welchen Hektor erschlagen hatte, nun im Schlachtentode gefolgt war. Abgesondert von den An¬ dern wurde ihm ein eigener Grabhügel erhöhet, der ein weithin sichtbares Denkmal bildete. Zuletzt scharrten sie auch den häßlichen Thersites ein, und nun kehrten sie wieder zu ihren Schiffen zurück, Alle voll Danks in ihrem Herzen gegen den gewaltigen Achilles, der auch dießmal der Retter der Griechen gewesen war.
Als die Nacht einbrach, lagerten sich im geräumigen Zelte der Atriden die vornehmsten Helden zum Schmause, und auch die andern Griechen freuten sich, da und dort hingestreckt, des erquickenden Mahles, bis der Morgen wieder anbrach.
Priamus, der durch eine feierliche Botſchaft ſich die Leiche erbeten hatte, um ſie in der Gruft des Königes Laomedon zu beſtatten, ihr Leichnam ausgeliefert werde. Priamus aber errichtete ihr vor der Stadt einen mächtigen Schei¬ terhaufen, und legte den Leib der Jungfrau ſammt vielen herrlichen Gaben darauf. Dann entzündete er den Scheiter¬ haufen, daß er hoch empor loderte, und als der Leichnam verzehrt war, löſchten die umſtehenden Trojaner den Brand mit ſüßduftendem Weine. Sodann ſammelten ſie die Ge¬ beine Pentheſiléa's, legten dieſelben in ein Käſtchen und trugen ſie wehklagend und in feierlichem Aufzuge in die Gruft des Königes Laomedon, die ſich an einem hervor¬ ragenden Thurme der Stadt befand. Neben ihr wurden ihre zwölf Begleiterinnen, die alle ebenfalls in der Män¬ nerſchlacht geblieben waren, beigeſetzt, denn auch ihnen hatten die Söhne des Atreus dieſe Ehre gegönnt. Auf der andern Seite begruben auch die Griechen ihre Todten und bejammerten vor Allen den Podarkes, der ſeinem Bruder Proteſilaus, welchen Hektor erſchlagen hatte, nun im Schlachtentode gefolgt war. Abgeſondert von den An¬ dern wurde ihm ein eigener Grabhügel erhöhet, der ein weithin ſichtbares Denkmal bildete. Zuletzt ſcharrten ſie auch den häßlichen Therſites ein, und nun kehrten ſie wieder zu ihren Schiffen zurück, Alle voll Danks in ihrem Herzen gegen den gewaltigen Achilles, der auch dießmal der Retter der Griechen geweſen war.
Als die Nacht einbrach, lagerten ſich im geräumigen Zelte der Atriden die vornehmſten Helden zum Schmauſe, und auch die andern Griechen freuten ſich, da und dort hingeſtreckt, des erquickenden Mahles, bis der Morgen wieder anbrach.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0353"n="331"/>
Priamus, der durch eine feierliche Botſchaft ſich die Leiche<lb/>
erbeten hatte, um ſie in der Gruft des Königes Laomedon<lb/>
zu beſtatten, ihr Leichnam ausgeliefert werde. Priamus<lb/>
aber <choice><sic>errichtetete</sic><corr>errichtete</corr></choice> ihr vor der Stadt einen mächtigen Schei¬<lb/>
terhaufen, und legte den Leib der Jungfrau ſammt vielen<lb/>
herrlichen Gaben darauf. Dann entzündete er den Scheiter¬<lb/>
haufen, daß er hoch empor loderte, und als der Leichnam<lb/>
verzehrt war, löſchten die umſtehenden Trojaner den Brand<lb/>
mit ſüßduftendem Weine. Sodann ſammelten ſie die Ge¬<lb/>
beine Pentheſiléa's, legten dieſelben in ein Käſtchen und<lb/>
trugen ſie wehklagend und in feierlichem Aufzuge in die<lb/>
Gruft des Königes Laomedon, die ſich an einem hervor¬<lb/>
ragenden Thurme der Stadt befand. Neben ihr wurden<lb/>
ihre zwölf Begleiterinnen, die alle ebenfalls in der Män¬<lb/>
nerſchlacht geblieben waren, beigeſetzt, denn auch ihnen<lb/>
hatten die Söhne des Atreus dieſe Ehre gegönnt. Auf<lb/>
der andern Seite begruben auch die Griechen ihre Todten<lb/>
und bejammerten vor Allen den Podarkes, der ſeinem<lb/>
Bruder Proteſilaus, welchen Hektor erſchlagen hatte, nun<lb/>
im Schlachtentode gefolgt war. Abgeſondert von den An¬<lb/>
dern wurde ihm ein eigener Grabhügel erhöhet, der ein<lb/>
weithin ſichtbares Denkmal bildete. Zuletzt ſcharrten ſie<lb/>
auch den häßlichen Therſites ein, und nun kehrten ſie<lb/>
wieder zu ihren Schiffen zurück, Alle voll Danks in ihrem<lb/>
Herzen gegen den gewaltigen Achilles, der auch dießmal<lb/>
der Retter der Griechen geweſen war.</p><lb/><p>Als die Nacht einbrach, lagerten ſich im geräumigen<lb/>
Zelte der Atriden die vornehmſten Helden zum Schmauſe,<lb/>
und auch die andern Griechen freuten ſich, da und dort<lb/>
hingeſtreckt, des erquickenden Mahles, bis der Morgen<lb/>
wieder anbrach.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></div></body></text></TEI>
[331/0353]
Priamus, der durch eine feierliche Botſchaft ſich die Leiche
erbeten hatte, um ſie in der Gruft des Königes Laomedon
zu beſtatten, ihr Leichnam ausgeliefert werde. Priamus
aber errichtete ihr vor der Stadt einen mächtigen Schei¬
terhaufen, und legte den Leib der Jungfrau ſammt vielen
herrlichen Gaben darauf. Dann entzündete er den Scheiter¬
haufen, daß er hoch empor loderte, und als der Leichnam
verzehrt war, löſchten die umſtehenden Trojaner den Brand
mit ſüßduftendem Weine. Sodann ſammelten ſie die Ge¬
beine Pentheſiléa's, legten dieſelben in ein Käſtchen und
trugen ſie wehklagend und in feierlichem Aufzuge in die
Gruft des Königes Laomedon, die ſich an einem hervor¬
ragenden Thurme der Stadt befand. Neben ihr wurden
ihre zwölf Begleiterinnen, die alle ebenfalls in der Män¬
nerſchlacht geblieben waren, beigeſetzt, denn auch ihnen
hatten die Söhne des Atreus dieſe Ehre gegönnt. Auf
der andern Seite begruben auch die Griechen ihre Todten
und bejammerten vor Allen den Podarkes, der ſeinem
Bruder Proteſilaus, welchen Hektor erſchlagen hatte, nun
im Schlachtentode gefolgt war. Abgeſondert von den An¬
dern wurde ihm ein eigener Grabhügel erhöhet, der ein
weithin ſichtbares Denkmal bildete. Zuletzt ſcharrten ſie
auch den häßlichen Therſites ein, und nun kehrten ſie
wieder zu ihren Schiffen zurück, Alle voll Danks in ihrem
Herzen gegen den gewaltigen Achilles, der auch dießmal
der Retter der Griechen geweſen war.
Als die Nacht einbrach, lagerten ſich im geräumigen
Zelte der Atriden die vornehmſten Helden zum Schmauſe,
und auch die andern Griechen freuten ſich, da und dort
hingeſtreckt, des erquickenden Mahles, bis der Morgen
wieder anbrach.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/353>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.