Griechen hatten ihre Schaaren vertheilt und eine jede hatte den Angriff auf eines der Thore übernommen. Die Trojaner aber kämpften auf allen Seiten von Mauern und Thürmen herab, und überall erhob sich ein gewaltiges Getümmel. An das skäische Thor wagte sich zuerst Sthenelus, der Sohn des Kapaneus, mit dem götterglei¬ chen Helden Diomedes. Ueber dem Thore aber wehrten der ausdauernde Deiphobus und der starke Polites sammt vielen Genossen die Stürmenden mit Pfeilen und Steinen ab, daß Helme und Schilde von dem Wurfe klangen. Am idaischen Thore focht Neoptolemus mit allen seinen Myrmidonen, die in den Künsten der Bestürmung wohl erfahren waren. In der Stadt munterten hier die Tro¬ janer Helenus und Agenor auf und kämpften unermüdlich für die theure Heimath. An denjenigen Thoren, die zu der Ebene und zu dem Schiffslager der Griechen führten, waren Eurypylus und Odysseus in unaufhörlichem Kampfe; von der hochemporragenden Mauer aber hielt sie durch Steinwürfe der tapfere Aeneas entfernt. An dem Ge¬ wässer des Simois kämpfte unter mannigfaltigen Drang¬ salen Teucer, und so Andere anderswo. Endlich kam Odysseus auf seinem Posten auf den glücklichen Gedanken, seine Streiter die Schilde über ihre Häupter gedrängt aneinander emporheben zu lassen, so daß das Ganze wie das wohlgewölbte Dach eines Hauses erschien. Unter diesem Schilddache zogen die Schaaren der Danaer, eng geschlossen und wie zu einem einzigen Körper vereinigt, daher, und furchtlos hörten sie das Getöse der zahllosen Steine, Pfeile und Lanzen, die von der Mauer herab aus den Händen der Trojaner auf die Schilde herabprasselten, ohne einen einzigen Mann zu verwunden. So nahten sie
Griechen hatten ihre Schaaren vertheilt und eine jede hatte den Angriff auf eines der Thore übernommen. Die Trojaner aber kämpften auf allen Seiten von Mauern und Thürmen herab, und überall erhob ſich ein gewaltiges Getümmel. An das ſkäiſche Thor wagte ſich zuerſt Sthenelus, der Sohn des Kapaneus, mit dem götterglei¬ chen Helden Diomedes. Ueber dem Thore aber wehrten der ausdauernde Deïphobus und der ſtarke Polites ſammt vielen Genoſſen die Stürmenden mit Pfeilen und Steinen ab, daß Helme und Schilde von dem Wurfe klangen. Am idaiſchen Thore focht Neoptolemus mit allen ſeinen Myrmidonen, die in den Künſten der Beſtürmung wohl erfahren waren. In der Stadt munterten hier die Tro¬ janer Helenus und Agenor auf und kämpften unermüdlich für die theure Heimath. An denjenigen Thoren, die zu der Ebene und zu dem Schiffslager der Griechen führten, waren Eurypylus und Odyſſeus in unaufhörlichem Kampfe; von der hochemporragenden Mauer aber hielt ſie durch Steinwürfe der tapfere Aeneas entfernt. An dem Ge¬ wäſſer des Simois kämpfte unter mannigfaltigen Drang¬ ſalen Teucer, und ſo Andere anderswo. Endlich kam Odyſſeus auf ſeinem Poſten auf den glücklichen Gedanken, ſeine Streiter die Schilde über ihre Häupter gedrängt aneinander emporheben zu laſſen, ſo daß das Ganze wie das wohlgewölbte Dach eines Hauſes erſchien. Unter dieſem Schilddache zogen die Schaaren der Danaer, eng geſchloſſen und wie zu einem einzigen Körper vereinigt, daher, und furchtlos hörten ſie das Getöſe der zahlloſen Steine, Pfeile und Lanzen, die von der Mauer herab aus den Händen der Trojaner auf die Schilde herabpraſſelten, ohne einen einzigen Mann zu verwunden. So nahten ſie
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Griechen hatten ihre Schaaren vertheilt und eine jede
hatte den Angriff auf eines der Thore übernommen. Die
Trojaner aber kämpften auf allen Seiten von Mauern
und Thürmen herab, und überall erhob ſich ein gewaltiges
Getümmel. An das ſkäiſche Thor wagte ſich zuerſt
Sthenelus, der Sohn des Kapaneus, mit dem götterglei¬
chen Helden Diomedes. Ueber dem Thore aber wehrten
der ausdauernde Deïphobus und der ſtarke Polites ſammt
vielen Genoſſen die Stürmenden mit Pfeilen und Steinen
ab, daß Helme und Schilde von dem Wurfe klangen.
Am idaiſchen Thore focht Neoptolemus mit allen ſeinen
Myrmidonen, die in den Künſten der Beſtürmung wohl
erfahren waren. In der Stadt munterten hier die Tro¬
janer Helenus und Agenor auf und kämpften unermüdlich
für die theure Heimath. An denjenigen Thoren, die zu
der Ebene und zu dem Schiffslager der Griechen führten,
waren Eurypylus und Odyſſeus in unaufhörlichem Kampfe;
von der hochemporragenden Mauer aber hielt ſie durch
Steinwürfe der tapfere Aeneas entfernt. An dem Ge¬
wäſſer des Simois kämpfte unter mannigfaltigen Drang¬
ſalen Teucer, und ſo Andere anderswo. Endlich kam
Odyſſeus auf ſeinem Poſten auf den glücklichen Gedanken,
ſeine Streiter die Schilde über ihre Häupter gedrängt
aneinander emporheben zu laſſen, ſo daß das Ganze wie
das wohlgewölbte Dach eines Hauſes erſchien. Unter
dieſem Schilddache zogen die Schaaren der Danaer, eng
geſchloſſen und wie zu einem einzigen Körper vereinigt,
daher, und furchtlos hörten ſie das Getöſe der zahlloſen
Steine, Pfeile und Lanzen, die von der Mauer herab aus
den Händen der Trojaner auf die Schilde herabpraſſelten,
ohne einen einzigen Mann zu verwunden. So nahten ſie
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/421>, abgerufen am 22.11.2024.
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