von den noch unzersägten Stämmen, wieder Andere tha¬ ten Anderes, Epeus aber machte zuerst die Füße des Pferdes, dann den Bauch; über diesen fügte er sodann den gewölbten Rücken, hinten die Weichen, vorn den Hals; über ihn formte er zierlich die Mähne, die sich flatternd zu bewegen schien; Kopf und Schweif wurden reichlich mit Haaren versehen, aufgerichtete Ohren an den Pferdskopf gesetzt und gläserne leuchtende Augen un¬ ter der Stirne angebracht; kurz es fehlte nichts, was an einem lebendigen Pferde sich regt und bewegt. So voll¬ endete er mit Minerva's Hülfe das Werk in dreien Ta¬ gen, und das ganze Heer bewunderte die Schöpfung des Künstlers, so ausdrucksvoll hatte er Leben und Bewegung nachzubilden gewußt; man meinte jeden Augenblick, jetzt werde das Riesenpferd zu wiehern anfangen. Epeus aber hob die Hände gen Himmel und betete vor allem Heere: "Mächtige Pallas, erhöre mich, rette dein Pferd und mich selbst, hohe Göttin!" Und alle Griechen stimmten in die¬ ses Gebet ein.
Die Trojaner waren in der Zwischenzeit vom letzten Kampfe an scheu hinter ihren Mauern geblieben. Um so lauter tobte der Zwiespalt unter den Göttern selbst jetzt, wo Troja's Verhängniß erfüllt werden sollte. Sie fuhren in zwei getrennten Haufen, der eine den Grie¬ chen günstig, der andere ihnen abhold, auf die Erde herunter und stellten sich am Flusse Xanthus, den Sterb¬ lichen unsichtbar, in zwei Schlachtordnungen gegen einan¬ der auf. Auch die Meergottheiten schlossen sich der einen oder andern Seite an. Die Nereiden hielten es, als Verwandte des Achilles, mit den Griechen; andere Meer¬ götter waren auf der Seite Troja's, und diese empörten
von den noch unzerſägten Stämmen, wieder Andere tha¬ ten Anderes, Epëus aber machte zuerſt die Füße des Pferdes, dann den Bauch; über dieſen fügte er ſodann den gewölbten Rücken, hinten die Weichen, vorn den Hals; über ihn formte er zierlich die Mähne, die ſich flatternd zu bewegen ſchien; Kopf und Schweif wurden reichlich mit Haaren verſehen, aufgerichtete Ohren an den Pferdskopf geſetzt und gläſerne leuchtende Augen un¬ ter der Stirne angebracht; kurz es fehlte nichts, was an einem lebendigen Pferde ſich regt und bewegt. So voll¬ endete er mit Minerva's Hülfe das Werk in dreien Ta¬ gen, und das ganze Heer bewunderte die Schöpfung des Künſtlers, ſo ausdrucksvoll hatte er Leben und Bewegung nachzubilden gewußt; man meinte jeden Augenblick, jetzt werde das Rieſenpferd zu wiehern anfangen. Epëus aber hob die Hände gen Himmel und betete vor allem Heere: „Mächtige Pallas, erhöre mich, rette dein Pferd und mich ſelbſt, hohe Göttin!“ Und alle Griechen ſtimmten in die¬ ſes Gebet ein.
Die Trojaner waren in der Zwiſchenzeit vom letzten Kampfe an ſcheu hinter ihren Mauern geblieben. Um ſo lauter tobte der Zwieſpalt unter den Göttern ſelbſt jetzt, wo Troja's Verhängniß erfüllt werden ſollte. Sie fuhren in zwei getrennten Haufen, der eine den Grie¬ chen günſtig, der andere ihnen abhold, auf die Erde herunter und ſtellten ſich am Fluſſe Xanthus, den Sterb¬ lichen unſichtbar, in zwei Schlachtordnungen gegen einan¬ der auf. Auch die Meergottheiten ſchloſſen ſich der einen oder andern Seite an. Die Nereiden hielten es, als Verwandte des Achilles, mit den Griechen; andere Meer¬ götter waren auf der Seite Troja's, und dieſe empörten
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von den noch unzerſägten Stämmen, wieder Andere tha¬
ten Anderes, Epëus aber machte zuerſt die Füße des
Pferdes, dann den Bauch; über dieſen fügte er ſodann
den gewölbten Rücken, hinten die Weichen, vorn den
Hals; über ihn formte er zierlich die Mähne, die ſich
flatternd zu bewegen ſchien; Kopf und Schweif wurden
reichlich mit Haaren verſehen, aufgerichtete Ohren an
den Pferdskopf geſetzt und gläſerne leuchtende Augen un¬
ter der Stirne angebracht; kurz es fehlte nichts, was an
einem lebendigen Pferde ſich regt und bewegt. So voll¬
endete er mit Minerva's Hülfe das Werk in dreien Ta¬
gen, und das ganze Heer bewunderte die Schöpfung des
Künſtlers, ſo ausdrucksvoll hatte er Leben und Bewegung
nachzubilden gewußt; man meinte jeden Augenblick, jetzt
werde das Rieſenpferd zu wiehern anfangen. Epëus aber
hob die Hände gen Himmel und betete vor allem Heere:
„Mächtige Pallas, erhöre mich, rette dein Pferd und mich
ſelbſt, hohe Göttin!“ Und alle Griechen ſtimmten in die¬
ſes Gebet ein.
Die Trojaner waren in der Zwiſchenzeit vom
letzten Kampfe an ſcheu hinter ihren Mauern geblieben.
Um ſo lauter tobte der Zwieſpalt unter den Göttern ſelbſt
jetzt, wo Troja's Verhängniß erfüllt werden ſollte. Sie
fuhren in zwei getrennten Haufen, der eine den Grie¬
chen günſtig, der andere ihnen abhold, auf die Erde
herunter und ſtellten ſich am Fluſſe Xanthus, den Sterb¬
lichen unſichtbar, in zwei Schlachtordnungen gegen einan¬
der auf. Auch die Meergottheiten ſchloſſen ſich der einen
oder andern Seite an. Die Nereiden hielten es, als
Verwandte des Achilles, mit den Griechen; andere Meer¬
götter waren auf der Seite Troja's, und dieſe empörten
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 2. Stuttgart, 1839, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen02_1839/428>, abgerufen am 22.11.2024.
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