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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840.

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aber, so lange der Staat der Trojaner noch bestand,
durch gleichen Götterdienst und Gastfreundschaft mit die¬
sen aufs genaueste verbunden waren. Doch hatte dieß
Verhältniß eine grausame Störung erlitten, denn als das
Glück von Troja zu wanken begann, und Ajax der Te¬
lamonier vom Schiffslager der Griechen aus einen Streif¬
zug zur See gegen die mit Priamus verbündeten Thra¬
cier unternommen hatte, lieferte Polymnestor, der treu¬
lose König des Landes, den jungen Sohn des trojani¬
schen Königs, Polydorus, den Griechen aus und erkaufte
sich mit dieser Gabe den Frieden. Der Jüngling aber
wurde von den Belagerern unter den Mauern Troja's
und vor den Augen des Vaters gesteinigt.*)

Doch Aeneas wußte nicht, an welchem Ufer er mit
seinen Schiffen vor Anker gegangen war. Voll Freude, eine
wirthliche Küste erreicht zu haben, betrat er mit seinen Freun¬
den das Land, und ohne von den Eingebornen gehindert
zu werden, schritten sie zu einer Niederlassung, und leg¬
ten den Grund zu einer neuen Stadt, in deren ruhi¬
gem Besitze sie sich von den Schlägen des Schicksals
zu erholen gedachten, und welcher Aeneas, als das Haupt
der Auswanderer, seinem eigenen Namen nach den Na¬
men Aenos beilegte. Der Bau war schon im Werden,
und der fromme Held wollte für sein Werk den Schutz
der Unsterblichen erflehen, und brachte Jupiter dem Göt¬
tervater und seiner eigenen Mutter Venus einen untad¬
lichen Stier am Gestade zum Opfer. In der Nähe be¬
fand sich ein lustiger Hügel, auf welchem Kornellen und
Myrthen in üppigem Wuchse wucherten. Nach diesem

*) S. Bd. II. S. 75-84.

aber, ſo lange der Staat der Trojaner noch beſtand,
durch gleichen Götterdienſt und Gaſtfreundſchaft mit die¬
ſen aufs genaueſte verbunden waren. Doch hatte dieß
Verhältniß eine grauſame Störung erlitten, denn als das
Glück von Troja zu wanken begann, und Ajax der Te¬
lamonier vom Schiffslager der Griechen aus einen Streif¬
zug zur See gegen die mit Priamus verbündeten Thra¬
cier unternommen hatte, lieferte Polymneſtor, der treu¬
loſe König des Landes, den jungen Sohn des trojani¬
ſchen Königs, Polydorus, den Griechen aus und erkaufte
ſich mit dieſer Gabe den Frieden. Der Jüngling aber
wurde von den Belagerern unter den Mauern Troja's
und vor den Augen des Vaters geſteinigt.*)

Doch Aeneas wußte nicht, an welchem Ufer er mit
ſeinen Schiffen vor Anker gegangen war. Voll Freude, eine
wirthliche Küſte erreicht zu haben, betrat er mit ſeinen Freun¬
den das Land, und ohne von den Eingebornen gehindert
zu werden, ſchritten ſie zu einer Niederlaſſung, und leg¬
ten den Grund zu einer neuen Stadt, in deren ruhi¬
gem Beſitze ſie ſich von den Schlägen des Schickſals
zu erholen gedachten, und welcher Aeneas, als das Haupt
der Auswanderer, ſeinem eigenen Namen nach den Na¬
men Aenos beilegte. Der Bau war ſchon im Werden,
und der fromme Held wollte für ſein Werk den Schutz
der Unſterblichen erflehen, und brachte Jupiter dem Göt¬
tervater und ſeiner eigenen Mutter Venus einen untad¬
lichen Stier am Geſtade zum Opfer. In der Nähe be¬
fand ſich ein luſtiger Hügel, auf welchem Kornellen und
Myrthen in üppigem Wuchſe wucherten. Nach dieſem

*) S. Bd. II. S. 75–84.
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[294/0316] aber, ſo lange der Staat der Trojaner noch beſtand, durch gleichen Götterdienſt und Gaſtfreundſchaft mit die¬ ſen aufs genaueſte verbunden waren. Doch hatte dieß Verhältniß eine grauſame Störung erlitten, denn als das Glück von Troja zu wanken begann, und Ajax der Te¬ lamonier vom Schiffslager der Griechen aus einen Streif¬ zug zur See gegen die mit Priamus verbündeten Thra¬ cier unternommen hatte, lieferte Polymneſtor, der treu¬ loſe König des Landes, den jungen Sohn des trojani¬ ſchen Königs, Polydorus, den Griechen aus und erkaufte ſich mit dieſer Gabe den Frieden. Der Jüngling aber wurde von den Belagerern unter den Mauern Troja's und vor den Augen des Vaters geſteinigt. *) Doch Aeneas wußte nicht, an welchem Ufer er mit ſeinen Schiffen vor Anker gegangen war. Voll Freude, eine wirthliche Küſte erreicht zu haben, betrat er mit ſeinen Freun¬ den das Land, und ohne von den Eingebornen gehindert zu werden, ſchritten ſie zu einer Niederlaſſung, und leg¬ ten den Grund zu einer neuen Stadt, in deren ruhi¬ gem Beſitze ſie ſich von den Schlägen des Schickſals zu erholen gedachten, und welcher Aeneas, als das Haupt der Auswanderer, ſeinem eigenen Namen nach den Na¬ men Aenos beilegte. Der Bau war ſchon im Werden, und der fromme Held wollte für ſein Werk den Schutz der Unſterblichen erflehen, und brachte Jupiter dem Göt¬ tervater und ſeiner eigenen Mutter Venus einen untad¬ lichen Stier am Geſtade zum Opfer. In der Nähe be¬ fand ſich ein luſtiger Hügel, auf welchem Kornellen und Myrthen in üppigem Wuchſe wucherten. Nach dieſem *) S. Bd. II. S. 75–84.

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Zitationshilfe: Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/316>, abgerufen am 22.11.2024.