und käute muthig an seinem beschäumten Gebiß; an der Pforte harrten die Pönerfürsten. Endlich trat Dido her¬ aus, umdrängt von großem Jagdgefolge; sie trug ein bunt gesticktes sidonisches Jägerkleid; darüber einen mit goldener Schnalle aufgeschürzten Purpurrock; ein goldenes Diadem umschlang ihre Stirne, und von der Schulter hing ihr der goldene Köcher. Vier Trojaner waren in ihrem Zuge, darunter auch der muntere Julus. Endlich schloß sich der Schönste von Allen, Aeneas, mit seinem vertrautesten Helden ebenfalls der Begleitung an.
Als die Gesellschaft das Gebirg erreicht hatte, zer¬ streute sie sich bald auf der unwegsamen Wildbahn; von den Felsenkuppen sah man bald Gemsen über die Hügel her stürzen; auf der andern Seite verließen Hirsche in stäubender Flucht ihre Berge, drängten sich in bange Haufen zusammen, und durchrannten die offenen Felder. Mitten im Thale tummelte der Knabe Julus oder As¬ kanius sein muthiges Pferd, und flog damit bald an diesen, bald an jenen Jägern vorüber; das schüchterne Wild war ihm viel zu gering, immer hoffte er, es werde ein schäumender Eber angelaufen kommen, oder ein Löwe mit gelber Mähne hinter dem Hügel hervorschreiten.
Die Jäger waren so ganz in ihre Lust vertieft, daß sie nicht merkten, wie der Himmel sich zu verdunkeln be¬ gann, und das drohende Ungewitter, das sich in den Wolken zusammenzog, erst entdeckten, als der Wind durch die Bäume sauste, und plötzlich Regen und Hagel her¬ niederströmte. Tyrier und Trojaner suchten, zerstreut und verirrt, durch Felder und Wälder sich verschiedenen Schutz vor dem Unwetter. Während nun angeschwollene Wald¬ ströme von den Bergen stürzten, und ein Zufluchtsort
und käute muthig an ſeinem beſchäumten Gebiß; an der Pforte harrten die Pönerfürſten. Endlich trat Dido her¬ aus, umdrängt von großem Jagdgefolge; ſie trug ein bunt geſticktes ſidoniſches Jägerkleid; darüber einen mit goldener Schnalle aufgeſchürzten Purpurrock; ein goldenes Diadem umſchlang ihre Stirne, und von der Schulter hing ihr der goldene Köcher. Vier Trojaner waren in ihrem Zuge, darunter auch der muntere Julus. Endlich ſchloß ſich der Schönſte von Allen, Aeneas, mit ſeinem vertrauteſten Helden ebenfalls der Begleitung an.
Als die Geſellſchaft das Gebirg erreicht hatte, zer¬ ſtreute ſie ſich bald auf der unwegſamen Wildbahn; von den Felſenkuppen ſah man bald Gemſen über die Hügel her ſtürzen; auf der andern Seite verließen Hirſche in ſtäubender Flucht ihre Berge, drängten ſich in bange Haufen zuſammen, und durchrannten die offenen Felder. Mitten im Thale tummelte der Knabe Julus oder As¬ kanius ſein muthiges Pferd, und flog damit bald an dieſen, bald an jenen Jägern vorüber; das ſchüchterne Wild war ihm viel zu gering, immer hoffte er, es werde ein ſchäumender Eber angelaufen kommen, oder ein Löwe mit gelber Mähne hinter dem Hügel hervorſchreiten.
Die Jäger waren ſo ganz in ihre Luſt vertieft, daß ſie nicht merkten, wie der Himmel ſich zu verdunkeln be¬ gann, und das drohende Ungewitter, das ſich in den Wolken zuſammenzog, erſt entdeckten, als der Wind durch die Bäume ſauste, und plötzlich Regen und Hagel her¬ niederſtrömte. Tyrier und Trojaner ſuchten, zerſtreut und verirrt, durch Felder und Wälder ſich verſchiedenen Schutz vor dem Unwetter. Während nun angeſchwollene Wald¬ ſtröme von den Bergen ſtürzten, und ein Zufluchtsort
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und käute muthig an ſeinem beſchäumten Gebiß; an der
Pforte harrten die Pönerfürſten. Endlich trat Dido her¬
aus, umdrängt von großem Jagdgefolge; ſie trug ein
bunt geſticktes ſidoniſches Jägerkleid; darüber einen
mit goldener Schnalle aufgeſchürzten Purpurrock; ein
goldenes Diadem umſchlang ihre Stirne, und von der
Schulter hing ihr der goldene Köcher. Vier Trojaner
waren in ihrem Zuge, darunter auch der muntere Julus.
Endlich ſchloß ſich der Schönſte von Allen, Aeneas, mit
ſeinem vertrauteſten Helden ebenfalls der Begleitung an.
Als die Geſellſchaft das Gebirg erreicht hatte, zer¬
ſtreute ſie ſich bald auf der unwegſamen Wildbahn; von
den Felſenkuppen ſah man bald Gemſen über die Hügel
her ſtürzen; auf der andern Seite verließen Hirſche in
ſtäubender Flucht ihre Berge, drängten ſich in bange
Haufen zuſammen, und durchrannten die offenen Felder.
Mitten im Thale tummelte der Knabe Julus oder As¬
kanius ſein muthiges Pferd, und flog damit bald an
dieſen, bald an jenen Jägern vorüber; das ſchüchterne
Wild war ihm viel zu gering, immer hoffte er, es werde
ein ſchäumender Eber angelaufen kommen, oder ein Löwe
mit gelber Mähne hinter dem Hügel hervorſchreiten.
Die Jäger waren ſo ganz in ihre Luſt vertieft, daß
ſie nicht merkten, wie der Himmel ſich zu verdunkeln be¬
gann, und das drohende Ungewitter, das ſich in den
Wolken zuſammenzog, erſt entdeckten, als der Wind durch
die Bäume ſauste, und plötzlich Regen und Hagel her¬
niederſtrömte. Tyrier und Trojaner ſuchten, zerſtreut und
verirrt, durch Felder und Wälder ſich verſchiedenen Schutz
vor dem Unwetter. Während nun angeſchwollene Wald¬
ſtröme von den Bergen ſtürzten, und ein Zufluchtsort
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Schwab, Gustav: Die schönsten Sagen des klassischen Alterthums. Bd. 3. Stuttgart, 1840, S. 333. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwab_sagen03_1840/355>, abgerufen am 22.11.2024.
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