schen den jüngst gebildeten Zellen. Wir haben schon oben bei den Kiemenstrahlen der Fische gesehen, dass die wenigst entwickelten Zellen an der freien Spitze und an den Seitenrändern lagen. Das Stäbchen, welches ein sol- cher Kiemenstrahl darstellt, wächst nicht dadurch, dass sich in seiner ganzen Länge neue Zellen zwischen den alten bilden, sondern seine Ausdehnung in die Länge wird da- durch hervorgebracht, dass in der Nähe der freien Spitze sich neue Zellen entwickeln, und in der Breite wächst es durch Bildung neuer Zellen in der Nähe der Seitenwände. Bekannt ist es schon, dass die Röhrenknochen vorzugsweise auf der Oberfläche und am Ende der Diaphysen wachsen. Dadurch nähern sich die Knorpel der vorigen Klasse; al- lein es findet doch eine bedeutende Verschiedenheit Statt. Die neuen Zellen bilden sich nämlich nicht bloss an der Stelle, wo der Knorpel mit der organisirten Substanz zu- nächst in Berührung ist (es ist hier überhaupt nur von der Periode die Rede, wo der Knorpel noch keine eige- nen Gefässe hat), sondern auch in der Intercellularsub- stanz zwischen schon weiter entwickelten Zellen, nicht bloss an der Oberfläche, sondern auch zwischen den jüngst gebildeten Zellen.
Die Art, wie sich nun die Knorpelzellen bilden, lässt sich an den Kiemenknorpeln junger Larven von Pelobates fuscus beobachten. Man muss nur die Knorpel ganz frisch aus dem lebenden Thiere nehmen; denn alles wird viel un- deutlicher, wenn auch nur das ganze Thier eine Zeit lang nach dem Tode im Wasser liegen bleibt. Untersucht man nach Abstreifung der Schleimhaut die Ränder des Knor- pels, so sieht man, dass die Intercellularsubstanz zwischen den Knorpelzellen sich über die äussersten Zellen fort- setzt, und selbst über die am meisten nach aussen gelege- nen Zellen noch einen dünnen Ueberzug bildet, so dass der Rand des Knorpels nicht unmittelbar von den Knor- pelzellen selbst gebildet wird. Die Knorpelzellen liegen also vollständig eingebettet in dieser Intercellularsubstanz, welche ihr Cytoblastem ist. In diesem Cytoblastem, nicht
schen den jüngst gebildeten Zellen. Wir haben schon oben bei den Kiemenstrahlen der Fische gesehen, daſs die wenigst entwickelten Zellen an der freien Spitze und an den Seitenrändern lagen. Das Stäbchen, welches ein sol- cher Kiemenstrahl darstellt, wächst nicht dadurch, daſs sich in seiner ganzen Länge neue Zellen zwischen den alten bilden, sondern seine Ausdehnung in die Länge wird da- durch hervorgebracht, daſs in der Nähe der freien Spitze sich neue Zellen entwickeln, und in der Breite wächst es durch Bildung neuer Zellen in der Nähe der Seitenwände. Bekannt ist es schon, daſs die Röhrenknochen vorzugsweise auf der Oberfläche und am Ende der Diaphysen wachsen. Dadurch nähern sich die Knorpel der vorigen Klasse; al- lein es findet doch eine bedeutende Verschiedenheit Statt. Die neuen Zellen bilden sich nämlich nicht bloſs an der Stelle, wo der Knorpel mit der organisirten Substanz zu- nächst in Berührung ist (es ist hier überhaupt nur von der Periode die Rede, wo der Knorpel noch keine eige- nen Gefäſse hat), sondern auch in der Intercellularsub- stanz zwischen schon weiter entwickelten Zellen, nicht bloſs an der Oberfläche, sondern auch zwischen den jüngst gebildeten Zellen.
Die Art, wie sich nun die Knorpelzellen bilden, läſst sich an den Kiemenknorpeln junger Larven von Pelobates fuscus beobachten. Man muſs nur die Knorpel ganz frisch aus dem lebenden Thiere nehmen; denn alles wird viel un- deutlicher, wenn auch nur das ganze Thier eine Zeit lang nach dem Tode im Wasser liegen bleibt. Untersucht man nach Abstreifung der Schleimhaut die Ränder des Knor- pels, so sieht man, daſs die Intercellularsubstanz zwischen den Knorpelzellen sich über die äuſsersten Zellen fort- setzt, und selbst über die am meisten nach auſsen gelege- nen Zellen noch einen dünnen Ueberzug bildet, so daſs der Rand des Knorpels nicht unmittelbar von den Knor- pelzellen selbst gebildet wird. Die Knorpelzellen liegen also vollständig eingebettet in dieser Intercellularsubstanz, welche ihr Cytoblastem ist. In diesem Cytoblastem, nicht
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schen den jüngst gebildeten Zellen. Wir haben schon
oben bei den Kiemenstrahlen der Fische gesehen, daſs die
wenigst entwickelten Zellen an der freien Spitze und an
den Seitenrändern lagen. Das Stäbchen, welches ein sol-
cher Kiemenstrahl darstellt, wächst nicht dadurch, daſs sich
in seiner ganzen Länge neue Zellen zwischen den alten
bilden, sondern seine Ausdehnung in die Länge wird da-
durch hervorgebracht, daſs in der Nähe der freien Spitze
sich neue Zellen entwickeln, und in der Breite wächst es
durch Bildung neuer Zellen in der Nähe der Seitenwände.
Bekannt ist es schon, daſs die Röhrenknochen vorzugsweise
auf der Oberfläche und am Ende der Diaphysen wachsen.
Dadurch nähern sich die Knorpel der vorigen Klasse; al-
lein es findet doch eine bedeutende Verschiedenheit Statt.
Die neuen Zellen bilden sich nämlich nicht bloſs an der
Stelle, wo der Knorpel mit der organisirten Substanz zu-
nächst in Berührung ist (es ist hier überhaupt nur von
der Periode die Rede, wo der Knorpel noch keine eige-
nen Gefäſse hat), sondern auch in der Intercellularsub-
stanz zwischen schon weiter entwickelten Zellen, nicht
bloſs an der Oberfläche, sondern auch zwischen den jüngst
gebildeten Zellen.
Die Art, wie sich nun die Knorpelzellen bilden, läſst
sich an den Kiemenknorpeln junger Larven von Pelobates
fuscus beobachten. Man muſs nur die Knorpel ganz frisch
aus dem lebenden Thiere nehmen; denn alles wird viel un-
deutlicher, wenn auch nur das ganze Thier eine Zeit lang
nach dem Tode im Wasser liegen bleibt. Untersucht man
nach Abstreifung der Schleimhaut die Ränder des Knor-
pels, so sieht man, daſs die Intercellularsubstanz zwischen
den Knorpelzellen sich über die äuſsersten Zellen fort-
setzt, und selbst über die am meisten nach auſsen gelege-
nen Zellen noch einen dünnen Ueberzug bildet, so daſs
der Rand des Knorpels nicht unmittelbar von den Knor-
pelzellen selbst gebildet wird. Die Knorpelzellen liegen
also vollständig eingebettet in dieser Intercellularsubstanz,
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/136>, abgerufen am 24.11.2024.
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