Zellen, deren Körper man als zwei etwas dickere Stellen noch unterscheidet. Diese Zellen wuchsen nach verschie- denen Seiten hin in hohle Fortsetzungen aus, die wie die Höhle des Zellenkörpers selbst mit Pigment gefüllt sind. Zwei Fortsetzungen der beiden Zellen stiessen bei a zu- sammen und verwuchsen dort, und dabei scheint zugleich an der verwachsenen Stelle die Scheidewand resorbirt wor- den zu sein, so dass die Höhlen der beiden Zellen unmit- telbar mit einander communiciren; wenigstens ist keine Un- terbrechung in dem Pigment, welches den Inhalt der Zel- len und ihrer Fortsätze bildet, zu erkennen (s. oben p. 88). Denkt man sich nun, dass mehrere solche sternförmige Zel- len auf einer grossen Fläche in eben solchen Entfernun- gen von einander entstehen, dass mehrere Verlängerungen der einzelnen Zellen sich mit mehrern Verlängerungen an- derer Zellen nach derselben Weise verbinden, wie es in der angegebenen Figur bei a dargestellt ist, so entsteht ein Netz von Kanälen über die ganze Fläche, die alle mit ein- ander communiciren. Die Grösse der Maschen des Netzes hängt von der Entfernung der Zellen von einander und von der Zahl der Fortsetzungen an jeder einzelnen Zelle ab. Diess scheint nun der Bildungsprozess der Kapillarge- fässe zu sein.
Die Beobachtungen, welche für diese Art der Bildung der Kapillargefässe sprechen, wurden theils am Schwanze sehr junger Froschlarven, theils an der Keimhaut des Hüh- nereies angestellt. Es sind folgende:
1) Am Schwanze sowohl erwachsener als junger Frosch- larven sieht man, dass die Kapillargefässe von einer zwar dünnen, aber deutlich unterscheidbaren Haut umgeben sind, in der sich keine Fasern unterscheiden lassen. S. Tab. IV, Fig. 11. Dass man diese Haut nicht an allen Kapillargefässen unterscheiden kann, lässt sich durch eine verschiedene Dicke derselben erklären, so wie man ja auch an den Blutkörperchen die Zellenmembran nicht unterscheidet, obgleich sie unzwei- felhaft vorhanden ist. Wo die Kapillargefässwände noch Fa- sern zeigen, haben sie schon eine komplizirtere Bildung,
Zellen, deren Körper man als zwei etwas dickere Stellen noch unterscheidet. Diese Zellen wuchsen nach verschie- denen Seiten hin in hohle Fortsetzungen aus, die wie die Höhle des Zellenkörpers selbst mit Pigment gefüllt sind. Zwei Fortsetzungen der beiden Zellen stieſsen bei a zu- sammen und verwuchsen dort, und dabei scheint zugleich an der verwachsenen Stelle die Scheidewand resorbirt wor- den zu sein, so daſs die Höhlen der beiden Zellen unmit- telbar mit einander communiciren; wenigstens ist keine Un- terbrechung in dem Pigment, welches den Inhalt der Zel- len und ihrer Fortsätze bildet, zu erkennen (s. oben p. 88). Denkt man sich nun, daſs mehrere solche sternförmige Zel- len auf einer groſsen Fläche in eben solchen Entfernun- gen von einander entstehen, daſs mehrere Verlängerungen der einzelnen Zellen sich mit mehrern Verlängerungen an- derer Zellen nach derselben Weise verbinden, wie es in der angegebenen Figur bei a dargestellt ist, so entsteht ein Netz von Kanälen über die ganze Fläche, die alle mit ein- ander communiciren. Die Gröſse der Maschen des Netzes hängt von der Entfernung der Zellen von einander und von der Zahl der Fortsetzungen an jeder einzelnen Zelle ab. Dieſs scheint nun der Bildungsprozeſs der Kapillarge- fäſse zu sein.
Die Beobachtungen, welche für diese Art der Bildung der Kapillargefäſse sprechen, wurden theils am Schwanze sehr junger Froschlarven, theils an der Keimhaut des Hüh- nereies angestellt. Es sind folgende:
1) Am Schwanze sowohl erwachsener als junger Frosch- larven sieht man, daſs die Kapillargefäſse von einer zwar dünnen, aber deutlich unterscheidbaren Haut umgeben sind, in der sich keine Fasern unterscheiden lassen. S. Tab. IV, Fig. 11. Daſs man diese Haut nicht an allen Kapillargefäſsen unterscheiden kann, läſst sich durch eine verschiedene Dicke derselben erklären, so wie man ja auch an den Blutkörperchen die Zellenmembran nicht unterscheidet, obgleich sie unzwei- felhaft vorhanden ist. Wo die Kapillargefäſswände noch Fa- sern zeigen, haben sie schon eine komplizirtere Bildung,
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Zellen, deren Körper man als zwei etwas dickere Stellen
noch unterscheidet. Diese Zellen wuchsen nach verschie-
denen Seiten hin in hohle Fortsetzungen aus, die wie die
Höhle des Zellenkörpers selbst mit Pigment gefüllt sind.
Zwei Fortsetzungen der beiden Zellen stieſsen bei a zu-
sammen und verwuchsen dort, und dabei scheint zugleich
an der verwachsenen Stelle die Scheidewand resorbirt wor-
den zu sein, so daſs die Höhlen der beiden Zellen unmit-
telbar mit einander communiciren; wenigstens ist keine Un-
terbrechung in dem Pigment, welches den Inhalt der Zel-
len und ihrer Fortsätze bildet, zu erkennen (s. oben p. 88).
Denkt man sich nun, daſs mehrere solche sternförmige Zel-
len auf einer groſsen Fläche in eben solchen Entfernun-
gen von einander entstehen, daſs mehrere Verlängerungen
der einzelnen Zellen sich mit mehrern Verlängerungen an-
derer Zellen nach derselben Weise verbinden, wie es in
der angegebenen Figur bei a dargestellt ist, so entsteht ein
Netz von Kanälen über die ganze Fläche, die alle mit ein-
ander communiciren. Die Gröſse der Maschen des Netzes
hängt von der Entfernung der Zellen von einander und
von der Zahl der Fortsetzungen an jeder einzelnen Zelle
ab. Dieſs scheint nun der Bildungsprozeſs der Kapillarge-
fäſse zu sein.
Die Beobachtungen, welche für diese Art der Bildung
der Kapillargefäſse sprechen, wurden theils am Schwanze
sehr junger Froschlarven, theils an der Keimhaut des Hüh-
nereies angestellt. Es sind folgende:
1) Am Schwanze sowohl erwachsener als junger Frosch-
larven sieht man, daſs die Kapillargefäſse von einer zwar
dünnen, aber deutlich unterscheidbaren Haut umgeben sind,
in der sich keine Fasern unterscheiden lassen. S. Tab. IV,
Fig. 11. Daſs man diese Haut nicht an allen Kapillargefäſsen
unterscheiden kann, läſst sich durch eine verschiedene Dicke
derselben erklären, so wie man ja auch an den Blutkörperchen
die Zellenmembran nicht unterscheidet, obgleich sie unzwei-
felhaft vorhanden ist. Wo die Kapillargefäſswände noch Fa-
sern zeigen, haben sie schon eine komplizirtere Bildung,
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/207>, abgerufen am 27.07.2024.
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