eine Muskelfaser, eine Nervenröhre oder ein Ei oder ein Blutkörperchen bilden sollen, überall zuerst ein Körper- chen von bestimmter, nur einigen Modifikationen unter- worfener Form, ein Zellenkern, entsteht, um dieses Kör- perchen sich eine Zelle bildet und erst durch die Verän- derungen, welche eine oder mehrere dieser Zellen erleiden, die spätern Formen der Elementartheile entstehen, kurz ausgedrückt, dass es ein gemeinsames Entwicklungsprinzip für alle Elementartheile der Organismen gibt.
Zum Beweise dieses Satzes war es nothwendig den Entwicklungsgang zweier beliebiger, aber unzweifelhaft physiologisch verschiedener Elementartheile zu verfolgen und miteinander zu vergleichen. Stimmten diese nicht etwa bloss im Wachsthum, wenn sie ihren Bestandtheilen nach schon gebildet sind, sondern auch in ihrer Entstehung vollkommen überein, so war dadurch das Prinzip festgestellt, dass physiologisch ganz verschiedene Elementartheile sich nach denselben Gesetzen entwickeln können. Diess war die Aufgabe des ersten Abschnittes. Es wurde dort der Entwicklungsgang der Knorpelzellen und der Zellen der Chorda dorsalis mit dem Entwicklungsgang der Pflanzen- zellen verglichen. Entwickelten sich die Pflanzenzellen bloss als unendlich kleine Bläschen, die sich immer mehr ausdehnen, zeigten sie in ihrer Entwicklung nicht so cha- rakteristische Momente, wie die von Schleiden nachge- wiesenen, so wäre ein Vergleich in dem Sinne, wie es hier verlangt wird, kaum möglich gewesen. Im ersten Abschnitt wurde nun zu beweisen gesucht, dass der kom- plicirte Entwicklungsgang der Pflanzenzellen sich eben so bei den Knorpelzellen und den Zellen der Chorda dor- salis wiederfindet. Es zeigte sich dabei die ähnliche Bil- dung des Zellenkernes und seiner Kernkörperchen in all seinen Modifikationen mit dem Kern der Pflanzenzellen, die Präexistenz des Zellenkerns und die Bildung der Zelle um denselben, die gleiche Lage des Kerns in Beziehung zur Zelle, das Wachsthum der Zellen und die Verdickung der Zellenwand bei dem Wachsthum, die Bildung von Zel-
eine Muskelfaser, eine Nervenröhre oder ein Ei oder ein Blutkörperchen bilden sollen, überall zuerst ein Körper- chen von bestimmter, nur einigen Modifikationen unter- worfener Form, ein Zellenkern, entsteht, um dieses Kör- perchen sich eine Zelle bildet und erst durch die Verän- derungen, welche eine oder mehrere dieser Zellen erleiden, die spätern Formen der Elementartheile entstehen, kurz ausgedrückt, daſs es ein gemeinsames Entwicklungsprinzip für alle Elementartheile der Organismen gibt.
Zum Beweise dieses Satzes war es nothwendig den Entwicklungsgang zweier beliebiger, aber unzweifelhaft physiologisch verschiedener Elementartheile zu verfolgen und miteinander zu vergleichen. Stimmten diese nicht etwa bloſs im Wachsthum, wenn sie ihren Bestandtheilen nach schon gebildet sind, sondern auch in ihrer Entstehung vollkommen überein, so war dadurch das Prinzip festgestellt, daſs physiologisch ganz verschiedene Elementartheile sich nach denselben Gesetzen entwickeln können. Dieſs war die Aufgabe des ersten Abschnittes. Es wurde dort der Entwicklungsgang der Knorpelzellen und der Zellen der Chorda dorsalis mit dem Entwicklungsgang der Pflanzen- zellen verglichen. Entwickelten sich die Pflanzenzellen bloſs als unendlich kleine Bläschen, die sich immer mehr ausdehnen, zeigten sie in ihrer Entwicklung nicht so cha- rakteristische Momente, wie die von Schleiden nachge- wiesenen, so wäre ein Vergleich in dem Sinne, wie es hier verlangt wird, kaum möglich gewesen. Im ersten Abschnitt wurde nun zu beweisen gesucht, daſs der kom- plicirte Entwicklungsgang der Pflanzenzellen sich eben so bei den Knorpelzellen und den Zellen der Chorda dor- salis wiederfindet. Es zeigte sich dabei die ähnliche Bil- dung des Zellenkernes und seiner Kernkörperchen in all seinen Modifikationen mit dem Kern der Pflanzenzellen, die Präexistenz des Zellenkerns und die Bildung der Zelle um denselben, die gleiche Lage des Kerns in Beziehung zur Zelle, das Wachsthum der Zellen und die Verdickung der Zellenwand bei dem Wachsthum, die Bildung von Zel-
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eine Muskelfaser, eine Nervenröhre oder ein Ei oder ein
Blutkörperchen bilden sollen, überall zuerst ein Körper-
chen von bestimmter, nur einigen Modifikationen unter-
worfener Form, ein Zellenkern, entsteht, um dieses Kör-
perchen sich eine Zelle bildet und erst durch die Verän-
derungen, welche eine oder mehrere dieser Zellen erleiden,
die spätern Formen der Elementartheile entstehen, kurz
ausgedrückt, daſs es ein gemeinsames Entwicklungsprinzip
für alle Elementartheile der Organismen gibt.
Zum Beweise dieses Satzes war es nothwendig den
Entwicklungsgang zweier beliebiger, aber unzweifelhaft
physiologisch verschiedener Elementartheile zu verfolgen
und miteinander zu vergleichen. Stimmten diese nicht
etwa bloſs im Wachsthum, wenn sie ihren Bestandtheilen
nach schon gebildet sind, sondern auch in ihrer Entstehung
vollkommen überein, so war dadurch das Prinzip festgestellt,
daſs physiologisch ganz verschiedene Elementartheile sich
nach denselben Gesetzen entwickeln können. Dieſs war
die Aufgabe des ersten Abschnittes. Es wurde dort der
Entwicklungsgang der Knorpelzellen und der Zellen der
Chorda dorsalis mit dem Entwicklungsgang der Pflanzen-
zellen verglichen. Entwickelten sich die Pflanzenzellen
bloſs als unendlich kleine Bläschen, die sich immer mehr
ausdehnen, zeigten sie in ihrer Entwicklung nicht so cha-
rakteristische Momente, wie die von Schleiden nachge-
wiesenen, so wäre ein Vergleich in dem Sinne, wie es
hier verlangt wird, kaum möglich gewesen. Im ersten
Abschnitt wurde nun zu beweisen gesucht, daſs der kom-
plicirte Entwicklungsgang der Pflanzenzellen sich eben so
bei den Knorpelzellen und den Zellen der Chorda dor-
salis wiederfindet. Es zeigte sich dabei die ähnliche Bil-
dung des Zellenkernes und seiner Kernkörperchen in all
seinen Modifikationen mit dem Kern der Pflanzenzellen, die
Präexistenz des Zellenkerns und die Bildung der Zelle
um denselben, die gleiche Lage des Kerns in Beziehung
zur Zelle, das Wachsthum der Zellen und die Verdickung
der Zellenwand bei dem Wachsthum, die Bildung von Zel-
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Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/218>, abgerufen am 23.11.2024.
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