Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Einleitung.

So gross die Manchfaltigkeit ist, welche die Pflanzen in
ihrer äusseren Form darbieten, so einfach ist ihre innere
Structur. Dieser ausserordentliche Reichthum von Gestalten
wird nur hergebracht durch die verschiedene Aneinander-
fügung einfacher Elementargebilde, die zwar verschiedene
Modifikationen zeigen, aber wesentlich überall dasselbe
sind, nämlich Zellen. Die ganze Klasse der cellulären
Pflanzen besteht nur aus Zellen, die bald als solche er-
kannt werden können; manche derselben werden nur von
aneinandergereihten, gleichartigen oder selbst nur von
Einer Zelle gebildet. Die vaskulären Pflanzen bestehn
im frühesten Zustande ebenfalls nur aus einfachen Zellen
und das Pollenkorn, nach Schleiden's Entdeckung die
Grundlage der neuen Pflanze, ist in seinen wesentlichen
Theilen nur eine Zelle. An erwachsenen vaskulären Pflan-
zen ist die Structur manchfaltiger, so dass man noch vor
Kurzem als die Elementargewebe der Pflanzen, Zellenge-
webe, Fasergewebe und Gefässe oder Spiralröhren unter-
schied. Allein die Untersuchungen über den Bau und
besonders über die Entwickelungs-Geschichte dieser Ge-
webe haben gezeigt, dass diese Fasern und Spiralröhren
nur langgestreckte Zellen und die Spiralfasern nur spiral-
förmige Ablagerungen auf der inneren Fläche der Zellen
sind. Auch die vaskulären Pflanzen bestehn also aus Zellen,
die nur zum Theil eine weitere Entwicklung erfahren
haben. Nur die Milchsaftgefässe sind bis jetzt noch
nicht auf Zellen zurückgeführt; allein es fehlt auch noch

1
Einleitung.

So groſs die Manchfaltigkeit ist, welche die Pflanzen in
ihrer äuſseren Form darbieten, so einfach ist ihre innere
Structur. Dieser auſserordentliche Reichthum von Gestalten
wird nur hergebracht durch die verschiedene Aneinander-
fügung einfacher Elementargebilde, die zwar verschiedene
Modifikationen zeigen, aber wesentlich überall dasselbe
sind, nämlich Zellen. Die ganze Klasse der cellulären
Pflanzen besteht nur aus Zellen, die bald als solche er-
kannt werden können; manche derselben werden nur von
aneinandergereihten, gleichartigen oder selbst nur von
Einer Zelle gebildet. Die vaskulären Pflanzen bestehn
im frühesten Zustande ebenfalls nur aus einfachen Zellen
und das Pollenkorn, nach Schleiden’s Entdeckung die
Grundlage der neuen Pflanze, ist in seinen wesentlichen
Theilen nur eine Zelle. An erwachsenen vaskulären Pflan-
zen ist die Structur manchfaltiger, so daſs man noch vor
Kurzem als die Elementargewebe der Pflanzen, Zellenge-
webe, Fasergewebe und Gefäſse oder Spiralröhren unter-
schied. Allein die Untersuchungen über den Bau und
besonders über die Entwickelungs-Geschichte dieser Ge-
webe haben gezeigt, daſs diese Fasern und Spiralröhren
nur langgestreckte Zellen und die Spiralfasern nur spiral-
förmige Ablagerungen auf der inneren Fläche der Zellen
sind. Auch die vaskulären Pflanzen bestehn also aus Zellen,
die nur zum Theil eine weitere Entwicklung erfahren
haben. Nur die Milchsaftgefäſse sind bis jetzt noch
nicht auf Zellen zurückgeführt; allein es fehlt auch noch

1
<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0025" n="[1]"/>
    </front>
    <body>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#g">Einleitung</hi>.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">S</hi>o gro&#x017F;s die Manchfaltigkeit ist, welche die Pflanzen in<lb/>
ihrer äu&#x017F;seren Form darbieten, so einfach ist ihre innere<lb/>
Structur. Dieser au&#x017F;serordentliche Reichthum von Gestalten<lb/>
wird nur hergebracht durch die verschiedene Aneinander-<lb/>
fügung einfacher Elementargebilde, die zwar verschiedene<lb/>
Modifikationen zeigen, aber wesentlich überall dasselbe<lb/>
sind, nämlich Zellen. Die ganze Klasse der cellulären<lb/>
Pflanzen besteht nur aus Zellen, die bald als solche er-<lb/>
kannt werden können; manche derselben werden nur von<lb/>
aneinandergereihten, gleichartigen oder selbst nur von<lb/>
Einer Zelle gebildet. Die vaskulären Pflanzen bestehn<lb/>
im frühesten Zustande ebenfalls nur aus einfachen Zellen<lb/>
und das Pollenkorn, nach <hi rendition="#g">Schleiden&#x2019;s</hi> Entdeckung die<lb/>
Grundlage der neuen Pflanze, ist in seinen wesentlichen<lb/>
Theilen nur eine Zelle. An erwachsenen vaskulären Pflan-<lb/>
zen ist die Structur manchfaltiger, so da&#x017F;s man noch vor<lb/>
Kurzem als die Elementargewebe der Pflanzen, Zellenge-<lb/>
webe, Fasergewebe und Gefä&#x017F;se oder Spiralröhren unter-<lb/>
schied. Allein die Untersuchungen über den Bau und<lb/>
besonders über die Entwickelungs-Geschichte dieser Ge-<lb/>
webe haben gezeigt, da&#x017F;s diese Fasern und Spiralröhren<lb/>
nur langgestreckte Zellen und die Spiralfasern nur spiral-<lb/>
förmige Ablagerungen auf der inneren Fläche der Zellen<lb/>
sind. Auch die vaskulären Pflanzen bestehn also aus Zellen,<lb/>
die nur zum Theil eine weitere Entwicklung erfahren<lb/>
haben. Nur die Milchsaftgefä&#x017F;se sind bis jetzt noch<lb/>
nicht auf Zellen zurückgeführt; allein es fehlt auch noch<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[1]/0025] Einleitung. So groſs die Manchfaltigkeit ist, welche die Pflanzen in ihrer äuſseren Form darbieten, so einfach ist ihre innere Structur. Dieser auſserordentliche Reichthum von Gestalten wird nur hergebracht durch die verschiedene Aneinander- fügung einfacher Elementargebilde, die zwar verschiedene Modifikationen zeigen, aber wesentlich überall dasselbe sind, nämlich Zellen. Die ganze Klasse der cellulären Pflanzen besteht nur aus Zellen, die bald als solche er- kannt werden können; manche derselben werden nur von aneinandergereihten, gleichartigen oder selbst nur von Einer Zelle gebildet. Die vaskulären Pflanzen bestehn im frühesten Zustande ebenfalls nur aus einfachen Zellen und das Pollenkorn, nach Schleiden’s Entdeckung die Grundlage der neuen Pflanze, ist in seinen wesentlichen Theilen nur eine Zelle. An erwachsenen vaskulären Pflan- zen ist die Structur manchfaltiger, so daſs man noch vor Kurzem als die Elementargewebe der Pflanzen, Zellenge- webe, Fasergewebe und Gefäſse oder Spiralröhren unter- schied. Allein die Untersuchungen über den Bau und besonders über die Entwickelungs-Geschichte dieser Ge- webe haben gezeigt, daſs diese Fasern und Spiralröhren nur langgestreckte Zellen und die Spiralfasern nur spiral- förmige Ablagerungen auf der inneren Fläche der Zellen sind. Auch die vaskulären Pflanzen bestehn also aus Zellen, die nur zum Theil eine weitere Entwicklung erfahren haben. Nur die Milchsaftgefäſse sind bis jetzt noch nicht auf Zellen zurückgeführt; allein es fehlt auch noch 1

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/25
Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/25>, abgerufen am 21.11.2024.