Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite

dünn, so dass nicht die ganze Zwischensubstanz der Zel-
lenhöhlen von den Zellenwänden gebildet sein kann, son-
dern die Intercellularsubstanz, die in der Mitte des Kie-
menstrahls nur sehr gering war, hier wesentlich zur Bil-
dung der Knorpelsubstanz beiträgt und häufig die unmit-
telbare Berührung der Zellenwände ganz verhindert. Diese
Intercellularsubstanz scheint aber mit der Substanz der
Zellenwand homogen und fliesst an den meisten Stellen
mit den Zellenwänden zusammen. Die Zellenhöhlen, die
hier durchsichtig und ohne körniges Contentum sind, sind
nun die Knorpelkörperchen.

Der Bildungsprozess des Knorpels ist hier also fol-
gender. Er besteht ursprünglich aus dicht aneinanderlie-
genden Zellen, von denen aber jede ihre besondere sehr
dünne Zellenmembran hat. Diess folgt 1) aus der Ueber-
einstimmung des jüngsten Knorpels mit dem Pflanzenzell-
gewebe in seinem Totalanblick; 2) aus der Anwesenheit
des Zellenkerns in den jungen Knorpelzellen, eines Ge-
bildes, welches, wie wir später sehen werden, an der bei
weitem grössten Zahl der Zellen, die sich bei andern Ge-
weben nachweisen lassen, vorkommt; 3) aus den bei den
verdickten Zellenwänden oft deutlich erkennbaren getrenn-
ten Zellenwänden. Diese Zellenwände liegen entweder
dicht aneinander oder nur mit einer Spur von Intercellu-
larsubstanz, oder die Menge der Intercellularsubstanz ist
grösser, so dass sie die Berührung der einzelnen Zellen-
wände ganz verhindert. Die Wände dieser Anfangs sehr
dünnhäutigen Zellen verdicken sich. Die Höhlen der Zel-
len mit verdickten Wänden in der Mitte des Kiemenstrahls
sind zwar kleiner, als die mehr nach aussen gelegenen Zel-
lenhöhlen mit weniger verdickten Wänden. Es ist aber
ungewiss, ob diess durch eine Verdickung der Zellenwand
nach innen hervorgebracht wird, oder ob nicht vielmehr
diese Zellen in ihrer Uranlage kleiner waren. An diesen
Verdickungen lässt sich keine Schichtung, noch eine Ver-
schiedenheit von der unsprünglichen Zellenmembran erken-
nen. Die verdickten Zellenwände fliessen zuletzt unter einan-

2*

dünn, so daſs nicht die ganze Zwischensubstanz der Zel-
lenhöhlen von den Zellenwänden gebildet sein kann, son-
dern die Intercellularsubstanz, die in der Mitte des Kie-
menstrahls nur sehr gering war, hier wesentlich zur Bil-
dung der Knorpelsubstanz beiträgt und häufig die unmit-
telbare Berührung der Zellenwände ganz verhindert. Diese
Intercellularsubstanz scheint aber mit der Substanz der
Zellenwand homogen und flieſst an den meisten Stellen
mit den Zellenwänden zusammen. Die Zellenhöhlen, die
hier durchsichtig und ohne körniges Contentum sind, sind
nun die Knorpelkörperchen.

Der Bildungsprozeſs des Knorpels ist hier also fol-
gender. Er besteht ursprünglich aus dicht aneinanderlie-
genden Zellen, von denen aber jede ihre besondere sehr
dünne Zellenmembran hat. Dieſs folgt 1) aus der Ueber-
einstimmung des jüngsten Knorpels mit dem Pflanzenzell-
gewebe in seinem Totalanblick; 2) aus der Anwesenheit
des Zellenkerns in den jungen Knorpelzellen, eines Ge-
bildes, welches, wie wir später sehen werden, an der bei
weitem gröſsten Zahl der Zellen, die sich bei andern Ge-
weben nachweisen lassen, vorkommt; 3) aus den bei den
verdickten Zellenwänden oft deutlich erkennbaren getrenn-
ten Zellenwänden. Diese Zellenwände liegen entweder
dicht aneinander oder nur mit einer Spur von Intercellu-
larsubstanz, oder die Menge der Intercellularsubstanz ist
gröſser, so daſs sie die Berührung der einzelnen Zellen-
wände ganz verhindert. Die Wände dieser Anfangs sehr
dünnhäutigen Zellen verdicken sich. Die Höhlen der Zel-
len mit verdickten Wänden in der Mitte des Kiemenstrahls
sind zwar kleiner, als die mehr nach auſsen gelegenen Zel-
lenhöhlen mit weniger verdickten Wänden. Es ist aber
ungewiſs, ob dieſs durch eine Verdickung der Zellenwand
nach innen hervorgebracht wird, oder ob nicht vielmehr
diese Zellen in ihrer Uranlage kleiner waren. An diesen
Verdickungen läſst sich keine Schichtung, noch eine Ver-
schiedenheit von der unsprünglichen Zellenmembran erken-
nen. Die verdickten Zellenwände flieſsen zuletzt unter einan-

2*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0043" n="19"/>
dünn, so da&#x017F;s nicht die ganze Zwischensubstanz der Zel-<lb/>
lenhöhlen von den Zellenwänden gebildet sein kann, son-<lb/>
dern die Intercellularsubstanz, die in der Mitte des Kie-<lb/>
menstrahls nur sehr gering war, hier wesentlich zur Bil-<lb/>
dung der Knorpelsubstanz beiträgt und häufig die unmit-<lb/>
telbare Berührung der Zellenwände ganz verhindert. Diese<lb/>
Intercellularsubstanz scheint aber mit der Substanz der<lb/>
Zellenwand homogen und flie&#x017F;st an den meisten Stellen<lb/>
mit den Zellenwänden zusammen. Die Zellenhöhlen, die<lb/>
hier durchsichtig und ohne körniges Contentum sind, sind<lb/>
nun die Knorpelkörperchen.</p><lb/>
          <p>Der Bildungsproze&#x017F;s des Knorpels ist hier also fol-<lb/>
gender. Er besteht ursprünglich aus dicht aneinanderlie-<lb/>
genden Zellen, von denen aber jede ihre besondere sehr<lb/>
dünne Zellenmembran hat. Die&#x017F;s folgt 1) aus der Ueber-<lb/>
einstimmung des jüngsten Knorpels mit dem Pflanzenzell-<lb/>
gewebe in seinem Totalanblick; 2) aus der Anwesenheit<lb/>
des Zellenkerns in den jungen Knorpelzellen, eines Ge-<lb/>
bildes, welches, wie wir später sehen werden, an der bei<lb/>
weitem grö&#x017F;sten Zahl der Zellen, die sich bei andern Ge-<lb/>
weben nachweisen lassen, vorkommt; 3) aus den bei den<lb/>
verdickten Zellenwänden oft deutlich erkennbaren getrenn-<lb/>
ten Zellenwänden. Diese Zellenwände liegen entweder<lb/>
dicht aneinander oder nur mit einer Spur von Intercellu-<lb/>
larsubstanz, oder die Menge der Intercellularsubstanz ist<lb/>
grö&#x017F;ser, so da&#x017F;s sie die Berührung der einzelnen Zellen-<lb/>
wände ganz verhindert. Die Wände dieser Anfangs sehr<lb/>
dünnhäutigen Zellen verdicken sich. Die Höhlen der Zel-<lb/>
len mit verdickten Wänden in der Mitte des Kiemenstrahls<lb/>
sind zwar kleiner, als die mehr nach au&#x017F;sen gelegenen Zel-<lb/>
lenhöhlen mit weniger verdickten Wänden. Es ist aber<lb/>
ungewi&#x017F;s, ob die&#x017F;s durch eine Verdickung der Zellenwand<lb/>
nach innen hervorgebracht wird, oder ob nicht vielmehr<lb/>
diese Zellen in ihrer Uranlage kleiner waren. An diesen<lb/>
Verdickungen lä&#x017F;st sich keine Schichtung, noch eine Ver-<lb/>
schiedenheit von der unsprünglichen Zellenmembran erken-<lb/>
nen. Die verdickten Zellenwände flie&#x017F;sen zuletzt unter einan-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">2*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0043] dünn, so daſs nicht die ganze Zwischensubstanz der Zel- lenhöhlen von den Zellenwänden gebildet sein kann, son- dern die Intercellularsubstanz, die in der Mitte des Kie- menstrahls nur sehr gering war, hier wesentlich zur Bil- dung der Knorpelsubstanz beiträgt und häufig die unmit- telbare Berührung der Zellenwände ganz verhindert. Diese Intercellularsubstanz scheint aber mit der Substanz der Zellenwand homogen und flieſst an den meisten Stellen mit den Zellenwänden zusammen. Die Zellenhöhlen, die hier durchsichtig und ohne körniges Contentum sind, sind nun die Knorpelkörperchen. Der Bildungsprozeſs des Knorpels ist hier also fol- gender. Er besteht ursprünglich aus dicht aneinanderlie- genden Zellen, von denen aber jede ihre besondere sehr dünne Zellenmembran hat. Dieſs folgt 1) aus der Ueber- einstimmung des jüngsten Knorpels mit dem Pflanzenzell- gewebe in seinem Totalanblick; 2) aus der Anwesenheit des Zellenkerns in den jungen Knorpelzellen, eines Ge- bildes, welches, wie wir später sehen werden, an der bei weitem gröſsten Zahl der Zellen, die sich bei andern Ge- weben nachweisen lassen, vorkommt; 3) aus den bei den verdickten Zellenwänden oft deutlich erkennbaren getrenn- ten Zellenwänden. Diese Zellenwände liegen entweder dicht aneinander oder nur mit einer Spur von Intercellu- larsubstanz, oder die Menge der Intercellularsubstanz ist gröſser, so daſs sie die Berührung der einzelnen Zellen- wände ganz verhindert. Die Wände dieser Anfangs sehr dünnhäutigen Zellen verdicken sich. Die Höhlen der Zel- len mit verdickten Wänden in der Mitte des Kiemenstrahls sind zwar kleiner, als die mehr nach auſsen gelegenen Zel- lenhöhlen mit weniger verdickten Wänden. Es ist aber ungewiſs, ob dieſs durch eine Verdickung der Zellenwand nach innen hervorgebracht wird, oder ob nicht vielmehr diese Zellen in ihrer Uranlage kleiner waren. An diesen Verdickungen läſst sich keine Schichtung, noch eine Ver- schiedenheit von der unsprünglichen Zellenmembran erken- nen. Die verdickten Zellenwände flieſsen zuletzt unter einan- 2*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/43
Zitationshilfe: Schwann, Theodor: Mikroskopische Untersuchungen über die Uebereinstimmung in der Struktur und dem Wachsthum der Thiere und Pflanzen. Berlin, 1839, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwann_mikroskopische_1839/43>, abgerufen am 03.12.2024.