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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
mittelten Umtriebszeiten niedriger sind, als die bisher üblichen, be-
dingen sie eine verhältnismässig rasche Abnutzung der Vorratsüber-
schüsse, welche bei einigermassen erheblichen Beträgen, um die es sich
bei Staatsforsten doch immer handeln wird, ungünstig auf die Holzpreise
einwirken werden.

Von grösstem Einflusse auf die Bemessung der Umtriebszeit ist die
Wahl des Zinsfusses, nach welchem sich die in der Wirtschaft
thätigen Kapitalien verzinsen sollen.

Ein niedriger Wirtschaftszinsfuss ermöglicht eine lange Umtriebszeit,
während ein dem bei Leihkapitalien üblichen Zinsfusse entsprechender
Satz bei Benutzung der derzeitigen Rechnungsgrundlagen meist zu so
kurzen Umtriebszeiten führt, dass diese technisch nahezu unmöglich sind.

In dem Streite zwischen den Anhängern der Bodenreinertragsschule
und der Waldreinertragsschule haben die letzten, um die Undurchführbar-
keit der gegnerischen Grundsätze darzuthun, alle Momente angeführt,
welche aus allgemein wirtschaftlichen Rücksichten für einen hohen Zins-
fuss sprechen, namentlich die Gefahren des Forstbetriebes und die hier-
durch bedingte Notwendigkeit einer Risikoprämie, während die Vertreter
der Bodenreinertragsschule auf die Gründe hingewiesen haben, welche
eine Ermässigung des Zinsfusses gegenüber dem für sichere Kapitals-
darlehen landesüblichen Zinsfusse gestatten.

Dass der Wirtschaftszinsfuss niedriger sein darf und muss, als der
sogen. landesübliche Zinsfuss für sichere Leihkapitalien, ergiebt sich
daraus, dass die Bodenwirtschaft überhaupt mit einer niedrigeren Ver-
zinsung rechnet, als das mobile Kapital. Diese Thatsache gilt ganz
besonders für den Waldbesitz, der eine Reihe von Annehmlichkeiten bietet,
welche, wie vor allem der geringe Bedarf an Arbeit, für den Gross-
besitzer ins Gewicht fallen.

Der forstliche Zinsfuss liegt in Deutschland z. Z. zwischen 2 und
3 % 1); wer also Forstwirtschaft treiben will, darf auf eine höhere
Verzinsung, in der Regel wenigstens, nicht rechnen 2), wenn auch in
kleinerem Umfange öfters günstigere Verhältnisse vorliegen.

Die Annahme dieses Zinsfusses erscheint aber auch deswegen zulässig
und gerechtfertigt, weil bei den Rentabilitätsberechnungen stets nur die
gegenwärtigen Preise für die Erträge eingesetzt werden, während
die Holzpreise, wie bereits früher erwähnt wurde, im Laufe der Zeit

1) Die sächsischen Staatswaldungen, für welche die Verzinsung alljährlich in
möglichst genauer Weise festgestellt wird, repräsentierten 1892 ein Kapital von
3031138000 M., dessen Verzinsung trotz der in Sachsen besonders günstigen Ver-
hältnisse nur 2,3 % betragen hat.
2) Helferich sagt hierüber in Schönbergs Handbuch, II, S. 298: Die Holz-
erzeugung ist ein Geschäft sui generis, und man muss sich ihren natürlichen Bedin-
gungen fügen, die einmal derartig sind, dass ein Gewinn von dem dabei aufgewandten
Kapital in der Höhe des gewöhnlichen Leihzinses nicht immer möglich ist.
Schwappach, Forstpolitik. 7

I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
mittelten Umtriebszeiten niedriger sind, als die bisher üblichen, be-
dingen sie eine verhältnismäſsig rasche Abnutzung der Vorratsüber-
schüsse, welche bei einigermaſsen erheblichen Beträgen, um die es sich
bei Staatsforsten doch immer handeln wird, ungünstig auf die Holzpreise
einwirken werden.

Von gröſstem Einflusse auf die Bemessung der Umtriebszeit ist die
Wahl des Zinsfuſses, nach welchem sich die in der Wirtschaft
thätigen Kapitalien verzinsen sollen.

Ein niedriger Wirtschaftszinsfuſs ermöglicht eine lange Umtriebszeit,
während ein dem bei Leihkapitalien üblichen Zinsfuſse entsprechender
Satz bei Benutzung der derzeitigen Rechnungsgrundlagen meist zu so
kurzen Umtriebszeiten führt, daſs diese technisch nahezu unmöglich sind.

In dem Streite zwischen den Anhängern der Bodenreinertragsschule
und der Waldreinertragsschule haben die letzten, um die Undurchführbar-
keit der gegnerischen Grundsätze darzuthun, alle Momente angeführt,
welche aus allgemein wirtschaftlichen Rücksichten für einen hohen Zins-
fuſs sprechen, namentlich die Gefahren des Forstbetriebes und die hier-
durch bedingte Notwendigkeit einer Risikoprämie, während die Vertreter
der Bodenreinertragsschule auf die Gründe hingewiesen haben, welche
eine Ermäſsigung des Zinsfuſses gegenüber dem für sichere Kapitals-
darlehen landesüblichen Zinsfuſse gestatten.

Daſs der Wirtschaftszinsfuſs niedriger sein darf und muſs, als der
sogen. landesübliche Zinsfuſs für sichere Leihkapitalien, ergiebt sich
daraus, daſs die Bodenwirtschaft überhaupt mit einer niedrigeren Ver-
zinsung rechnet, als das mobile Kapital. Diese Thatsache gilt ganz
besonders für den Waldbesitz, der eine Reihe von Annehmlichkeiten bietet,
welche, wie vor allem der geringe Bedarf an Arbeit, für den Groſs-
besitzer ins Gewicht fallen.

Der forstliche Zinsfuſs liegt in Deutschland z. Z. zwischen 2 und
3 % 1); wer also Forstwirtschaft treiben will, darf auf eine höhere
Verzinsung, in der Regel wenigstens, nicht rechnen 2), wenn auch in
kleinerem Umfange öfters günstigere Verhältnisse vorliegen.

Die Annahme dieses Zinsfuſses erscheint aber auch deswegen zulässig
und gerechtfertigt, weil bei den Rentabilitätsberechnungen stets nur die
gegenwärtigen Preise für die Erträge eingesetzt werden, während
die Holzpreise, wie bereits früher erwähnt wurde, im Laufe der Zeit

1) Die sächsischen Staatswaldungen, für welche die Verzinsung alljährlich in
möglichst genauer Weise festgestellt wird, repräsentierten 1892 ein Kapital von
3031138000 M., dessen Verzinsung trotz der in Sachsen besonders günstigen Ver-
hältnisse nur 2,3 % betragen hat.
2) Helferich sagt hierüber in Schönbergs Handbuch, II, S. 298: Die Holz-
erzeugung ist ein Geschäft sui generis, und man muſs sich ihren natürlichen Bedin-
gungen fügen, die einmal derartig sind, daſs ein Gewinn von dem dabei aufgewandten
Kapital in der Höhe des gewöhnlichen Leihzinses nicht immer möglich ist.
Schwappach, Forstpolitik. 7
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[97/0115] I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege. mittelten Umtriebszeiten niedriger sind, als die bisher üblichen, be- dingen sie eine verhältnismäſsig rasche Abnutzung der Vorratsüber- schüsse, welche bei einigermaſsen erheblichen Beträgen, um die es sich bei Staatsforsten doch immer handeln wird, ungünstig auf die Holzpreise einwirken werden. Von gröſstem Einflusse auf die Bemessung der Umtriebszeit ist die Wahl des Zinsfuſses, nach welchem sich die in der Wirtschaft thätigen Kapitalien verzinsen sollen. Ein niedriger Wirtschaftszinsfuſs ermöglicht eine lange Umtriebszeit, während ein dem bei Leihkapitalien üblichen Zinsfuſse entsprechender Satz bei Benutzung der derzeitigen Rechnungsgrundlagen meist zu so kurzen Umtriebszeiten führt, daſs diese technisch nahezu unmöglich sind. In dem Streite zwischen den Anhängern der Bodenreinertragsschule und der Waldreinertragsschule haben die letzten, um die Undurchführbar- keit der gegnerischen Grundsätze darzuthun, alle Momente angeführt, welche aus allgemein wirtschaftlichen Rücksichten für einen hohen Zins- fuſs sprechen, namentlich die Gefahren des Forstbetriebes und die hier- durch bedingte Notwendigkeit einer Risikoprämie, während die Vertreter der Bodenreinertragsschule auf die Gründe hingewiesen haben, welche eine Ermäſsigung des Zinsfuſses gegenüber dem für sichere Kapitals- darlehen landesüblichen Zinsfuſse gestatten. Daſs der Wirtschaftszinsfuſs niedriger sein darf und muſs, als der sogen. landesübliche Zinsfuſs für sichere Leihkapitalien, ergiebt sich daraus, daſs die Bodenwirtschaft überhaupt mit einer niedrigeren Ver- zinsung rechnet, als das mobile Kapital. Diese Thatsache gilt ganz besonders für den Waldbesitz, der eine Reihe von Annehmlichkeiten bietet, welche, wie vor allem der geringe Bedarf an Arbeit, für den Groſs- besitzer ins Gewicht fallen. Der forstliche Zinsfuſs liegt in Deutschland z. Z. zwischen 2 und 3 % 1); wer also Forstwirtschaft treiben will, darf auf eine höhere Verzinsung, in der Regel wenigstens, nicht rechnen 2), wenn auch in kleinerem Umfange öfters günstigere Verhältnisse vorliegen. Die Annahme dieses Zinsfuſses erscheint aber auch deswegen zulässig und gerechtfertigt, weil bei den Rentabilitätsberechnungen stets nur die gegenwärtigen Preise für die Erträge eingesetzt werden, während die Holzpreise, wie bereits früher erwähnt wurde, im Laufe der Zeit 1) Die sächsischen Staatswaldungen, für welche die Verzinsung alljährlich in möglichst genauer Weise festgestellt wird, repräsentierten 1892 ein Kapital von 3031138000 M., dessen Verzinsung trotz der in Sachsen besonders günstigen Ver- hältnisse nur 2,3 % betragen hat. 2) Helferich sagt hierüber in Schönbergs Handbuch, II, S. 298: Die Holz- erzeugung ist ein Geschäft sui generis, und man muſs sich ihren natürlichen Bedin- gungen fügen, die einmal derartig sind, daſs ein Gewinn von dem dabei aufgewandten Kapital in der Höhe des gewöhnlichen Leihzinses nicht immer möglich ist. Schwappach, Forstpolitik. 7

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/115>, abgerufen am 28.11.2024.