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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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B. Zweiter (spezieller) Teil.
den gegnerischen Seiten manche Autoren sich wenig um die Prinzipien
der Reinertragslehre kümmerten, sondern lediglich gegen die angeb-
lich bei ihrer Anwendung nötigen, sehr kurzen Umtriebszeiten pole-
misierten.

Die Ergebnisse der nunmehr bereits mehr als 30 Jahre dauernden
Fehde, an welcher sich auf beiden Seiten die besten Kräfte beteiligten,
dürften dahin zusammenzufassen sein, dass die theoretischen Grundlagen
der Reinertragslehre von der überwiegenden Mehrzahl aller Forstwirte
als richtig anerkannt werden. Gleichzeitig wird jedoch zugegeben, dass
die Unsicherheit bezüglich der in die Formeln einzuführenden Zahlen-
werte, sobald es sich um grossen Waldbesitz handelt, zu besonderer
Vorsicht in der Anwendung der Resultate mahnt. Insbesondere ist
zu berücksichtigen, dass bedeutende Verkürzungen der Umtriebszeit
wegen Unverkäuflichkeit der überschüssig erscheinenden Materialvor-
räte praktisch gar nicht durchführbar wären und so in dem Sinken der
Preise in sich selbst ein wertvolles Korrektiv enthalten. Die Bestim-
mung der Umtriebszeit nach der Höhe des Bodenerwartungswertes kann
nicht allein massgebend sein, sie wird aber einen Anhalt liefern, um
die Umtriebsbestimmung aus dem blossen Gebiete des Meinens und Mut-
massens zu der Höhe eines exakten, prinzipiell unantastbaren Verfahrens
emporzuheben.

Weiter hat sich inzwischen auch die Erkenntnis Bahn gebrochen,
dass die Verminderung des Holzkapitales nicht der einzige
Weg
zur Erzielung einer besseren Rentabilität ist, sondern dass auch
verschiedene wirtschaftliche Massregeln (regelmässiger Durchforstungs-
betrieb, Ausnutzung des Lichtungszuwachses, Verminderung der Kultur-
kosten durch Anwendung natürlicher Verjüngung u. s. w.), sowie sorg-
fältige Benutzung der Handelskonjunkturen bei Verwertung der Forst-
produkte ebenfalls in sehr erheblichem Masse hierzu beitragen. Man
macht hiervon auch in der Neuzeit einen ebenso ausgedehnten und
erfolgreichen, als im allgemeinen Interesse höchst erwünschten Gebrauch.

§ 6. Die praktische Durchführung der Grundsätze für die Bewirt-
schaftung der Staatswaldungen
. Nach diesem Exkurse bietet die Be-
antwortung der Frage der Grundsätze, welche für die Bewirtschaftung
der Staatswaldungen massgebend sein sollen, keine Schwierigkeiten.

Die Forstwirtschaft des Staates ist ein gewerblicher Betrieb, bei
welchem prinzipiell eine angemessene, d. h. eine der Natur desselben
entsprechende Verzinsung der darin thätigen Kapitalien gefordert werden
muss. Ad. Wagener (Finanzwissenschaft, 2. Aufl., S. 452) sagt hier-
über: "Für die Bewirtschaftung der Staatsforsten muss das Prinzip des
grössten nachhaltigen Reinertrages massgebend sein." Die weiteren Aus-
führungen Wagners zeigen auch, dass er den Reinertrag im Sinne
der Bodenreinertragslehre meint.


B. Zweiter (spezieller) Teil.
den gegnerischen Seiten manche Autoren sich wenig um die Prinzipien
der Reinertragslehre kümmerten, sondern lediglich gegen die angeb-
lich bei ihrer Anwendung nötigen, sehr kurzen Umtriebszeiten pole-
misierten.

Die Ergebnisse der nunmehr bereits mehr als 30 Jahre dauernden
Fehde, an welcher sich auf beiden Seiten die besten Kräfte beteiligten,
dürften dahin zusammenzufassen sein, daſs die theoretischen Grundlagen
der Reinertragslehre von der überwiegenden Mehrzahl aller Forstwirte
als richtig anerkannt werden. Gleichzeitig wird jedoch zugegeben, daſs
die Unsicherheit bezüglich der in die Formeln einzuführenden Zahlen-
werte, sobald es sich um groſsen Waldbesitz handelt, zu besonderer
Vorsicht in der Anwendung der Resultate mahnt. Insbesondere ist
zu berücksichtigen, daſs bedeutende Verkürzungen der Umtriebszeit
wegen Unverkäuflichkeit der überschüssig erscheinenden Materialvor-
räte praktisch gar nicht durchführbar wären und so in dem Sinken der
Preise in sich selbst ein wertvolles Korrektiv enthalten. Die Bestim-
mung der Umtriebszeit nach der Höhe des Bodenerwartungswertes kann
nicht allein maſsgebend sein, sie wird aber einen Anhalt liefern, um
die Umtriebsbestimmung aus dem bloſsen Gebiete des Meinens und Mut-
maſsens zu der Höhe eines exakten, prinzipiell unantastbaren Verfahrens
emporzuheben.

Weiter hat sich inzwischen auch die Erkenntnis Bahn gebrochen,
daſs die Verminderung des Holzkapitales nicht der einzige
Weg
zur Erzielung einer besseren Rentabilität ist, sondern daſs auch
verschiedene wirtschaftliche Maſsregeln (regelmäſsiger Durchforstungs-
betrieb, Ausnutzung des Lichtungszuwachses, Verminderung der Kultur-
kosten durch Anwendung natürlicher Verjüngung u. s. w.), sowie sorg-
fältige Benutzung der Handelskonjunkturen bei Verwertung der Forst-
produkte ebenfalls in sehr erheblichem Maſse hierzu beitragen. Man
macht hiervon auch in der Neuzeit einen ebenso ausgedehnten und
erfolgreichen, als im allgemeinen Interesse höchst erwünschten Gebrauch.

§ 6. Die praktische Durchführung der Grundsätze für die Bewirt-
schaftung der Staatswaldungen
. Nach diesem Exkurse bietet die Be-
antwortung der Frage der Grundsätze, welche für die Bewirtschaftung
der Staatswaldungen maſsgebend sein sollen, keine Schwierigkeiten.

Die Forstwirtschaft des Staates ist ein gewerblicher Betrieb, bei
welchem prinzipiell eine angemessene, d. h. eine der Natur desselben
entsprechende Verzinsung der darin thätigen Kapitalien gefordert werden
muſs. Ad. Wagener (Finanzwissenschaft, 2. Aufl., S. 452) sagt hier-
über: „Für die Bewirtschaftung der Staatsforsten muſs das Prinzip des
gröſsten nachhaltigen Reinertrages maſsgebend sein.“ Die weiteren Aus-
führungen Wagners zeigen auch, daſs er den Reinertrag im Sinne
der Bodenreinertragslehre meint.


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[100/0118] B. Zweiter (spezieller) Teil. den gegnerischen Seiten manche Autoren sich wenig um die Prinzipien der Reinertragslehre kümmerten, sondern lediglich gegen die angeb- lich bei ihrer Anwendung nötigen, sehr kurzen Umtriebszeiten pole- misierten. Die Ergebnisse der nunmehr bereits mehr als 30 Jahre dauernden Fehde, an welcher sich auf beiden Seiten die besten Kräfte beteiligten, dürften dahin zusammenzufassen sein, daſs die theoretischen Grundlagen der Reinertragslehre von der überwiegenden Mehrzahl aller Forstwirte als richtig anerkannt werden. Gleichzeitig wird jedoch zugegeben, daſs die Unsicherheit bezüglich der in die Formeln einzuführenden Zahlen- werte, sobald es sich um groſsen Waldbesitz handelt, zu besonderer Vorsicht in der Anwendung der Resultate mahnt. Insbesondere ist zu berücksichtigen, daſs bedeutende Verkürzungen der Umtriebszeit wegen Unverkäuflichkeit der überschüssig erscheinenden Materialvor- räte praktisch gar nicht durchführbar wären und so in dem Sinken der Preise in sich selbst ein wertvolles Korrektiv enthalten. Die Bestim- mung der Umtriebszeit nach der Höhe des Bodenerwartungswertes kann nicht allein maſsgebend sein, sie wird aber einen Anhalt liefern, um die Umtriebsbestimmung aus dem bloſsen Gebiete des Meinens und Mut- maſsens zu der Höhe eines exakten, prinzipiell unantastbaren Verfahrens emporzuheben. Weiter hat sich inzwischen auch die Erkenntnis Bahn gebrochen, daſs die Verminderung des Holzkapitales nicht der einzige Weg zur Erzielung einer besseren Rentabilität ist, sondern daſs auch verschiedene wirtschaftliche Maſsregeln (regelmäſsiger Durchforstungs- betrieb, Ausnutzung des Lichtungszuwachses, Verminderung der Kultur- kosten durch Anwendung natürlicher Verjüngung u. s. w.), sowie sorg- fältige Benutzung der Handelskonjunkturen bei Verwertung der Forst- produkte ebenfalls in sehr erheblichem Maſse hierzu beitragen. Man macht hiervon auch in der Neuzeit einen ebenso ausgedehnten und erfolgreichen, als im allgemeinen Interesse höchst erwünschten Gebrauch. § 6. Die praktische Durchführung der Grundsätze für die Bewirt- schaftung der Staatswaldungen. Nach diesem Exkurse bietet die Be- antwortung der Frage der Grundsätze, welche für die Bewirtschaftung der Staatswaldungen maſsgebend sein sollen, keine Schwierigkeiten. Die Forstwirtschaft des Staates ist ein gewerblicher Betrieb, bei welchem prinzipiell eine angemessene, d. h. eine der Natur desselben entsprechende Verzinsung der darin thätigen Kapitalien gefordert werden muſs. Ad. Wagener (Finanzwissenschaft, 2. Aufl., S. 452) sagt hier- über: „Für die Bewirtschaftung der Staatsforsten muſs das Prinzip des gröſsten nachhaltigen Reinertrages maſsgebend sein.“ Die weiteren Aus- führungen Wagners zeigen auch, daſs er den Reinertrag im Sinne der Bodenreinertragslehre meint.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 100. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/118>, abgerufen am 29.11.2024.