Wenn nun auch die Aufgabe der Versuchsanstalten in erster Linie in der Bearbeitung der zeitlich oder quantitativ die Kräfte des einzelnen Forschers übersteigenden Fragen besteht, so ist doch hierdurch nicht ausgeschlossen, dass die an den Versuchsanstalten wirkenden Persön- lichkeiten auch Untersuchungen beschränkteren Umfanges ausführen, für welche das Vorhandensein von besonderen Institutionen an und für sich nicht notwendig wäre.
Eine scharfe Grenze zwischen beiden Gebieten lässt sich überhaupt nicht ziehen, und zwar um so weniger, als Anregung und Gelegenheit zu Arbeiten der mannigfachsten Art sich bei den forstlichen Versuchs- arbeiten in reicher Fülle ergiebt. Prinzipiell ist allerdings der Gesichts- punkt festzuhalten, dass alle Fragen, welche durch die Thätigkeit des einzelnen Forschers erledigt werden können, nicht in das Gebiet be- sonderer Versuchsanstalten gehören.
Der wesentlichste Fortschritt, welcher durch die Gründung der forst- lichen Versuchsanstalten auf wissenschaftlichem Gebiete erreicht worden ist, besteht neben der Möglichkeit, derartige Untersuchungen überhaupt anstellen zu können, hauptsächlich darin, dass für die Ergebnisse der Arbeiten Vergleichbarkeit erzielt worden ist, indem man für ge- wisse, mehr mechanische Arbeitsteile einheitliche Normen geschaffen hat.
Für Deutschland ist dieses hauptsächlich das Verdienst des 1872 gegründeten Vereines deutscher forstlicher Versuchsan- stalten, welcher durch gemeinsame Arbeitspläne die unmittelbare Ver- gleichbarkeit der an verschiedenen Orten angestellten Versuche er- möglicht hat. Dieser Vorgang äussert seine günstigen Folgen weiter- hin dadurch, dass man auch ausserhalb Deutschlands zunächst die in den deutschen Arbeitsplänen enthaltenen Normen als Grundlagen benutzt und hierdurch der Vergleichbarkeit der Resultate auch für weitere Kreise erzielt hat. Das Bedürfnis der Vergleichbarkeit der Resultate einerseits und der Notwendigkeit, die einheitliche Auffassung jener Unter- suchungsmethoden, für welche die schriftliche Fixierung allein nicht ausreicht, durch einen persönlichen Verkehr der Versuchsleiter sowie durch Besprechung der Arbeiten an Ort und Stelle zu ermöglichen, haben 1892 zur Schaffung des internationalen Verbandes forst- licher Versuchsanstalten geführt.
Bei der Gründung der forstlichen Versuchsanstalten hatte sich eine lebhafte Diskussion über die Frage entsponnen, ob dieselben zweck- mässiger mit den forstlichen Direktionsstellen oder mit den forstlichen Bildungsstätten zu vereinigen seien. Für erstere Ein- richtung wurde namentlich der erleichterte Verkehr mit den Organen der Forstverwaltung und anderseits die Furcht vor einer büreau- kratischen Bevormundung der freien Forscherthätigkeit des akademischen Lehrers geltend gemacht. Praktisch hat sich die Sache aber im Laufe
I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
Wenn nun auch die Aufgabe der Versuchsanstalten in erster Linie in der Bearbeitung der zeitlich oder quantitativ die Kräfte des einzelnen Forschers übersteigenden Fragen besteht, so ist doch hierdurch nicht ausgeschlossen, daſs die an den Versuchsanstalten wirkenden Persön- lichkeiten auch Untersuchungen beschränkteren Umfanges ausführen, für welche das Vorhandensein von besonderen Institutionen an und für sich nicht notwendig wäre.
Eine scharfe Grenze zwischen beiden Gebieten läſst sich überhaupt nicht ziehen, und zwar um so weniger, als Anregung und Gelegenheit zu Arbeiten der mannigfachsten Art sich bei den forstlichen Versuchs- arbeiten in reicher Fülle ergiebt. Prinzipiell ist allerdings der Gesichts- punkt festzuhalten, daſs alle Fragen, welche durch die Thätigkeit des einzelnen Forschers erledigt werden können, nicht in das Gebiet be- sonderer Versuchsanstalten gehören.
Der wesentlichste Fortschritt, welcher durch die Gründung der forst- lichen Versuchsanstalten auf wissenschaftlichem Gebiete erreicht worden ist, besteht neben der Möglichkeit, derartige Untersuchungen überhaupt anstellen zu können, hauptsächlich darin, daſs für die Ergebnisse der Arbeiten Vergleichbarkeit erzielt worden ist, indem man für ge- wisse, mehr mechanische Arbeitsteile einheitliche Normen geschaffen hat.
Für Deutschland ist dieses hauptsächlich das Verdienst des 1872 gegründeten Vereines deutscher forstlicher Versuchsan- stalten, welcher durch gemeinsame Arbeitspläne die unmittelbare Ver- gleichbarkeit der an verschiedenen Orten angestellten Versuche er- möglicht hat. Dieser Vorgang äuſsert seine günstigen Folgen weiter- hin dadurch, daſs man auch auſserhalb Deutschlands zunächst die in den deutschen Arbeitsplänen enthaltenen Normen als Grundlagen benutzt und hierdurch der Vergleichbarkeit der Resultate auch für weitere Kreise erzielt hat. Das Bedürfnis der Vergleichbarkeit der Resultate einerseits und der Notwendigkeit, die einheitliche Auffassung jener Unter- suchungsmethoden, für welche die schriftliche Fixierung allein nicht ausreicht, durch einen persönlichen Verkehr der Versuchsleiter sowie durch Besprechung der Arbeiten an Ort und Stelle zu ermöglichen, haben 1892 zur Schaffung des internationalen Verbandes forst- licher Versuchsanstalten geführt.
Bei der Gründung der forstlichen Versuchsanstalten hatte sich eine lebhafte Diskussion über die Frage entsponnen, ob dieselben zweck- mäſsiger mit den forstlichen Direktionsstellen oder mit den forstlichen Bildungsstätten zu vereinigen seien. Für erstere Ein- richtung wurde namentlich der erleichterte Verkehr mit den Organen der Forstverwaltung und anderseits die Furcht vor einer büreau- kratischen Bevormundung der freien Forscherthätigkeit des akademischen Lehrers geltend gemacht. Praktisch hat sich die Sache aber im Laufe
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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
Wenn nun auch die Aufgabe der Versuchsanstalten in erster Linie
in der Bearbeitung der zeitlich oder quantitativ die Kräfte des einzelnen
Forschers übersteigenden Fragen besteht, so ist doch hierdurch nicht
ausgeschlossen, daſs die an den Versuchsanstalten wirkenden Persön-
lichkeiten auch Untersuchungen beschränkteren Umfanges ausführen,
für welche das Vorhandensein von besonderen Institutionen an und für
sich nicht notwendig wäre.
Eine scharfe Grenze zwischen beiden Gebieten läſst sich überhaupt
nicht ziehen, und zwar um so weniger, als Anregung und Gelegenheit zu
Arbeiten der mannigfachsten Art sich bei den forstlichen Versuchs-
arbeiten in reicher Fülle ergiebt. Prinzipiell ist allerdings der Gesichts-
punkt festzuhalten, daſs alle Fragen, welche durch die Thätigkeit des
einzelnen Forschers erledigt werden können, nicht in das Gebiet be-
sonderer Versuchsanstalten gehören.
Der wesentlichste Fortschritt, welcher durch die Gründung der forst-
lichen Versuchsanstalten auf wissenschaftlichem Gebiete erreicht worden
ist, besteht neben der Möglichkeit, derartige Untersuchungen überhaupt
anstellen zu können, hauptsächlich darin, daſs für die Ergebnisse der
Arbeiten Vergleichbarkeit erzielt worden ist, indem man für ge-
wisse, mehr mechanische Arbeitsteile einheitliche Normen geschaffen hat.
Für Deutschland ist dieses hauptsächlich das Verdienst des 1872
gegründeten Vereines deutscher forstlicher Versuchsan-
stalten, welcher durch gemeinsame Arbeitspläne die unmittelbare Ver-
gleichbarkeit der an verschiedenen Orten angestellten Versuche er-
möglicht hat. Dieser Vorgang äuſsert seine günstigen Folgen weiter-
hin dadurch, daſs man auch auſserhalb Deutschlands zunächst die
in den deutschen Arbeitsplänen enthaltenen Normen als Grundlagen
benutzt und hierdurch der Vergleichbarkeit der Resultate auch für weitere
Kreise erzielt hat. Das Bedürfnis der Vergleichbarkeit der Resultate
einerseits und der Notwendigkeit, die einheitliche Auffassung jener Unter-
suchungsmethoden, für welche die schriftliche Fixierung allein nicht
ausreicht, durch einen persönlichen Verkehr der Versuchsleiter sowie
durch Besprechung der Arbeiten an Ort und Stelle zu ermöglichen,
haben 1892 zur Schaffung des internationalen Verbandes forst-
licher Versuchsanstalten geführt.
Bei der Gründung der forstlichen Versuchsanstalten hatte sich eine
lebhafte Diskussion über die Frage entsponnen, ob dieselben zweck-
mäſsiger mit den forstlichen Direktionsstellen oder mit den
forstlichen Bildungsstätten zu vereinigen seien. Für erstere Ein-
richtung wurde namentlich der erleichterte Verkehr mit den Organen
der Forstverwaltung und anderseits die Furcht vor einer büreau-
kratischen Bevormundung der freien Forscherthätigkeit des akademischen
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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/143>, abgerufen am 04.12.2024.
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