Bayrische Staatsbahnen), in ausgedehntestem Masse erfreut sich dagegen der Holzhandel in Oesterreich-Ungarn dieser Begünstigung.
Während die Verbandstarife und Staffeltarife öffentlich sind und jedem Interessenten gleichmässig zu gute kommen, muss die geheime Begünstigung einzelner Verfrachter durch die Refaktien1) auf das schärfste verurteilt werden und zwar um so mehr, als die hierdurch gewährten Ermässigungen weit erheblicher sind, als jene der Ver- bands- und Staffeltarife.
Obwohl in einzelnen Staaten, z. B. in Preussen, durch das Eisen- bahngesetz direkt verboten, haben sie während der Herrschaft des Privatbahnsystems doch bestanden, die ausgedehnteste Entwickelung erreichte aber das Refaktienwesen in Oesterreich-Ungarn. Dasselbe hat ganz wesentlich dazu beigetragen, um die gewaltige Konkurrenz der galizischen, rumänischen und ungarischen Hölzer in Deutschland zu schaffen. Nach glaubwürdigen Nachrichten haben diese Refaktien häufig 50--60 Proz. der ohnehin schon niederen Verbandstarife betragen.
Es ist ohne weitere Erörterung klar, dass so weitgehende Ver- günstigungen bezüglich der Fracht geeignet sind, die Wirkung der Zollpolitik vollständig illusorisch zu machen, wie dieses denn auch bei Einführung der deutschen Holzzölle 1879 sofort geschehen ist.
Eine rationelle Handelspolitik muss demnach dem Tarifwesen die gleiche Aufmerksamkeit zuwenden, wie den Zollsätzen.
Was mit der Tarifpolitik allein geleistet werden kann, hat am besten der ungarische Handelsminister Barosz bewiesen, indem er es z. B. verstand, die Ein- und Durchfuhr des galizischen Holzes nach und durch Ungarn unmöglich zu machen, ohne dass eine Zollgrenze vorhanden ist.
In Oesterreich sind während der letzten zehn Jahre die Refaktien erheblich reduziert worden, am längsten und im grössten Umfange haben sie in Ungarn bestanden.
Für den Verkehr zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn, sowie damit gleichzeitig auch für den Verkehr zwischen Oesterreich- Ungarn sind die geheimen Refaktien erst durch den deutsch-öster- reichischen Handelsvertrag vom 6. Dezember 1891 vollständig beseitigt worden.
1) Unter Refaktien im engeren Sinne versteht man die Rückvergütung eines Teiles der tarifmässigen Fracht, im weiteren Sinne jede an Einzelne bezüglich des Eisenbahntransportes gerichtete Bevorzugung, welche einen Geldwert hat. Die Rückvergütung erfolgt an einzelne Versender, ist meist geheim, kann aber auch öffentlich sein in der Art, dass unter gewissen Bedingungen ein Frachtnachlass zu- gesichert wird. In diesem Falle nennt man die Rückvergütung Rabatttarif. Die eigentlichen Refaktien dienen hauptsächlich dem finanziellen Interesse der be- treffenden Bahngesellschaft und sind in vielen Staaten, so speziell in Preussen, ver- boten, während in anderen nur ihre Geheimhaltung untersagt ist.
I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
Bayrische Staatsbahnen), in ausgedehntestem Maſse erfreut sich dagegen der Holzhandel in Oesterreich-Ungarn dieser Begünstigung.
Während die Verbandstarife und Staffeltarife öffentlich sind und jedem Interessenten gleichmäſsig zu gute kommen, muſs die geheime Begünstigung einzelner Verfrachter durch die Refaktien1) auf das schärfste verurteilt werden und zwar um so mehr, als die hierdurch gewährten Ermäſsigungen weit erheblicher sind, als jene der Ver- bands- und Staffeltarife.
Obwohl in einzelnen Staaten, z. B. in Preuſsen, durch das Eisen- bahngesetz direkt verboten, haben sie während der Herrschaft des Privatbahnsystems doch bestanden, die ausgedehnteste Entwickelung erreichte aber das Refaktienwesen in Oesterreich-Ungarn. Dasselbe hat ganz wesentlich dazu beigetragen, um die gewaltige Konkurrenz der galizischen, rumänischen und ungarischen Hölzer in Deutschland zu schaffen. Nach glaubwürdigen Nachrichten haben diese Refaktien häufig 50—60 Proz. der ohnehin schon niederen Verbandstarife betragen.
Es ist ohne weitere Erörterung klar, daſs so weitgehende Ver- günstigungen bezüglich der Fracht geeignet sind, die Wirkung der Zollpolitik vollständig illusorisch zu machen, wie dieses denn auch bei Einführung der deutschen Holzzölle 1879 sofort geschehen ist.
Eine rationelle Handelspolitik muſs demnach dem Tarifwesen die gleiche Aufmerksamkeit zuwenden, wie den Zollsätzen.
Was mit der Tarifpolitik allein geleistet werden kann, hat am besten der ungarische Handelsminister Barosz bewiesen, indem er es z. B. verstand, die Ein- und Durchfuhr des galizischen Holzes nach und durch Ungarn unmöglich zu machen, ohne daſs eine Zollgrenze vorhanden ist.
In Oesterreich sind während der letzten zehn Jahre die Refaktien erheblich reduziert worden, am längsten und im gröſsten Umfange haben sie in Ungarn bestanden.
Für den Verkehr zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn, sowie damit gleichzeitig auch für den Verkehr zwischen Oesterreich- Ungarn sind die geheimen Refaktien erst durch den deutsch-öster- reichischen Handelsvertrag vom 6. Dezember 1891 vollständig beseitigt worden.
1) Unter Refaktien im engeren Sinne versteht man die Rückvergütung eines Teiles der tarifmäſsigen Fracht, im weiteren Sinne jede an Einzelne bezüglich des Eisenbahntransportes gerichtete Bevorzugung, welche einen Geldwert hat. Die Rückvergütung erfolgt an einzelne Versender, ist meist geheim, kann aber auch öffentlich sein in der Art, daſs unter gewissen Bedingungen ein Frachtnachlaſs zu- gesichert wird. In diesem Falle nennt man die Rückvergütung Rabatttarif. Die eigentlichen Refaktien dienen hauptsächlich dem finanziellen Interesse der be- treffenden Bahngesellschaft und sind in vielen Staaten, so speziell in Preuſsen, ver- boten, während in anderen nur ihre Geheimhaltung untersagt ist.
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[155/0173]
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Bayrische Staatsbahnen), in ausgedehntestem Maſse erfreut sich dagegen
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Während die Verbandstarife und Staffeltarife öffentlich sind und
jedem Interessenten gleichmäſsig zu gute kommen, muſs die geheime
Begünstigung einzelner Verfrachter durch die Refaktien 1) auf das
schärfste verurteilt werden und zwar um so mehr, als die hierdurch
gewährten Ermäſsigungen weit erheblicher sind, als jene der Ver-
bands- und Staffeltarife.
Obwohl in einzelnen Staaten, z. B. in Preuſsen, durch das Eisen-
bahngesetz direkt verboten, haben sie während der Herrschaft des
Privatbahnsystems doch bestanden, die ausgedehnteste Entwickelung
erreichte aber das Refaktienwesen in Oesterreich-Ungarn. Dasselbe
hat ganz wesentlich dazu beigetragen, um die gewaltige Konkurrenz
der galizischen, rumänischen und ungarischen Hölzer in Deutschland
zu schaffen. Nach glaubwürdigen Nachrichten haben diese Refaktien
häufig 50—60 Proz. der ohnehin schon niederen Verbandstarife betragen.
Es ist ohne weitere Erörterung klar, daſs so weitgehende Ver-
günstigungen bezüglich der Fracht geeignet sind, die Wirkung der
Zollpolitik vollständig illusorisch zu machen, wie dieses denn auch bei
Einführung der deutschen Holzzölle 1879 sofort geschehen ist.
Eine rationelle Handelspolitik muſs demnach dem Tarifwesen die
gleiche Aufmerksamkeit zuwenden, wie den Zollsätzen.
Was mit der Tarifpolitik allein geleistet werden kann, hat am
besten der ungarische Handelsminister Barosz bewiesen, indem er es
z. B. verstand, die Ein- und Durchfuhr des galizischen Holzes nach
und durch Ungarn unmöglich zu machen, ohne daſs eine Zollgrenze
vorhanden ist.
In Oesterreich sind während der letzten zehn Jahre die Refaktien
erheblich reduziert worden, am längsten und im gröſsten Umfange haben
sie in Ungarn bestanden.
Für den Verkehr zwischen Deutschland und Oesterreich-Ungarn,
sowie damit gleichzeitig auch für den Verkehr zwischen Oesterreich-
Ungarn sind die geheimen Refaktien erst durch den deutsch-öster-
reichischen Handelsvertrag vom 6. Dezember 1891 vollständig beseitigt
worden.
1) Unter Refaktien im engeren Sinne versteht man die Rückvergütung eines
Teiles der tarifmäſsigen Fracht, im weiteren Sinne jede an Einzelne bezüglich des
Eisenbahntransportes gerichtete Bevorzugung, welche einen Geldwert hat. Die
Rückvergütung erfolgt an einzelne Versender, ist meist geheim, kann aber auch
öffentlich sein in der Art, daſs unter gewissen Bedingungen ein Frachtnachlaſs zu-
gesichert wird. In diesem Falle nennt man die Rückvergütung Rabatttarif.
Die eigentlichen Refaktien dienen hauptsächlich dem finanziellen Interesse der be-
treffenden Bahngesellschaft und sind in vielen Staaten, so speziell in Preuſsen, ver-
boten, während in anderen nur ihre Geheimhaltung untersagt ist.
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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/173>, abgerufen am 03.03.2025.
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