beziehungen für den Holzhandel von verhältnismässig untergeordneter Bedeutung, da dieser bei den damaligen Transportverhältnissen fast ausschliesslich an die Wasserstrassen gebunden war. Für die Einfuhr vom Auslande kamen daher hauptsächlich nur die Elbe, Weichsel, Oder und Memel mit ihren Seitenflüssen und Verbindungskanälen in Betracht, von welchen ein erheblicher Teil von Memel, Königsberg, Danzig, Stettin und Hamburg aus wieder exportiert wurde, ohne dass der heimischen Forstwirtschaft eine erhebliche Konkurrenz erwuchs.
Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse war auch während der Periode 1819--1865 nur das auf dem Wasserwege eingehende, nicht aber auch das zu Lande eingeführte Holz mit einem Zolle belegt.
Dieser Zustand hat sich während der letzten 30 Jahre vollständig geändert. Infolge der gewaltigen Ausdehnung des Eisenbahnnetzes, der veränderten Tarifverhältnisse, der Verbesserung der Wasserwege und dem hierdurch bedingten Näherrücken aller wirtschaftlichen Beziehungen hat der Holzhandel seit dem Ende der 1860er Jahre rasch einen voll- ständig internationalen Charakter angenommen. Der Import und Export von Holz beschränkt sich bereits nicht mehr auf den europäischen Handel, sondern erstreckt sich gegenwärtig über sämtliche Erdteile. Amerika und Britisch-Indien senden Sägeholz und Rohnutzholz nach Deutsch- land, Oesterreich-Ungarn exportiert nach Kleinasien und Nordafrika, Schweden und Norwegen nach Südafrika und Australien, Amerika wird seinerseits bezüglich der Ausfuhr von Afrika und Australien beeinflusst.
Für die deutsche Forstwirtschaft haben diese Umgestaltungen der Verkehrs- und Handelsverhältnisse in Verbindung mit dem wirtschaft- lichen Aufschwung nach Beendigung des deutsch-französischen Krie- ges mit dem hierauf folgenden Rückschlag keine günstige Wirkung geäussert.
Die vermehrte Nachfrage nach Forstprodukten zu Anfang der 1870er Jahre hatte zwar eine bedeutende Steigerung der Nachfrage nach ein- heimischen Holzwaren, aber gleichzeitig auch eine gewaltige Zunahme der Einfuhr aus Oesterreich, Russland, Schweden und Norwegen zur Folge. Das namentlich in Oesterreich damals sich rasch erweiternde Bahnnetz und ein für Massentransport auf weitere Entfernungen ausser- ordentlich günstiges Tarifsystem mit Differentialtarifen und Refaktien begünstigten die Ausfuhr der eben erschlossenen Schätze grosser Ur- waldungen im höchsten Masse. Während der Gründerjahre 1873/74 er- reichte der Holzimport in Deutschland sein bisheriges Maximum von 4 Millionen Tonnen (vgl. Tab. III).
In der Gründerperiode und dem hierauf folgenden Zeitabschnitte wirt- schaftlichen Niederganges sank zwar die Nachfrage nach Holz, allein die Momente, welche die Einfuhr fremden Holzes bedingten, blieben
I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
beziehungen für den Holzhandel von verhältnismäſsig untergeordneter Bedeutung, da dieser bei den damaligen Transportverhältnissen fast ausschlieſslich an die Wasserstraſsen gebunden war. Für die Einfuhr vom Auslande kamen daher hauptsächlich nur die Elbe, Weichsel, Oder und Memel mit ihren Seitenflüssen und Verbindungskanälen in Betracht, von welchen ein erheblicher Teil von Memel, Königsberg, Danzig, Stettin und Hamburg aus wieder exportiert wurde, ohne daſs der heimischen Forstwirtschaft eine erhebliche Konkurrenz erwuchs.
Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse war auch während der Periode 1819—1865 nur das auf dem Wasserwege eingehende, nicht aber auch das zu Lande eingeführte Holz mit einem Zolle belegt.
Dieser Zustand hat sich während der letzten 30 Jahre vollständig geändert. Infolge der gewaltigen Ausdehnung des Eisenbahnnetzes, der veränderten Tarifverhältnisse, der Verbesserung der Wasserwege und dem hierdurch bedingten Näherrücken aller wirtschaftlichen Beziehungen hat der Holzhandel seit dem Ende der 1860er Jahre rasch einen voll- ständig internationalen Charakter angenommen. Der Import und Export von Holz beschränkt sich bereits nicht mehr auf den europäischen Handel, sondern erstreckt sich gegenwärtig über sämtliche Erdteile. Amerika und Britisch-Indien senden Sägeholz und Rohnutzholz nach Deutsch- land, Oesterreich-Ungarn exportiert nach Kleinasien und Nordafrika, Schweden und Norwegen nach Südafrika und Australien, Amerika wird seinerseits bezüglich der Ausfuhr von Afrika und Australien beeinfluſst.
Für die deutsche Forstwirtschaft haben diese Umgestaltungen der Verkehrs- und Handelsverhältnisse in Verbindung mit dem wirtschaft- lichen Aufschwung nach Beendigung des deutsch-französischen Krie- ges mit dem hierauf folgenden Rückschlag keine günstige Wirkung geäuſsert.
Die vermehrte Nachfrage nach Forstprodukten zu Anfang der 1870er Jahre hatte zwar eine bedeutende Steigerung der Nachfrage nach ein- heimischen Holzwaren, aber gleichzeitig auch eine gewaltige Zunahme der Einfuhr aus Oesterreich, Ruſsland, Schweden und Norwegen zur Folge. Das namentlich in Oesterreich damals sich rasch erweiternde Bahnnetz und ein für Massentransport auf weitere Entfernungen auſser- ordentlich günstiges Tarifsystem mit Differentialtarifen und Refaktien begünstigten die Ausfuhr der eben erschlossenen Schätze groſser Ur- waldungen im höchsten Maſse. Während der Gründerjahre 1873/74 er- reichte der Holzimport in Deutschland sein bisheriges Maximum von 4 Millionen Tonnen (vgl. Tab. III).
In der Gründerperiode und dem hierauf folgenden Zeitabschnitte wirt- schaftlichen Niederganges sank zwar die Nachfrage nach Holz, allein die Momente, welche die Einfuhr fremden Holzes bedingten, blieben
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I. Abschnitt. Forstwirtschaftspflege.
beziehungen für den Holzhandel von verhältnismäſsig untergeordneter
Bedeutung, da dieser bei den damaligen Transportverhältnissen fast
ausschlieſslich an die Wasserstraſsen gebunden war. Für die Einfuhr
vom Auslande kamen daher hauptsächlich nur die Elbe, Weichsel, Oder
und Memel mit ihren Seitenflüssen und Verbindungskanälen in Betracht,
von welchen ein erheblicher Teil von Memel, Königsberg, Danzig, Stettin
und Hamburg aus wieder exportiert wurde, ohne daſs der heimischen
Forstwirtschaft eine erhebliche Konkurrenz erwuchs.
Unter Berücksichtigung dieser Verhältnisse war auch während der
Periode 1819—1865 nur das auf dem Wasserwege eingehende, nicht
aber auch das zu Lande eingeführte Holz mit einem Zolle belegt.
Dieser Zustand hat sich während der letzten 30 Jahre vollständig
geändert. Infolge der gewaltigen Ausdehnung des Eisenbahnnetzes, der
veränderten Tarifverhältnisse, der Verbesserung der Wasserwege und
dem hierdurch bedingten Näherrücken aller wirtschaftlichen Beziehungen
hat der Holzhandel seit dem Ende der 1860er Jahre rasch einen voll-
ständig internationalen Charakter angenommen. Der Import und Export
von Holz beschränkt sich bereits nicht mehr auf den europäischen Handel,
sondern erstreckt sich gegenwärtig über sämtliche Erdteile. Amerika
und Britisch-Indien senden Sägeholz und Rohnutzholz nach Deutsch-
land, Oesterreich-Ungarn exportiert nach Kleinasien und Nordafrika,
Schweden und Norwegen nach Südafrika und Australien, Amerika
wird seinerseits bezüglich der Ausfuhr von Afrika und Australien
beeinfluſst.
Für die deutsche Forstwirtschaft haben diese Umgestaltungen der
Verkehrs- und Handelsverhältnisse in Verbindung mit dem wirtschaft-
lichen Aufschwung nach Beendigung des deutsch-französischen Krie-
ges mit dem hierauf folgenden Rückschlag keine günstige Wirkung
geäuſsert.
Die vermehrte Nachfrage nach Forstprodukten zu Anfang der 1870er
Jahre hatte zwar eine bedeutende Steigerung der Nachfrage nach ein-
heimischen Holzwaren, aber gleichzeitig auch eine gewaltige Zunahme
der Einfuhr aus Oesterreich, Ruſsland, Schweden und Norwegen zur
Folge. Das namentlich in Oesterreich damals sich rasch erweiternde
Bahnnetz und ein für Massentransport auf weitere Entfernungen auſser-
ordentlich günstiges Tarifsystem mit Differentialtarifen und Refaktien
begünstigten die Ausfuhr der eben erschlossenen Schätze groſser Ur-
waldungen im höchsten Maſse. Während der Gründerjahre 1873/74 er-
reichte der Holzimport in Deutschland sein bisheriges Maximum von
4 Millionen Tonnen (vgl. Tab. III).
In der Gründerperiode und dem hierauf folgenden Zeitabschnitte wirt-
schaftlichen Niederganges sank zwar die Nachfrage nach Holz, allein
die Momente, welche die Einfuhr fremden Holzes bedingten, blieben
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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/175>, abgerufen am 03.03.2025.
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