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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

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II. Abschnitt. Forstpolizei.
staatliche Organe 1), Aufforstungsprämien 2) und endlich durch vollstän-
digen Ersatz aller entstandenen Kosten. 3)

Nach den allgemeinen Grundsätzen soll diese Entschädigung von
jenen geleistet werden, welchen die Schutzwalderklärung Nutzen bringt.

Das preussische Gesetz von 1875 hat diese Auffassung insofern
konsequent durchgeführt, als es in erster Linie die Antragstellung von
dem gefährdeten Interessenten erwartete und diesem dann auch die
Kosten der Entschädigung überbürdete.

Ebenso muss auch nach dem österreichischen Gesetze von 1884
der Unternehmer die Kosten der Arbeitsentschädigungen tragen.

Die Erfahrung hat nun aber gezeigt, dass in diesem Falle von dem
Gesetze ein sehr geringer Gebrauch gemacht wird, teils aus Mangel
an Einsicht, teils wegen der Schwierigkeit des zu erbringenden Nach-
weises, teils der Kosten wegen. Letztere übersteigen vielfach die Kraft
des Einzelnen oder scheinen in keinem Verhältnisse zu dem erwarteten
Nutzen zu stehen.

Um die Errichtung von Schutzwaldungen, welche im allgemeinen In-
teresse notwendig erscheinen, zu sichern, hat deshalb das preussische Gesetz
auch den betreffenden engeren und weiteren Kommunalverbänden sowie
der Landespolizeibehörde das Antragsrecht eingeräumt. Prinzipiell
sollen aber die Interessenten die Initiative ergreifen. Hierin liegt auch
der Grund, warum das Gesetz fast vollständig wirkungslos geblieben ist.

In Oesterreich ist bei der Wildbachverbauung durch die Natur der
Verhältnisse bedingt, dass fast ausnahmslos das Kronland oder der Staat
als Unternehmer auftritt.

Wenn der Staat die Entschädigungspflicht grundsätzlich übernimmt,
so wird das Gesetz auch in zweifelhaften Fällen angerufen, und es kann
Missbrauch mit dieser Einrichtung sowohl von seiten der Interessenten
als auch von jener der Waldeigentümer getrieben werden.

Eine befriedigende Lösung dieser Frage, soweit es sich um erheb-
liche Aufwendungen handelt, bei welchen bedeutende Kosten erfordert
werden und gleichzeitig ein hohes Mass von technischen Kenntnissen

1) Oesterreich, Gesetz vom 7. II. 1888 betr. die Beistellung staatlicher Or-
gane zur Projektierung und Leitung von Wildbachverbauungen.
2) Solche werden in Frankreich gewährt (s. o. N. 2 auf S. 236) und in
Oesterreich, hier nach Massgabe der Bestimmungen des Gesetzes vom 30. VI. 1884
über die Förderung der Landeskultur auf dem Gebiete des Wasserbaues.
3) Russland, Gesetz vom 4. IV. 1888: Alle für die Ausführung wirtschaft-
licher Pläne in den Schutzwaldungen erforderlichen Ausgaben werden auf Rechnung
der Reichsrentei gesetzt.
Das preussische Gesetz vom 6. VII. 1875 gewährt volle Entschädigung für
die Beschränkungen, welchen sich Eigentümer, Nutzungsberechtigte u. s. w. unter-
werfen müssen, sowie Ersatz der Kosten für Kulturen und Schutzanlagen, doch hat
zu letzteren der Eigentümer nach Verhältnis und bis zur Höhe des Mehrwertes,
welchen sein Grundstück durch die Anlagen erhält, beizutragen.

II. Abschnitt. Forstpolizei.
staatliche Organe 1), Aufforstungsprämien 2) und endlich durch vollstän-
digen Ersatz aller entstandenen Kosten. 3)

Nach den allgemeinen Grundsätzen soll diese Entschädigung von
jenen geleistet werden, welchen die Schutzwalderklärung Nutzen bringt.

Das preuſsische Gesetz von 1875 hat diese Auffassung insofern
konsequent durchgeführt, als es in erster Linie die Antragstellung von
dem gefährdeten Interessenten erwartete und diesem dann auch die
Kosten der Entschädigung überbürdete.

Ebenso muſs auch nach dem österreichischen Gesetze von 1884
der Unternehmer die Kosten der Arbeitsentschädigungen tragen.

Die Erfahrung hat nun aber gezeigt, daſs in diesem Falle von dem
Gesetze ein sehr geringer Gebrauch gemacht wird, teils aus Mangel
an Einsicht, teils wegen der Schwierigkeit des zu erbringenden Nach-
weises, teils der Kosten wegen. Letztere übersteigen vielfach die Kraft
des Einzelnen oder scheinen in keinem Verhältnisse zu dem erwarteten
Nutzen zu stehen.

Um die Errichtung von Schutzwaldungen, welche im allgemeinen In-
teresse notwendig erscheinen, zu sichern, hat deshalb das preuſsische Gesetz
auch den betreffenden engeren und weiteren Kommunalverbänden sowie
der Landespolizeibehörde das Antragsrecht eingeräumt. Prinzipiell
sollen aber die Interessenten die Initiative ergreifen. Hierin liegt auch
der Grund, warum das Gesetz fast vollständig wirkungslos geblieben ist.

In Oesterreich ist bei der Wildbachverbauung durch die Natur der
Verhältnisse bedingt, daſs fast ausnahmslos das Kronland oder der Staat
als Unternehmer auftritt.

Wenn der Staat die Entschädigungspflicht grundsätzlich übernimmt,
so wird das Gesetz auch in zweifelhaften Fällen angerufen, und es kann
Miſsbrauch mit dieser Einrichtung sowohl von seiten der Interessenten
als auch von jener der Waldeigentümer getrieben werden.

Eine befriedigende Lösung dieser Frage, soweit es sich um erheb-
liche Aufwendungen handelt, bei welchen bedeutende Kosten erfordert
werden und gleichzeitig ein hohes Maſs von technischen Kenntnissen

1) Oesterreich, Gesetz vom 7. II. 1888 betr. die Beistellung staatlicher Or-
gane zur Projektierung und Leitung von Wildbachverbauungen.
2) Solche werden in Frankreich gewährt (s. o. N. 2 auf S. 236) und in
Oesterreich, hier nach Maſsgabe der Bestimmungen des Gesetzes vom 30. VI. 1884
über die Förderung der Landeskultur auf dem Gebiete des Wasserbaues.
3) Ruſsland, Gesetz vom 4. IV. 1888: Alle für die Ausführung wirtschaft-
licher Pläne in den Schutzwaldungen erforderlichen Ausgaben werden auf Rechnung
der Reichsrentei gesetzt.
Das preuſsische Gesetz vom 6. VII. 1875 gewährt volle Entschädigung für
die Beschränkungen, welchen sich Eigentümer, Nutzungsberechtigte u. s. w. unter-
werfen müssen, sowie Ersatz der Kosten für Kulturen und Schutzanlagen, doch hat
zu letzteren der Eigentümer nach Verhältnis und bis zur Höhe des Mehrwertes,
welchen sein Grundstück durch die Anlagen erhält, beizutragen.
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[237/0255] II. Abschnitt. Forstpolizei. staatliche Organe 1), Aufforstungsprämien 2) und endlich durch vollstän- digen Ersatz aller entstandenen Kosten. 3) Nach den allgemeinen Grundsätzen soll diese Entschädigung von jenen geleistet werden, welchen die Schutzwalderklärung Nutzen bringt. Das preuſsische Gesetz von 1875 hat diese Auffassung insofern konsequent durchgeführt, als es in erster Linie die Antragstellung von dem gefährdeten Interessenten erwartete und diesem dann auch die Kosten der Entschädigung überbürdete. Ebenso muſs auch nach dem österreichischen Gesetze von 1884 der Unternehmer die Kosten der Arbeitsentschädigungen tragen. Die Erfahrung hat nun aber gezeigt, daſs in diesem Falle von dem Gesetze ein sehr geringer Gebrauch gemacht wird, teils aus Mangel an Einsicht, teils wegen der Schwierigkeit des zu erbringenden Nach- weises, teils der Kosten wegen. Letztere übersteigen vielfach die Kraft des Einzelnen oder scheinen in keinem Verhältnisse zu dem erwarteten Nutzen zu stehen. Um die Errichtung von Schutzwaldungen, welche im allgemeinen In- teresse notwendig erscheinen, zu sichern, hat deshalb das preuſsische Gesetz auch den betreffenden engeren und weiteren Kommunalverbänden sowie der Landespolizeibehörde das Antragsrecht eingeräumt. Prinzipiell sollen aber die Interessenten die Initiative ergreifen. Hierin liegt auch der Grund, warum das Gesetz fast vollständig wirkungslos geblieben ist. In Oesterreich ist bei der Wildbachverbauung durch die Natur der Verhältnisse bedingt, daſs fast ausnahmslos das Kronland oder der Staat als Unternehmer auftritt. Wenn der Staat die Entschädigungspflicht grundsätzlich übernimmt, so wird das Gesetz auch in zweifelhaften Fällen angerufen, und es kann Miſsbrauch mit dieser Einrichtung sowohl von seiten der Interessenten als auch von jener der Waldeigentümer getrieben werden. Eine befriedigende Lösung dieser Frage, soweit es sich um erheb- liche Aufwendungen handelt, bei welchen bedeutende Kosten erfordert werden und gleichzeitig ein hohes Maſs von technischen Kenntnissen 1) Oesterreich, Gesetz vom 7. II. 1888 betr. die Beistellung staatlicher Or- gane zur Projektierung und Leitung von Wildbachverbauungen. 2) Solche werden in Frankreich gewährt (s. o. N. 2 auf S. 236) und in Oesterreich, hier nach Maſsgabe der Bestimmungen des Gesetzes vom 30. VI. 1884 über die Förderung der Landeskultur auf dem Gebiete des Wasserbaues. 3) Ruſsland, Gesetz vom 4. IV. 1888: Alle für die Ausführung wirtschaft- licher Pläne in den Schutzwaldungen erforderlichen Ausgaben werden auf Rechnung der Reichsrentei gesetzt. Das preuſsische Gesetz vom 6. VII. 1875 gewährt volle Entschädigung für die Beschränkungen, welchen sich Eigentümer, Nutzungsberechtigte u. s. w. unter- werfen müssen, sowie Ersatz der Kosten für Kulturen und Schutzanlagen, doch hat zu letzteren der Eigentümer nach Verhältnis und bis zur Höhe des Mehrwertes, welchen sein Grundstück durch die Anlagen erhält, beizutragen.

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Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/255>, abgerufen am 24.11.2024.