ragende Rolle spielte. Die deutschen Volksrechte bezeugen, in wie hohem Masse dieses noch im frühen Mittelalter der Fall war, und welche bedeutende Stufe der Ausbildung die Jagdmethoden damals bereits er- reicht hatten.
Diese Wirtschaftsformen erforderten jedoch ungemein grosse Land- strecken zur Ernährung der Bevölkerung. Sobald also eine erhebliche Vermehrung der Bevölkerung eintrat, ohne dass die Möglichkeit vor- lag, in gleicher Weise wie früher neue Landstriche aufzusuchen, musste auch eine entsprechende Änderung in der Lebensweise und der Über- gang zu intensiveren Wirtschaftsformen erfolgen.
Die deutsche Wirtschaftsgeschichte zeigt, dass dieser Umschwung im 8. und 9. Jahrhundert begann. Die rasch wachsende Bevölkerung war nun genötigt, zur Erlangung neuer Wohnsitze und Ackerländereien umfangreiche Rodungen vorzunehmen. Die Vermehrung der Bevölkerung zwang auch dazu, den Getreidebau besser auszubilden, welcher nicht nur auf der gleichen Fläche mehr Menschen zu ernähren vermag, als Jagd und Weide, sondern namentlich auch gegenüber der Jagd eine ungleich grössere Sicherheit für die Beschaffung der unentbehrlichen Nahrungs- mittel gewährt.
Die rapide Zunahme der Bevölkerung im westlichen Deutschland, welche vom Jahre 900 bis zum Jahre 1100 um das Doppelte, bis zum Jahre 1200 aber fast auf das Vierfache anwuchs, hatte nicht nur eine grosse Periode von Rodungen, sondern auch ein Vorrücken der kulti- vatorischen Thätigkeit nach dem Osten zur Folge.
Während so auf wirtschaftlichem Gebiete der Übergang von vor- wiegender Jagd- und Weidewirtschaft zum Ackerbau und zur intensiver betriebenen Viehzucht erfolgte, erfuhr der Jagdbetrieb auch rechtlich durch die Errichtung der Bannforsten, welche im 9. Jahrhundert begann und vom 10. bis zum 12. Jahrhundert in besonders grossem Massstabe stattfand, immer weitergehende Einschränkungen.
Anfangs wurde hierdurch wohl nur das zur hohen Jagd gehörige Wild von der allgemeinen Benutzung ausgeschlossen, während die nie- dere Jagd noch gestattet und die Erlegung von Raubzeug oft selbst geradezu geboten war.
Im späteren Mittelalter führte die historische Entwickelung infolge des Verfalles der Markgenossenschaften, der Verbindung von Obermärker- schaft und Landesherrlichkeit, sowie der Entwickelung der Polzeihoheit dazu, dass die Jagdrechte der bäuerlichen Bevölkerung immer mehr geschmälert wurden und schliesslich ganz erloschen. Dem des Waffen- rechtes bereits verlustig gegangenen Bauer wurde nunmehr auch die Jagdausübung untersagt.
Im Bauernkriege bildete die Beschwerde wegen des entzogenen Jagdrechtes einen der bekannten 12 Artikel.
Einleitung.
ragende Rolle spielte. Die deutschen Volksrechte bezeugen, in wie hohem Maſse dieses noch im frühen Mittelalter der Fall war, und welche bedeutende Stufe der Ausbildung die Jagdmethoden damals bereits er- reicht hatten.
Diese Wirtschaftsformen erforderten jedoch ungemein groſse Land- strecken zur Ernährung der Bevölkerung. Sobald also eine erhebliche Vermehrung der Bevölkerung eintrat, ohne daſs die Möglichkeit vor- lag, in gleicher Weise wie früher neue Landstriche aufzusuchen, muſste auch eine entsprechende Änderung in der Lebensweise und der Über- gang zu intensiveren Wirtschaftsformen erfolgen.
Die deutsche Wirtschaftsgeschichte zeigt, daſs dieser Umschwung im 8. und 9. Jahrhundert begann. Die rasch wachsende Bevölkerung war nun genötigt, zur Erlangung neuer Wohnsitze und Ackerländereien umfangreiche Rodungen vorzunehmen. Die Vermehrung der Bevölkerung zwang auch dazu, den Getreidebau besser auszubilden, welcher nicht nur auf der gleichen Fläche mehr Menschen zu ernähren vermag, als Jagd und Weide, sondern namentlich auch gegenüber der Jagd eine ungleich gröſsere Sicherheit für die Beschaffung der unentbehrlichen Nahrungs- mittel gewährt.
Die rapide Zunahme der Bevölkerung im westlichen Deutschland, welche vom Jahre 900 bis zum Jahre 1100 um das Doppelte, bis zum Jahre 1200 aber fast auf das Vierfache anwuchs, hatte nicht nur eine groſse Periode von Rodungen, sondern auch ein Vorrücken der kulti- vatorischen Thätigkeit nach dem Osten zur Folge.
Während so auf wirtschaftlichem Gebiete der Übergang von vor- wiegender Jagd- und Weidewirtschaft zum Ackerbau und zur intensiver betriebenen Viehzucht erfolgte, erfuhr der Jagdbetrieb auch rechtlich durch die Errichtung der Bannforsten, welche im 9. Jahrhundert begann und vom 10. bis zum 12. Jahrhundert in besonders groſsem Maſsstabe stattfand, immer weitergehende Einschränkungen.
Anfangs wurde hierdurch wohl nur das zur hohen Jagd gehörige Wild von der allgemeinen Benutzung ausgeschlossen, während die nie- dere Jagd noch gestattet und die Erlegung von Raubzeug oft selbst geradezu geboten war.
Im späteren Mittelalter führte die historische Entwickelung infolge des Verfalles der Markgenossenschaften, der Verbindung von Obermärker- schaft und Landesherrlichkeit, sowie der Entwickelung der Polzeihoheit dazu, daſs die Jagdrechte der bäuerlichen Bevölkerung immer mehr geschmälert wurden und schlieſslich ganz erloschen. Dem des Waffen- rechtes bereits verlustig gegangenen Bauer wurde nunmehr auch die Jagdausübung untersagt.
Im Bauernkriege bildete die Beschwerde wegen des entzogenen Jagdrechtes einen der bekannten 12 Artikel.
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[302/0320]
Einleitung.
ragende Rolle spielte. Die deutschen Volksrechte bezeugen, in wie
hohem Maſse dieses noch im frühen Mittelalter der Fall war, und welche
bedeutende Stufe der Ausbildung die Jagdmethoden damals bereits er-
reicht hatten.
Diese Wirtschaftsformen erforderten jedoch ungemein groſse Land-
strecken zur Ernährung der Bevölkerung. Sobald also eine erhebliche
Vermehrung der Bevölkerung eintrat, ohne daſs die Möglichkeit vor-
lag, in gleicher Weise wie früher neue Landstriche aufzusuchen, muſste
auch eine entsprechende Änderung in der Lebensweise und der Über-
gang zu intensiveren Wirtschaftsformen erfolgen.
Die deutsche Wirtschaftsgeschichte zeigt, daſs dieser Umschwung
im 8. und 9. Jahrhundert begann. Die rasch wachsende Bevölkerung
war nun genötigt, zur Erlangung neuer Wohnsitze und Ackerländereien
umfangreiche Rodungen vorzunehmen. Die Vermehrung der Bevölkerung
zwang auch dazu, den Getreidebau besser auszubilden, welcher nicht nur
auf der gleichen Fläche mehr Menschen zu ernähren vermag, als Jagd
und Weide, sondern namentlich auch gegenüber der Jagd eine ungleich
gröſsere Sicherheit für die Beschaffung der unentbehrlichen Nahrungs-
mittel gewährt.
Die rapide Zunahme der Bevölkerung im westlichen Deutschland,
welche vom Jahre 900 bis zum Jahre 1100 um das Doppelte, bis zum
Jahre 1200 aber fast auf das Vierfache anwuchs, hatte nicht nur eine
groſse Periode von Rodungen, sondern auch ein Vorrücken der kulti-
vatorischen Thätigkeit nach dem Osten zur Folge.
Während so auf wirtschaftlichem Gebiete der Übergang von vor-
wiegender Jagd- und Weidewirtschaft zum Ackerbau und zur intensiver
betriebenen Viehzucht erfolgte, erfuhr der Jagdbetrieb auch rechtlich
durch die Errichtung der Bannforsten, welche im 9. Jahrhundert
begann und vom 10. bis zum 12. Jahrhundert in besonders groſsem
Maſsstabe stattfand, immer weitergehende Einschränkungen.
Anfangs wurde hierdurch wohl nur das zur hohen Jagd gehörige
Wild von der allgemeinen Benutzung ausgeschlossen, während die nie-
dere Jagd noch gestattet und die Erlegung von Raubzeug oft selbst
geradezu geboten war.
Im späteren Mittelalter führte die historische Entwickelung infolge
des Verfalles der Markgenossenschaften, der Verbindung von Obermärker-
schaft und Landesherrlichkeit, sowie der Entwickelung der Polzeihoheit
dazu, daſs die Jagdrechte der bäuerlichen Bevölkerung immer mehr
geschmälert wurden und schlieſslich ganz erloschen. Dem des Waffen-
rechtes bereits verlustig gegangenen Bauer wurde nunmehr auch die
Jagdausübung untersagt.
Im Bauernkriege bildete die Beschwerde wegen des entzogenen
Jagdrechtes einen der bekannten 12 Artikel.
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Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/320>, abgerufen am 22.06.2024.
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