Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.
noch nicht die wünschenswerte Weiterentwickelung, da der dreissig-
jährige Krieg, wie auf allen anderen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens,
so auch hier nicht nur Stillstand, sondern sogar noch Rückschritt zur
Folge hatte.

Erst gegen das Ende des 17. Jahrhunderts begann neues Leben zu
pulsieren, und es wurde an die erprobten Traditionen wieder angeknüpft.

Die nun rasch steigende Bevölkerung und die sich immer mehr
verbessernden Verkehrsverhältnisse bewirkten, dass der oben skizzierte
Stand der waldbaulichen Technik sich nunmehr rasch weiter ausbreitete.

Eine neue Wirtschaftsmethode entwickelte sich um die Mitte des
18. Jahrhunderts durch die Ausbildung des sogenannten Femelschlag-
betriebes.

Die bisher noch wenig ausgenutzte Fähigkeit des Laubholzes, na-
mentlich der Buche, sich durch Samenabfall leicht zu verjüngen, wenn
ihren natürlichen Ansprüchen bezüglich der Beschaffenheit der oberen
Bodenschichten und der Beschirmung Rechnung getragen wird, führte
um das Jahr 1740 zu den ersten systematischen Vorschriften über diese
Betriebsform. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die-
selbe durch eine Reihe tüchtiger Forstwirte weiter ausgebildet; die
hierbei gemachten Erfahrungen fanden schliesslich durch G. L. Hartig
in seiner 1791 in 1. Aufl. erschienenen "Anweisung zur Holzzucht für
Förster", sowie in seinen "Generalregeln", zuerst enthalten in der
1808 erschienenen 1. Auflage des "Lehrbuches für Förster", eine den
damaligen Verhältnissen durchaus entsprechende Codifikation.

Obwohl der Femelschlagbetrieb zunächst nur für die Bedürfnisse
einer einzigen Holzart, der Buche, bestimmt war, so kamen doch diese
Wirtschaftsgrundsätze, welche von den ersten Autoritäten des Faches
vertreten wurden und fast 70 Jahre hindurch (1760 -- 1830) unangefochten
als der einzige Leitfaden für eine geordnete Waldbehandlung galten, auch
für die übrigen Holzarten mehr oder minder rein in Anwendung.

Diese Generalisierung ohne Rücksicht auf Holzart und Standort
brachte aber auch schwere Missstände mit sich, welche namentlich bei
der Kiefer hervortraten, da sich diese am wenigsten für den Femel-
schlagbetrieb eignet.

Seit 1830 entwickelte sich infolgedessen eine namentlich von Pfeil
geleitete Richtung die bei Kiefer und ebenso auch bei Fichte wieder
für Kahlschlagbetrieb, aber mit künstlicher Verjüngung, eintrat.
Die gleichzeitige, rasch fortschreitende Ausbildung der verschiedenen
Kulturmethoden ermöglichte die erfolgreiche und ausgedehnte Durch-
führung dieser Methode.

Hand in Hand mit der Entwickelung der waldbaulichen Technik
ging während der ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts die Ausbildung
der verschiedenen Methoden, welche es ermöglichen, den Holzvorrat

I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.
noch nicht die wünschenswerte Weiterentwickelung, da der dreiſsig-
jährige Krieg, wie auf allen anderen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens,
so auch hier nicht nur Stillstand, sondern sogar noch Rückschritt zur
Folge hatte.

Erst gegen das Ende des 17. Jahrhunderts begann neues Leben zu
pulsieren, und es wurde an die erprobten Traditionen wieder angeknüpft.

Die nun rasch steigende Bevölkerung und die sich immer mehr
verbessernden Verkehrsverhältnisse bewirkten, daſs der oben skizzierte
Stand der waldbaulichen Technik sich nunmehr rasch weiter ausbreitete.

Eine neue Wirtschaftsmethode entwickelte sich um die Mitte des
18. Jahrhunderts durch die Ausbildung des sogenannten Femelschlag-
betriebes.

Die bisher noch wenig ausgenutzte Fähigkeit des Laubholzes, na-
mentlich der Buche, sich durch Samenabfall leicht zu verjüngen, wenn
ihren natürlichen Ansprüchen bezüglich der Beschaffenheit der oberen
Bodenschichten und der Beschirmung Rechnung getragen wird, führte
um das Jahr 1740 zu den ersten systematischen Vorschriften über diese
Betriebsform. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die-
selbe durch eine Reihe tüchtiger Forstwirte weiter ausgebildet; die
hierbei gemachten Erfahrungen fanden schlieſslich durch G. L. Hartig
in seiner 1791 in 1. Aufl. erschienenen „Anweisung zur Holzzucht für
Förster“, sowie in seinen „Generalregeln“, zuerst enthalten in der
1808 erschienenen 1. Auflage des „Lehrbuches für Förster“, eine den
damaligen Verhältnissen durchaus entsprechende Codifikation.

Obwohl der Femelschlagbetrieb zunächst nur für die Bedürfnisse
einer einzigen Holzart, der Buche, bestimmt war, so kamen doch diese
Wirtschaftsgrundsätze, welche von den ersten Autoritäten des Faches
vertreten wurden und fast 70 Jahre hindurch (1760 — 1830) unangefochten
als der einzige Leitfaden für eine geordnete Waldbehandlung galten, auch
für die übrigen Holzarten mehr oder minder rein in Anwendung.

Diese Generalisierung ohne Rücksicht auf Holzart und Standort
brachte aber auch schwere Miſsstände mit sich, welche namentlich bei
der Kiefer hervortraten, da sich diese am wenigsten für den Femel-
schlagbetrieb eignet.

Seit 1830 entwickelte sich infolgedessen eine namentlich von Pfeil
geleitete Richtung die bei Kiefer und ebenso auch bei Fichte wieder
für Kahlschlagbetrieb, aber mit künstlicher Verjüngung, eintrat.
Die gleichzeitige, rasch fortschreitende Ausbildung der verschiedenen
Kulturmethoden ermöglichte die erfolgreiche und ausgedehnte Durch-
führung dieser Methode.

Hand in Hand mit der Entwickelung der waldbaulichen Technik
ging während der ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts die Ausbildung
der verschiedenen Methoden, welche es ermöglichen, den Holzvorrat

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0049" n="31"/><fw place="top" type="header">I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft.</fw><lb/>
noch nicht die wünschenswerte Weiterentwickelung, da der drei&#x017F;sig-<lb/>
jährige Krieg, wie auf allen anderen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens,<lb/>
so auch hier nicht nur Stillstand, sondern sogar noch Rückschritt zur<lb/>
Folge hatte.</p><lb/>
            <p>Erst gegen das Ende des 17. Jahrhunderts begann neues Leben zu<lb/>
pulsieren, und es wurde an die erprobten Traditionen wieder angeknüpft.</p><lb/>
            <p>Die nun rasch steigende Bevölkerung und die sich immer mehr<lb/>
verbessernden Verkehrsverhältnisse bewirkten, da&#x017F;s der oben skizzierte<lb/>
Stand der waldbaulichen Technik sich nunmehr rasch weiter ausbreitete.</p><lb/>
            <p>Eine neue Wirtschaftsmethode entwickelte sich um die Mitte des<lb/>
18. Jahrhunderts durch die Ausbildung des sogenannten <hi rendition="#g">Femelschlag-<lb/>
betriebes.</hi></p><lb/>
            <p>Die bisher noch wenig ausgenutzte Fähigkeit des Laubholzes, na-<lb/>
mentlich der Buche, sich durch Samenabfall leicht zu verjüngen, wenn<lb/>
ihren natürlichen Ansprüchen bezüglich der Beschaffenheit der oberen<lb/>
Bodenschichten und der Beschirmung Rechnung getragen wird, führte<lb/>
um das Jahr 1740 zu den ersten systematischen Vorschriften über diese<lb/>
Betriebsform. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die-<lb/>
selbe durch eine Reihe tüchtiger Forstwirte weiter ausgebildet; die<lb/>
hierbei gemachten Erfahrungen fanden schlie&#x017F;slich durch G. L. <hi rendition="#k">Hartig</hi><lb/>
in seiner 1791 in 1. Aufl. erschienenen &#x201E;Anweisung zur Holzzucht für<lb/>
Förster&#x201C;, sowie in seinen <hi rendition="#g">&#x201E;Generalregeln&#x201C;,</hi> zuerst enthalten in der<lb/>
1808 erschienenen 1. Auflage des &#x201E;Lehrbuches für Förster&#x201C;, eine den<lb/>
damaligen Verhältnissen durchaus entsprechende Codifikation.</p><lb/>
            <p>Obwohl der Femelschlagbetrieb zunächst nur für die Bedürfnisse<lb/>
einer einzigen Holzart, der Buche, bestimmt war, so kamen doch diese<lb/>
Wirtschaftsgrundsätze, welche von den ersten Autoritäten des Faches<lb/>
vertreten wurden und fast 70 Jahre hindurch (1760 &#x2014; 1830) unangefochten<lb/>
als der einzige Leitfaden für eine geordnete Waldbehandlung galten, auch<lb/>
für die übrigen Holzarten mehr oder minder rein in Anwendung.</p><lb/>
            <p>Diese Generalisierung ohne Rücksicht auf Holzart und Standort<lb/>
brachte aber auch schwere Mi&#x017F;sstände mit sich, welche namentlich bei<lb/>
der <hi rendition="#g">Kiefer</hi> hervortraten, da sich diese am wenigsten für den Femel-<lb/>
schlagbetrieb eignet.</p><lb/>
            <p>Seit 1830 entwickelte sich infolgedessen eine namentlich von <hi rendition="#k">Pfeil</hi><lb/>
geleitete Richtung die bei Kiefer und ebenso auch bei Fichte wieder<lb/>
für <hi rendition="#g">Kahlschlagbetrieb,</hi> aber mit <hi rendition="#g">künstlicher</hi> Verjüngung, eintrat.<lb/>
Die gleichzeitige, rasch fortschreitende Ausbildung der verschiedenen<lb/>
Kulturmethoden ermöglichte die erfolgreiche und ausgedehnte Durch-<lb/>
führung dieser Methode.</p><lb/>
            <p>Hand in Hand mit der Entwickelung der waldbaulichen Technik<lb/>
ging während der ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts die Ausbildung<lb/>
der verschiedenen Methoden, welche es ermöglichen, den Holzvorrat<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0049] I. Abschnitt. Produktionsverhältnisse der Forstwirtschaft. noch nicht die wünschenswerte Weiterentwickelung, da der dreiſsig- jährige Krieg, wie auf allen anderen Gebieten des wirtschaftlichen Lebens, so auch hier nicht nur Stillstand, sondern sogar noch Rückschritt zur Folge hatte. Erst gegen das Ende des 17. Jahrhunderts begann neues Leben zu pulsieren, und es wurde an die erprobten Traditionen wieder angeknüpft. Die nun rasch steigende Bevölkerung und die sich immer mehr verbessernden Verkehrsverhältnisse bewirkten, daſs der oben skizzierte Stand der waldbaulichen Technik sich nunmehr rasch weiter ausbreitete. Eine neue Wirtschaftsmethode entwickelte sich um die Mitte des 18. Jahrhunderts durch die Ausbildung des sogenannten Femelschlag- betriebes. Die bisher noch wenig ausgenutzte Fähigkeit des Laubholzes, na- mentlich der Buche, sich durch Samenabfall leicht zu verjüngen, wenn ihren natürlichen Ansprüchen bezüglich der Beschaffenheit der oberen Bodenschichten und der Beschirmung Rechnung getragen wird, führte um das Jahr 1740 zu den ersten systematischen Vorschriften über diese Betriebsform. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde die- selbe durch eine Reihe tüchtiger Forstwirte weiter ausgebildet; die hierbei gemachten Erfahrungen fanden schlieſslich durch G. L. Hartig in seiner 1791 in 1. Aufl. erschienenen „Anweisung zur Holzzucht für Förster“, sowie in seinen „Generalregeln“, zuerst enthalten in der 1808 erschienenen 1. Auflage des „Lehrbuches für Förster“, eine den damaligen Verhältnissen durchaus entsprechende Codifikation. Obwohl der Femelschlagbetrieb zunächst nur für die Bedürfnisse einer einzigen Holzart, der Buche, bestimmt war, so kamen doch diese Wirtschaftsgrundsätze, welche von den ersten Autoritäten des Faches vertreten wurden und fast 70 Jahre hindurch (1760 — 1830) unangefochten als der einzige Leitfaden für eine geordnete Waldbehandlung galten, auch für die übrigen Holzarten mehr oder minder rein in Anwendung. Diese Generalisierung ohne Rücksicht auf Holzart und Standort brachte aber auch schwere Miſsstände mit sich, welche namentlich bei der Kiefer hervortraten, da sich diese am wenigsten für den Femel- schlagbetrieb eignet. Seit 1830 entwickelte sich infolgedessen eine namentlich von Pfeil geleitete Richtung die bei Kiefer und ebenso auch bei Fichte wieder für Kahlschlagbetrieb, aber mit künstlicher Verjüngung, eintrat. Die gleichzeitige, rasch fortschreitende Ausbildung der verschiedenen Kulturmethoden ermöglichte die erfolgreiche und ausgedehnte Durch- führung dieser Methode. Hand in Hand mit der Entwickelung der waldbaulichen Technik ging während der ersten Dezennien des 19. Jahrhunderts die Ausbildung der verschiedenen Methoden, welche es ermöglichen, den Holzvorrat

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/49
Zitationshilfe: Schwappach, Adam: Forstpolitik, Jagd- und Fischereipolitik. Leipzig, 1894, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwappach_forstpolitik_1894/49>, abgerufen am 21.11.2024.