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Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712.

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gleich nahe verwand, daß alsdann diejenige den Vorzug habe, welche den ältern Verwandten representire. Nun representire Leopoldus die Mariam seine Frau Mutter, und des letzten Königs Groß-Mutter, der Dauphin aber representire seine Fr. Mutter, die Infntin Mariam Theresiam, des letzten Königs Schwester; weil jene nun älter als diese, so müße auch derjenige, so selbe representiret, demjenigen, so die jüngere representiret, vorgehen.

Ad III. Daß die Renunciationes der Infantinnen solten unkräfftig seyn, könte aus angeführten Ursachen nicht behauptet werden. Dem natürlichen Recht wären selbe nicht zuwider, weil nirgends ein Verboth verhanden, die Bürgerlichen Gesellschafften auch willkührlich und denen Veränderungen unterworffen, es auch an Exempeln nicht fehle, da Könige sich der würcklich, getragenen Cronen, und Königliche Kinder sich der Erbfolge begeben; ja auch in der Heil. Schrifft sey das Exempel Esaus verhanden, der das Recht der Erstgeburth verkauffet; zu geschweigen, daß die Frantzöstsche Scribenten selber die Renunciationes defendirten, und in den Frantzösischen Parlementern täglich vor dieselbe gesprochen würde; ja des Königs Ludovici XII in Franckreich beyde Töchter Claudia, und Renata, die an Käyser Carolum V beyde in der Jugend versprochen worden, hätten sich der Succession in dem Hertzogthum Bretagne, so ihnen ihrer Mutter wegen gehörte, in den Ehe-Pacten begeben müssen; und eben bey dieser Successions-Sache hätte der Dauphin in faveur des Duc d' Anjou, aber zum praejudiz des Duc de Bourgogne, der Spanischen Succession renunciiret. Das gemeine Bürgerliche Recht würde in dergleichen Königlichen Handlungen nicht attendiret, und hätte König Philippus zum Uberfluß, aus Königlicher Macht, seine Tochter von der Verbindligkeit des juris Civilis eximiret. Nach Päbstlichen Rechten wären die renunciationes verbindlich, wann sie eydlich, wie hier, geschehen. Daß die Infantinnen aber durch einen gar zu geringen dotem laediret, sey irrig, dann kein Exempel beygebracht werden könte, daß iemahlen einer Spanischen Infantin ein mehrers als der Annae und Mariae gegeben worden; es würde auch bey Königlichen und andern hohen Häusern dergleichen nicht attendiret, wann die Töchter nur die bey ihrem Hause hergebrachte Ausstattung erlangeten. Es sey auch falsch, daß solche Renunciationes denen Nachkommen, so noch nicht gebohren, nicht praejudiciren könten, weil diese kein ander Recht, als ihre Mutter gehabt, anzuführen hätten, auch ohne solche Renunciation nie in rerum natura gekommen wären. Daß die Infantin Maria zur Renunciation gezwungen worden, sey aus angeführter Clausul nicht zu erweisen, vielmehr würde zu Anfang der Verzicht gemeldet, daß sie solchen aus freyem Willen gethan: Es sey von ihrem Herrn Vater auch nicht zu praesumiren, daß er die Infantin wider ihrem Willen dazu solte forciret haben; dann wann sie gleich nicht Königin von Franckreich geworden wäre, so hätte ihr doch eine andere Crone nicht entstehen können. In Spanien wären die Renunciationes in viridi observantia. Was von der Minorennität und metu reverentiali angeführet würde, hätte vermöge des Decretalis Pabstes Bonifacii VIII nicht einmahl bey privatis, geschweige bey hohen Häusern Platz, und würde von Frantzösischen Scribenten selber verworffen, hätte hier auch so viel weniger statt, weil die Infantin zu Anfang der Renunciation selbst bekenne, sie sey vogtbar gewesen; welches sich auch in der That also befunden. Dann zu geschweigen, daß nach dem Natürlichen und Völcker-Recht das zwölffte Jahr bey Frauens-Personen zur Vogtbarkeit gerechnet werde, so mache in Spanien das 18 Jahr vogtbahr; dieses Alter aber hätte die Infantin schon gehabt. Daß die Renunciation der Mariae unter der Condition, wofern der dos in gewisser Zeit gezahlet würde, geschehen, finde sich nicht; doch sey zu mercken, daß die Infantin zwey Verzicht, und zwar in zwey unterschiedenen Instrumenten gethan, in dem einen hätte sie sich alles Anspruches auf die Väterlichen Länder, und zwar ohne alle Bedüngnüß, ausser wann sie ohne Kinder Witbe würde, begeben; in dem andern hätte sie der Mütterlichen und andern Erbsch[unleserliches Material]fften und Gütern renunciiret, im Fall ihr dagegen die zur Heim-Steuer versprochene 500000 Cronen bezahlet würden; welche beyde renunciationes dahero nicht zu confundiren. Die Zeit der Zahlung sey nicht darum beygefüget, daß, wann solche Zeit ohne Zahlung verstri-

vid. Genes. 25. v. 33. & ad Hebr. 12. v. 16.
Testatur id Lonet & ejus Annotator Brodeau Lit. R. n. 17.
Conf. Grot. de jure bell. & pac. L. 2. c. 17. §. 26. & c. 4. §. 10.

gleich nahe verwand, daß alsdann diejenige den Vorzug habe, welche den ältern Verwandten representire. Nun representire Leopoldus die Mariam seine Frau Mutter, und des letzten Königs Groß-Mutter, der Dauphin aber representire seine Fr. Mutter, die Infntin Mariam Theresiam, des letzten Königs Schwester; weil jene nun älter als diese, so müße auch derjenige, so selbe representiret, demjenigen, so die jüngere representiret, vorgehen.

Ad III. Daß die Renunciationes der Infantinnen solten unkräfftig seyn, könte aus angeführten Ursachen nicht behauptet werden. Dem natürlichen Recht wären selbe nicht zuwider, weil nirgends ein Verboth verhanden, die Bürgerlichen Gesellschafften auch willkührlich und denen Veränderungen unterworffen, es auch an Exempeln nicht fehle, da Könige sich der würcklich, getragenen Cronen, und Königliche Kinder sich der Erbfolge begeben; ja auch in der Heil. Schrifft sey das Exempel Esaus verhanden, der das Recht der Erstgeburth verkauffet; zu geschweigen, daß die Frantzöstsche Scribenten selber die Renunciationes defendirten, und in den Frantzösischen Parlementern täglich vor dieselbe gesprochen würde; ja des Königs Ludovici XII in Franckreich beyde Töchter Claudia, und Renata, die an Käyser Carolum V beyde in der Jugend versprochen worden, hätten sich der Succession in dem Hertzogthum Bretagne, so ihnen ihrer Mutter wegen gehörte, in den Ehe-Pacten begeben müssen; und eben bey dieser Successions-Sache hätte der Dauphin in faveur des Duc d' Anjou, aber zum praejudiz des Duc de Bourgogne, der Spanischen Succession renunciiret. Das gemeine Bürgerliche Recht würde in dergleichen Königlichen Handlungen nicht attendiret, und hätte König Philippus zum Uberfluß, aus Königlicher Macht, seine Tochter von der Verbindligkeit des juris Civilis eximiret. Nach Päbstlichen Rechten wären die renunciationes verbindlich, wann sie eydlich, wie hier, geschehen. Daß die Infantinnen aber durch einen gar zu geringen dotem laediret, sey irrig, dann kein Exempel beygebracht werden könte, daß iemahlen einer Spanischen Infantin ein mehrers als der Annae und Mariae gegeben worden; es würde auch bey Königlichen und andern hohen Häusern dergleichen nicht attendiret, wann die Töchter nur die bey ihrem Hause hergebrachte Ausstattung erlangeten. Es sey auch falsch, daß solche Renunciationes denen Nachkommen, so noch nicht gebohren, nicht praejudiciren könten, weil diese kein ander Recht, als ihre Mutter gehabt, anzuführen hätten, auch ohne solche Renunciation nie in rerum natura gekommen wären. Daß die Infantin Maria zur Renunciation gezwungen worden, sey aus angeführter Clausul nicht zu erweisen, vielmehr würde zu Anfang der Verzicht gemeldet, daß sie solchen aus freyem Willen gethan: Es sey von ihrem Herrn Vater auch nicht zu praesumiren, daß er die Infantin wider ihrem Willen dazu solte forciret haben; dann wann sie gleich nicht Königin von Franckreich geworden wäre, so hätte ihr doch eine andere Crone nicht entstehen können. In Spanien wären die Renunciationes in viridi observantia. Was von der Minorennität und metu reverentiali angeführet würde, hätte vermöge des Decretalis Pabstes Bonifacii VIII nicht einmahl bey privatis, geschweige bey hohen Häusern Platz, und würde von Frantzösischen Scribenten selber verworffen, hätte hier auch so viel weniger statt, weil die Infantin zu Anfang der Renunciation selbst bekenne, sie sey vogtbar gewesen; welches sich auch in der That also befunden. Dann zu geschweigen, daß nach dem Natürlichen und Völcker-Recht das zwölffte Jahr bey Frauens-Personen zur Vogtbarkeit gerechnet werde, so mache in Spanien das 18 Jahr vogtbahr; dieses Alter aber hätte die Infantin schon gehabt. Daß die Renunciation der Mariae unter der Condition, wofern der dos in gewisser Zeit gezahlet würde, geschehen, finde sich nicht; doch sey zu mercken, daß die Infantin zwey Verzicht, und zwar in zwey unterschiedenen Instrumenten gethan, in dem einen hätte sie sich alles Anspruches auf die Väterlichen Länder, und zwar ohne alle Bedüngnüß, ausser wann sie ohne Kinder Witbe würde, begeben; in dem andern hätte sie der Mütterlichen und andern Erbsch[unleserliches Material]fften und Gütern renunciiret, im Fall ihr dagegen die zur Heim-Steuer versprochene 500000 Cronen bezahlet würden; welche beyde renunciationes dahero nicht zu confundiren. Die Zeit der Zahlung sey nicht darum beygefüget, daß, wann solche Zeit ohne Zahlung verstri-

vid. Genes. 25. v. 33. & ad Hebr. 12. v. 16.
Testatur id Lonet & ejus Annotator Brodeau Lit. R. n. 17.
Conf. Grot. de jure bell. & pac. L. 2. c. 17. §. 26. & c. 4. §. 10.
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gleich nahe verwand, daß alsdann diejenige den            Vorzug habe, welche den ältern Verwandten representire. Nun representire Leopoldus die            Mariam seine Frau Mutter, und des letzten Königs Groß-Mutter, der Dauphin aber            representire seine Fr. Mutter, die Infntin Mariam Theresiam, des letzten Königs Schwester;            weil jene nun älter als diese, so müße auch derjenige, so selbe representiret, demjenigen,            so die jüngere representiret, vorgehen.</p>
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[84/0112] gleich nahe verwand, daß alsdann diejenige den Vorzug habe, welche den ältern Verwandten representire. Nun representire Leopoldus die Mariam seine Frau Mutter, und des letzten Königs Groß-Mutter, der Dauphin aber representire seine Fr. Mutter, die Infntin Mariam Theresiam, des letzten Königs Schwester; weil jene nun älter als diese, so müße auch derjenige, so selbe representiret, demjenigen, so die jüngere representiret, vorgehen. Ad III. Daß die Renunciationes der Infantinnen solten unkräfftig seyn, könte aus angeführten Ursachen nicht behauptet werden. Dem natürlichen Recht wären selbe nicht zuwider, weil nirgends ein Verboth verhanden, die Bürgerlichen Gesellschafften auch willkührlich und denen Veränderungen unterworffen, es auch an Exempeln nicht fehle, da Könige sich der würcklich, getragenen Cronen, und Königliche Kinder sich der Erbfolge begeben; ja auch in der Heil. Schrifft sey das Exempel Esaus verhanden, der das Recht der Erstgeburth verkauffet; zu geschweigen, daß die Frantzöstsche Scribenten selber die Renunciationes defendirten, und in den Frantzösischen Parlementern täglich vor dieselbe gesprochen würde; ja des Königs Ludovici XII in Franckreich beyde Töchter Claudia, und Renata, die an Käyser Carolum V beyde in der Jugend versprochen worden, hätten sich der Succession in dem Hertzogthum Bretagne, so ihnen ihrer Mutter wegen gehörte, in den Ehe-Pacten begeben müssen; und eben bey dieser Successions-Sache hätte der Dauphin in faveur des Duc d' Anjou, aber zum praejudiz des Duc de Bourgogne, der Spanischen Succession renunciiret. Das gemeine Bürgerliche Recht würde in dergleichen Königlichen Handlungen nicht attendiret, und hätte König Philippus zum Uberfluß, aus Königlicher Macht, seine Tochter von der Verbindligkeit des juris Civilis eximiret. Nach Päbstlichen Rechten wären die renunciationes verbindlich, wann sie eydlich, wie hier, geschehen. Daß die Infantinnen aber durch einen gar zu geringen dotem laediret, sey irrig, dann kein Exempel beygebracht werden könte, daß iemahlen einer Spanischen Infantin ein mehrers als der Annae und Mariae gegeben worden; es würde auch bey Königlichen und andern hohen Häusern dergleichen nicht attendiret, wann die Töchter nur die bey ihrem Hause hergebrachte Ausstattung erlangeten. Es sey auch falsch, daß solche Renunciationes denen Nachkommen, so noch nicht gebohren, nicht praejudiciren könten, weil diese kein ander Recht, als ihre Mutter gehabt, anzuführen hätten, auch ohne solche Renunciation nie in rerum natura gekommen wären. Daß die Infantin Maria zur Renunciation gezwungen worden, sey aus angeführter Clausul nicht zu erweisen, vielmehr würde zu Anfang der Verzicht gemeldet, daß sie solchen aus freyem Willen gethan: Es sey von ihrem Herrn Vater auch nicht zu praesumiren, daß er die Infantin wider ihrem Willen dazu solte forciret haben; dann wann sie gleich nicht Königin von Franckreich geworden wäre, so hätte ihr doch eine andere Crone nicht entstehen können. In Spanien wären die Renunciationes in viridi observantia. Was von der Minorennität und metu reverentiali angeführet würde, hätte vermöge des Decretalis Pabstes Bonifacii VIII nicht einmahl bey privatis, geschweige bey hohen Häusern Platz, und würde von Frantzösischen Scribenten selber verworffen, hätte hier auch so viel weniger statt, weil die Infantin zu Anfang der Renunciation selbst bekenne, sie sey vogtbar gewesen; welches sich auch in der That also befunden. Dann zu geschweigen, daß nach dem Natürlichen und Völcker-Recht das zwölffte Jahr bey Frauens-Personen zur Vogtbarkeit gerechnet werde, so mache in Spanien das 18 Jahr vogtbahr; dieses Alter aber hätte die Infantin schon gehabt. Daß die Renunciation der Mariae unter der Condition, wofern der dos in gewisser Zeit gezahlet würde, geschehen, finde sich nicht; doch sey zu mercken, daß die Infantin zwey Verzicht, und zwar in zwey unterschiedenen Instrumenten gethan, in dem einen hätte sie sich alles Anspruches auf die Väterlichen Länder, und zwar ohne alle Bedüngnüß, ausser wann sie ohne Kinder Witbe würde, begeben; in dem andern hätte sie der Mütterlichen und andern Erbsch_ fften und Gütern renunciiret, im Fall ihr dagegen die zur Heim-Steuer versprochene 500000 Cronen bezahlet würden; welche beyde renunciationes dahero nicht zu confundiren. Die Zeit der Zahlung sey nicht darum beygefüget, daß, wann solche Zeit ohne Zahlung verstri- vid. Genes. 25. v. 33. & ad Hebr. 12. v. 16. Testatur id Lonet & ejus Annotator Brodeau Lit. R. n. 17. Conf. Grot. de jure bell. & pac. L. 2. c. 17. §. 26. & c. 4. §. 10.

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Zitationshilfe: Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweder_theatrum_1712/112>, abgerufen am 24.11.2024.