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Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712.

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kam. Carolus starb an. 863 ohne Leibes-Erben, und verglichen sich dessen beyde Brüder wegen der hinterlassenen Länder gantz friedlich; Käyser Ludovicus II bekam die heutige Provence, Lotharius Jun. das Ubrige. Lotharius starb, an. 869 ebenfals ohne eheliche Nachkommen, und hätte dessen Bruder Käyser Ludovicus II ihme succediren sollen; weil dieser aber eben dazumahl wider die in Italien eingefallene Saracenen zu Felde war, riß Carolus Calvus das erledigte Lothringische Reich an sich, ließ sich zu Metz die Lothringische Crone aufsetzen, und verlegte seinen Hofsitz nach Aachen. Ludovicus Germanicus König in Bäyern, des Caroli Calvi Bruder, welcher der nechste Mitanwarter und Erbe des Käysers war, im Fall derselbe, wie es schiene, ohne Leibes-Erben abgehen solte, war eben auch wider die rebellische Wenden zu Felde, weil ihm aber an Lothringen mehr gelegen, und er besorgte Carolus Calvus möchte sich bey Verweilung zu feste setzen, so machte er sich von den Wenden, so gut er konte, loß, gieng mit der Armee eiligst nach dem Rhein zu, und begehrte von Carolo das Lotharingische Reich gleich zu räumen u. dem Käyser Ludovico zu restituiren. Carolus wolte davon zwar anfänglich nichts hören; wie Ludovicus aber mit der Armee an den Rhein kam, ließ er sich endlich zu einem Vergleich ein, welcher an. 870 zu Marsan geschlossen wurde, und dahin gieng, daß Carolus Calvus das halbe Lothringische Reich, nemlich denjenigen Theil, so mit Teutschland und dem Rhein gräntzete, abtreten, das andere aber behalten solte. Ludovicus Germanicus restituirte solche von Carolo Calvo abgetretene Helffte seinem Bruder Sohn Käyser Ludovico II, Carolus Calvus aber behielte seines, und belehnte damit ann. 877 seiner Gemahlin Judithae Bruder Bosonem, welcher aber nach des Caroli Calvi und seines Sohnes Ludovici Balbi bald erfolgtem Tode, bey der Minderjährigkeit Ludovici III und Carolomanni, des Caroli Calvi Enckeln, auf Antrieb seiner Gemahlin Hermengarde, Käysers Ludovici II Tochter, als vollmächtiger Oberherr darinnen handelte, sich des Delphinats, und Hertzogthums Lyon bemächtigte, und sich endlich bey Mantala von den Ständen, so er theils durch Versprechungen und Geschencke, theils durch Drauung auf seine Seite gebracht, an. 879 zum Könige in Provence proclamiren ließ; wie er aber deshalb mit Krieg von Ludovico und Carolomanno überzogen wurde, retirirte er sich nach Arelat, stellete daselbst seine Residenz an, und blieb auch in geruhigem Besitz, indem jene wegen des Einfalles der Normänner in Franckreich, und Rebellion der Lothringer, den Krieg wider Bosonem fortzusetzen verhindert wurden. Weil dieser aber Zeit Lebens zu Arelat lebete, wurd das Reich, so vor diesem Burgundien geheissen, das Arrelatische Königreich genennet. Wiewohl Boso sich niemahlen König zu Arrelat, noch sein Reich selbst dergestalt benahmet.

Bosoni succedirte nach seinem Tode ann. 889 sein Sohn Ludovicus, welchen Käyser Arnolphus bestätigte. Dieser Ludovicus wurd zum Käyser und König in Italien wider Berengarium erwehlet, wie er aber das Unglück hatte, daß er von diesem ann. 904 gefangen und geblendet wurde, folgte ihm in der Regierung sein Sohn Carolus Constantinus, dessen Vormund Hugo ein Graf von Arelat war. Es ist aber zu mercken, daß kurtz vorhero Rudolphus ein Graf von Burgund in denen Reichs-Verwirrungen in unterschiedlichen Provincien, als Ober-Elsas, Basel, Sundgaw sc. einen starcken Anhang ihme zu wege gebracht, solche ihm unterworffen, und garden Titul eines Königs von Burgund angenommen hatte; dem Käyser Arnolphus zwar eine Armee entgegen setzte, konte aber nichts sonderliches wider denselben ausrichten, weil Rudolphus sich in die Thäler retirirte; Doch kam er endlich in

v. Annal. Berting. ad ann. 855. 856. 859. Conring. de Fin. L. 1. c. 6. §. 2.
Annal. Berting. ad an. 863.
vid. Conting. de Fin. cap. 7.
v. Annal. Berting. ad an. 869. & Annal. Metens. ad d. ann.
vid. Annal. Metens. ad ann. 870. Regino ad d. ann. Aimon. L. 5. c. 25. Nithardus Lib. 4. P. AEmil. d. Lib. 3. f. 83. Obrecht. in prodromo Rer. Alsat. Part. 1. c. 6. p. 60. seqq. Conring. d. l.
Annal. Berting. ad ann. 872.
Regino ad ann. 877. Sigebertus Gamblacensis ad ann. 878. Marianus Scotus ad ann. 876. wiewohl Aimonius Lib. 5. c. 27. meldet, es sey Boso nur zum Gouverneur dahin gesetzet worden.
Sigebertus Gamblac. ad ann. 880. Regino ad d. ann. Continuator Aimonii L. 5. c. 39. rus. Annal. Suevic. Lib. 1. Part. 2. c. 1. Conring. de Fin. c. 12. §. 3. Dupuy des droits du Roy de France surplusieurs Estats. p. 344.
vid. Aimonii Contin. Lib. 5. c. 39. 40. & 41. Sigebertus ad ann. 880. & seqq. Dupuy d. tr. p. 345. Schurtzfleisch in Disp. de Vet. Regn. Burg. c. 6. §. 3.
Schurtzfleisch d. l. Sprenger. Perspicill. p. 278.
Schurtzfleisch d. l. in notis.
vid. Conring. de Fin. c. 12. §. 4.

kam. Carolus starb an. 863 ohne Leibes-Erben, und verglichen sich dessen beyde Brüder wegen der hinterlassenen Länder gantz friedlich; Käyser Ludovicus II bekam die heutige Provence, Lotharius Jun. das Ubrige. Lotharius starb, an. 869 ebenfals ohne eheliche Nachkommen, und hätte dessen Bruder Käyser Ludovicus II ihme succediren sollen; weil dieser aber eben dazumahl wider die in Italien eingefallene Saracenen zu Felde war, riß Carolus Calvus das erledigte Lothringische Reich an sich, ließ sich zu Metz die Lothringische Crone aufsetzen, und verlegte seinen Hofsitz nach Aachen. Ludovicus Germanicus König in Bäyern, des Caroli Calvi Bruder, welcher der nechste Mitanwarter und Erbe des Käysers war, im Fall derselbe, wie es schiene, ohne Leibes-Erben abgehen solte, war eben auch wider die rebellische Wenden zu Felde, weil ihm aber an Lothringen mehr gelegen, und er besorgte Carolus Calvus möchte sich bey Verweilung zu feste setzen, so machte er sich von den Wenden, so gut er konte, loß, gieng mit der Armee eiligst nach dem Rhein zu, und begehrte von Carolo das Lotharingische Reich gleich zu räumen u. dem Käyser Ludovico zu restituiren. Carolus wolte davon zwar anfänglich nichts hören; wie Ludovicus aber mit der Armee an den Rhein kam, ließ er sich endlich zu einem Vergleich ein, welcher an. 870 zu Marsan geschlossen wurde, und dahin gieng, daß Carolus Calvus das halbe Lothringische Reich, nemlich denjenigen Theil, so mit Teutschland und dem Rhein gräntzete, abtreten, das andere aber behalten solte. Ludovicus Germanicus restituirte solche von Carolo Calvo abgetretene Helffte seinem Bruder Sohn Käyser Ludovico II, Carolus Calvus aber behielte seines, und belehnte damit ann. 877 seiner Gemahlin Judithae Bruder Bosonem, welcher aber nach des Caroli Calvi und seines Sohnes Ludovici Balbi bald erfolgtem Tode, bey der Minderjährigkeit Ludovici III und Carolomanni, des Caroli Calvi Enckeln, auf Antrieb seiner Gemahlin Hermengarde, Käysers Ludovici II Tochter, als vollmächtiger Oberherr darinnen handelte, sich des Delphinats, und Hertzogthums Lyon bemächtigte, und sich endlich bey Mantala von den Ständen, so er theils durch Versprechungen und Geschencke, theils durch Drauung auf seine Seite gebracht, an. 879 zum Könige in Provence proclamiren ließ; wie er aber deshalb mit Krieg von Ludovico und Carolomanno überzogen wurde, retirirte er sich nach Arelat, stellete daselbst seine Residenz an, und blieb auch in geruhigem Besitz, indem jene wegen des Einfalles der Normänner in Franckreich, und Rebellion der Lothringer, den Krieg wider Bosonem fortzusetzen verhindert wurden. Weil dieser aber Zeit Lebens zu Arelat lebete, wurd das Reich, so vor diesem Burgundien geheissen, das Arrelatische Königreich genennet. Wiewohl Boso sich niemahlen König zu Arrelat, noch sein Reich selbst dergestalt benahmet.

Bosoni succedirte nach seinem Tode ann. 889 sein Sohn Ludovicus, welchen Käyser Arnolphus bestätigte. Dieser Ludovicus wurd zum Käyser und König in Italien wider Berengarium erwehlet, wie er aber das Unglück hatte, daß er von diesem ann. 904 gefangen und geblendet wurde, folgte ihm in der Regierung sein Sohn Carolus Constantinus, dessen Vormund Hugo ein Graf von Arelat war. Es ist aber zu mercken, daß kurtz vorhero Rudolphus ein Graf von Burgund in denen Reichs-Verwirrungen in unterschiedlichen Provincien, als Ober-Elsas, Basel, Sundgaw sc. einen starcken Anhang ihme zu wege gebracht, solche ihm unterworffen, und garden Titul eines Königs von Burgund angenommen hatte; dem Käyser Arnolphus zwar eine Armee entgegen setzte, konte aber nichts sonderliches wider denselben ausrichten, weil Rudolphus sich in die Thäler retirirte; Doch kam er endlich in

v. Annal. Berting. ad ann. 855. 856. 859. Conring. de Fin. L. 1. c. 6. §. 2.
Annal. Berting. ad an. 863.
vid. Conting. de Fin. cap. 7.
v. Annal. Berting. ad an. 869. & Annal. Metens. ad d. ann.
vid. Annal. Metens. ad ann. 870. Regino ad d. ann. Aimon. L. 5. c. 25. Nithardus Lib. 4. P. AEmil. d. Lib. 3. f. 83. Obrecht. in prodromo Rer. Alsat. Part. 1. c. 6. p. 60. seqq. Conring. d. l.
Annal. Berting. ad ann. 872.
Regino ad ann. 877. Sigebertus Gamblacensis ad ann. 878. Marianus Scotus ad ann. 876. wiewohl Aimonius Lib. 5. c. 27. meldet, es sey Boso nur zum Gouverneur dahin gesetzet worden.
Sigebertus Gamblac. ad ann. 880. Regino ad d. ann. Continuator Aimonii L. 5. c. 39. rus. Annal. Suevic. Lib. 1. Part. 2. c. 1. Conring. de Fin. c. 12. §. 3. Dupuy des droits du Roy de France surplusieurs Estats. p. 344.
vid. Aimonii Contin. Lib. 5. c. 39. 40. & 41. Sigebertus ad ann. 880. & seqq. Dupuy d. tr. p. 345. Schurtzfleisch in Disp. de Vet. Regn. Burg. c. 6. §. 3.
Schurtzfleisch d. l. Sprenger. Perspicill. p. 278.
Schurtzfleisch d. l. in notis.
vid. Conring. de Fin. c. 12. §. 4.
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        <p>Bosoni succedirte nach seinem Tode ann. 889 sein Sohn Ludovicus, welchen Käyser Arnolphus            bestätigte. <note place="foot">vid. Conring. de Fin. c. 12. §. 4.</note> Dieser Ludovicus            wurd zum Käyser und König in Italien wider Berengarium erwehlet, wie er aber das Unglück            hatte, daß er von diesem ann. 904 gefangen und geblendet wurde, folgte ihm in der            Regierung sein Sohn Carolus Constantinus, dessen Vormund Hugo ein Graf von Arelat war. Es            ist aber zu mercken, daß kurtz vorhero Rudolphus ein Graf von Burgund in denen            Reichs-Verwirrungen in unterschiedlichen Provincien, als Ober-Elsas, Basel, Sundgaw sc.            einen starcken Anhang ihme zu wege gebracht, solche ihm unterworffen, und garden Titul            eines Königs von Burgund angenommen hatte; dem Käyser Arnolphus zwar eine Armee entgegen            setzte, konte aber nichts sonderliches wider denselben ausrichten, weil Rudolphus sich in            die Thäler retirirte; Doch kam er endlich in
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[31/0059] kam. Carolus starb an. 863 ohne Leibes-Erben, und verglichen sich dessen beyde Brüder wegen der hinterlassenen Länder gantz friedlich; Käyser Ludovicus II bekam die heutige Provence, Lotharius Jun. das Ubrige. Lotharius starb, an. 869 ebenfals ohne eheliche Nachkommen, und hätte dessen Bruder Käyser Ludovicus II ihme succediren sollen; weil dieser aber eben dazumahl wider die in Italien eingefallene Saracenen zu Felde war, riß Carolus Calvus das erledigte Lothringische Reich an sich, ließ sich zu Metz die Lothringische Crone aufsetzen, und verlegte seinen Hofsitz nach Aachen. Ludovicus Germanicus König in Bäyern, des Caroli Calvi Bruder, welcher der nechste Mitanwarter und Erbe des Käysers war, im Fall derselbe, wie es schiene, ohne Leibes-Erben abgehen solte, war eben auch wider die rebellische Wenden zu Felde, weil ihm aber an Lothringen mehr gelegen, und er besorgte Carolus Calvus möchte sich bey Verweilung zu feste setzen, so machte er sich von den Wenden, so gut er konte, loß, gieng mit der Armee eiligst nach dem Rhein zu, und begehrte von Carolo das Lotharingische Reich gleich zu räumen u. dem Käyser Ludovico zu restituiren. Carolus wolte davon zwar anfänglich nichts hören; wie Ludovicus aber mit der Armee an den Rhein kam, ließ er sich endlich zu einem Vergleich ein, welcher an. 870 zu Marsan geschlossen wurde, und dahin gieng, daß Carolus Calvus das halbe Lothringische Reich, nemlich denjenigen Theil, so mit Teutschland und dem Rhein gräntzete, abtreten, das andere aber behalten solte. Ludovicus Germanicus restituirte solche von Carolo Calvo abgetretene Helffte seinem Bruder Sohn Käyser Ludovico II, Carolus Calvus aber behielte seines, und belehnte damit ann. 877 seiner Gemahlin Judithae Bruder Bosonem, welcher aber nach des Caroli Calvi und seines Sohnes Ludovici Balbi bald erfolgtem Tode, bey der Minderjährigkeit Ludovici III und Carolomanni, des Caroli Calvi Enckeln, auf Antrieb seiner Gemahlin Hermengarde, Käysers Ludovici II Tochter, als vollmächtiger Oberherr darinnen handelte, sich des Delphinats, und Hertzogthums Lyon bemächtigte, und sich endlich bey Mantala von den Ständen, so er theils durch Versprechungen und Geschencke, theils durch Drauung auf seine Seite gebracht, an. 879 zum Könige in Provence proclamiren ließ; wie er aber deshalb mit Krieg von Ludovico und Carolomanno überzogen wurde, retirirte er sich nach Arelat, stellete daselbst seine Residenz an, und blieb auch in geruhigem Besitz, indem jene wegen des Einfalles der Normänner in Franckreich, und Rebellion der Lothringer, den Krieg wider Bosonem fortzusetzen verhindert wurden. Weil dieser aber Zeit Lebens zu Arelat lebete, wurd das Reich, so vor diesem Burgundien geheissen, das Arrelatische Königreich genennet. Wiewohl Boso sich niemahlen König zu Arrelat, noch sein Reich selbst dergestalt benahmet. Bosoni succedirte nach seinem Tode ann. 889 sein Sohn Ludovicus, welchen Käyser Arnolphus bestätigte. Dieser Ludovicus wurd zum Käyser und König in Italien wider Berengarium erwehlet, wie er aber das Unglück hatte, daß er von diesem ann. 904 gefangen und geblendet wurde, folgte ihm in der Regierung sein Sohn Carolus Constantinus, dessen Vormund Hugo ein Graf von Arelat war. Es ist aber zu mercken, daß kurtz vorhero Rudolphus ein Graf von Burgund in denen Reichs-Verwirrungen in unterschiedlichen Provincien, als Ober-Elsas, Basel, Sundgaw sc. einen starcken Anhang ihme zu wege gebracht, solche ihm unterworffen, und garden Titul eines Königs von Burgund angenommen hatte; dem Käyser Arnolphus zwar eine Armee entgegen setzte, konte aber nichts sonderliches wider denselben ausrichten, weil Rudolphus sich in die Thäler retirirte; Doch kam er endlich in v. Annal. Berting. ad ann. 855. 856. 859. Conring. de Fin. L. 1. c. 6. §. 2. Annal. Berting. ad an. 863. vid. Conting. de Fin. cap. 7. v. Annal. Berting. ad an. 869. & Annal. Metens. ad d. ann. vid. Annal. Metens. ad ann. 870. Regino ad d. ann. Aimon. L. 5. c. 25. Nithardus Lib. 4. P. AEmil. d. Lib. 3. f. 83. Obrecht. in prodromo Rer. Alsat. Part. 1. c. 6. p. 60. seqq. Conring. d. l. Annal. Berting. ad ann. 872. Regino ad ann. 877. Sigebertus Gamblacensis ad ann. 878. Marianus Scotus ad ann. 876. wiewohl Aimonius Lib. 5. c. 27. meldet, es sey Boso nur zum Gouverneur dahin gesetzet worden. Sigebertus Gamblac. ad ann. 880. Regino ad d. ann. Continuator Aimonii L. 5. c. 39. rus. Annal. Suevic. Lib. 1. Part. 2. c. 1. Conring. de Fin. c. 12. §. 3. Dupuy des droits du Roy de France surplusieurs Estats. p. 344. vid. Aimonii Contin. Lib. 5. c. 39. 40. & 41. Sigebertus ad ann. 880. & seqq. Dupuy d. tr. p. 345. Schurtzfleisch in Disp. de Vet. Regn. Burg. c. 6. §. 3. Schurtzfleisch d. l. Sprenger. Perspicill. p. 278. Schurtzfleisch d. l. in notis. vid. Conring. de Fin. c. 12. §. 4.

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Zitationshilfe: Schweder, Christoph Hermann von: Theatrum Historicum [...] Oder Historischer Schauplatz der Ansprüche und Streitigkeiten Hoher Potentaten. Leipzig, 1712, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweder_theatrum_1712/59>, abgerufen am 18.05.2024.