Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Kurden-Rebellionen. beiden Tigris-Quellarmen im Hauptzuge des kurdischen Taurus,wodurch das eigentliche independente Kurdenthum seit Selims Zeit mehr gegen Osten abgedrängt wurde, wo es noch heute so ziemlich auf eigene Faust schaltet. Die heutige typische Kurdencapitale ist die Stadt Bitlis am 1 v. Moltke, "Briefe über Zustände und Begebenheiten in der Türkei etc.",
255--266, 271--287. Kurden-Rebellionen. beiden Tigris-Quellarmen im Hauptzuge des kurdiſchen Taurus,wodurch das eigentliche independente Kurdenthum ſeit Selims Zeit mehr gegen Oſten abgedrängt wurde, wo es noch heute ſo ziemlich auf eigene Fauſt ſchaltet. Die heutige typiſche Kurdencapitale iſt die Stadt Bitlis am 1 v. Moltke, „Briefe über Zuſtände und Begebenheiten in der Türkei ꝛc.“,
255—266, 271—287. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0141" n="109"/><fw place="top" type="header">Kurden-Rebellionen.</fw><lb/> beiden Tigris-Quellarmen im Hauptzuge des kurdiſchen Taurus,<lb/> wodurch das eigentliche independente Kurdenthum ſeit Selims<lb/> Zeit mehr gegen Oſten abgedrängt wurde, wo es noch heute ſo<lb/> ziemlich auf eigene Fauſt ſchaltet.</p><lb/> <p>Die heutige typiſche Kurdencapitale iſt die Stadt Bitlis am<lb/> öſtlichen Tigris, wie ſchon oben erwähnt, während der letzten<lb/> großen Kurden-Rebellionen deren politiſcher Mittelpunkt. Wenn<lb/> wir hiebei von den „letzten“ Kurdenkriegen ſprechen, ſo bezieht<lb/> ſich dies blos auf das diesbezügliche hiſtoriſche Quellenmaterial <note place="foot" n="1">v. Moltke, „Briefe über Zuſtände und Begebenheiten in der Türkei ꝛc.“,<lb/> 255—266, 271—287.</note>,<lb/> denn Kurden-Rebellionen, ſowie blutige Fehden zwiſchen den<lb/> Bergbewohnern und ihren andersgläubigen Nachbarvölkern, wie<lb/> Armenier, Neſtorianer, Chaldäer und Jacobiten, haben ſich immer<lb/> wiederholt, ſozuſagen von Jahr zu Jahr, doch verhielt ſich die<lb/> türkiſche Berichterſtattung bei ſolch unwillkommenen inneren<lb/> Zwiſchenfällen gegenüber der Außenwelt, zumal der europäiſchen,<lb/> begreiflicherweiſe ſehr reſervirt. Wenn auch Hafiz Paſcha von<lb/> Diarbekr ſich rühmen konnte, in der urwüchſigen Landſchaft<lb/> Bohtan ſämmtliche kurdiſche Raubneſter dem Erd-, oder beſſer<lb/> dem Felsboden gleichgemacht zu haben, ſo bleibt es für die<lb/> eigentlichen Erfolge der Türken bezeichnend genug, daß die zwangs-<lb/> weiſe aſſentirten Kurdenbataillone im türkiſchen Lager durch die<lb/> regulären Truppen ſchärfer bewacht werden mußten, als der<lb/> Feind in den Bergen. Bei der erſten Gelegenheit riſſen ſie zu<lb/> Tauſenden aus und Nachts waren die Lagerwachen gezwungen,<lb/> ſtatt Front gegen den Feind, Front gegen ihre kurdiſchen Kampf-<lb/> genoſſen zu machen, um ſie ſelbſt im Lager ſcharf im Auge zu<lb/> behalten. Die Regierung war ſeitdem, da ſie in dieſer Frage<lb/> nun einmal völlig impotent iſt, klug genug, die Kurden-Con-<lb/> ſcription, wo es nur immer anging, fallen zu laſſen, und die<lb/> Steuern werden unſere „ariſchen Brüder“, ſoweit es ſich um die<lb/> Bergdiſtricte handelt, ſchwerlich ſtark drücken. Mit den Thal-<lb/> kurden verhält ſich dies etwas anders. Sie ſind, wie jedes andere<lb/> Volk des osmaniſchen Reiches, ſeit jeher den brutalen Erpreſſungen<lb/> der Provinz-Bureaukratie ausgeſetzt geweſen, die ſich überall dort<lb/> die fetteſten Biſſen nahm (und nimmt), wo der Kurde zum<lb/> Spaten griff und dem productiven Boden die koſtbare Ernte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0141]
Kurden-Rebellionen.
beiden Tigris-Quellarmen im Hauptzuge des kurdiſchen Taurus,
wodurch das eigentliche independente Kurdenthum ſeit Selims
Zeit mehr gegen Oſten abgedrängt wurde, wo es noch heute ſo
ziemlich auf eigene Fauſt ſchaltet.
Die heutige typiſche Kurdencapitale iſt die Stadt Bitlis am
öſtlichen Tigris, wie ſchon oben erwähnt, während der letzten
großen Kurden-Rebellionen deren politiſcher Mittelpunkt. Wenn
wir hiebei von den „letzten“ Kurdenkriegen ſprechen, ſo bezieht
ſich dies blos auf das diesbezügliche hiſtoriſche Quellenmaterial 1,
denn Kurden-Rebellionen, ſowie blutige Fehden zwiſchen den
Bergbewohnern und ihren andersgläubigen Nachbarvölkern, wie
Armenier, Neſtorianer, Chaldäer und Jacobiten, haben ſich immer
wiederholt, ſozuſagen von Jahr zu Jahr, doch verhielt ſich die
türkiſche Berichterſtattung bei ſolch unwillkommenen inneren
Zwiſchenfällen gegenüber der Außenwelt, zumal der europäiſchen,
begreiflicherweiſe ſehr reſervirt. Wenn auch Hafiz Paſcha von
Diarbekr ſich rühmen konnte, in der urwüchſigen Landſchaft
Bohtan ſämmtliche kurdiſche Raubneſter dem Erd-, oder beſſer
dem Felsboden gleichgemacht zu haben, ſo bleibt es für die
eigentlichen Erfolge der Türken bezeichnend genug, daß die zwangs-
weiſe aſſentirten Kurdenbataillone im türkiſchen Lager durch die
regulären Truppen ſchärfer bewacht werden mußten, als der
Feind in den Bergen. Bei der erſten Gelegenheit riſſen ſie zu
Tauſenden aus und Nachts waren die Lagerwachen gezwungen,
ſtatt Front gegen den Feind, Front gegen ihre kurdiſchen Kampf-
genoſſen zu machen, um ſie ſelbſt im Lager ſcharf im Auge zu
behalten. Die Regierung war ſeitdem, da ſie in dieſer Frage
nun einmal völlig impotent iſt, klug genug, die Kurden-Con-
ſcription, wo es nur immer anging, fallen zu laſſen, und die
Steuern werden unſere „ariſchen Brüder“, ſoweit es ſich um die
Bergdiſtricte handelt, ſchwerlich ſtark drücken. Mit den Thal-
kurden verhält ſich dies etwas anders. Sie ſind, wie jedes andere
Volk des osmaniſchen Reiches, ſeit jeher den brutalen Erpreſſungen
der Provinz-Bureaukratie ausgeſetzt geweſen, die ſich überall dort
die fetteſten Biſſen nahm (und nimmt), wo der Kurde zum
Spaten griff und dem productiven Boden die koſtbare Ernte
1 v. Moltke, „Briefe über Zuſtände und Begebenheiten in der Türkei ꝛc.“,
255—266, 271—287.
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