Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Ueberblick auf Gesammt-Armenien. sonders reich aber ist dieses Gebiet an Mineralschätzen, namentlichan Kupfer, wovon das Bergwerk von Arghana jährlich über 1,000,000 Okka (a 21/4 Pfd.) liefern soll 1, dann an Silber, Blei und Eisen und wahrscheinlich auch an Steinkohlen. Die Berge sind häufig mit dichten Eichenwaldungen bedeckt, und in der Ebene zählt die Pyramidenpappel zu dem gewöhnlichsten Nutzholze. Tiefer hinab herrscht der Oelbaum, daneben der Maulbeer-, der Granat- und der Feigenbaum, endlich die Dattel- palme 2. Mit diesen Repräsentanten haben wir aber die natür- liche Grenzscheide bereits weit überschritten und hiebei viel rascher die eigentliche vorder-asiatische Culturzone erreicht, als wir es vom westlichsten Ende Armeniens aus vermöchten. Hier schließen zu beiden Seiten des Halys noch ungeheuere Strecken mit vor- herrschendem Steppencharakter an die Grenzmark von Siwas an und selbst im Stromgebiete des Sangarius (Sakaria), also in der centralen Plateau-Senkung Anatoliens, würden wir noch keinen Unterschied im Typus der Vegetation, des Landes und der Men- schen finden. Anders an der kurdischen Land- und Völkerscheide. Aus dem oberen Murad-Becken hebt sich das Land unmittelbar zum Hochwalle des Taurus empor, dann fällt es fast stufenförmig zum mesopotamischen Tieflande hinab, also zur subtropischen Culturzone, wie anderseits von den Schneehöhen des pontischen Küstengebirges zum trapezuntisch-colchischen Gartenland und seinen Waldthälern. Hier herrscht die kaspische Riesenrebe, der gewaltige Waldbaum und das mörderische Schlinggewächs, dort der Baum Arabiens, die Palme, "welche ihren Fuß in Feuchtigkeit, ihr Haupt in Sonnenglut badet" 3. Großartiger als alles Uebrige ist im kurdisch-armenischen 1 Consularbericht im Manuscript. 2 Sax, "Türkei", 47. 3 Desor, "Die Sahara", 26.
Ueberblick auf Geſammt-Armenien. ſonders reich aber iſt dieſes Gebiet an Mineralſchätzen, namentlichan Kupfer, wovon das Bergwerk von Arghana jährlich über 1,000,000 Okka (à 2¼ Pfd.) liefern ſoll 1, dann an Silber, Blei und Eiſen und wahrſcheinlich auch an Steinkohlen. Die Berge ſind häufig mit dichten Eichenwaldungen bedeckt, und in der Ebene zählt die Pyramidenpappel zu dem gewöhnlichſten Nutzholze. Tiefer hinab herrſcht der Oelbaum, daneben der Maulbeer-, der Granat- und der Feigenbaum, endlich die Dattel- palme 2. Mit dieſen Repräſentanten haben wir aber die natür- liche Grenzſcheide bereits weit überſchritten und hiebei viel raſcher die eigentliche vorder-aſiatiſche Culturzone erreicht, als wir es vom weſtlichſten Ende Armeniens aus vermöchten. Hier ſchließen zu beiden Seiten des Halys noch ungeheuere Strecken mit vor- herrſchendem Steppencharakter an die Grenzmark von Siwas an und ſelbſt im Stromgebiete des Sangarius (Sakaria), alſo in der centralen Plateau-Senkung Anatoliens, würden wir noch keinen Unterſchied im Typus der Vegetation, des Landes und der Men- ſchen finden. Anders an der kurdiſchen Land- und Völkerſcheide. Aus dem oberen Murad-Becken hebt ſich das Land unmittelbar zum Hochwalle des Taurus empor, dann fällt es faſt ſtufenförmig zum meſopotamiſchen Tieflande hinab, alſo zur ſubtropiſchen Culturzone, wie anderſeits von den Schneehöhen des pontiſchen Küſtengebirges zum trapezuntiſch-colchiſchen Gartenland und ſeinen Waldthälern. Hier herrſcht die kaspiſche Rieſenrebe, der gewaltige Waldbaum und das mörderiſche Schlinggewächs, dort der Baum Arabiens, die Palme, „welche ihren Fuß in Feuchtigkeit, ihr Haupt in Sonnenglut badet“ 3. Großartiger als alles Uebrige iſt im kurdiſch-armeniſchen 1 Conſularbericht im Manuſcript. 2 Sax, „Türkei“, 47. 3 Deſor, „Die Sahara“, 26.
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Ueberblick auf Geſammt-Armenien.
ſonders reich aber iſt dieſes Gebiet an Mineralſchätzen, namentlich
an Kupfer, wovon das Bergwerk von Arghana jährlich über
1,000,000 Okka (à 2¼ Pfd.) liefern ſoll 1, dann an Silber,
Blei und Eiſen und wahrſcheinlich auch an Steinkohlen. Die
Berge ſind häufig mit dichten Eichenwaldungen bedeckt, und in
der Ebene zählt die Pyramidenpappel zu dem gewöhnlichſten
Nutzholze. Tiefer hinab herrſcht der Oelbaum, daneben der
Maulbeer-, der Granat- und der Feigenbaum, endlich die Dattel-
palme 2. Mit dieſen Repräſentanten haben wir aber die natür-
liche Grenzſcheide bereits weit überſchritten und hiebei viel raſcher
die eigentliche vorder-aſiatiſche Culturzone erreicht, als wir es
vom weſtlichſten Ende Armeniens aus vermöchten. Hier ſchließen
zu beiden Seiten des Halys noch ungeheuere Strecken mit vor-
herrſchendem Steppencharakter an die Grenzmark von Siwas an
und ſelbſt im Stromgebiete des Sangarius (Sakaria), alſo in der
centralen Plateau-Senkung Anatoliens, würden wir noch keinen
Unterſchied im Typus der Vegetation, des Landes und der Men-
ſchen finden. Anders an der kurdiſchen Land- und Völkerſcheide.
Aus dem oberen Murad-Becken hebt ſich das Land unmittelbar
zum Hochwalle des Taurus empor, dann fällt es faſt ſtufenförmig
zum meſopotamiſchen Tieflande hinab, alſo zur ſubtropiſchen
Culturzone, wie anderſeits von den Schneehöhen des pontiſchen
Küſtengebirges zum trapezuntiſch-colchiſchen Gartenland und ſeinen
Waldthälern. Hier herrſcht die kaspiſche Rieſenrebe, der gewaltige
Waldbaum und das mörderiſche Schlinggewächs, dort der Baum
Arabiens, die Palme, „welche ihren Fuß in Feuchtigkeit, ihr Haupt
in Sonnenglut badet“ 3.
Großartiger als alles Uebrige iſt im kurdiſch-armeniſchen
Taurus jener gewaltige Eufratdurchbruch, den man gemeinhin die
„Kataraktenſtrecke“ nennt. Sie iſt in ihrem wildeſten Theile
zwanzig Meilen lang und wird die Zahl ihrer Stromſchnellen
innerhalb dieſer verhältnißmäßig kurzen Strecke mit nicht weniger
als Dreihundert angegeben. Schon oberhalb Malatia, dort, wo
der Murad nach einem langwierigen Laufe durch gleichfalls
1 Conſularbericht im Manuſcript.
2 Sax, „Türkei“, 47.
3 Deſor, „Die Sahara“, 26.
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