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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.

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Der russisch-türkische Krieg in Armenien.
der Aufständischen nicht darnach, sie zu Herren der Situation zu
machen. Vollends belanglos blieben die Leistungen Fazly Paschas,
der sich in den Küstenstrichen mit kleinen russischen Abtheilungen
herumschlug und zwar mit ziemlich wechselndem Erfolge.

In der zweiten Hälfte des Mai war Loris-Melikoff mit
dem Centrum der armenischen Invasions-Armee vor Kars ange-
langt und zwischen dem 20. und 24. schritt man zum ersten-
male zu einer heftigeren Beschießung des Platzes. An eine ernst-
liche Action gegen Kars dachte man aber umso weniger, als man die
Gelegenheit nicht versäumen wollte, dem, im vollen Rückzuge auf
Erzerum sich befindlichen Mukhtar Pascha nachzurücken, um ihm
geeigneten Orts eine Schlacht anzubieten. Auf diesem Vormarsche
wurde das Soghanly-Gebirge (Mitte Juni) nahezu anstandslos
überschritten, nachdem es vorher noch gelang, die tscherkessische
Reiterei unter Mussa Pascha durch einen nächtlichen Ueberfall
bei Begli-Achmed nahezu ganz zu vernichten. Mit dem Erscheinen
der Hauptcolonne jenseit des Soghanly-Gebirges waren auch die
Seiten-Detachements in unmittelbarer Nähe eingetroffen, jenes
von Ardaghan bei Olti (am 8. Juni), das Detachement Tergu-
kassoffs bei Seidekhan, wo es alsbald in heftige Gefechte mit dem
rechten Flügel der Truppen Mukhtars verwickelt ward. Der
türkische Marschall selbst hatte, augenscheinlich nach den Dispo-
sitionen seines Generalstabschefs Feizi Pascha (einem ungarischen
Emigranten Namens Kollmann), eine sehr vortheilhafte Stellung
bei Zewin, in den westlichen Vorbergen des Soghanly, genommen
und von dieser Central-Position aus Offensivstöße gewagt, die
allenthalben gelangen. Schon am 14. Juni besetzten die Türken
das verlorene Olti wieder, mußten aber das obere Murad-Becken
nach einem verlorenen Treffen bei Sedekchan und Deli-Baba
vollständig räumen und Anlehnung an den Araxes-Ufern zunächst
Chorassan und Köprüköi suchen. Am 25. endlich schritt Loris-
Melikoff, nachdem kurz zuvor Großfürst Michael auf dem Kriegs-
schauplatze erschienen war, zum allgemeinen Angriff auf die Po-
sition von Zewin, wurde jedoch geschlagen. Mit einem Verluste
von 4000 Mann erfolgte dessen Rückzug über das Soghanly-
Gebirge in der Richtung auf Kars.

Wochen vergingen seit dieser Katastrophe, ohne daß es auf
dem armenischen Kriegsschauplatze zu ernstlichen Zwischenfällen

Der ruſſiſch-türkiſche Krieg in Armenien.
der Aufſtändiſchen nicht darnach, ſie zu Herren der Situation zu
machen. Vollends belanglos blieben die Leiſtungen Fazly Paſchas,
der ſich in den Küſtenſtrichen mit kleinen ruſſiſchen Abtheilungen
herumſchlug und zwar mit ziemlich wechſelndem Erfolge.

In der zweiten Hälfte des Mai war Loris-Melikoff mit
dem Centrum der armeniſchen Invaſions-Armee vor Kars ange-
langt und zwiſchen dem 20. und 24. ſchritt man zum erſten-
male zu einer heftigeren Beſchießung des Platzes. An eine ernſt-
liche Action gegen Kars dachte man aber umſo weniger, als man die
Gelegenheit nicht verſäumen wollte, dem, im vollen Rückzuge auf
Erzerum ſich befindlichen Mukhtar Paſcha nachzurücken, um ihm
geeigneten Orts eine Schlacht anzubieten. Auf dieſem Vormarſche
wurde das Soghanly-Gebirge (Mitte Juni) nahezu anſtandslos
überſchritten, nachdem es vorher noch gelang, die tſcherkeſſiſche
Reiterei unter Muſſa Paſcha durch einen nächtlichen Ueberfall
bei Begli-Achmed nahezu ganz zu vernichten. Mit dem Erſcheinen
der Hauptcolonne jenſeit des Soghanly-Gebirges waren auch die
Seiten-Detachements in unmittelbarer Nähe eingetroffen, jenes
von Ardaghan bei Olti (am 8. Juni), das Detachement Tergu-
kaſſoffs bei Seidekhan, wo es alsbald in heftige Gefechte mit dem
rechten Flügel der Truppen Mukhtars verwickelt ward. Der
türkiſche Marſchall ſelbſt hatte, augenſcheinlich nach den Dispo-
ſitionen ſeines Generalſtabschefs Feizi Paſcha (einem ungariſchen
Emigranten Namens Kollmann), eine ſehr vortheilhafte Stellung
bei Zewin, in den weſtlichen Vorbergen des Soghanly, genommen
und von dieſer Central-Poſition aus Offenſivſtöße gewagt, die
allenthalben gelangen. Schon am 14. Juni beſetzten die Türken
das verlorene Olti wieder, mußten aber das obere Murad-Becken
nach einem verlorenen Treffen bei Sedekchan und Deli-Baba
vollſtändig räumen und Anlehnung an den Araxes-Ufern zunächſt
Choraſſan und Köprüköi ſuchen. Am 25. endlich ſchritt Loris-
Melikoff, nachdem kurz zuvor Großfürſt Michael auf dem Kriegs-
ſchauplatze erſchienen war, zum allgemeinen Angriff auf die Po-
ſition von Zewin, wurde jedoch geſchlagen. Mit einem Verluſte
von 4000 Mann erfolgte deſſen Rückzug über das Soghanly-
Gebirge in der Richtung auf Kars.

Wochen vergingen ſeit dieſer Kataſtrophe, ohne daß es auf
dem armeniſchen Kriegsſchauplatze zu ernſtlichen Zwiſchenfällen

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[XXIII/0027] Der ruſſiſch-türkiſche Krieg in Armenien. der Aufſtändiſchen nicht darnach, ſie zu Herren der Situation zu machen. Vollends belanglos blieben die Leiſtungen Fazly Paſchas, der ſich in den Küſtenſtrichen mit kleinen ruſſiſchen Abtheilungen herumſchlug und zwar mit ziemlich wechſelndem Erfolge. In der zweiten Hälfte des Mai war Loris-Melikoff mit dem Centrum der armeniſchen Invaſions-Armee vor Kars ange- langt und zwiſchen dem 20. und 24. ſchritt man zum erſten- male zu einer heftigeren Beſchießung des Platzes. An eine ernſt- liche Action gegen Kars dachte man aber umſo weniger, als man die Gelegenheit nicht verſäumen wollte, dem, im vollen Rückzuge auf Erzerum ſich befindlichen Mukhtar Paſcha nachzurücken, um ihm geeigneten Orts eine Schlacht anzubieten. Auf dieſem Vormarſche wurde das Soghanly-Gebirge (Mitte Juni) nahezu anſtandslos überſchritten, nachdem es vorher noch gelang, die tſcherkeſſiſche Reiterei unter Muſſa Paſcha durch einen nächtlichen Ueberfall bei Begli-Achmed nahezu ganz zu vernichten. Mit dem Erſcheinen der Hauptcolonne jenſeit des Soghanly-Gebirges waren auch die Seiten-Detachements in unmittelbarer Nähe eingetroffen, jenes von Ardaghan bei Olti (am 8. Juni), das Detachement Tergu- kaſſoffs bei Seidekhan, wo es alsbald in heftige Gefechte mit dem rechten Flügel der Truppen Mukhtars verwickelt ward. Der türkiſche Marſchall ſelbſt hatte, augenſcheinlich nach den Dispo- ſitionen ſeines Generalſtabschefs Feizi Paſcha (einem ungariſchen Emigranten Namens Kollmann), eine ſehr vortheilhafte Stellung bei Zewin, in den weſtlichen Vorbergen des Soghanly, genommen und von dieſer Central-Poſition aus Offenſivſtöße gewagt, die allenthalben gelangen. Schon am 14. Juni beſetzten die Türken das verlorene Olti wieder, mußten aber das obere Murad-Becken nach einem verlorenen Treffen bei Sedekchan und Deli-Baba vollſtändig räumen und Anlehnung an den Araxes-Ufern zunächſt Choraſſan und Köprüköi ſuchen. Am 25. endlich ſchritt Loris- Melikoff, nachdem kurz zuvor Großfürſt Michael auf dem Kriegs- ſchauplatze erſchienen war, zum allgemeinen Angriff auf die Po- ſition von Zewin, wurde jedoch geſchlagen. Mit einem Verluſte von 4000 Mann erfolgte deſſen Rückzug über das Soghanly- Gebirge in der Richtung auf Kars. Wochen vergingen ſeit dieſer Kataſtrophe, ohne daß es auf dem armeniſchen Kriegsſchauplatze zu ernſtlichen Zwiſchenfällen

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878, S. XXIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_armenien_1878/27>, abgerufen am 21.11.2024.