Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Im Ararat-Gebiet. stürmenden Feinden des Ostens, zumal den Persern und Georgiern,später den Russen ausgesetzt war, und denen ein Emporkommen des Platzes begreiflicherweise nicht erwünscht sein konnte. Aber die eigentlichen alten Befestigungen sind hiebei nie vollkommen zerstört worden und die Murad'sche Citadelle, sowie die sieben Bollwerke der "sieben anatolischen Beglerbegs", welche nach orientalischen Autoren jene nach einander errichteten, haben sich bis auf unsere Tage erhalten. Unter den "sieben Bollwerken" dürften indeß nur die bastionartigen Thurmbauten der Enceinte und Verstärkungen der Citadelle gemeint sein, keineswegs aber isolirte Außenwerke, deren es bekanntlich in dem vorletzten russisch- türkischen Kriege eine hinreichende Anzahl gab. Die meisten der starken Forts und detachirten Werke, welche im diesmaligen Kriege sozusagen durch Handstreich dem Eroberer in die Hände fielen, verdankten ihr Entstehen erst der Zeit nach dem Krimkriege, nachdem man infolge der zweimaligen Einnahme des Bollwerkes durch die Russen (1828 und 1855) eingesehen hatte, daß die alten Schutzmittel unzulänglich seien 1. Was Kars als Stadt besonders werthvoll macht, das ist 1 S. "Einleitende Bemerkungen".
Im Ararat-Gebiet. ſtürmenden Feinden des Oſtens, zumal den Perſern und Georgiern,ſpäter den Ruſſen ausgeſetzt war, und denen ein Emporkommen des Platzes begreiflicherweiſe nicht erwünſcht ſein konnte. Aber die eigentlichen alten Befeſtigungen ſind hiebei nie vollkommen zerſtört worden und die Murad’ſche Citadelle, ſowie die ſieben Bollwerke der „ſieben anatoliſchen Beglerbegs“, welche nach orientaliſchen Autoren jene nach einander errichteten, haben ſich bis auf unſere Tage erhalten. Unter den „ſieben Bollwerken“ dürften indeß nur die baſtionartigen Thurmbauten der Enceinte und Verſtärkungen der Citadelle gemeint ſein, keineswegs aber iſolirte Außenwerke, deren es bekanntlich in dem vorletzten ruſſiſch- türkiſchen Kriege eine hinreichende Anzahl gab. Die meiſten der ſtarken Forts und detachirten Werke, welche im diesmaligen Kriege ſozuſagen durch Handſtreich dem Eroberer in die Hände fielen, verdankten ihr Entſtehen erſt der Zeit nach dem Krimkriege, nachdem man infolge der zweimaligen Einnahme des Bollwerkes durch die Ruſſen (1828 und 1855) eingeſehen hatte, daß die alten Schutzmittel unzulänglich ſeien 1. Was Kars als Stadt beſonders werthvoll macht, das iſt 1 S. „Einleitende Bemerkungen“.
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Im Ararat-Gebiet.
ſtürmenden Feinden des Oſtens, zumal den Perſern und Georgiern,
ſpäter den Ruſſen ausgeſetzt war, und denen ein Emporkommen
des Platzes begreiflicherweiſe nicht erwünſcht ſein konnte. Aber
die eigentlichen alten Befeſtigungen ſind hiebei nie vollkommen
zerſtört worden und die Murad’ſche Citadelle, ſowie die ſieben
Bollwerke der „ſieben anatoliſchen Beglerbegs“, welche nach
orientaliſchen Autoren jene nach einander errichteten, haben ſich
bis auf unſere Tage erhalten. Unter den „ſieben Bollwerken“
dürften indeß nur die baſtionartigen Thurmbauten der Enceinte
und Verſtärkungen der Citadelle gemeint ſein, keineswegs aber
iſolirte Außenwerke, deren es bekanntlich in dem vorletzten ruſſiſch-
türkiſchen Kriege eine hinreichende Anzahl gab. Die meiſten der
ſtarken Forts und detachirten Werke, welche im diesmaligen
Kriege ſozuſagen durch Handſtreich dem Eroberer in die Hände
fielen, verdankten ihr Entſtehen erſt der Zeit nach dem Krimkriege,
nachdem man infolge der zweimaligen Einnahme des Bollwerkes
durch die Ruſſen (1828 und 1855) eingeſehen hatte, daß die
alten Schutzmittel unzulänglich ſeien 1.
Was Kars als Stadt beſonders werthvoll macht, das iſt
ſeine günſtige Lage zwiſchen Armenien, Transkaukaſien, Kurdiſtan,
Pontus und Perſien, ein wahrer Handelsknotenpunkt, was zu
erkennen bisher freilich nicht Sache der Pforte war, die bekannt-
lich wenig oder gar keine Thätigkeit auf Intereſſengebieten zu
entwickeln beliebt, die mit der inneren Kräftigung eines Staates
identiſch zu ſein pflegen. Dennoch war Kars auch in den letzten
ruhigen Zeiten ein kleines Schacherbabel des Oſtens, nach welchem
die vielſprachigen Bewohner vom Kaukaſus bis zum Van-See
und von Anatolien bis Khoraſſan, dem „Lande der Sonne“, ihre
geriebenſten Repräſentanten ſendeten. Auch das Land iſt frucht-
barer als ſonſtige Striche Armeniens; ſchwarze Acker-Erde bedeckt
ſelbſt noch die unteren Stufen der die Plateaux begrenzenden
Berge und Kettenzüge, und das Klima zählt, trotz ſeiner conti-
nentalen Extreme, dennoch zu den gemäßigteren der armeniſchen
Hochzonen. Dem Sommer, der Temperatur-Maxima von 35 bis
40 Grad C. aufzuweiſen pflegt, folgt ein verhältnißmäßig längerer
Herbſt und erſt Mitte November fällt Schnee, der im Verlaufe
1 S. „Einleitende Bemerkungen“.
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