Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Armenien. Ein Bild seiner Natur und seiner Bewohner. Jena, 1878.Im Ararat-Gebiet. phage zahlreicher Patriarchen, die in den Jahrhunderten der Be-drängniß von dieser östlichsten Warte des Christenthums aus, die Horden der asiatischen Eroberer vorüberstürmen sahen. Min- der interessant sind die beiden anderen Tempel, Sancta Gaiane und Hripsime, von denen der erstere die leere Gruft der Mär- tyrin enthält. In dem nahen Dorfe Vagharschabad hat sich, wie man sieht, der Name der alten Capitale erhalten, aber der Ort ist heute durch nichts anderes berühmt, als durch den vor- züglichen Wein, der auf den südwärts gekehrten Gebirgsterrassen gedeiht. Dieser Theil Armeniens war eben immerdar, selbst unter der Herrschaft der Perser, die ja durch Hafiz das mos- lemische Gebot der Enthaltsamkeit einigermaßen zu umgehen gelernt hatten, ein hervorragendes Weinland, und die Armenier von Naschitschewan sind beispielsweise nicht wenig von der vermeint- lichen Thatsache erbaut, daß sie in dieselbe Erde ihre Reben pflanzen, die schon dem Altvater Noah das köstliche Gewächs gedeihen ließ. Der gute Tropfen, die altersgrauen Kirchen- bauten von Etschmiatsin und einige hundert alte Manuscripte in Mesrops hieroglyphenartiger Schrift, welche in der Klosterbiblio- thek gehütet werden, scheinen sonach das einzige Erbe zu sein, das Alt-Armenien dem lebenden Geschlechte hinterlassen hat. Im Ararat-Gebiet. phage zahlreicher Patriarchen, die in den Jahrhunderten der Be-drängniß von dieſer öſtlichſten Warte des Chriſtenthums aus, die Horden der aſiatiſchen Eroberer vorüberſtürmen ſahen. Min- der intereſſant ſind die beiden anderen Tempel, Sancta Gaiane und Hripſime, von denen der erſtere die leere Gruft der Mär- tyrin enthält. In dem nahen Dorfe Vagharſchabad hat ſich, wie man ſieht, der Name der alten Capitale erhalten, aber der Ort iſt heute durch nichts anderes berühmt, als durch den vor- züglichen Wein, der auf den ſüdwärts gekehrten Gebirgsterraſſen gedeiht. Dieſer Theil Armeniens war eben immerdar, ſelbſt unter der Herrſchaft der Perſer, die ja durch Hafiz das mos- lemiſche Gebot der Enthaltſamkeit einigermaßen zu umgehen gelernt hatten, ein hervorragendes Weinland, und die Armenier von Naſchitſchewan ſind beiſpielsweiſe nicht wenig von der vermeint- lichen Thatſache erbaut, daß ſie in dieſelbe Erde ihre Reben pflanzen, die ſchon dem Altvater Noah das köſtliche Gewächs gedeihen ließ. Der gute Tropfen, die altersgrauen Kirchen- bauten von Etſchmiatſin und einige hundert alte Manuſcripte in Mesrops hieroglyphenartiger Schrift, welche in der Kloſterbiblio- thek gehütet werden, ſcheinen ſonach das einzige Erbe zu ſein, das Alt-Armenien dem lebenden Geſchlechte hinterlaſſen hat. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="42"/><fw place="top" type="header">Im Ararat-Gebiet.</fw><lb/> phage zahlreicher Patriarchen, die in den Jahrhunderten der Be-<lb/> drängniß von dieſer öſtlichſten Warte des Chriſtenthums aus,<lb/> die Horden der aſiatiſchen Eroberer vorüberſtürmen ſahen. Min-<lb/> der intereſſant ſind die beiden anderen Tempel, Sancta Gaiane<lb/> und Hripſime, von denen der erſtere die leere Gruft der Mär-<lb/> tyrin enthält. In dem nahen Dorfe Vagharſchabad hat ſich,<lb/> wie man ſieht, der Name der alten Capitale erhalten, aber der<lb/> Ort iſt heute durch nichts anderes berühmt, als durch den vor-<lb/> züglichen Wein, der auf den ſüdwärts gekehrten Gebirgsterraſſen<lb/> gedeiht. Dieſer Theil Armeniens war eben immerdar, ſelbſt<lb/> unter der Herrſchaft der Perſer, die ja durch Hafiz das mos-<lb/> lemiſche Gebot der Enthaltſamkeit einigermaßen zu umgehen gelernt<lb/> hatten, ein hervorragendes Weinland, und die Armenier von<lb/> Naſchitſchewan ſind beiſpielsweiſe nicht wenig von der vermeint-<lb/> lichen Thatſache erbaut, daß ſie in dieſelbe Erde ihre Reben<lb/> pflanzen, die ſchon dem Altvater Noah das köſtliche Gewächs<lb/> gedeihen ließ. Der gute Tropfen, die altersgrauen Kirchen-<lb/> bauten von Etſchmiatſin und einige hundert alte Manuſcripte in<lb/> Mesrops hieroglyphenartiger Schrift, welche in der Kloſterbiblio-<lb/> thek gehütet werden, ſcheinen ſonach das einzige Erbe zu ſein,<lb/> das Alt-Armenien dem lebenden Geſchlechte hinterlaſſen hat.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </body> </text> </TEI> [42/0074]
Im Ararat-Gebiet.
phage zahlreicher Patriarchen, die in den Jahrhunderten der Be-
drängniß von dieſer öſtlichſten Warte des Chriſtenthums aus,
die Horden der aſiatiſchen Eroberer vorüberſtürmen ſahen. Min-
der intereſſant ſind die beiden anderen Tempel, Sancta Gaiane
und Hripſime, von denen der erſtere die leere Gruft der Mär-
tyrin enthält. In dem nahen Dorfe Vagharſchabad hat ſich,
wie man ſieht, der Name der alten Capitale erhalten, aber der
Ort iſt heute durch nichts anderes berühmt, als durch den vor-
züglichen Wein, der auf den ſüdwärts gekehrten Gebirgsterraſſen
gedeiht. Dieſer Theil Armeniens war eben immerdar, ſelbſt
unter der Herrſchaft der Perſer, die ja durch Hafiz das mos-
lemiſche Gebot der Enthaltſamkeit einigermaßen zu umgehen gelernt
hatten, ein hervorragendes Weinland, und die Armenier von
Naſchitſchewan ſind beiſpielsweiſe nicht wenig von der vermeint-
lichen Thatſache erbaut, daß ſie in dieſelbe Erde ihre Reben
pflanzen, die ſchon dem Altvater Noah das köſtliche Gewächs
gedeihen ließ. Der gute Tropfen, die altersgrauen Kirchen-
bauten von Etſchmiatſin und einige hundert alte Manuſcripte in
Mesrops hieroglyphenartiger Schrift, welche in der Kloſterbiblio-
thek gehütet werden, ſcheinen ſonach das einzige Erbe zu ſein,
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