Brennmaterial ins Gewicht. Wird phosphorreiches Roheisen verwendet, so erzielt man eine phosphorreiche Schlacke -- die einen höheren Phosphorsäuregehalt als gewöhnliche Thomasschlacke hat -- als werthvolles Nebenproduct.
Wenn wir zum Schlusse noch einen Ueberblick auf den heutigen Stand der Flußeisenerzeugung werfen, so geschieht es, weil auf dem Gebiete der Eisen- technik kein Zweig innerhalb so kurzer Zeit eine ähnliche sprunghafte Entwicklung genommen hat wie jener. Schon der Bessemerproceß war das Signal zu einem völligen Umschwung im Eisenhüttenwesen, worauf schon das ungeheuere Aufsehen, welches dasselbe seinerzeit machte, hinweist.
Da trat nach wenigen Jahren das Siemens-Martinverfahren auf den Schau- platz und nun blühte auch dem Herdverfahren, das anfangs durch die Converter-
[Abbildung]
Fig. 65.
Bertrand-Thiel-Ofen.
processe noch beiseite gedrückt wurde, eine glänzende Zukunft. Zunächst traten die sauere Bessemerbirne und der gleichfalls sauere Martin-Siemens'sche Herdofen in nähere Beziehungen zu einander. Das war Anfangs der Siebzigerjahre, mit der Gründung der ersten Anlage dieser Art in Deutschland, dem Borsigwerk. Gleich- wohl behielt das Puddeleisen seinen hohen früheren Werth, und mancher Er- zeugnisse (z. B. Kesselbleche) konnte das neue Verfahren sich nicht bemächtigen.
In eine neue Phase trat die Fabrikation des Flußeisens, als durch Thomas- Gilchrist der basische Proceß fast gleichzeitig für den Converter und den Flamm- ofen Anwendung fand, wodurch die Erzeugung von Flußeisen jene an Schweißeisen bald überflügelte. Flußmetall erzeugte beispielsweise Deutschland im Jahre 1865 noch nicht ganz 100.000 Tonnen, 1875 bereits rund 347.000, nach weiteren zehn Jahren 893.000, und nach abermals zehn Jahren 2,830.000 Tonnen. Im Jahre
Dritter Abſchnitt.
Brennmaterial ins Gewicht. Wird phosphorreiches Roheiſen verwendet, ſo erzielt man eine phosphorreiche Schlacke — die einen höheren Phosphorſäuregehalt als gewöhnliche Thomasſchlacke hat — als werthvolles Nebenproduct.
Wenn wir zum Schluſſe noch einen Ueberblick auf den heutigen Stand der Flußeiſenerzeugung werfen, ſo geſchieht es, weil auf dem Gebiete der Eiſen- technik kein Zweig innerhalb ſo kurzer Zeit eine ähnliche ſprunghafte Entwicklung genommen hat wie jener. Schon der Beſſemerproceß war das Signal zu einem völligen Umſchwung im Eiſenhüttenweſen, worauf ſchon das ungeheuere Aufſehen, welches dasſelbe ſeinerzeit machte, hinweiſt.
Da trat nach wenigen Jahren das Siemens-Martinverfahren auf den Schau- platz und nun blühte auch dem Herdverfahren, das anfangs durch die Converter-
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Fig. 65.
Bertrand-Thiel-Ofen.
proceſſe noch beiſeite gedrückt wurde, eine glänzende Zukunft. Zunächſt traten die ſauere Beſſemerbirne und der gleichfalls ſauere Martin-Siemens'ſche Herdofen in nähere Beziehungen zu einander. Das war Anfangs der Siebzigerjahre, mit der Gründung der erſten Anlage dieſer Art in Deutſchland, dem Borſigwerk. Gleich- wohl behielt das Puddeleiſen ſeinen hohen früheren Werth, und mancher Er- zeugniſſe (z. B. Keſſelbleche) konnte das neue Verfahren ſich nicht bemächtigen.
In eine neue Phaſe trat die Fabrikation des Flußeiſens, als durch Thomas- Gilchriſt der baſiſche Proceß faſt gleichzeitig für den Converter und den Flamm- ofen Anwendung fand, wodurch die Erzeugung von Flußeiſen jene an Schweißeiſen bald überflügelte. Flußmetall erzeugte beiſpielsweiſe Deutſchland im Jahre 1865 noch nicht ganz 100.000 Tonnen, 1875 bereits rund 347.000, nach weiteren zehn Jahren 893.000, und nach abermals zehn Jahren 2,830.000 Tonnen. Im Jahre
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Dritter Abſchnitt.
Brennmaterial ins Gewicht. Wird phosphorreiches Roheiſen verwendet, ſo erzielt
man eine phosphorreiche Schlacke — die einen höheren Phosphorſäuregehalt als
gewöhnliche Thomasſchlacke hat — als werthvolles Nebenproduct.
Wenn wir zum Schluſſe noch einen Ueberblick auf den heutigen Stand der
Flußeiſenerzeugung werfen, ſo geſchieht es, weil auf dem Gebiete der Eiſen-
technik kein Zweig innerhalb ſo kurzer Zeit eine ähnliche ſprunghafte Entwicklung
genommen hat wie jener. Schon der Beſſemerproceß war das Signal zu einem
völligen Umſchwung im Eiſenhüttenweſen, worauf ſchon das ungeheuere Aufſehen,
welches dasſelbe ſeinerzeit machte, hinweiſt.
Da trat nach wenigen Jahren das Siemens-Martinverfahren auf den Schau-
platz und nun blühte auch dem Herdverfahren, das anfangs durch die Converter-
[Abbildung Fig. 65. Bertrand-Thiel-Ofen.]
proceſſe noch beiſeite gedrückt wurde, eine glänzende Zukunft. Zunächſt traten die
ſauere Beſſemerbirne und der gleichfalls ſauere Martin-Siemens'ſche Herdofen
in nähere Beziehungen zu einander. Das war Anfangs der Siebzigerjahre, mit der
Gründung der erſten Anlage dieſer Art in Deutſchland, dem Borſigwerk. Gleich-
wohl behielt das Puddeleiſen ſeinen hohen früheren Werth, und mancher Er-
zeugniſſe (z. B. Keſſelbleche) konnte das neue Verfahren ſich nicht bemächtigen.
In eine neue Phaſe trat die Fabrikation des Flußeiſens, als durch Thomas-
Gilchriſt der baſiſche Proceß faſt gleichzeitig für den Converter und den Flamm-
ofen Anwendung fand, wodurch die Erzeugung von Flußeiſen jene an Schweißeiſen
bald überflügelte. Flußmetall erzeugte beiſpielsweiſe Deutſchland im Jahre 1865
noch nicht ganz 100.000 Tonnen, 1875 bereits rund 347.000, nach weiteren zehn
Jahren 893.000, und nach abermals zehn Jahren 2,830.000 Tonnen. Im Jahre
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/102>, abgerufen am 21.11.2024.
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