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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Vierter Abschnitt.
das Modell stehen bleibt und die Formplatte aufsteigt. Die Formränder stützen sich
diesfalls auf die Formplatte und bleiben dadurch intact. Nach dem Abheben der
Form, nach dem Aufsetzen eines neuen Formkastens, dem sein Platz durch Anschlags-
leisten oder Stifte genau angewiesen ist, steigt das Modell wieder in die Höhe und
das Einformen kann wieder beginnen. Bei kleinen Artikeln (z. B. Nägeln) wird
häufig eine gleiche Anzahl Modelle rechenartig vereinigt und auf einmal mit den
Zuflußverzweigungen abgeformt. Schraubenmodelle müssen aus der Sandform aus-
geschraubt, sie können nicht ausgehoben werden.

Den Räderformmaschinen kommt der Vorzug äußerst genauer Arbeit und der
Ersparung theurer Modelle zu. Dazu kommt, daß letztere nach vielfachem Gebrauche
[Abbildung] Fig. 69.

Formguß.

ihre Form merklich verändern. Zahnräder aber, mit
genau gleichmäßiger Theilung und durchaus über-
einstimmenden Zähnen, sind nach Modellen über-
haupt nicht herzustellen. Die besten Resultate geben
solche Formmaschinen, welche nur mit einem kleinen
Theile des Modells -- z. B. mit nur zwei Zähnen
-- arbeiten, beanspruchen aber einen höheren Auf-
wand für Formenlohn.

Bei Anwendung der Schablone an Stelle des
Modells wird zuerst der Kern -- der zur Aus-
bildung der Innengestalt von Hohlkörpern dienende
Formtheil -- hergestellt. Es ist hierbei hauptsächlich
auf Ersparung von Gußmaterial und auf möglichste
Leichtigkeit des Gußstückes Rücksicht zu nehmen.
Daß man zum Zwecke des Tragens für Säulen
und Balken den Hohlguß vorzieht, liegt in der
mechanisch wohlbegründeten Thatsache, daß besonders der gegen die Längsachse
gerichtete seitliche Druck besser ertragen wird, wenn dasselbe Materialgewicht an
der Peripherie als um die Achse angehäuft ist, wovon die Knochen der Thiere und
die hohlen Stengel der Pflanzen überzeugende Beweise liefern.

Ist der Kern fertiggestellt, so wird er getrocknet, geschwärzt und abermals
getrocknet. Dann bildet der Former mittelst der Schablone über diesen Kern aus
Lehm einen Körper, der genau die Gestalt des Gußstückes hat, trocknet, schwärzt
und trocknet abermals und führt endlich um das Ganze einen Mantel auf,
dessen Innenfläche zu einem genauen Abbilde der Außengestalt des Gußstückes
wird. Sobald der Mantel getrocknet wird, hebt man ihn ab, schlägt hierauf den
über dem Kern sitzenden Lehmkörper ("falsche Eisenstärke") in Stücke und bringt
den Mantel wieder darüber.

Bei allen Formgüssen muß das zum Einschmelzen benützte Material genügend
dünnflüssig sein, damit es durch sein Gewicht allein die Form an allen Punkten
ausfüllt. Das graue Gußeisen ist vor dem Weißeisen durch den hohen Grad von

Vierter Abſchnitt.
das Modell ſtehen bleibt und die Formplatte aufſteigt. Die Formränder ſtützen ſich
diesfalls auf die Formplatte und bleiben dadurch intact. Nach dem Abheben der
Form, nach dem Aufſetzen eines neuen Formkaſtens, dem ſein Platz durch Anſchlags-
leiſten oder Stifte genau angewieſen iſt, ſteigt das Modell wieder in die Höhe und
das Einformen kann wieder beginnen. Bei kleinen Artikeln (z. B. Nägeln) wird
häufig eine gleiche Anzahl Modelle rechenartig vereinigt und auf einmal mit den
Zuflußverzweigungen abgeformt. Schraubenmodelle müſſen aus der Sandform aus-
geſchraubt, ſie können nicht ausgehoben werden.

Den Räderformmaſchinen kommt der Vorzug äußerſt genauer Arbeit und der
Erſparung theurer Modelle zu. Dazu kommt, daß letztere nach vielfachem Gebrauche
[Abbildung] Fig. 69.

Formguß.

ihre Form merklich verändern. Zahnräder aber, mit
genau gleichmäßiger Theilung und durchaus über-
einſtimmenden Zähnen, ſind nach Modellen über-
haupt nicht herzuſtellen. Die beſten Reſultate geben
ſolche Formmaſchinen, welche nur mit einem kleinen
Theile des Modells — z. B. mit nur zwei Zähnen
— arbeiten, beanſpruchen aber einen höheren Auf-
wand für Formenlohn.

Bei Anwendung der Schablone an Stelle des
Modells wird zuerſt der Kern — der zur Aus-
bildung der Innengeſtalt von Hohlkörpern dienende
Formtheil — hergeſtellt. Es iſt hierbei hauptſächlich
auf Erſparung von Gußmaterial und auf möglichſte
Leichtigkeit des Gußſtückes Rückſicht zu nehmen.
Daß man zum Zwecke des Tragens für Säulen
und Balken den Hohlguß vorzieht, liegt in der
mechaniſch wohlbegründeten Thatſache, daß beſonders der gegen die Längsachſe
gerichtete ſeitliche Druck beſſer ertragen wird, wenn dasſelbe Materialgewicht an
der Peripherie als um die Achſe angehäuft iſt, wovon die Knochen der Thiere und
die hohlen Stengel der Pflanzen überzeugende Beweiſe liefern.

Iſt der Kern fertiggeſtellt, ſo wird er getrocknet, geſchwärzt und abermals
getrocknet. Dann bildet der Former mittelſt der Schablone über dieſen Kern aus
Lehm einen Körper, der genau die Geſtalt des Gußſtückes hat, trocknet, ſchwärzt
und trocknet abermals und führt endlich um das Ganze einen Mantel auf,
deſſen Innenfläche zu einem genauen Abbilde der Außengeſtalt des Gußſtückes
wird. Sobald der Mantel getrocknet wird, hebt man ihn ab, ſchlägt hierauf den
über dem Kern ſitzenden Lehmkörper (»falſche Eiſenſtärke«) in Stücke und bringt
den Mantel wieder darüber.

Bei allen Formgüſſen muß das zum Einſchmelzen benützte Material genügend
dünnflüſſig ſein, damit es durch ſein Gewicht allein die Form an allen Punkten
ausfüllt. Das graue Gußeiſen iſt vor dem Weißeiſen durch den hohen Grad von

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[86/0108] Vierter Abſchnitt. das Modell ſtehen bleibt und die Formplatte aufſteigt. Die Formränder ſtützen ſich diesfalls auf die Formplatte und bleiben dadurch intact. Nach dem Abheben der Form, nach dem Aufſetzen eines neuen Formkaſtens, dem ſein Platz durch Anſchlags- leiſten oder Stifte genau angewieſen iſt, ſteigt das Modell wieder in die Höhe und das Einformen kann wieder beginnen. Bei kleinen Artikeln (z. B. Nägeln) wird häufig eine gleiche Anzahl Modelle rechenartig vereinigt und auf einmal mit den Zuflußverzweigungen abgeformt. Schraubenmodelle müſſen aus der Sandform aus- geſchraubt, ſie können nicht ausgehoben werden. Den Räderformmaſchinen kommt der Vorzug äußerſt genauer Arbeit und der Erſparung theurer Modelle zu. Dazu kommt, daß letztere nach vielfachem Gebrauche [Abbildung Fig. 69. Formguß.] ihre Form merklich verändern. Zahnräder aber, mit genau gleichmäßiger Theilung und durchaus über- einſtimmenden Zähnen, ſind nach Modellen über- haupt nicht herzuſtellen. Die beſten Reſultate geben ſolche Formmaſchinen, welche nur mit einem kleinen Theile des Modells — z. B. mit nur zwei Zähnen — arbeiten, beanſpruchen aber einen höheren Auf- wand für Formenlohn. Bei Anwendung der Schablone an Stelle des Modells wird zuerſt der Kern — der zur Aus- bildung der Innengeſtalt von Hohlkörpern dienende Formtheil — hergeſtellt. Es iſt hierbei hauptſächlich auf Erſparung von Gußmaterial und auf möglichſte Leichtigkeit des Gußſtückes Rückſicht zu nehmen. Daß man zum Zwecke des Tragens für Säulen und Balken den Hohlguß vorzieht, liegt in der mechaniſch wohlbegründeten Thatſache, daß beſonders der gegen die Längsachſe gerichtete ſeitliche Druck beſſer ertragen wird, wenn dasſelbe Materialgewicht an der Peripherie als um die Achſe angehäuft iſt, wovon die Knochen der Thiere und die hohlen Stengel der Pflanzen überzeugende Beweiſe liefern. Iſt der Kern fertiggeſtellt, ſo wird er getrocknet, geſchwärzt und abermals getrocknet. Dann bildet der Former mittelſt der Schablone über dieſen Kern aus Lehm einen Körper, der genau die Geſtalt des Gußſtückes hat, trocknet, ſchwärzt und trocknet abermals und führt endlich um das Ganze einen Mantel auf, deſſen Innenfläche zu einem genauen Abbilde der Außengeſtalt des Gußſtückes wird. Sobald der Mantel getrocknet wird, hebt man ihn ab, ſchlägt hierauf den über dem Kern ſitzenden Lehmkörper (»falſche Eiſenſtärke«) in Stücke und bringt den Mantel wieder darüber. Bei allen Formgüſſen muß das zum Einſchmelzen benützte Material genügend dünnflüſſig ſein, damit es durch ſein Gewicht allein die Form an allen Punkten ausfüllt. Das graue Gußeiſen iſt vor dem Weißeiſen durch den hohen Grad von

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/108>, abgerufen am 09.11.2024.