Hämmer. Die erstere Anordnung bewirkt hohen Hub und raschen Gang, doch ist der Zugang zum Amboß erschwert; beim Brusthammer wird durch die Hebe- wirkung der Hub größer, der Amboß ist zugänglicher, aber es darf kein zu schwerer Hammerkopf benützt werden. Die bequemste Anordnung ist die des Schwanz- hammers, doch wird hier der Stiel stark beansprucht. Es werden daher nur leichte Hämmer mit schnellen Schlägen als Schwanzhämmer construirt. Die Stielhämmer sind selbst aus den Puddelwerken noch nicht verdrängt worden und sie entsprechen auch völlig, wenn es sich nicht um Bearbeitung zu schwerer Luppen handelt. Zum Bearbeiten der großen Luppen, zum Schweißen schwerer Packete für die Blechherstellung, zum Dichten von Flußeisenblöcken und zur Erzeu- gung der ungeheueren Schmiedestücke, wie sie Maschinen- und Schiffbau der Gegen- wart erfordern, ist die Wirkung der Stielhämmer durchaus unzureichend. Es treten dann die Dampfhämmer an ihre Stelle.
Anfangs der Vierzigerjahre hatten die Erbauer des später geheimnißvoll und spurlos verschwundenen großen Dampfschiffes "Präsident" bei der größten Schmiede- werkstatt Englands, zu Patrierost, Schmiedestücke von bis dahin unbekannten Dimen- sionen bestellt. Statt den Auftrag als unausführbar von der Hand zu weisen, hatte der Besitzer dieser Werkstatt, einer der genialsten Techniker, welchen die Industrie aufzuweisen hat -- James Nasmyth -- sich mit seinem nicht minder begabten Chef-Constructeur Wilson daran gemacht, eine Vorrichtung zu erdenken, durch welche die Ausführung des unerhörten und scheinbar unmöglichen Auftrages dennoch möglich gemacht würde. Sie machten sich an die Arbeit und führten sie nach Ueberwindung unglaublicher Schwierigkeiten zu Ende. ... So ward der Dampfhammer erfunden.
James Nasmyth liebte es, sich den "ersten Schmied der Welt" zu nennen. Seine ganze Individualität entsprach dieser Bezeichnung. M. M. v. Weber er- zählt als eigenes Erlebniß den folgenden, für den selbstbewußten Engländer so charakteristischen Zwischenfall.
Kaiser Nikolaus von Rußland bereiste damals England und äußerte den Wunsch, auch die Hammerwerke von Patrierost kennen zu lernen. ... Der eisen- köpfige, freiherzige Alt-Englands-Mann James Nasmyth hatte schon lange vorher widerwillig den Kopf geschüttelt und von "Bedientendienst beim moskowitischen Tyrannen" gesprochen, wenn von diesem Besuche die Rede war. Und er traute seinen Augen und Ohren nicht, als eines Sonntags Morgens ein Adjutant und Kammerherr des Kaisers vor die in tiefster englischer Sabbathruhe liegende Fabrik und sein Wohnhaus fuhr, sich durch einen vorausgeschickten Jäger laut als Fürst K ..... anmelden ließ, sporenklirrend zu ihm emporstieg, von einem Diener gefolgt ins Zimmer trat und den Besuch des Kaisers für den Nachmittag ankündigte. Dabei hatte der Hofmann erst beim Eintritte in das Haus die Cigarette weg- geworfen und die Atmosphäre derselben in Nasmyth's Salon mitgebracht.
Dem Meister war über alles dies schon der Kamm geschwollen und er hatte mit nur mühsam behaupteter Ruhe geäußert, daß ihm leid thue, wenn der Kaiser
Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 7
Formgebungsarbeiten.
Hämmer. Die erſtere Anordnung bewirkt hohen Hub und raſchen Gang, doch iſt der Zugang zum Amboß erſchwert; beim Bruſthammer wird durch die Hebe- wirkung der Hub größer, der Amboß iſt zugänglicher, aber es darf kein zu ſchwerer Hammerkopf benützt werden. Die bequemſte Anordnung iſt die des Schwanz- hammers, doch wird hier der Stiel ſtark beanſprucht. Es werden daher nur leichte Hämmer mit ſchnellen Schlägen als Schwanzhämmer conſtruirt. Die Stielhämmer ſind ſelbſt aus den Puddelwerken noch nicht verdrängt worden und ſie entſprechen auch völlig, wenn es ſich nicht um Bearbeitung zu ſchwerer Luppen handelt. Zum Bearbeiten der großen Luppen, zum Schweißen ſchwerer Packete für die Blechherſtellung, zum Dichten von Flußeiſenblöcken und zur Erzeu- gung der ungeheueren Schmiedeſtücke, wie ſie Maſchinen- und Schiffbau der Gegen- wart erfordern, iſt die Wirkung der Stielhämmer durchaus unzureichend. Es treten dann die Dampfhämmer an ihre Stelle.
Anfangs der Vierzigerjahre hatten die Erbauer des ſpäter geheimnißvoll und ſpurlos verſchwundenen großen Dampfſchiffes »Präſident« bei der größten Schmiede- werkſtatt Englands, zu Patrieroſt, Schmiedeſtücke von bis dahin unbekannten Dimen- ſionen beſtellt. Statt den Auftrag als unausführbar von der Hand zu weiſen, hatte der Beſitzer dieſer Werkſtatt, einer der genialſten Techniker, welchen die Induſtrie aufzuweiſen hat — James Naſmyth — ſich mit ſeinem nicht minder begabten Chef-Conſtructeur Wilſon daran gemacht, eine Vorrichtung zu erdenken, durch welche die Ausführung des unerhörten und ſcheinbar unmöglichen Auftrages dennoch möglich gemacht würde. Sie machten ſich an die Arbeit und führten ſie nach Ueberwindung unglaublicher Schwierigkeiten zu Ende. ... So ward der Dampfhammer erfunden.
James Naſmyth liebte es, ſich den »erſten Schmied der Welt« zu nennen. Seine ganze Individualität entſprach dieſer Bezeichnung. M. M. v. Weber er- zählt als eigenes Erlebniß den folgenden, für den ſelbſtbewußten Engländer ſo charakteriſtiſchen Zwiſchenfall.
Kaiſer Nikolaus von Rußland bereiſte damals England und äußerte den Wunſch, auch die Hammerwerke von Patrieroſt kennen zu lernen. ... Der eiſen- köpfige, freiherzige Alt-Englands-Mann James Naſmyth hatte ſchon lange vorher widerwillig den Kopf geſchüttelt und von »Bedientendienſt beim moskowitiſchen Tyrannen« geſprochen, wenn von dieſem Beſuche die Rede war. Und er traute ſeinen Augen und Ohren nicht, als eines Sonntags Morgens ein Adjutant und Kammerherr des Kaiſers vor die in tiefſter engliſcher Sabbathruhe liegende Fabrik und ſein Wohnhaus fuhr, ſich durch einen vorausgeſchickten Jäger laut als Fürſt K ..... anmelden ließ, ſporenklirrend zu ihm emporſtieg, von einem Diener gefolgt ins Zimmer trat und den Beſuch des Kaiſers für den Nachmittag ankündigte. Dabei hatte der Hofmann erſt beim Eintritte in das Haus die Cigarette weg- geworfen und die Atmoſphäre derſelben in Naſmyth's Salon mitgebracht.
Dem Meiſter war über alles dies ſchon der Kamm geſchwollen und er hatte mit nur mühſam behaupteter Ruhe geäußert, daß ihm leid thue, wenn der Kaiſer
Schweiger-Lerchenfeld. Im Reiche der Cyklopen. 7
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Formgebungsarbeiten.
Hämmer. Die erſtere Anordnung bewirkt hohen Hub und raſchen Gang, doch iſt
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wirkung der Hub größer, der Amboß iſt zugänglicher, aber es darf kein zu ſchwerer
Hammerkopf benützt werden. Die bequemſte Anordnung iſt die des Schwanz-
hammers, doch wird hier der Stiel ſtark beanſprucht. Es werden daher nur leichte
Hämmer mit ſchnellen Schlägen als Schwanzhämmer conſtruirt.
Die Stielhämmer ſind ſelbſt aus den Puddelwerken noch nicht verdrängt
worden und ſie entſprechen auch völlig, wenn es ſich nicht um Bearbeitung zu
ſchwerer Luppen handelt. Zum Bearbeiten der großen Luppen, zum Schweißen ſchwerer
Packete für die Blechherſtellung, zum Dichten von Flußeiſenblöcken und zur Erzeu-
gung der ungeheueren Schmiedeſtücke, wie ſie Maſchinen- und Schiffbau der Gegen-
wart erfordern, iſt die Wirkung der Stielhämmer durchaus unzureichend. Es treten
dann die Dampfhämmer an ihre Stelle.
Anfangs der Vierzigerjahre hatten die Erbauer des ſpäter geheimnißvoll und
ſpurlos verſchwundenen großen Dampfſchiffes »Präſident« bei der größten Schmiede-
werkſtatt Englands, zu Patrieroſt, Schmiedeſtücke von bis dahin unbekannten Dimen-
ſionen beſtellt. Statt den Auftrag als unausführbar von der Hand zu weiſen, hatte
der Beſitzer dieſer Werkſtatt, einer der genialſten Techniker, welchen die Induſtrie
aufzuweiſen hat — James Naſmyth — ſich mit ſeinem nicht minder begabten
Chef-Conſtructeur Wilſon daran gemacht, eine Vorrichtung zu erdenken, durch welche
die Ausführung des unerhörten und ſcheinbar unmöglichen Auftrages dennoch möglich
gemacht würde. Sie machten ſich an die Arbeit und führten ſie nach Ueberwindung
unglaublicher Schwierigkeiten zu Ende. ... So ward der Dampfhammer erfunden.
James Naſmyth liebte es, ſich den »erſten Schmied der Welt« zu nennen.
Seine ganze Individualität entſprach dieſer Bezeichnung. M. M. v. Weber er-
zählt als eigenes Erlebniß den folgenden, für den ſelbſtbewußten Engländer ſo
charakteriſtiſchen Zwiſchenfall.
Kaiſer Nikolaus von Rußland bereiſte damals England und äußerte den
Wunſch, auch die Hammerwerke von Patrieroſt kennen zu lernen. ... Der eiſen-
köpfige, freiherzige Alt-Englands-Mann James Naſmyth hatte ſchon lange vorher
widerwillig den Kopf geſchüttelt und von »Bedientendienſt beim moskowitiſchen
Tyrannen« geſprochen, wenn von dieſem Beſuche die Rede war. Und er traute
ſeinen Augen und Ohren nicht, als eines Sonntags Morgens ein Adjutant und
Kammerherr des Kaiſers vor die in tiefſter engliſcher Sabbathruhe liegende Fabrik
und ſein Wohnhaus fuhr, ſich durch einen vorausgeſchickten Jäger laut als Fürſt
K ..... anmelden ließ, ſporenklirrend zu ihm emporſtieg, von einem Diener gefolgt
ins Zimmer trat und den Beſuch des Kaiſers für den Nachmittag ankündigte.
Dabei hatte der Hofmann erſt beim Eintritte in das Haus die Cigarette weg-
geworfen und die Atmoſphäre derſelben in Naſmyth's Salon mitgebracht.
Dem Meiſter war über alles dies ſchon der Kamm geſchwollen und er hatte
mit nur mühſam behaupteter Ruhe geäußert, daß ihm leid thue, wenn der Kaiſer
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/119>, abgerufen am 21.11.2024.
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