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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Vierter Abschnitt.
widerstandsfähig gemacht werden. Dennoch ist nicht zu verhüten, daß die feinsten
Löcher des Zieheisens sich mit der Zeit etwas erweitern. Sie werden durch Klopfen
wieder verengt. Außerdem benützt man Schmiermittel, indem man den Draht vor
dem Zieheisen über einen mit Oel befeuchteten Lappen leitet, oder an das Eisen
einen Talgklumpen anklebt. Bei Eisendrähten wird auch das Durchführen durch
eine schwach angesäuerte Kupfervitriollösung mitunter angewendet. In diesem Falle
schlägt sich durch galvanische Action eine äußerst dünne Kupferschicht auf dem
Drahte nieder, die als weiches Metall das Ziehloch intact läßt.

Der aus dem ersten (weitesten) Ziehloche heraustretende Draht wird von
einer Zange gepackt und eine Strecke weit gezogen, worauf letztere ausläßt, vor-
rückt und den Draht neuerdings faßt. Bei den sogenannten "Wolfszangen" ist die
zurückgelegte Strecke kurz, bei den Stoßzangen oft bis 20 Meter lang. Beide Vor-
richtungen bedürfen einer Führung in horizontaler Richtung, damit der Draht
senkrecht auf das Zieheisen bewegt werde. Bei den Wolfszangen erfolgt die Bewe-
gung durch Zugstange und Kurbel (auch mittelst Zahnstange und Rad), bei den
Stoßzangen durch eine um einen feststehenden Haspel sich aufwindende Kette. Bei
der Bewegung stößt die Zange an einen Aufhalter an, worauf sie den Draht los-
läßt, mit geöffnetem Maul gegen das Zieheisen vorrückt und den Draht wieder
festnimmt. Die Schleppzange erfordert mehr Raum als die Stoßzange, vermindert
dagegen die Zangenbisse, welche stets schwache Punkte des Drahtes bleiben und
bei den nachfolgenden Zügen das Aussehen des Drahtes beeinträchtigen. Drähte,
welche schon genügende Biegsamkeit besitzen, werden meist mittelst der "Leier" fort-
gezogen, d. h. durch einen aufrechtstehenden Haspel, an welchem der Draht durch
Einstecken in ein enges Bohrloch oder mittelst einer kleinen, an einem Kettchen
hängenden Zange befestigt und durch ein eingreifendes Zahnrad in langsame
Umdrehung versetzt wird, wobei sich der Draht allmählich aufwindet.

Die Weite der aufeinanderfolgenden Ziehlöcher muß -- gleich den Calibern
bei den Walzen -- in bestimmten Verhältnissen abnehmen, da andernfalls, d. h.
wenn der Uebergang zu groß wäre, der Draht reißen müßte. Weiche und feste
Metalle erlauben die rascheste Verdünnung, wobei eine relativ geringe Volumen-
veränderung stattfindet, da die Veränderung des Querschnittes vorzugsweise durch
die Streckung compensirt und eine Verdichtung nur in geringem Maße eintritt.
Manche Drähte (z. B. Claviersaiten) erfordern, daß die ihnen durch das Ziehen
zugekommene Elasticität beibehalten werde, was durch sehr langsame Verdünnung
und Umgehung des Ausglühens erreicht wird. Sonst wird das letztere in der
Weise bewerkstelligt, daß die Drahtringe in mit Deckeln verschließbare Gußeisen-
cylinder gebracht, diese in einen Flammofen geschoben und in mäßige Roth-
gluth versetzt werden.

Einen besonderen, sehr ausgebreiteten Zweig der Walztechnik bildet die
Röhrenfabrikation. Schmiedeeiserne Röhren von 35 Cm. und mehr Durchmesser
werden aus dicken Blöcken durch Schweißen mit dem Hammer hergestellt. Ist ein

Vierter Abſchnitt.
widerſtandsfähig gemacht werden. Dennoch iſt nicht zu verhüten, daß die feinſten
Löcher des Zieheiſens ſich mit der Zeit etwas erweitern. Sie werden durch Klopfen
wieder verengt. Außerdem benützt man Schmiermittel, indem man den Draht vor
dem Zieheiſen über einen mit Oel befeuchteten Lappen leitet, oder an das Eiſen
einen Talgklumpen anklebt. Bei Eiſendrähten wird auch das Durchführen durch
eine ſchwach angeſäuerte Kupfervitriollöſung mitunter angewendet. In dieſem Falle
ſchlägt ſich durch galvaniſche Action eine äußerſt dünne Kupferſchicht auf dem
Drahte nieder, die als weiches Metall das Ziehloch intact läßt.

Der aus dem erſten (weiteſten) Ziehloche heraustretende Draht wird von
einer Zange gepackt und eine Strecke weit gezogen, worauf letztere ausläßt, vor-
rückt und den Draht neuerdings faßt. Bei den ſogenannten »Wolfszangen« iſt die
zurückgelegte Strecke kurz, bei den Stoßzangen oft bis 20 Meter lang. Beide Vor-
richtungen bedürfen einer Führung in horizontaler Richtung, damit der Draht
ſenkrecht auf das Zieheiſen bewegt werde. Bei den Wolfszangen erfolgt die Bewe-
gung durch Zugſtange und Kurbel (auch mittelſt Zahnſtange und Rad), bei den
Stoßzangen durch eine um einen feſtſtehenden Haſpel ſich aufwindende Kette. Bei
der Bewegung ſtößt die Zange an einen Aufhalter an, worauf ſie den Draht los-
läßt, mit geöffnetem Maul gegen das Zieheiſen vorrückt und den Draht wieder
feſtnimmt. Die Schleppzange erfordert mehr Raum als die Stoßzange, vermindert
dagegen die Zangenbiſſe, welche ſtets ſchwache Punkte des Drahtes bleiben und
bei den nachfolgenden Zügen das Ausſehen des Drahtes beeinträchtigen. Drähte,
welche ſchon genügende Biegſamkeit beſitzen, werden meiſt mittelſt der »Leier« fort-
gezogen, d. h. durch einen aufrechtſtehenden Haſpel, an welchem der Draht durch
Einſtecken in ein enges Bohrloch oder mittelſt einer kleinen, an einem Kettchen
hängenden Zange befeſtigt und durch ein eingreifendes Zahnrad in langſame
Umdrehung verſetzt wird, wobei ſich der Draht allmählich aufwindet.

Die Weite der aufeinanderfolgenden Ziehlöcher muß — gleich den Calibern
bei den Walzen — in beſtimmten Verhältniſſen abnehmen, da andernfalls, d. h.
wenn der Uebergang zu groß wäre, der Draht reißen müßte. Weiche und feſte
Metalle erlauben die raſcheſte Verdünnung, wobei eine relativ geringe Volumen-
veränderung ſtattfindet, da die Veränderung des Querſchnittes vorzugsweiſe durch
die Streckung compenſirt und eine Verdichtung nur in geringem Maße eintritt.
Manche Drähte (z. B. Clavierſaiten) erfordern, daß die ihnen durch das Ziehen
zugekommene Elaſticität beibehalten werde, was durch ſehr langſame Verdünnung
und Umgehung des Ausglühens erreicht wird. Sonſt wird das letztere in der
Weiſe bewerkſtelligt, daß die Drahtringe in mit Deckeln verſchließbare Gußeiſen-
cylinder gebracht, dieſe in einen Flammofen geſchoben und in mäßige Roth-
gluth verſetzt werden.

Einen beſonderen, ſehr ausgebreiteten Zweig der Walztechnik bildet die
Röhrenfabrikation. Schmiedeeiſerne Röhren von 35 Cm. und mehr Durchmeſſer
werden aus dicken Blöcken durch Schweißen mit dem Hammer hergeſtellt. Iſt ein

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[110/0136] Vierter Abſchnitt. widerſtandsfähig gemacht werden. Dennoch iſt nicht zu verhüten, daß die feinſten Löcher des Zieheiſens ſich mit der Zeit etwas erweitern. Sie werden durch Klopfen wieder verengt. Außerdem benützt man Schmiermittel, indem man den Draht vor dem Zieheiſen über einen mit Oel befeuchteten Lappen leitet, oder an das Eiſen einen Talgklumpen anklebt. Bei Eiſendrähten wird auch das Durchführen durch eine ſchwach angeſäuerte Kupfervitriollöſung mitunter angewendet. In dieſem Falle ſchlägt ſich durch galvaniſche Action eine äußerſt dünne Kupferſchicht auf dem Drahte nieder, die als weiches Metall das Ziehloch intact läßt. Der aus dem erſten (weiteſten) Ziehloche heraustretende Draht wird von einer Zange gepackt und eine Strecke weit gezogen, worauf letztere ausläßt, vor- rückt und den Draht neuerdings faßt. Bei den ſogenannten »Wolfszangen« iſt die zurückgelegte Strecke kurz, bei den Stoßzangen oft bis 20 Meter lang. Beide Vor- richtungen bedürfen einer Führung in horizontaler Richtung, damit der Draht ſenkrecht auf das Zieheiſen bewegt werde. Bei den Wolfszangen erfolgt die Bewe- gung durch Zugſtange und Kurbel (auch mittelſt Zahnſtange und Rad), bei den Stoßzangen durch eine um einen feſtſtehenden Haſpel ſich aufwindende Kette. Bei der Bewegung ſtößt die Zange an einen Aufhalter an, worauf ſie den Draht los- läßt, mit geöffnetem Maul gegen das Zieheiſen vorrückt und den Draht wieder feſtnimmt. Die Schleppzange erfordert mehr Raum als die Stoßzange, vermindert dagegen die Zangenbiſſe, welche ſtets ſchwache Punkte des Drahtes bleiben und bei den nachfolgenden Zügen das Ausſehen des Drahtes beeinträchtigen. Drähte, welche ſchon genügende Biegſamkeit beſitzen, werden meiſt mittelſt der »Leier« fort- gezogen, d. h. durch einen aufrechtſtehenden Haſpel, an welchem der Draht durch Einſtecken in ein enges Bohrloch oder mittelſt einer kleinen, an einem Kettchen hängenden Zange befeſtigt und durch ein eingreifendes Zahnrad in langſame Umdrehung verſetzt wird, wobei ſich der Draht allmählich aufwindet. Die Weite der aufeinanderfolgenden Ziehlöcher muß — gleich den Calibern bei den Walzen — in beſtimmten Verhältniſſen abnehmen, da andernfalls, d. h. wenn der Uebergang zu groß wäre, der Draht reißen müßte. Weiche und feſte Metalle erlauben die raſcheſte Verdünnung, wobei eine relativ geringe Volumen- veränderung ſtattfindet, da die Veränderung des Querſchnittes vorzugsweiſe durch die Streckung compenſirt und eine Verdichtung nur in geringem Maße eintritt. Manche Drähte (z. B. Clavierſaiten) erfordern, daß die ihnen durch das Ziehen zugekommene Elaſticität beibehalten werde, was durch ſehr langſame Verdünnung und Umgehung des Ausglühens erreicht wird. Sonſt wird das letztere in der Weiſe bewerkſtelligt, daß die Drahtringe in mit Deckeln verſchließbare Gußeiſen- cylinder gebracht, dieſe in einen Flammofen geſchoben und in mäßige Roth- gluth verſetzt werden. Einen beſonderen, ſehr ausgebreiteten Zweig der Walztechnik bildet die Röhrenfabrikation. Schmiedeeiſerne Röhren von 35 Cm. und mehr Durchmeſſer werden aus dicken Blöcken durch Schweißen mit dem Hammer hergeſtellt. Iſt ein

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/136>, abgerufen am 21.11.2024.