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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Hüttenwerke.

Aus dem Mitgetheilten ist zu ersehen, daß die Krupp'sche Fabrik auch in
Bezug auf den Bessemerproceß über eine mustergiltige Anlage verfügt, wie sie
wenige andere große Werke besitzen, und daß die in einer Betriebsepoche von viert-
halb Decennien gewonnenen Erfahrungen die Garantie für ein vorzügliches Fabrikat
bieten. In der That sind aus der Krupp'schen Fabrik bisher ungeheuere Mengen
des besten Bessemerstahles in die Welt gegangen, dessen vorzügliche Qualität zur
Festigung ihres Ruhmes wesentlich beigetragen hat.

Im Reiche der Cyklopen und vornehmlich in einem solchen von der impo-
nirenden Größe und Vielgestaltigkeit, wie wir es in Essen vor Augen haben, wird
der Schaulust des Besuchers keine Grenze gesteckt. Jede Hütte bietet etwas Anderes,
Neues und Verblüffendes, und je weiter wir in dieses Reich eindringen, desto klarer
wird uns der Zusammenhang des Ganzen, das Ineinandergreifen der einzelnen
Organe dieses gewaltigen Mechanismus, der so viele Kräfte in Bewegung setzt und
sie zur Bewältigung scheinbar übermenschlicher Arbeit dienstbar macht.

Bis hierher haben wir die mancherlei Processe kennen gelernt -- das Puddeln,
das Bessemern und das Martinverfahren -- welche das Rohmaterial liefern. Wir
gehen nun einen Schritt weiter und besuchen jene Arbeitsstätten, auf welchen
die rohen Blöcke ihre weitere Verarbeitung finden. -- Die zunächst in Betracht
kommende Operation ist die des Schmiedens. Wir wissen von früher her, welche
Steigerung bei dieser Arbeit der mechanische Effect erfahren kann. Dem Klein-
schmiede genügt sein Handhammer, andere Betriebe erfordern einen größeren Kraft-
aufwand und so bedienen sie sich der zumeist durch Wasserkraft betriebenen Stiel-
hämmer. Daß diesen bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit eine sehr enge Grenze ge-
zogen ist, liegt auf der Hand. Der Großbetrieb findet mit diesem mechanischen
Hilfsmittel sein Auslangen nicht und so bedient er sich des Dampfhammers,
dessen Wirksamkeit im Laufe der Zeiten bis ins Unglaubliche gesteigert worden ist.

Das Alles ist dem Leser aus früheren Mittheilungen wohlbekannt, desgleichen
die Entstehungsgeschichte des Dampfhammers und seine Einführung in Essen durch
Alfred Krupp. Die Krupp'schen Riesenhämmer, welche die Namen "Max" und
"Fritz" führen -- ersterer hat 20 Tonnen, letzterer 50 Tonnen Fallgewicht --
sind in einem besonderen, mächtigen Gebäude untergebracht, das kein Laie ohne
einen Anflug von Schauer betreten wird. Letzterer wurzelt vornehmlich in der Vor-
stellung, daß dieses mächtige Hilfsmittel der menschlichen Arbeit, dem eine schier
unfaßbare Kraftleistung zukommt, in der Hand seines Lenkers sozusagen zum Spiel-
zeug wird. Ein mannshoher und fast meterdicker Klotz bewegt sich innerhalb seines
gewaltigen eisernen Joches, scheinbar aller Wucht entlastet, wie ein in der Luft auf-
und abwärts schwebendes Ungethüm. Der Mann, der den Hammer bedient, läßt
denselben sozusagen mit einem Fingerdruck momentan vom Amboß drei Meter hoch
emporschnellen, um ihn ebenso rasch wieder sinken zu lassen. Unwillkürlich machen
wir eine scheue Bewegung nach rückwärts, des furchtbaren Aufschlages gewärtig.
Aber es erfolgt kein solcher und mit gerechtfertigtem Erstaunen nehmen wir wahr,

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Hüttenwerke.

Aus dem Mitgetheilten iſt zu erſehen, daß die Krupp'ſche Fabrik auch in
Bezug auf den Beſſemerproceß über eine muſtergiltige Anlage verfügt, wie ſie
wenige andere große Werke beſitzen, und daß die in einer Betriebsepoche von viert-
halb Decennien gewonnenen Erfahrungen die Garantie für ein vorzügliches Fabrikat
bieten. In der That ſind aus der Krupp'ſchen Fabrik bisher ungeheuere Mengen
des beſten Beſſemerſtahles in die Welt gegangen, deſſen vorzügliche Qualität zur
Feſtigung ihres Ruhmes weſentlich beigetragen hat.

Im Reiche der Cyklopen und vornehmlich in einem ſolchen von der impo-
nirenden Größe und Vielgeſtaltigkeit, wie wir es in Eſſen vor Augen haben, wird
der Schauluſt des Beſuchers keine Grenze geſteckt. Jede Hütte bietet etwas Anderes,
Neues und Verblüffendes, und je weiter wir in dieſes Reich eindringen, deſto klarer
wird uns der Zuſammenhang des Ganzen, das Ineinandergreifen der einzelnen
Organe dieſes gewaltigen Mechanismus, der ſo viele Kräfte in Bewegung ſetzt und
ſie zur Bewältigung ſcheinbar übermenſchlicher Arbeit dienſtbar macht.

Bis hierher haben wir die mancherlei Proceſſe kennen gelernt — das Puddeln,
das Beſſemern und das Martinverfahren — welche das Rohmaterial liefern. Wir
gehen nun einen Schritt weiter und beſuchen jene Arbeitsſtätten, auf welchen
die rohen Blöcke ihre weitere Verarbeitung finden. — Die zunächſt in Betracht
kommende Operation iſt die des Schmiedens. Wir wiſſen von früher her, welche
Steigerung bei dieſer Arbeit der mechaniſche Effect erfahren kann. Dem Klein-
ſchmiede genügt ſein Handhammer, andere Betriebe erfordern einen größeren Kraft-
aufwand und ſo bedienen ſie ſich der zumeiſt durch Waſſerkraft betriebenen Stiel-
hämmer. Daß dieſen bezüglich ihrer Leiſtungsfähigkeit eine ſehr enge Grenze ge-
zogen iſt, liegt auf der Hand. Der Großbetrieb findet mit dieſem mechaniſchen
Hilfsmittel ſein Auslangen nicht und ſo bedient er ſich des Dampfhammers,
deſſen Wirkſamkeit im Laufe der Zeiten bis ins Unglaubliche geſteigert worden iſt.

Das Alles iſt dem Leſer aus früheren Mittheilungen wohlbekannt, desgleichen
die Entſtehungsgeſchichte des Dampfhammers und ſeine Einführung in Eſſen durch
Alfred Krupp. Die Krupp'ſchen Rieſenhämmer, welche die Namen »Max« und
»Fritz« führen — erſterer hat 20 Tonnen, letzterer 50 Tonnen Fallgewicht —
ſind in einem beſonderen, mächtigen Gebäude untergebracht, das kein Laie ohne
einen Anflug von Schauer betreten wird. Letzterer wurzelt vornehmlich in der Vor-
ſtellung, daß dieſes mächtige Hilfsmittel der menſchlichen Arbeit, dem eine ſchier
unfaßbare Kraftleiſtung zukommt, in der Hand ſeines Lenkers ſozuſagen zum Spiel-
zeug wird. Ein mannshoher und faſt meterdicker Klotz bewegt ſich innerhalb ſeines
gewaltigen eiſernen Joches, ſcheinbar aller Wucht entlaſtet, wie ein in der Luft auf-
und abwärts ſchwebendes Ungethüm. Der Mann, der den Hammer bedient, läßt
denſelben ſozuſagen mit einem Fingerdruck momentan vom Amboß drei Meter hoch
emporſchnellen, um ihn ebenſo raſch wieder ſinken zu laſſen. Unwillkürlich machen
wir eine ſcheue Bewegung nach rückwärts, des furchtbaren Aufſchlages gewärtig.
Aber es erfolgt kein ſolcher und mit gerechtfertigtem Erſtaunen nehmen wir wahr,

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[147/0175] Hüttenwerke. Aus dem Mitgetheilten iſt zu erſehen, daß die Krupp'ſche Fabrik auch in Bezug auf den Beſſemerproceß über eine muſtergiltige Anlage verfügt, wie ſie wenige andere große Werke beſitzen, und daß die in einer Betriebsepoche von viert- halb Decennien gewonnenen Erfahrungen die Garantie für ein vorzügliches Fabrikat bieten. In der That ſind aus der Krupp'ſchen Fabrik bisher ungeheuere Mengen des beſten Beſſemerſtahles in die Welt gegangen, deſſen vorzügliche Qualität zur Feſtigung ihres Ruhmes weſentlich beigetragen hat. Im Reiche der Cyklopen und vornehmlich in einem ſolchen von der impo- nirenden Größe und Vielgeſtaltigkeit, wie wir es in Eſſen vor Augen haben, wird der Schauluſt des Beſuchers keine Grenze geſteckt. Jede Hütte bietet etwas Anderes, Neues und Verblüffendes, und je weiter wir in dieſes Reich eindringen, deſto klarer wird uns der Zuſammenhang des Ganzen, das Ineinandergreifen der einzelnen Organe dieſes gewaltigen Mechanismus, der ſo viele Kräfte in Bewegung ſetzt und ſie zur Bewältigung ſcheinbar übermenſchlicher Arbeit dienſtbar macht. Bis hierher haben wir die mancherlei Proceſſe kennen gelernt — das Puddeln, das Beſſemern und das Martinverfahren — welche das Rohmaterial liefern. Wir gehen nun einen Schritt weiter und beſuchen jene Arbeitsſtätten, auf welchen die rohen Blöcke ihre weitere Verarbeitung finden. — Die zunächſt in Betracht kommende Operation iſt die des Schmiedens. Wir wiſſen von früher her, welche Steigerung bei dieſer Arbeit der mechaniſche Effect erfahren kann. Dem Klein- ſchmiede genügt ſein Handhammer, andere Betriebe erfordern einen größeren Kraft- aufwand und ſo bedienen ſie ſich der zumeiſt durch Waſſerkraft betriebenen Stiel- hämmer. Daß dieſen bezüglich ihrer Leiſtungsfähigkeit eine ſehr enge Grenze ge- zogen iſt, liegt auf der Hand. Der Großbetrieb findet mit dieſem mechaniſchen Hilfsmittel ſein Auslangen nicht und ſo bedient er ſich des Dampfhammers, deſſen Wirkſamkeit im Laufe der Zeiten bis ins Unglaubliche geſteigert worden iſt. Das Alles iſt dem Leſer aus früheren Mittheilungen wohlbekannt, desgleichen die Entſtehungsgeſchichte des Dampfhammers und ſeine Einführung in Eſſen durch Alfred Krupp. Die Krupp'ſchen Rieſenhämmer, welche die Namen »Max« und »Fritz« führen — erſterer hat 20 Tonnen, letzterer 50 Tonnen Fallgewicht — ſind in einem beſonderen, mächtigen Gebäude untergebracht, das kein Laie ohne einen Anflug von Schauer betreten wird. Letzterer wurzelt vornehmlich in der Vor- ſtellung, daß dieſes mächtige Hilfsmittel der menſchlichen Arbeit, dem eine ſchier unfaßbare Kraftleiſtung zukommt, in der Hand ſeines Lenkers ſozuſagen zum Spiel- zeug wird. Ein mannshoher und faſt meterdicker Klotz bewegt ſich innerhalb ſeines gewaltigen eiſernen Joches, ſcheinbar aller Wucht entlaſtet, wie ein in der Luft auf- und abwärts ſchwebendes Ungethüm. Der Mann, der den Hammer bedient, läßt denſelben ſozuſagen mit einem Fingerdruck momentan vom Amboß drei Meter hoch emporſchnellen, um ihn ebenſo raſch wieder ſinken zu laſſen. Unwillkürlich machen wir eine ſcheue Bewegung nach rückwärts, des furchtbaren Aufſchlages gewärtig. Aber es erfolgt kein ſolcher und mit gerechtfertigtem Erſtaunen nehmen wir wahr, 10*

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/175>, abgerufen am 21.11.2024.