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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Hüttenwerke.
Walzwerke können an einem einzigen Tage Eisenbahngeleise für eine Strecke von einer
geographischen Meile Länge fertiggestellt werden -- eine Leistung, die Alles sagt.

Ein anderes großes Walzwerk der Essener Gußstahlfabrik ist das Federstahl-
und Laschenwalzwerk. Es umfaßt drei Walzenstraßen, deren größte von einer
600pferdigen Maschine angetrieben wird. Da es sich in diesem Werke um die Her-
stellung verschiedenartiger Faconstücke handelt, so gestaltet sich hier der Betrieb
zu einem abwechslungsreichen und vielgestaltigen. Mit diesem Werke beschließen wir
unseren Rundgang durch jene Arbeitsstätten, welche ausschließlich jene Fabrikations-
zweige umfassen, die den Eisenbahnen dienen. Da dieselben etwa zwei Drittel der
Gesammtproduction in den Krupp'schen Werken entsprechen, ist es eine irrige Vor-
stellung, wenn man mit dem Haupte dieser großen Arbeitsstätte die Bezeichnung
"Kanonenkönig" indentificirt.

Gleichwohl wird Niemand leugnen, daß gerade diejenigen Krupp'schen Werke,
welche sich in den Dienst der Kriegsmittel gestellt haben, an lebendigem Interesse
schon aus dem einfachen Grunde gewinnen müssen, weil auf diesem Gebiete jene
außergewöhnlichen Leistungen in Bezug auf Größe und Massigkeit zu verzeichnen
sind, welche das Essener Etablissement den Augen der Laienwelt nähergerückt haben.
Krupp'sche Kanonen, Panzerplatten und Panzerthürme sind die Objecte, welche das
Laieninteresse vorzugsweise gefangen nehmen. Und das erscheint begreiflich, wenn
man berücksichtigt, daß der Laie sich gerne von den Vorstellungen gigantischer
Menschenwerke gefangen nehmen läßt und von der wenig geräuschvollen Emsigkeit
jener Productionszweige, welche den Massenbedarf bestreiten, sich mehr oder minder
interesselos abwendet.

Die Einleitung zu den Fabrikationszweigen des Essener Gußstahlwerkes,
welche den Bedarf für Kriegsmittel zu bestreiten haben, bildet auf unserem nächsten
Rundgange das große Panzerplattenwalzwerk, das eine Schöpfung des jetzigen
Eigenthümers des Etablissements ist. Die Vorstufe -- wenn man sich so ausdrücken
darf -- zu dem großen Walzwerke für Schiffspanzer bildet das alte Blechwalz-
werk aus dem Jahre 1864, beziehungsweise jene Anlage, welche zwölf Jahre später
dazu kam. In diesen drei Walzwerken nach dem Triosystem können, bei einer größten
wirksamen Walzenlänge von 3 Meter, Bleche von der Dicke zwischen 0.5 bis 75 Milli-
meter gewalzt werden. Die Production umfaßt neben den Feinblechen vorwiegend
Kessel- und Schiffsbleche, Locomotivrahmen und Deckpanzerbleche.

Das neue, seit 1891 im Betriebe stehende große Plattenwalzwerk ist die
hervorragendste Anlage des ganzen Etablissements. Schon die Dimensionen der
Baulichkeit und der einzelnen Objecte imponiren. Das Gebäude, ganz aus Eisen
und Glas, ist 200 Meter lang, 100 Meter breit und macht durch die Helligkeit,
die in diesem riesigen Raume herrscht, einen überraschend freundlichen Eindruck.
Man hat hier mit jener Tradition gebrochen, welche für das Innere einer Hütte
keine andere Anordnung kennt, als das Halbdunkel, die düstere Dämmerung, das
Schattenhafte.


Hüttenwerke.
Walzwerke können an einem einzigen Tage Eiſenbahngeleiſe für eine Strecke von einer
geographiſchen Meile Länge fertiggeſtellt werden — eine Leiſtung, die Alles ſagt.

Ein anderes großes Walzwerk der Eſſener Gußſtahlfabrik iſt das Federſtahl-
und Laſchenwalzwerk. Es umfaßt drei Walzenſtraßen, deren größte von einer
600pferdigen Maſchine angetrieben wird. Da es ſich in dieſem Werke um die Her-
ſtellung verſchiedenartiger Façonſtücke handelt, ſo geſtaltet ſich hier der Betrieb
zu einem abwechslungsreichen und vielgeſtaltigen. Mit dieſem Werke beſchließen wir
unſeren Rundgang durch jene Arbeitsſtätten, welche ausſchließlich jene Fabrikations-
zweige umfaſſen, die den Eiſenbahnen dienen. Da dieſelben etwa zwei Drittel der
Geſammtproduction in den Krupp'ſchen Werken entſprechen, iſt es eine irrige Vor-
ſtellung, wenn man mit dem Haupte dieſer großen Arbeitsſtätte die Bezeichnung
»Kanonenkönig« indentificirt.

Gleichwohl wird Niemand leugnen, daß gerade diejenigen Krupp'ſchen Werke,
welche ſich in den Dienſt der Kriegsmittel geſtellt haben, an lebendigem Intereſſe
ſchon aus dem einfachen Grunde gewinnen müſſen, weil auf dieſem Gebiete jene
außergewöhnlichen Leiſtungen in Bezug auf Größe und Maſſigkeit zu verzeichnen
ſind, welche das Eſſener Etabliſſement den Augen der Laienwelt nähergerückt haben.
Krupp'ſche Kanonen, Panzerplatten und Panzerthürme ſind die Objecte, welche das
Laienintereſſe vorzugsweiſe gefangen nehmen. Und das erſcheint begreiflich, wenn
man berückſichtigt, daß der Laie ſich gerne von den Vorſtellungen gigantiſcher
Menſchenwerke gefangen nehmen läßt und von der wenig geräuſchvollen Emſigkeit
jener Productionszweige, welche den Maſſenbedarf beſtreiten, ſich mehr oder minder
intereſſelos abwendet.

Die Einleitung zu den Fabrikationszweigen des Eſſener Gußſtahlwerkes,
welche den Bedarf für Kriegsmittel zu beſtreiten haben, bildet auf unſerem nächſten
Rundgange das große Panzerplattenwalzwerk, das eine Schöpfung des jetzigen
Eigenthümers des Etabliſſements iſt. Die Vorſtufe — wenn man ſich ſo ausdrücken
darf — zu dem großen Walzwerke für Schiffspanzer bildet das alte Blechwalz-
werk aus dem Jahre 1864, beziehungsweiſe jene Anlage, welche zwölf Jahre ſpäter
dazu kam. In dieſen drei Walzwerken nach dem Trioſyſtem können, bei einer größten
wirkſamen Walzenlänge von 3 Meter, Bleche von der Dicke zwiſchen 0‧5 bis 75 Milli-
meter gewalzt werden. Die Production umfaßt neben den Feinblechen vorwiegend
Keſſel- und Schiffsbleche, Locomotivrahmen und Deckpanzerbleche.

Das neue, ſeit 1891 im Betriebe ſtehende große Plattenwalzwerk iſt die
hervorragendſte Anlage des ganzen Etabliſſements. Schon die Dimenſionen der
Baulichkeit und der einzelnen Objecte imponiren. Das Gebäude, ganz aus Eiſen
und Glas, iſt 200 Meter lang, 100 Meter breit und macht durch die Helligkeit,
die in dieſem rieſigen Raume herrſcht, einen überraſchend freundlichen Eindruck.
Man hat hier mit jener Tradition gebrochen, welche für das Innere einer Hütte
keine andere Anordnung kennt, als das Halbdunkel, die düſtere Dämmerung, das
Schattenhafte.

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[153/0181] Hüttenwerke. Walzwerke können an einem einzigen Tage Eiſenbahngeleiſe für eine Strecke von einer geographiſchen Meile Länge fertiggeſtellt werden — eine Leiſtung, die Alles ſagt. Ein anderes großes Walzwerk der Eſſener Gußſtahlfabrik iſt das Federſtahl- und Laſchenwalzwerk. Es umfaßt drei Walzenſtraßen, deren größte von einer 600pferdigen Maſchine angetrieben wird. Da es ſich in dieſem Werke um die Her- ſtellung verſchiedenartiger Façonſtücke handelt, ſo geſtaltet ſich hier der Betrieb zu einem abwechslungsreichen und vielgeſtaltigen. Mit dieſem Werke beſchließen wir unſeren Rundgang durch jene Arbeitsſtätten, welche ausſchließlich jene Fabrikations- zweige umfaſſen, die den Eiſenbahnen dienen. Da dieſelben etwa zwei Drittel der Geſammtproduction in den Krupp'ſchen Werken entſprechen, iſt es eine irrige Vor- ſtellung, wenn man mit dem Haupte dieſer großen Arbeitsſtätte die Bezeichnung »Kanonenkönig« indentificirt. Gleichwohl wird Niemand leugnen, daß gerade diejenigen Krupp'ſchen Werke, welche ſich in den Dienſt der Kriegsmittel geſtellt haben, an lebendigem Intereſſe ſchon aus dem einfachen Grunde gewinnen müſſen, weil auf dieſem Gebiete jene außergewöhnlichen Leiſtungen in Bezug auf Größe und Maſſigkeit zu verzeichnen ſind, welche das Eſſener Etabliſſement den Augen der Laienwelt nähergerückt haben. Krupp'ſche Kanonen, Panzerplatten und Panzerthürme ſind die Objecte, welche das Laienintereſſe vorzugsweiſe gefangen nehmen. Und das erſcheint begreiflich, wenn man berückſichtigt, daß der Laie ſich gerne von den Vorſtellungen gigantiſcher Menſchenwerke gefangen nehmen läßt und von der wenig geräuſchvollen Emſigkeit jener Productionszweige, welche den Maſſenbedarf beſtreiten, ſich mehr oder minder intereſſelos abwendet. Die Einleitung zu den Fabrikationszweigen des Eſſener Gußſtahlwerkes, welche den Bedarf für Kriegsmittel zu beſtreiten haben, bildet auf unſerem nächſten Rundgange das große Panzerplattenwalzwerk, das eine Schöpfung des jetzigen Eigenthümers des Etabliſſements iſt. Die Vorſtufe — wenn man ſich ſo ausdrücken darf — zu dem großen Walzwerke für Schiffspanzer bildet das alte Blechwalz- werk aus dem Jahre 1864, beziehungsweiſe jene Anlage, welche zwölf Jahre ſpäter dazu kam. In dieſen drei Walzwerken nach dem Trioſyſtem können, bei einer größten wirkſamen Walzenlänge von 3 Meter, Bleche von der Dicke zwiſchen 0‧5 bis 75 Milli- meter gewalzt werden. Die Production umfaßt neben den Feinblechen vorwiegend Keſſel- und Schiffsbleche, Locomotivrahmen und Deckpanzerbleche. Das neue, ſeit 1891 im Betriebe ſtehende große Plattenwalzwerk iſt die hervorragendſte Anlage des ganzen Etabliſſements. Schon die Dimenſionen der Baulichkeit und der einzelnen Objecte imponiren. Das Gebäude, ganz aus Eiſen und Glas, iſt 200 Meter lang, 100 Meter breit und macht durch die Helligkeit, die in dieſem rieſigen Raume herrſcht, einen überraſchend freundlichen Eindruck. Man hat hier mit jener Tradition gebrochen, welche für das Innere einer Hütte keine andere Anordnung kennt, als das Halbdunkel, die düſtere Dämmerung, das Schattenhafte.

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/181>, abgerufen am 24.11.2024.