und andere Umstände bedingt, blühten die alten Civilisationen in örtlich beschränkten Gebieten. Ihre Erbschaft: Kunst und Wissenschaft, traten die nachfolgenden Ge- schlechter an, entwickelten sich weiter, oder ließen sie verfallen, wie es eben die Umstände mit sich brachten. Als aber das Eisen die Weltherrschaft errang, da fielen die räumlichen Schranken: Das universelle Culturinstrument war gefunden.
Kein Wunder also, daß die Archäologie mit dem Auftreten des Eisens und der Verwerthung desselben einen bestimmten Culturabschnitt rechnet und denselben als "Eisenzeit" bezeichnet. Das Eisen löste die Bronze ab und eröffnete damit ein neues Zeitalter. In dem für alle Culturfragen wichtigsten Gebiete -- Mitteleuropa -- griff eine vollentwickelte Eisenculturperiode mit den großen Heereszügen der Kelten nach Ost und Südost Platz. Mit einem Schlage wird das Eisen berühmt, vor- nehmlich dasjenige Noricums -- eines Theiles der österreichischen Alpenländer, wo noch immer die Essen glühen und die Hämmer pochen, wie vor Jahrtausenden. Der Consul Petronius rühmt die Waffe aus norischem Eisen, und in einer der Oden des Horatius heißt es: "Quos neque Norieus deteret ensis" -- "welche selbst das norische Schwert nicht schreckt;" ...
Noch um die Mitte des 6. Jahrhunderts war in Griechenland die Kunst, Eisen zu schmieden, etwas Seltenes, was aus einem Berichte des Herodot hervor- geht, der von dem Erstaunen spricht, in das ein vornehmer Spartiate fiel, als er in Tegea (Arkadien) zum ersten Male einen Schmied bei der Arbeit sah. Gleichwohl reicht die Kenntniß des Eisens weit zurück, ja selbst diejenige des gehärteten Eisens, also des Vorläufers des Stahles, wie aus einer Stelle der "Odyssee" hervorgeht. Das ausgebrannte Auge des Polyphem zischt, "Wie wenn ein kluger Schmied die Holzaxt oder das Schlichtbeil Aus der Ess' in den kühlenden Trog, der sprudelnd emporbraust, Wirft und härtet; denn dieses erhöht die Kräfte des Eisens."
Ein classischer Herold des Eisens ist der große Aeschylos, der in den "Sieben gegen Theben" von den kämpfenden Brüdern Etrokles und Polyneikes sagt: "Ihre Lose schüttelt der chalybische Fremdling, der Ankömmling von den Skythen, das grimme Eisen". Die Chalyber im Kaukasus waren damals die ersten Schmiede der Welt. Ihnen wird auch die Erfindung, das Eisen zu Stahl zu härten, zugeschrieben. Sehr anschaulich wird in der "Ilias" erzählt, wie Hephästos die von Thetis, der Mutter des Achilleus, erbetenen Waffen für diesen schmiedet; er stellt ......... "auf die Gluth unbändiges Erz in Tiegeln, Auch gepriesenes Gold und Zinn und leuchtendes Silber; Richtete dann auf den Block den Amboß, nahm mit der Rechten Drauf den gewaltigen Hammer und nahm mit der Linken die Zange."
Dann heißt es weiter (nachdem der Schild vollendet):
"Rings dann zog er den Graben von dunkler Bläue des Stahles."
Der Beginn der Herrschaft des Eisens prägt sich in jenem merkwürdigen Eroberungszuge aus, den die Kelten nach 400 v. Chr. durch weite Länderstriche
Einleitung.
und andere Umſtände bedingt, blühten die alten Civiliſationen in örtlich beſchränkten Gebieten. Ihre Erbſchaft: Kunſt und Wiſſenſchaft, traten die nachfolgenden Ge- ſchlechter an, entwickelten ſich weiter, oder ließen ſie verfallen, wie es eben die Umſtände mit ſich brachten. Als aber das Eiſen die Weltherrſchaft errang, da fielen die räumlichen Schranken: Das univerſelle Culturinſtrument war gefunden.
Kein Wunder alſo, daß die Archäologie mit dem Auftreten des Eiſens und der Verwerthung desſelben einen beſtimmten Culturabſchnitt rechnet und denſelben als »Eiſenzeit« bezeichnet. Das Eiſen löſte die Bronze ab und eröffnete damit ein neues Zeitalter. In dem für alle Culturfragen wichtigſten Gebiete — Mitteleuropa — griff eine vollentwickelte Eiſenculturperiode mit den großen Heereszügen der Kelten nach Oſt und Südoſt Platz. Mit einem Schlage wird das Eiſen berühmt, vor- nehmlich dasjenige Noricums — eines Theiles der öſterreichiſchen Alpenländer, wo noch immer die Eſſen glühen und die Hämmer pochen, wie vor Jahrtauſenden. Der Conſul Petronius rühmt die Waffe aus noriſchem Eiſen, und in einer der Oden des Horatius heißt es: »Quos neque Norieus deteret ensis« — »welche ſelbſt das noriſche Schwert nicht ſchreckt;« ...
Noch um die Mitte des 6. Jahrhunderts war in Griechenland die Kunſt, Eiſen zu ſchmieden, etwas Seltenes, was aus einem Berichte des Herodot hervor- geht, der von dem Erſtaunen ſpricht, in das ein vornehmer Spartiate fiel, als er in Tegea (Arkadien) zum erſten Male einen Schmied bei der Arbeit ſah. Gleichwohl reicht die Kenntniß des Eiſens weit zurück, ja ſelbſt diejenige des gehärteten Eiſens, alſo des Vorläufers des Stahles, wie aus einer Stelle der »Odyſſee« hervorgeht. Das ausgebrannte Auge des Polyphem ziſcht, »Wie wenn ein kluger Schmied die Holzaxt oder das Schlichtbeil Aus der Eſſ' in den kühlenden Trog, der ſprudelnd emporbrauſt, Wirft und härtet; denn dieſes erhöht die Kräfte des Eiſens.«
Ein claſſiſcher Herold des Eiſens iſt der große Aeſchylos, der in den »Sieben gegen Theben« von den kämpfenden Brüdern Etrokles und Polyneikes ſagt: »Ihre Loſe ſchüttelt der chalybiſche Fremdling, der Ankömmling von den Skythen, das grimme Eiſen«. Die Chalyber im Kaukaſus waren damals die erſten Schmiede der Welt. Ihnen wird auch die Erfindung, das Eiſen zu Stahl zu härten, zugeſchrieben. Sehr anſchaulich wird in der »Ilias« erzählt, wie Hephäſtos die von Thetis, der Mutter des Achilleus, erbetenen Waffen für dieſen ſchmiedet; er ſtellt ......... »auf die Gluth unbändiges Erz in Tiegeln, Auch geprieſenes Gold und Zinn und leuchtendes Silber; Richtete dann auf den Block den Amboß, nahm mit der Rechten Drauf den gewaltigen Hammer und nahm mit der Linken die Zange.«
Dann heißt es weiter (nachdem der Schild vollendet):
»Rings dann zog er den Graben von dunkler Bläue des Stahles.«
Der Beginn der Herrſchaft des Eiſens prägt ſich in jenem merkwürdigen Eroberungszuge aus, den die Kelten nach 400 v. Chr. durch weite Länderſtriche
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Einleitung.
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ſchlechter an, entwickelten ſich weiter, oder ließen ſie verfallen, wie es eben die
Umſtände mit ſich brachten. Als aber das Eiſen die Weltherrſchaft errang, da fielen
die räumlichen Schranken: Das univerſelle Culturinſtrument war gefunden.
Kein Wunder alſo, daß die Archäologie mit dem Auftreten des Eiſens und
der Verwerthung desſelben einen beſtimmten Culturabſchnitt rechnet und denſelben
als »Eiſenzeit« bezeichnet. Das Eiſen löſte die Bronze ab und eröffnete damit ein
neues Zeitalter. In dem für alle Culturfragen wichtigſten Gebiete — Mitteleuropa —
griff eine vollentwickelte Eiſenculturperiode mit den großen Heereszügen der Kelten
nach Oſt und Südoſt Platz. Mit einem Schlage wird das Eiſen berühmt, vor-
nehmlich dasjenige Noricums — eines Theiles der öſterreichiſchen Alpenländer, wo
noch immer die Eſſen glühen und die Hämmer pochen, wie vor Jahrtauſenden.
Der Conſul Petronius rühmt die Waffe aus noriſchem Eiſen, und in einer der
Oden des Horatius heißt es: »Quos neque Norieus deteret ensis« — »welche
ſelbſt das noriſche Schwert nicht ſchreckt;« ...
Noch um die Mitte des 6. Jahrhunderts war in Griechenland die Kunſt,
Eiſen zu ſchmieden, etwas Seltenes, was aus einem Berichte des Herodot hervor-
geht, der von dem Erſtaunen ſpricht, in das ein vornehmer Spartiate fiel, als er
in Tegea (Arkadien) zum erſten Male einen Schmied bei der Arbeit ſah. Gleichwohl
reicht die Kenntniß des Eiſens weit zurück, ja ſelbſt diejenige des gehärteten Eiſens,
alſo des Vorläufers des Stahles, wie aus einer Stelle der »Odyſſee« hervorgeht.
Das ausgebrannte Auge des Polyphem ziſcht,
»Wie wenn ein kluger Schmied die Holzaxt oder das Schlichtbeil
Aus der Eſſ' in den kühlenden Trog, der ſprudelnd emporbrauſt,
Wirft und härtet; denn dieſes erhöht die Kräfte des Eiſens.«
Ein claſſiſcher Herold des Eiſens iſt der große Aeſchylos, der in den
»Sieben gegen Theben« von den kämpfenden Brüdern Etrokles und Polyneikes
ſagt: »Ihre Loſe ſchüttelt der chalybiſche Fremdling, der Ankömmling von den
Skythen, das grimme Eiſen«. Die Chalyber im Kaukaſus waren damals die erſten
Schmiede der Welt. Ihnen wird auch die Erfindung, das Eiſen zu Stahl zu härten,
zugeſchrieben. Sehr anſchaulich wird in der »Ilias« erzählt, wie Hephäſtos die von
Thetis, der Mutter des Achilleus, erbetenen Waffen für dieſen ſchmiedet; er ſtellt
......... »auf die Gluth unbändiges Erz in Tiegeln,
Auch geprieſenes Gold und Zinn und leuchtendes Silber;
Richtete dann auf den Block den Amboß, nahm mit der Rechten
Drauf den gewaltigen Hammer und nahm mit der Linken die Zange.«
Dann heißt es weiter (nachdem der Schild vollendet):
»Rings dann zog er den Graben von dunkler Bläue des Stahles.«
Der Beginn der Herrſchaft des Eiſens prägt ſich in jenem merkwürdigen
Eroberungszuge aus, den die Kelten nach 400 v. Chr. durch weite Länderſtriche
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/20>, abgerufen am 23.11.2024.
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