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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Einleitung.

Es braucht wohl kaum besonders darauf hingewiesen zu werden, welche mächtigen
Impulse die Eisenbahntechnik in ihrer Gesammtheit den Schienenwegen verdankt.
Nur Dampf und Eisen konnten die räumlichen Schranken überwinden, nur in ihnen
ward das Mittel gegeben, durch Felsmauern und Gebirgsstöcke den Durchgang zu
erzwingen, Ströme und Meeresarme unter die Joche gewaltiger Eisenconstructionen
zu zwängen. So wuchsen jene Riesenbauten in die Lüfte, dem Auge kaum mehr
als ein Gewirr von eisernen Fäden, in Wirklichkeit erstaunliche Kunstwerke, vor-
wiegend gestützt auf mathematisches Wissen, da die Brückenbaukunst die aufeinander
wirkenden Druck- und Zugkräfte ins Gleichgewicht bringt und gewaltige Massen
durch Stabilitätsgesetze entlastet. Von den Hilfskräften, welche hierbei in Thätigkeit
gesetzt werden, sei weiter nicht die Rede.

Verwandt mit diesen Bauten sind die großartigen Bahnhofshallen in
Eisenconstruction, zu deren massigen und scheinbar doch so luftigen Wölbungen der
Blick des erstaunten Beobachters emporschweift, fern jedem Gedanken, daß dieser
sinnverwirrende Wirrwarr von Constructionstheilen mit der ungeheueren Gesammtlast
zermalmend in sich selbst zusammenbrechen könnte. Nichts ist bezeichnender für den
ungeheueren Unterschied zwischen dem schwerfälligen Geist des Alterthums und der
beweglichen Leistungsfähigkeit des modernen Kraftgenies, als die Gegenüberstellung
einer ägyptischen Pyramide oder eines indischen Grottentempels zu den luftigen
Titanenwerken der Forthbrücke oder des Eiffelthurmes. Und betrachtet man die
riesigen Maschinen, welche die schwimmenden Kriegsmittel in Bewegung setzen,
Maschinen von 20.000 bis 30.000 Pferdekräften Leistungsfähigkeit, so wird man
sich sagen, daß wir erst jetzt mitten im Eisenzeitalter stehen, daß erst der moderne
Mensch siegreich die Naturkräfte seiner Herrschaft sich untergeordnet hat und Wunder
auf Wunder schafft, als sei eine Schöpfungsära anderer Art angebrochen.

Das ist aber nur das Großzügige an der Sache. Auch ihre Vielgestaltigkeit
ist imponirend. Man denke an die unzähligen Gebrauchsgegenstände, welche aus
der Schmiede hervorgehen, man vergegenwärtige sich die vielen, allen möglichen
Zwecken dienstbar gemachten Hilfsmaschinen, die ganze Kette gewerblicher und indu-
strieller Betriebe, welche ohne Dampf und Eisen -- vornehmlich aber ohne letzterem
-- unmöglich wären; man halte vor Augen, daß dies alles hauptsächlich durch
das Mittel einer hoch ausgebildeten Intelligenz, einer Summe von Bestrebungen
und einer Reihe von Factoren ermöglicht wurde, die unmittelbar aus dem idealen
Culturstoff hervorgegangen sind. Man begreift daher, daß nur ein Volk, wie das
englische, das geistig weit fortgeschritten war und vornehmlich durch die Summe
seiner technischen Vorkenntnisse hierzu berufen war, der Schöpfer des modernen
Culturmittels werden konnte. Ohne geistige Errungenschaften höherer Art wäre
diesem niemals der Weg geebnet worden.

Bei dem ungeheueren Verbrauch von Eisen ist es von Interesse, diesbezüglich
einige Ziffern vorzubringen. Die wichtigsten Eisenproducenten sind England,
Deutschland
und die Vereinigten Staaten von Amerika. In zweiter Linie

Einleitung.

Es braucht wohl kaum beſonders darauf hingewieſen zu werden, welche mächtigen
Impulſe die Eiſenbahntechnik in ihrer Geſammtheit den Schienenwegen verdankt.
Nur Dampf und Eiſen konnten die räumlichen Schranken überwinden, nur in ihnen
ward das Mittel gegeben, durch Felsmauern und Gebirgsſtöcke den Durchgang zu
erzwingen, Ströme und Meeresarme unter die Joche gewaltiger Eiſenconſtructionen
zu zwängen. So wuchſen jene Rieſenbauten in die Lüfte, dem Auge kaum mehr
als ein Gewirr von eiſernen Fäden, in Wirklichkeit erſtaunliche Kunſtwerke, vor-
wiegend geſtützt auf mathematiſches Wiſſen, da die Brückenbaukunſt die aufeinander
wirkenden Druck- und Zugkräfte ins Gleichgewicht bringt und gewaltige Maſſen
durch Stabilitätsgeſetze entlaſtet. Von den Hilfskräften, welche hierbei in Thätigkeit
geſetzt werden, ſei weiter nicht die Rede.

Verwandt mit dieſen Bauten ſind die großartigen Bahnhofshallen in
Eiſenconſtruction, zu deren maſſigen und ſcheinbar doch ſo luftigen Wölbungen der
Blick des erſtaunten Beobachters emporſchweift, fern jedem Gedanken, daß dieſer
ſinnverwirrende Wirrwarr von Conſtructionstheilen mit der ungeheueren Geſammtlaſt
zermalmend in ſich ſelbſt zuſammenbrechen könnte. Nichts iſt bezeichnender für den
ungeheueren Unterſchied zwiſchen dem ſchwerfälligen Geiſt des Alterthums und der
beweglichen Leiſtungsfähigkeit des modernen Kraftgenies, als die Gegenüberſtellung
einer ägyptiſchen Pyramide oder eines indiſchen Grottentempels zu den luftigen
Titanenwerken der Forthbrücke oder des Eiffelthurmes. Und betrachtet man die
rieſigen Maſchinen, welche die ſchwimmenden Kriegsmittel in Bewegung ſetzen,
Maſchinen von 20.000 bis 30.000 Pferdekräften Leiſtungsfähigkeit, ſo wird man
ſich ſagen, daß wir erſt jetzt mitten im Eiſenzeitalter ſtehen, daß erſt der moderne
Menſch ſiegreich die Naturkräfte ſeiner Herrſchaft ſich untergeordnet hat und Wunder
auf Wunder ſchafft, als ſei eine Schöpfungsära anderer Art angebrochen.

Das iſt aber nur das Großzügige an der Sache. Auch ihre Vielgeſtaltigkeit
iſt imponirend. Man denke an die unzähligen Gebrauchsgegenſtände, welche aus
der Schmiede hervorgehen, man vergegenwärtige ſich die vielen, allen möglichen
Zwecken dienſtbar gemachten Hilfsmaſchinen, die ganze Kette gewerblicher und indu-
ſtrieller Betriebe, welche ohne Dampf und Eiſen — vornehmlich aber ohne letzterem
— unmöglich wären; man halte vor Augen, daß dies alles hauptſächlich durch
das Mittel einer hoch ausgebildeten Intelligenz, einer Summe von Beſtrebungen
und einer Reihe von Factoren ermöglicht wurde, die unmittelbar aus dem idealen
Culturſtoff hervorgegangen ſind. Man begreift daher, daß nur ein Volk, wie das
engliſche, das geiſtig weit fortgeſchritten war und vornehmlich durch die Summe
ſeiner techniſchen Vorkenntniſſe hierzu berufen war, der Schöpfer des modernen
Culturmittels werden konnte. Ohne geiſtige Errungenſchaften höherer Art wäre
dieſem niemals der Weg geebnet worden.

Bei dem ungeheueren Verbrauch von Eiſen iſt es von Intereſſe, diesbezüglich
einige Ziffern vorzubringen. Die wichtigſten Eiſenproducenten ſind England,
Deutſchland
und die Vereinigten Staaten von Amerika. In zweiter Linie

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[13/0029] Einleitung. Es braucht wohl kaum beſonders darauf hingewieſen zu werden, welche mächtigen Impulſe die Eiſenbahntechnik in ihrer Geſammtheit den Schienenwegen verdankt. Nur Dampf und Eiſen konnten die räumlichen Schranken überwinden, nur in ihnen ward das Mittel gegeben, durch Felsmauern und Gebirgsſtöcke den Durchgang zu erzwingen, Ströme und Meeresarme unter die Joche gewaltiger Eiſenconſtructionen zu zwängen. So wuchſen jene Rieſenbauten in die Lüfte, dem Auge kaum mehr als ein Gewirr von eiſernen Fäden, in Wirklichkeit erſtaunliche Kunſtwerke, vor- wiegend geſtützt auf mathematiſches Wiſſen, da die Brückenbaukunſt die aufeinander wirkenden Druck- und Zugkräfte ins Gleichgewicht bringt und gewaltige Maſſen durch Stabilitätsgeſetze entlaſtet. Von den Hilfskräften, welche hierbei in Thätigkeit geſetzt werden, ſei weiter nicht die Rede. Verwandt mit dieſen Bauten ſind die großartigen Bahnhofshallen in Eiſenconſtruction, zu deren maſſigen und ſcheinbar doch ſo luftigen Wölbungen der Blick des erſtaunten Beobachters emporſchweift, fern jedem Gedanken, daß dieſer ſinnverwirrende Wirrwarr von Conſtructionstheilen mit der ungeheueren Geſammtlaſt zermalmend in ſich ſelbſt zuſammenbrechen könnte. Nichts iſt bezeichnender für den ungeheueren Unterſchied zwiſchen dem ſchwerfälligen Geiſt des Alterthums und der beweglichen Leiſtungsfähigkeit des modernen Kraftgenies, als die Gegenüberſtellung einer ägyptiſchen Pyramide oder eines indiſchen Grottentempels zu den luftigen Titanenwerken der Forthbrücke oder des Eiffelthurmes. Und betrachtet man die rieſigen Maſchinen, welche die ſchwimmenden Kriegsmittel in Bewegung ſetzen, Maſchinen von 20.000 bis 30.000 Pferdekräften Leiſtungsfähigkeit, ſo wird man ſich ſagen, daß wir erſt jetzt mitten im Eiſenzeitalter ſtehen, daß erſt der moderne Menſch ſiegreich die Naturkräfte ſeiner Herrſchaft ſich untergeordnet hat und Wunder auf Wunder ſchafft, als ſei eine Schöpfungsära anderer Art angebrochen. Das iſt aber nur das Großzügige an der Sache. Auch ihre Vielgeſtaltigkeit iſt imponirend. Man denke an die unzähligen Gebrauchsgegenſtände, welche aus der Schmiede hervorgehen, man vergegenwärtige ſich die vielen, allen möglichen Zwecken dienſtbar gemachten Hilfsmaſchinen, die ganze Kette gewerblicher und indu- ſtrieller Betriebe, welche ohne Dampf und Eiſen — vornehmlich aber ohne letzterem — unmöglich wären; man halte vor Augen, daß dies alles hauptſächlich durch das Mittel einer hoch ausgebildeten Intelligenz, einer Summe von Beſtrebungen und einer Reihe von Factoren ermöglicht wurde, die unmittelbar aus dem idealen Culturſtoff hervorgegangen ſind. Man begreift daher, daß nur ein Volk, wie das engliſche, das geiſtig weit fortgeſchritten war und vornehmlich durch die Summe ſeiner techniſchen Vorkenntniſſe hierzu berufen war, der Schöpfer des modernen Culturmittels werden konnte. Ohne geiſtige Errungenſchaften höherer Art wäre dieſem niemals der Weg geebnet worden. Bei dem ungeheueren Verbrauch von Eiſen iſt es von Intereſſe, diesbezüglich einige Ziffern vorzubringen. Die wichtigſten Eiſenproducenten ſind England, Deutſchland und die Vereinigten Staaten von Amerika. In zweiter Linie

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/29>, abgerufen am 23.11.2024.