Genua und New-York, und im Jahre 1892 endlich trat die Ergänzung des Schnelldampferverkehrs Bremen--New-York ins Leben, nämlich eine Fracht- und Zwischendeckslinie, welche den Verkehr der Schnelldampfer entlastete und -- in ihrem Betriebe ungleich billiger -- dem Lloyd erlaubte, auch die Massenfracht, deren Beförderung auf den Schnelldampfern ausgeschlossen erscheint, sich zu sichern.
In mehr als einer Beziehung steht dem Lloyd die Hamburg-Amerika- nische-Packetfahrt-Actiengesellschaft, welche im Jahre 1847 ins Leben trat, ebenbürtig zur Seite. Ihre Flotte besitzt einige der größten und schnellsten Schiffe der deutschen Handelsmarine. Ueber die Bedeutung des von der Gesellschaft eingerichteten Schnelldampferdienstes für Deutschlands Beziehungen, in erster Linie die commer- ziellen zu den Vereinigten Staaten von Amerika, brauchen wir nicht viele Worte zu machen. Die erfreuliche Thatsache, daß die Entfernung zwischen beiden Ländern auf nur 7 1/2 Tage verringert ist, kommt nicht nur dem Waaren- und Personen- verkehr, sondern auch dem Postaustausche zu Gute.
Auf den Hamburger Schnelldampfern sind unter Aufwendung außerordent- licher Kosten einzig dastehende Einrichtungen zur Sicherung der ihnen anvertrauten Leben und Güter geschaffen worden. Die Vorkehrungen zu diesem Zwecke sind von viel größerem Umfange und bedingen beträchtlich höhere Kosten, als die Decoration und Mobilarausstattung der Passagierräume, welche meistens das Auge der wechseln- den Bewohner eines solchen schwimmenden Palastes gefangen nimmt.
Ein bedeutender Fortschritt in der Entwickelung des Schnellverkehres war die Einführung des Doppelschraubensystems. Dieses System, und mit ihm die Theilung des Schiffes in zwei Hälften, jede mit einer completen Maschinenausrüstung ver- sehen, erwies sich als ein großer Erfolg und zeitigte Resultate, welche alles bisher Erreichte in den Schatten stellten und den Schnelldampfern mit Recht die Be- zeichnung als "Blitzzüge des Oceans" eingetragen haben. Der Erfolg des Doppel- schraubensystems war durchaus nicht von vornherein gegeben. Ein ebensolcher Sprung ins Dunkle war es, als die Hamburger Unternehmung beschloß, bei der Vergebung des Baues auch die deutsche Schiffbau-Industrie zu berücksichtigen, indem sie einen der beiden ersten Schnelldampfer -- die "Augusta Victoria" -- auf der Schiffswerfte des "Vulcan" in Stettin bauen ließ. Nicht viele Leser werden ermessen, was Alles in diesen Worten liegt. Ehe dieser Auftrag ertheilt wurde, hatte es noch Niemand gewagt, einen großen Personen-Schnelldampfer in Deutsch- land erbauen zu lassen. Denn nur die Engländer und Franzosen hatten bisher dies schwierige Werk der Schiffbaukunst zu liefern vermocht. Es gehörte also kein geringer Muth dazu, ein Object, das nahezu 5 Millionen Mark kostete, der deutschen Industrie zum Baue zu übertragen. Der Vulcan hatte bis dahin zwar glänzende Proben seiner Leistungsfähigkeit gegeben, vornehmlich durch seine Doppelschrauben- bauten für die chinesische Kriegsmarine, aber um den höchsten Triumph durch Herstellung eines Schnelldampfers in solchen Verhältnissen feiern zu können, dazu hatte es ihm bisher an Gelegenheit gefehlt.
Erſter Abſchnitt.
Genua und New-York, und im Jahre 1892 endlich trat die Ergänzung des Schnelldampferverkehrs Bremen—New-York ins Leben, nämlich eine Fracht- und Zwiſchendeckslinie, welche den Verkehr der Schnelldampfer entlaſtete und — in ihrem Betriebe ungleich billiger — dem Lloyd erlaubte, auch die Maſſenfracht, deren Beförderung auf den Schnelldampfern ausgeſchloſſen erſcheint, ſich zu ſichern.
In mehr als einer Beziehung ſteht dem Lloyd die Hamburg-Amerika- niſche-Packetfahrt-Actiengeſellſchaft, welche im Jahre 1847 ins Leben trat, ebenbürtig zur Seite. Ihre Flotte beſitzt einige der größten und ſchnellſten Schiffe der deutſchen Handelsmarine. Ueber die Bedeutung des von der Geſellſchaft eingerichteten Schnelldampferdienſtes für Deutſchlands Beziehungen, in erſter Linie die commer- ziellen zu den Vereinigten Staaten von Amerika, brauchen wir nicht viele Worte zu machen. Die erfreuliche Thatſache, daß die Entfernung zwiſchen beiden Ländern auf nur 7 ½ Tage verringert iſt, kommt nicht nur dem Waaren- und Perſonen- verkehr, ſondern auch dem Poſtaustauſche zu Gute.
Auf den Hamburger Schnelldampfern ſind unter Aufwendung außerordent- licher Koſten einzig daſtehende Einrichtungen zur Sicherung der ihnen anvertrauten Leben und Güter geſchaffen worden. Die Vorkehrungen zu dieſem Zwecke ſind von viel größerem Umfange und bedingen beträchtlich höhere Koſten, als die Decoration und Mobilarausſtattung der Paſſagierräume, welche meiſtens das Auge der wechſeln- den Bewohner eines ſolchen ſchwimmenden Palaſtes gefangen nimmt.
Ein bedeutender Fortſchritt in der Entwickelung des Schnellverkehres war die Einführung des Doppelſchraubenſyſtems. Dieſes Syſtem, und mit ihm die Theilung des Schiffes in zwei Hälften, jede mit einer completen Maſchinenausrüſtung ver- ſehen, erwies ſich als ein großer Erfolg und zeitigte Reſultate, welche alles bisher Erreichte in den Schatten ſtellten und den Schnelldampfern mit Recht die Be- zeichnung als »Blitzzüge des Oceans« eingetragen haben. Der Erfolg des Doppel- ſchraubenſyſtems war durchaus nicht von vornherein gegeben. Ein ebenſolcher Sprung ins Dunkle war es, als die Hamburger Unternehmung beſchloß, bei der Vergebung des Baues auch die deutſche Schiffbau-Induſtrie zu berückſichtigen, indem ſie einen der beiden erſten Schnelldampfer — die »Auguſta Victoria« — auf der Schiffswerfte des »Vulcan« in Stettin bauen ließ. Nicht viele Leſer werden ermeſſen, was Alles in dieſen Worten liegt. Ehe dieſer Auftrag ertheilt wurde, hatte es noch Niemand gewagt, einen großen Perſonen-Schnelldampfer in Deutſch- land erbauen zu laſſen. Denn nur die Engländer und Franzoſen hatten bisher dies ſchwierige Werk der Schiffbaukunſt zu liefern vermocht. Es gehörte alſo kein geringer Muth dazu, ein Object, das nahezu 5 Millionen Mark koſtete, der deutſchen Induſtrie zum Baue zu übertragen. Der Vulcan hatte bis dahin zwar glänzende Proben ſeiner Leiſtungsfähigkeit gegeben, vornehmlich durch ſeine Doppelſchrauben- bauten für die chineſiſche Kriegsmarine, aber um den höchſten Triumph durch Herſtellung eines Schnelldampfers in ſolchen Verhältniſſen feiern zu können, dazu hatte es ihm bisher an Gelegenheit gefehlt.
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Genua und New-York, und im Jahre 1892 endlich trat die Ergänzung des
Schnelldampferverkehrs Bremen—New-York ins Leben, nämlich eine Fracht- und
Zwiſchendeckslinie, welche den Verkehr der Schnelldampfer entlaſtete und — in
ihrem Betriebe ungleich billiger — dem Lloyd erlaubte, auch die Maſſenfracht,
deren Beförderung auf den Schnelldampfern ausgeſchloſſen erſcheint, ſich zu ſichern.
In mehr als einer Beziehung ſteht dem Lloyd die Hamburg-Amerika-
niſche-Packetfahrt-Actiengeſellſchaft, welche im Jahre 1847 ins Leben trat,
ebenbürtig zur Seite. Ihre Flotte beſitzt einige der größten und ſchnellſten Schiffe der
deutſchen Handelsmarine. Ueber die Bedeutung des von der Geſellſchaft eingerichteten
Schnelldampferdienſtes für Deutſchlands Beziehungen, in erſter Linie die commer-
ziellen zu den Vereinigten Staaten von Amerika, brauchen wir nicht viele Worte
zu machen. Die erfreuliche Thatſache, daß die Entfernung zwiſchen beiden Ländern
auf nur 7 ½ Tage verringert iſt, kommt nicht nur dem Waaren- und Perſonen-
verkehr, ſondern auch dem Poſtaustauſche zu Gute.
Auf den Hamburger Schnelldampfern ſind unter Aufwendung außerordent-
licher Koſten einzig daſtehende Einrichtungen zur Sicherung der ihnen anvertrauten
Leben und Güter geſchaffen worden. Die Vorkehrungen zu dieſem Zwecke ſind von
viel größerem Umfange und bedingen beträchtlich höhere Koſten, als die Decoration
und Mobilarausſtattung der Paſſagierräume, welche meiſtens das Auge der wechſeln-
den Bewohner eines ſolchen ſchwimmenden Palaſtes gefangen nimmt.
Ein bedeutender Fortſchritt in der Entwickelung des Schnellverkehres war die
Einführung des Doppelſchraubenſyſtems. Dieſes Syſtem, und mit ihm die Theilung
des Schiffes in zwei Hälften, jede mit einer completen Maſchinenausrüſtung ver-
ſehen, erwies ſich als ein großer Erfolg und zeitigte Reſultate, welche alles bisher
Erreichte in den Schatten ſtellten und den Schnelldampfern mit Recht die Be-
zeichnung als »Blitzzüge des Oceans« eingetragen haben. Der Erfolg des Doppel-
ſchraubenſyſtems war durchaus nicht von vornherein gegeben. Ein ebenſolcher
Sprung ins Dunkle war es, als die Hamburger Unternehmung beſchloß, bei der
Vergebung des Baues auch die deutſche Schiffbau-Induſtrie zu berückſichtigen, indem
ſie einen der beiden erſten Schnelldampfer — die »Auguſta Victoria« — auf der
Schiffswerfte des »Vulcan« in Stettin bauen ließ. Nicht viele Leſer werden
ermeſſen, was Alles in dieſen Worten liegt. Ehe dieſer Auftrag ertheilt wurde,
hatte es noch Niemand gewagt, einen großen Perſonen-Schnelldampfer in Deutſch-
land erbauen zu laſſen. Denn nur die Engländer und Franzoſen hatten bisher dies
ſchwierige Werk der Schiffbaukunſt zu liefern vermocht. Es gehörte alſo kein geringer
Muth dazu, ein Object, das nahezu 5 Millionen Mark koſtete, der deutſchen
Induſtrie zum Baue zu übertragen. Der Vulcan hatte bis dahin zwar glänzende
Proben ſeiner Leiſtungsfähigkeit gegeben, vornehmlich durch ſeine Doppelſchrauben-
bauten für die chineſiſche Kriegsmarine, aber um den höchſten Triumph durch
Herſtellung eines Schnelldampfers in ſolchen Verhältniſſen feiern zu können, dazu
hatte es ihm bisher an Gelegenheit gefehlt.
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/422>, abgerufen am 22.11.2024.
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