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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Herdfeuer und Flammofen.

In diesem Stadium ist das ganze Bad in kochender Wallung und die
Schlacke beginnt durch die Arbeitsthüre abzufließen. In Folge der gesteigerten
Temperatur schreitet die Entkohlung rasch vorwärts und es tritt der Moment ein,
wo das Bad strengflüssig wird, d. h. das Eisen, dessen Schmelztemperatur nun
höher liegt als die Temperatur im Ofen, zu erstarren beginnt. Damit hat das
Umrühren sein Ende. Da aber die zu Schmiedeeisen verwandelte Masse noch nicht
gleichmäßig entkohlt ist, vollführt der Puddler eine zweite Operation, die des Auf-
brechens und Umsetzens. Er vertauscht den Rührhaken mit einer starken Brechstange
("Spitze"), mittelst welcher er die erstarrte Masse in Klumpen zerbricht und auf-
einanderhäuft. Diesen Vorgang kann man im Bedarfsfalle mehreremale wieder-
holen. Zuletzt wird der ganze Eisenballen in eine Anzahl Stücke zertheilt und
jedes derselben mittelst der Spitze so lange im Herde hin und her gerollt, bis er
sich der Kugelgestalt genähert hat. Bei diesem Vorgange werden die auf dem
Herde herumliegenden kleineren Eisenmengen mit den einzelnen Eisenballen zu-
sammengeschweißt.

Man nennt dieselben Luppen, und es erübrigt dem Puddler weiter nichts,
als durch abermalige Steigerung der Temperatur eine Ausscheidung der das schwammige
Eisen durchsetzenden Schlacke zu bewirken. Da dies nicht in vollkommener Weise
gelingt, entnimmt der Puddler durch die geöffnete Einsatzthüre mit einer großen
Zange eine Luppe nach der andern dem Ofen und bringt sie unter den Dampf-
hammer, unter welchem sie vorsichtig zusammengedrückt wird.

Es ist der größte Vorzug des Dampfhammers, daß seine Schläge sich so
empfindlich reguliren lassen. Der Eisenball, der anfangs durch einen kräftigen Schlag
in Brocken auseinanderfliegen würde, nimmt durch den sanfteren Druck größere
Consistenz an, indem die Schlacke ausfließt und die Eisenkörnchen aneinander-
schweißen. Erst wenn dies erzielt ist, schreitet man unter kräftigen Schlägen und
kunstgerechtem Wenden und Drehen des Klumpens, den eine aufgehängte mächtige
Zange hält, zum definitiven Gestalten der Form. Nachdem man so das Eisen durch
Hämmern in eine vierseitig prismatische Form gebracht hat, gelangt es, eventuell
nach vorherigem Wiedererhitzen im Flammofen, zu den Walzwerken, die durch ver-
schiedene, immer enger werdende Oeffnungen den Querschnitt immer mehr verringern.
Wir kommen später auf die Walzwerke noch eingehend zu sprechen.

Der Puddelproceß hat nicht immer den vorgeschilderten Verlauf. Er betrifft
diesfalls nur siliciumreiche graue Roheisen, welches ein kohlenstoffarmes sehniges
Schmiedeeisen liefert. Anders gestaltet sich der Proceß beim siliciumarmen Weißeisen,
bei welchem die Entkohlung schon beim Einschmelzen beginnt, was eine Abkürzung
des Umrührens bedingt. Das Endproduct ist dann ebenfalls weiches, sehniges
Schmiedeeisen. Dagegen muß man die Entkohlung entsprechend zurückhalten, wenn
man kohlenstoffreicheres Schmiedeeisen (Feinkorneisen) oder Stahl erhalten will. In
diesen beiden letzteren Fällen wird das Aufbrechen und Umsetzen sehr abgekürzt,
wenn man es nicht völlig übergeht. Von Vortheil ist ferner, die Luppen unter der

Herdfeuer und Flammofen.

In dieſem Stadium iſt das ganze Bad in kochender Wallung und die
Schlacke beginnt durch die Arbeitsthüre abzufließen. In Folge der geſteigerten
Temperatur ſchreitet die Entkohlung raſch vorwärts und es tritt der Moment ein,
wo das Bad ſtrengflüſſig wird, d. h. das Eiſen, deſſen Schmelztemperatur nun
höher liegt als die Temperatur im Ofen, zu erſtarren beginnt. Damit hat das
Umrühren ſein Ende. Da aber die zu Schmiedeeiſen verwandelte Maſſe noch nicht
gleichmäßig entkohlt iſt, vollführt der Puddler eine zweite Operation, die des Auf-
brechens und Umſetzens. Er vertauſcht den Rührhaken mit einer ſtarken Brechſtange
(»Spitze«), mittelſt welcher er die erſtarrte Maſſe in Klumpen zerbricht und auf-
einanderhäuft. Dieſen Vorgang kann man im Bedarfsfalle mehreremale wieder-
holen. Zuletzt wird der ganze Eiſenballen in eine Anzahl Stücke zertheilt und
jedes derſelben mittelſt der Spitze ſo lange im Herde hin und her gerollt, bis er
ſich der Kugelgeſtalt genähert hat. Bei dieſem Vorgange werden die auf dem
Herde herumliegenden kleineren Eiſenmengen mit den einzelnen Eiſenballen zu-
ſammengeſchweißt.

Man nennt dieſelben Luppen, und es erübrigt dem Puddler weiter nichts,
als durch abermalige Steigerung der Temperatur eine Ausſcheidung der das ſchwammige
Eiſen durchſetzenden Schlacke zu bewirken. Da dies nicht in vollkommener Weiſe
gelingt, entnimmt der Puddler durch die geöffnete Einſatzthüre mit einer großen
Zange eine Luppe nach der andern dem Ofen und bringt ſie unter den Dampf-
hammer, unter welchem ſie vorſichtig zuſammengedrückt wird.

Es iſt der größte Vorzug des Dampfhammers, daß ſeine Schläge ſich ſo
empfindlich reguliren laſſen. Der Eiſenball, der anfangs durch einen kräftigen Schlag
in Brocken auseinanderfliegen würde, nimmt durch den ſanfteren Druck größere
Conſiſtenz an, indem die Schlacke ausfließt und die Eiſenkörnchen aneinander-
ſchweißen. Erſt wenn dies erzielt iſt, ſchreitet man unter kräftigen Schlägen und
kunſtgerechtem Wenden und Drehen des Klumpens, den eine aufgehängte mächtige
Zange hält, zum definitiven Geſtalten der Form. Nachdem man ſo das Eiſen durch
Hämmern in eine vierſeitig prismatiſche Form gebracht hat, gelangt es, eventuell
nach vorherigem Wiedererhitzen im Flammofen, zu den Walzwerken, die durch ver-
ſchiedene, immer enger werdende Oeffnungen den Querſchnitt immer mehr verringern.
Wir kommen ſpäter auf die Walzwerke noch eingehend zu ſprechen.

Der Puddelproceß hat nicht immer den vorgeſchilderten Verlauf. Er betrifft
diesfalls nur ſiliciumreiche graue Roheiſen, welches ein kohlenſtoffarmes ſehniges
Schmiedeeiſen liefert. Anders geſtaltet ſich der Proceß beim ſiliciumarmen Weißeiſen,
bei welchem die Entkohlung ſchon beim Einſchmelzen beginnt, was eine Abkürzung
des Umrührens bedingt. Das Endproduct iſt dann ebenfalls weiches, ſehniges
Schmiedeeiſen. Dagegen muß man die Entkohlung entſprechend zurückhalten, wenn
man kohlenſtoffreicheres Schmiedeeiſen (Feinkorneiſen) oder Stahl erhalten will. In
dieſen beiden letzteren Fällen wird das Aufbrechen und Umſetzen ſehr abgekürzt,
wenn man es nicht völlig übergeht. Von Vortheil iſt ferner, die Luppen unter der

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[53/0073] Herdfeuer und Flammofen. In dieſem Stadium iſt das ganze Bad in kochender Wallung und die Schlacke beginnt durch die Arbeitsthüre abzufließen. In Folge der geſteigerten Temperatur ſchreitet die Entkohlung raſch vorwärts und es tritt der Moment ein, wo das Bad ſtrengflüſſig wird, d. h. das Eiſen, deſſen Schmelztemperatur nun höher liegt als die Temperatur im Ofen, zu erſtarren beginnt. Damit hat das Umrühren ſein Ende. Da aber die zu Schmiedeeiſen verwandelte Maſſe noch nicht gleichmäßig entkohlt iſt, vollführt der Puddler eine zweite Operation, die des Auf- brechens und Umſetzens. Er vertauſcht den Rührhaken mit einer ſtarken Brechſtange (»Spitze«), mittelſt welcher er die erſtarrte Maſſe in Klumpen zerbricht und auf- einanderhäuft. Dieſen Vorgang kann man im Bedarfsfalle mehreremale wieder- holen. Zuletzt wird der ganze Eiſenballen in eine Anzahl Stücke zertheilt und jedes derſelben mittelſt der Spitze ſo lange im Herde hin und her gerollt, bis er ſich der Kugelgeſtalt genähert hat. Bei dieſem Vorgange werden die auf dem Herde herumliegenden kleineren Eiſenmengen mit den einzelnen Eiſenballen zu- ſammengeſchweißt. Man nennt dieſelben Luppen, und es erübrigt dem Puddler weiter nichts, als durch abermalige Steigerung der Temperatur eine Ausſcheidung der das ſchwammige Eiſen durchſetzenden Schlacke zu bewirken. Da dies nicht in vollkommener Weiſe gelingt, entnimmt der Puddler durch die geöffnete Einſatzthüre mit einer großen Zange eine Luppe nach der andern dem Ofen und bringt ſie unter den Dampf- hammer, unter welchem ſie vorſichtig zuſammengedrückt wird. Es iſt der größte Vorzug des Dampfhammers, daß ſeine Schläge ſich ſo empfindlich reguliren laſſen. Der Eiſenball, der anfangs durch einen kräftigen Schlag in Brocken auseinanderfliegen würde, nimmt durch den ſanfteren Druck größere Conſiſtenz an, indem die Schlacke ausfließt und die Eiſenkörnchen aneinander- ſchweißen. Erſt wenn dies erzielt iſt, ſchreitet man unter kräftigen Schlägen und kunſtgerechtem Wenden und Drehen des Klumpens, den eine aufgehängte mächtige Zange hält, zum definitiven Geſtalten der Form. Nachdem man ſo das Eiſen durch Hämmern in eine vierſeitig prismatiſche Form gebracht hat, gelangt es, eventuell nach vorherigem Wiedererhitzen im Flammofen, zu den Walzwerken, die durch ver- ſchiedene, immer enger werdende Oeffnungen den Querſchnitt immer mehr verringern. Wir kommen ſpäter auf die Walzwerke noch eingehend zu ſprechen. Der Puddelproceß hat nicht immer den vorgeſchilderten Verlauf. Er betrifft diesfalls nur ſiliciumreiche graue Roheiſen, welches ein kohlenſtoffarmes ſehniges Schmiedeeiſen liefert. Anders geſtaltet ſich der Proceß beim ſiliciumarmen Weißeiſen, bei welchem die Entkohlung ſchon beim Einſchmelzen beginnt, was eine Abkürzung des Umrührens bedingt. Das Endproduct iſt dann ebenfalls weiches, ſehniges Schmiedeeiſen. Dagegen muß man die Entkohlung entſprechend zurückhalten, wenn man kohlenſtoffreicheres Schmiedeeiſen (Feinkorneiſen) oder Stahl erhalten will. In dieſen beiden letzteren Fällen wird das Aufbrechen und Umſetzen ſehr abgekürzt, wenn man es nicht völlig übergeht. Von Vortheil iſt ferner, die Luppen unter der

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/73>, abgerufen am 21.11.2024.