von Geschossen kampfunfähig zu machen, bevor sie von der unterseeischen Spreng- waffe Gebrauch machen können. Zwar sind die Torpedoboote klein und schwer bemerkbar; dafür entbehren sie der Panzerung, und es genügen schon Geschosse sehr mäßigen Gewichtes, ihre Bordwand zu durchlöchern. Geschieht dies in der Nähe oder unter der Wasserlinie, so sind die Torpedoboote dem sicheren Untergange geweiht. Und wenn auch nur die Maschine in Unordnung geräth, so ist damit viel gewonnen. Hierzu genügen schon 37 bis 57 Millimeter-Geschütze.
Dabei ist man jedoch nicht stehen geblieben. Es lag der Gedanke nahe, die langsam feuernden, sehr schweren und kostspieligen Geschütze von 70, ja von 100 Tonnen Gewicht, durch solche von kleinerem Caliber zu ersetzen, bei denen das ge-
[Abbildung]
Fig. 580.
Fünfläufiges Hotchkiß-Geschütz.
ringe Gewicht des Geschosses durch die größere Anfangsge- schwindigkeit und die größere Durchschlagskraft aufgewo- gen wurde. So entstanden die kleincalibrigen Schnell- feuergeschütze, jene Kanonen von 10, 12 und 15 Centi- metern, welche Panzer von 50 Centimeter Dicke durch- bohren, es also den viel schwereren älteren Waffen gleichthun. Derartige Ge- schütze besitzen die Flotten aller Seemächte bereits in größerer Zahl.
Zunächst wurden -- indem man den Torpedokampf vor Augen behielt -- die mehrläufigen Maschinen- geschütze, welche von der verunglückten französischen Mitrailleuse abstammen, bei allen Marinen eingeführt. Sofort aber entbrannte der Kampf von Neuem. Die Torpedoboote legten Panzerschutz an, worauf die Gegner das Caliber der Maschinen- geschütze vergrößerten. Glücklicherweise aber sorgten zwei Umstände dafür, daß die Bäume nicht in den Himmel wuchsen. Jede Erhöhung der Wandstärke der Torpedo- boote beeinträchtigt deren Schnelligkeit, d. h. ihr Lebenselement; anderseits wurden die Maschinengeschütze wieder so schwer und so unhandlich, daß ihr Hauptvortheil: leichteste Beweglichkeit, raschestes Richten und Schießen, ganz wesentlich abnahm.
In der Noth griff man zu den einläufigen Geschützen zurück, die man aber auf Schnellfeuer einrichtete, und zwar mit solchem Erfolge, daß diese Waffe gegenwärtig, selbst bei einem Caliber von 13 Centimetern, in Bezug auf Schußgeschwindigkeit den gewöhnlichen Hinterladern unendlich überlegen ist, ohne daß sie darum die Be- weglichkeit einbüßte. Dadurch fielen die Actien der Torpedoboote bedeutend, denn
Erſter Abſchnitt.
von Geſchoſſen kampfunfähig zu machen, bevor ſie von der unterſeeiſchen Spreng- waffe Gebrauch machen können. Zwar ſind die Torpedoboote klein und ſchwer bemerkbar; dafür entbehren ſie der Panzerung, und es genügen ſchon Geſchoſſe ſehr mäßigen Gewichtes, ihre Bordwand zu durchlöchern. Geſchieht dies in der Nähe oder unter der Waſſerlinie, ſo ſind die Torpedoboote dem ſicheren Untergange geweiht. Und wenn auch nur die Maſchine in Unordnung geräth, ſo iſt damit viel gewonnen. Hierzu genügen ſchon 37 bis 57 Millimeter-Geſchütze.
Dabei iſt man jedoch nicht ſtehen geblieben. Es lag der Gedanke nahe, die langſam feuernden, ſehr ſchweren und koſtſpieligen Geſchütze von 70, ja von 100 Tonnen Gewicht, durch ſolche von kleinerem Caliber zu erſetzen, bei denen das ge-
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Fig. 580.
Fünfläufiges Hotchkiß-Geſchütz.
ringe Gewicht des Geſchoſſes durch die größere Anfangsge- ſchwindigkeit und die größere Durchſchlagskraft aufgewo- gen wurde. So entſtanden die kleincalibrigen Schnell- feuergeſchütze, jene Kanonen von 10, 12 und 15 Centi- metern, welche Panzer von 50 Centimeter Dicke durch- bohren, es alſo den viel ſchwereren älteren Waffen gleichthun. Derartige Ge- ſchütze beſitzen die Flotten aller Seemächte bereits in größerer Zahl.
Zunächſt wurden — indem man den Torpedokampf vor Augen behielt — die mehrläufigen Maſchinen- geſchütze, welche von der verunglückten franzöſiſchen Mitrailleuſe abſtammen, bei allen Marinen eingeführt. Sofort aber entbrannte der Kampf von Neuem. Die Torpedoboote legten Panzerſchutz an, worauf die Gegner das Caliber der Maſchinen- geſchütze vergrößerten. Glücklicherweiſe aber ſorgten zwei Umſtände dafür, daß die Bäume nicht in den Himmel wuchſen. Jede Erhöhung der Wandſtärke der Torpedo- boote beeinträchtigt deren Schnelligkeit, d. h. ihr Lebenselement; anderſeits wurden die Maſchinengeſchütze wieder ſo ſchwer und ſo unhandlich, daß ihr Hauptvortheil: leichteſte Beweglichkeit, raſcheſtes Richten und Schießen, ganz weſentlich abnahm.
In der Noth griff man zu den einläufigen Geſchützen zurück, die man aber auf Schnellfeuer einrichtete, und zwar mit ſolchem Erfolge, daß dieſe Waffe gegenwärtig, ſelbſt bei einem Caliber von 13 Centimetern, in Bezug auf Schußgeſchwindigkeit den gewöhnlichen Hinterladern unendlich überlegen iſt, ohne daß ſie darum die Be- weglichkeit einbüßte. Dadurch fielen die Actien der Torpedoboote bedeutend, denn
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Erſter Abſchnitt.
von Geſchoſſen kampfunfähig zu machen, bevor ſie von der unterſeeiſchen Spreng-
waffe Gebrauch machen können. Zwar ſind die Torpedoboote klein und ſchwer
bemerkbar; dafür entbehren ſie der Panzerung, und es genügen ſchon Geſchoſſe
ſehr mäßigen Gewichtes, ihre Bordwand zu durchlöchern. Geſchieht dies in der
Nähe oder unter der Waſſerlinie, ſo ſind die Torpedoboote dem ſicheren Untergange
geweiht. Und wenn auch nur die Maſchine in Unordnung geräth, ſo iſt damit
viel gewonnen. Hierzu genügen ſchon 37 bis 57 Millimeter-Geſchütze.
Dabei iſt man jedoch nicht ſtehen geblieben. Es lag der Gedanke nahe, die
langſam feuernden, ſehr ſchweren und koſtſpieligen Geſchütze von 70, ja von 100
Tonnen Gewicht, durch ſolche von kleinerem Caliber zu erſetzen, bei denen das ge-
[Abbildung Fig. 580. Fünfläufiges Hotchkiß-Geſchütz.]
ringe Gewicht des Geſchoſſes
durch die größere Anfangsge-
ſchwindigkeit und die größere
Durchſchlagskraft aufgewo-
gen wurde. So entſtanden
die kleincalibrigen Schnell-
feuergeſchütze, jene Kanonen
von 10, 12 und 15 Centi-
metern, welche Panzer von
50 Centimeter Dicke durch-
bohren, es alſo den viel
ſchwereren älteren Waffen
gleichthun. Derartige Ge-
ſchütze beſitzen die Flotten
aller Seemächte bereits in
größerer Zahl.
Zunächſt wurden —
indem man den Torpedokampf vor Augen behielt — die mehrläufigen Maſchinen-
geſchütze, welche von der verunglückten franzöſiſchen Mitrailleuſe abſtammen, bei
allen Marinen eingeführt. Sofort aber entbrannte der Kampf von Neuem. Die
Torpedoboote legten Panzerſchutz an, worauf die Gegner das Caliber der Maſchinen-
geſchütze vergrößerten. Glücklicherweiſe aber ſorgten zwei Umſtände dafür, daß die
Bäume nicht in den Himmel wuchſen. Jede Erhöhung der Wandſtärke der Torpedo-
boote beeinträchtigt deren Schnelligkeit, d. h. ihr Lebenselement; anderſeits wurden
die Maſchinengeſchütze wieder ſo ſchwer und ſo unhandlich, daß ihr Hauptvortheil:
leichteſte Beweglichkeit, raſcheſtes Richten und Schießen, ganz weſentlich abnahm.
In der Noth griff man zu den einläufigen Geſchützen zurück, die man aber auf
Schnellfeuer einrichtete, und zwar mit ſolchem Erfolge, daß dieſe Waffe gegenwärtig,
ſelbſt bei einem Caliber von 13 Centimetern, in Bezug auf Schußgeſchwindigkeit
den gewöhnlichen Hinterladern unendlich überlegen iſt, ohne daß ſie darum die Be-
weglichkeit einbüßte. Dadurch fielen die Actien der Torpedoboote bedeutend, denn
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 726. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/802>, abgerufen am 22.11.2024.
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