gleichen Installationen der Bessemerwerke. Die Schwierigkeit, mittelst des Thomas- processes Stahl höheren Härtegrades zu erzeugen, ist im Laufe der Zeit bedeutend herabgemindert worden, vornehmlich von dem Zeitpunkte ab, seitdem man sich daran gewöhnt hat, das Silicium in Form von Fe Si und das Aluminium für den gleichen Zweck und zur Dichtung des Stahles zu verwenden.
Das Thomasverfahren hat besonders in Deutschland große Verbreitung ge- funden. Aus einer Arbeit E. Schrödter's ist zu entnehmen, daß über 90 % des Gesammtquantums an Eisenerzen, die heute in Deutschland gefördert werden, nicht im Stande sind, ein Roheisen zu erzeugen, das sich für das Bessemerverfahren eignet, und daß zwei Drittel des Gesammterzbedarfes der heutigen Roheisenerzeugung aus Lothrin- gen und Luxemburg herrühren, welches Roheisen nur für das Thomasverfahren geeignet ist. Deutschland hat also durch dasselbe ungeheuer gewonnen. Nur diejenigen Montan- bezirke, deren Erze zu phosphorreich für Bessemerroheisen und zu phosphorarm für Thomasroheisen -- also nur zur Erzeugung von Puddelroheisen -- sind, haben durch das Thomasverfahren gelitten. Indessen steht gutes Puddelroheisen noch immer so hoch im Werthe, daß der Schaden kein tiefgehender werden kann.
Der Martinproceß.
Gußeisen hat über 2.3 % Kohlenstoff, Schmiedeeisen etwa 0.5 %; schmilzt man beide zusammen, so leuchtet ein, daß bei passend gewähltem Mischungsverhältniß ein Mittelproduct sich ergeben muß, welches je nach dem Kohlenstoffgehalt, den es schließlich enthält, als Flußstahl oder Flußeisen zu bezeichnen sein wird. Die Schwierig- keit in der Uebertragung dieser Idee auf die Fabrikspraxis bestand darin, daß man lange Zeit keinen Flammofen herzustellen wußte, dessen Temperatur genügte, damit sich bei ihr das in jedem Ofenfeuer für sich allein unschmelzbare Schmiedeeisen im geschmolzenen Gußeisen auflöste, um mit ihm zu Stahl zusammenzutreten. Erst als die Brüder Martin sich entschlossen, die epochemachende Erfindung der Siemens'schen Regenerativfeuerung in Anwendung zu bringen, hatten sie Erfolge zu verzeichnen, und seitdem wird der Proceß mit Recht nach den Namen beider Erfinder benannt.
Zum Verständnisse des Martinprocesses müssen wir vorerst der Siemens'schen Erfindung gedenken. Der Flammofenbetrieb erfordert einen Brennstoff, der durch reichlichen Gehalt an Wasserstoff im Stande ist, eine lange, heiße Flamme zu liefern, wie getrocknetes Holz, dem gute, aschenarme Steinkohle in groben Stücken beigemengt wird, besonders wenn es sich darum handelt, die zu gewissen Zwecken nöthigen höchsten Temperaturen zu erhalten.
Es giebt aber auch eine Menge billigerer Brennmaterialien, wie Torf, Braunkohle, Holzspäne, Kohlen- und Koksabfälle, welche wegen ihres Wasser- oder Aschengehaltes, oder ihrer kleinkörnigen Beschaffenheit direct zu solchen Zwecken untauglich sind. Werden jedoch diese Materialien durch eine Verbrennung bei un- genügendem Luftzutritte in einem besonderen Ofen -- dem sogenannten Generator --
Dritter Abſchnitt.
gleichen Inſtallationen der Beſſemerwerke. Die Schwierigkeit, mittelſt des Thomas- proceſſes Stahl höheren Härtegrades zu erzeugen, iſt im Laufe der Zeit bedeutend herabgemindert worden, vornehmlich von dem Zeitpunkte ab, ſeitdem man ſich daran gewöhnt hat, das Silicium in Form von Fe Si und das Aluminium für den gleichen Zweck und zur Dichtung des Stahles zu verwenden.
Das Thomasverfahren hat beſonders in Deutſchland große Verbreitung ge- funden. Aus einer Arbeit E. Schrödter's iſt zu entnehmen, daß über 90 % des Geſammtquantums an Eiſenerzen, die heute in Deutſchland gefördert werden, nicht im Stande ſind, ein Roheiſen zu erzeugen, das ſich für das Beſſemerverfahren eignet, und daß zwei Drittel des Geſammterzbedarfes der heutigen Roheiſenerzeugung aus Lothrin- gen und Luxemburg herrühren, welches Roheiſen nur für das Thomasverfahren geeignet iſt. Deutſchland hat alſo durch dasſelbe ungeheuer gewonnen. Nur diejenigen Montan- bezirke, deren Erze zu phosphorreich für Beſſemerroheiſen und zu phosphorarm für Thomasroheiſen — alſo nur zur Erzeugung von Puddelroheiſen — ſind, haben durch das Thomasverfahren gelitten. Indeſſen ſteht gutes Puddelroheiſen noch immer ſo hoch im Werthe, daß der Schaden kein tiefgehender werden kann.
Der Martinproceß.
Gußeiſen hat über 2‧3 % Kohlenſtoff, Schmiedeeiſen etwa 0‧5 %; ſchmilzt man beide zuſammen, ſo leuchtet ein, daß bei paſſend gewähltem Miſchungsverhältniß ein Mittelproduct ſich ergeben muß, welches je nach dem Kohlenſtoffgehalt, den es ſchließlich enthält, als Flußſtahl oder Flußeiſen zu bezeichnen ſein wird. Die Schwierig- keit in der Uebertragung dieſer Idee auf die Fabrikspraxis beſtand darin, daß man lange Zeit keinen Flammofen herzuſtellen wußte, deſſen Temperatur genügte, damit ſich bei ihr das in jedem Ofenfeuer für ſich allein unſchmelzbare Schmiedeeiſen im geſchmolzenen Gußeiſen auflöſte, um mit ihm zu Stahl zuſammenzutreten. Erſt als die Brüder Martin ſich entſchloſſen, die epochemachende Erfindung der Siemens'ſchen Regenerativfeuerung in Anwendung zu bringen, hatten ſie Erfolge zu verzeichnen, und ſeitdem wird der Proceß mit Recht nach den Namen beider Erfinder benannt.
Zum Verſtändniſſe des Martinproceſſes müſſen wir vorerſt der Siemens'ſchen Erfindung gedenken. Der Flammofenbetrieb erfordert einen Brennſtoff, der durch reichlichen Gehalt an Waſſerſtoff im Stande iſt, eine lange, heiße Flamme zu liefern, wie getrocknetes Holz, dem gute, aſchenarme Steinkohle in groben Stücken beigemengt wird, beſonders wenn es ſich darum handelt, die zu gewiſſen Zwecken nöthigen höchſten Temperaturen zu erhalten.
Es giebt aber auch eine Menge billigerer Brennmaterialien, wie Torf, Braunkohle, Holzſpäne, Kohlen- und Koksabfälle, welche wegen ihres Waſſer- oder Aſchengehaltes, oder ihrer kleinkörnigen Beſchaffenheit direct zu ſolchen Zwecken untauglich ſind. Werden jedoch dieſe Materialien durch eine Verbrennung bei un- genügendem Luftzutritte in einem beſonderen Ofen — dem ſogenannten Generator —
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Dritter Abſchnitt.
gleichen Inſtallationen der Beſſemerwerke. Die Schwierigkeit, mittelſt des Thomas-
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herabgemindert worden, vornehmlich von dem Zeitpunkte ab, ſeitdem man ſich daran
gewöhnt hat, das Silicium in Form von Fe Si und das Aluminium für den gleichen
Zweck und zur Dichtung des Stahles zu verwenden.
Das Thomasverfahren hat beſonders in Deutſchland große Verbreitung ge-
funden. Aus einer Arbeit E. Schrödter's iſt zu entnehmen, daß über 90 % des
Geſammtquantums an Eiſenerzen, die heute in Deutſchland gefördert werden, nicht
im Stande ſind, ein Roheiſen zu erzeugen, das ſich für das Beſſemerverfahren eignet, und
daß zwei Drittel des Geſammterzbedarfes der heutigen Roheiſenerzeugung aus Lothrin-
gen und Luxemburg herrühren, welches Roheiſen nur für das Thomasverfahren geeignet
iſt. Deutſchland hat alſo durch dasſelbe ungeheuer gewonnen. Nur diejenigen Montan-
bezirke, deren Erze zu phosphorreich für Beſſemerroheiſen und zu phosphorarm für
Thomasroheiſen — alſo nur zur Erzeugung von Puddelroheiſen — ſind, haben
durch das Thomasverfahren gelitten. Indeſſen ſteht gutes Puddelroheiſen noch immer
ſo hoch im Werthe, daß der Schaden kein tiefgehender werden kann.
Der Martinproceß.
Gußeiſen hat über 2‧3 % Kohlenſtoff, Schmiedeeiſen etwa 0‧5 %; ſchmilzt man
beide zuſammen, ſo leuchtet ein, daß bei paſſend gewähltem Miſchungsverhältniß
ein Mittelproduct ſich ergeben muß, welches je nach dem Kohlenſtoffgehalt, den es
ſchließlich enthält, als Flußſtahl oder Flußeiſen zu bezeichnen ſein wird. Die Schwierig-
keit in der Uebertragung dieſer Idee auf die Fabrikspraxis beſtand darin, daß man
lange Zeit keinen Flammofen herzuſtellen wußte, deſſen Temperatur genügte, damit
ſich bei ihr das in jedem Ofenfeuer für ſich allein unſchmelzbare Schmiedeeiſen im
geſchmolzenen Gußeiſen auflöſte, um mit ihm zu Stahl zuſammenzutreten. Erſt als
die Brüder Martin ſich entſchloſſen, die epochemachende Erfindung der Siemens'ſchen
Regenerativfeuerung in Anwendung zu bringen, hatten ſie Erfolge zu verzeichnen,
und ſeitdem wird der Proceß mit Recht nach den Namen beider Erfinder benannt.
Zum Verſtändniſſe des Martinproceſſes müſſen wir vorerſt der Siemens'ſchen
Erfindung gedenken. Der Flammofenbetrieb erfordert einen Brennſtoff, der durch
reichlichen Gehalt an Waſſerſtoff im Stande iſt, eine lange, heiße Flamme zu liefern,
wie getrocknetes Holz, dem gute, aſchenarme Steinkohle in groben Stücken beigemengt
wird, beſonders wenn es ſich darum handelt, die zu gewiſſen Zwecken nöthigen
höchſten Temperaturen zu erhalten.
Es giebt aber auch eine Menge billigerer Brennmaterialien, wie Torf,
Braunkohle, Holzſpäne, Kohlen- und Koksabfälle, welche wegen ihres Waſſer- oder
Aſchengehaltes, oder ihrer kleinkörnigen Beſchaffenheit direct zu ſolchen Zwecken
untauglich ſind. Werden jedoch dieſe Materialien durch eine Verbrennung bei un-
genügendem Luftzutritte in einem beſonderen Ofen — dem ſogenannten Generator —
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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/92>, abgerufen am 21.11.2024.
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