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Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900.

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Fahrräder. -- Draisinen.
der aus etwa 31/2 Meter Rohr besteht, wiegt kaum mehr als zwei bis drei Kilo-
gramm.

Einen Fabrikationszweig für sich, der sich in den Dienst der Fahrrad-
Industrie gestellt hat, bildet die Herstellung der Gummireifen. Eine Mittheilung
des Leiters der berühmten Continental-Pneumatikfabrik, G. Zachariades,
schildert die Herstellung dieses Artikels wie folgt: Die Reifen werden roh aus dem
besten erhältlichen Gummi und Gewebeeinlagen auf einem eisernen Ringe con-
fectionirt, letzterer mitsammt dem aufgebeutelten Mantel in eine zweitheilige guß-
eiserne Form gelegt und vulcanisirt. Hierauf wird der Ring aus der Form
genommen, der Mantel innen aufgeschlitzt und von dem Ringe abgezogen. Dieses
Verfahren wird bei starken Straßenreifen angewendet, deren Mantel unaufgepumpt
die runde Form hat. Die zweite Type sind die leichten Straßenreifen und die
Rennradreifen, flache, bandförmige Mäntel, welche nach ihrem eigenen Querschnitt
gedreht sind, so daß der rohe Mantel beim Vulcanisiren die Form der Trommel-
oberfläche annimmt.

Diese Mäntel sind aus einem äußerst elastischen Gewebe erzeugt, welches
dem Reifen eine große Geschmeidigkeit und unerreicht leichten Lauf verleiht. Die
Luftschläuche werden in einer besonderen Abtheilung genau auf ihre Dichtigkeit
ausprobirt und mit äußerster Sorgfalt aus Platten erzeugt, welche durch ein
besonderes Verfahren absolut luftdicht sind. Je nachdem die Oberfläche der Trommel
oder die Innenfläche der Formen für die Pneumatik-Fabrikation glatt oder gerippt
ist, erhalten die Mäntel dementsprechend eine glatte oder gerippte Form.

Ueber den Umfang der Fahrrad-Fabrikation giebt eine Zusammenstellung
von Haedicke (in der Zeitschrift "Stahl und Eisen", 1899), der wir hier aus-
zugsweise folgen, interessante Daten. Die Länder, in welchen dieser Industriezweig
außergewöhnlichen Aufschwung genommen hat, sind die Vereinigten Staaten von
Amerika, England und Frankreich. In dem erstgenannten Lande gab es im Jahre
1885 erst 6 Fabriken, welche zusammen jährlich 11.000 Maschinen lieferten, im
Jahre 1895 dagegen 500 Fabriken mit einer jährlichen Erzeugnißmenge von
600.000 Maschinen, 1899 900 Fabriken, welche 11/4 Millionen Fahrräder
erzeugten. Rechnet man die Nebenindustrien, welche das Material vorbereiten und
die verschiedenen Gegenstände zur Ausrüstung der Fahrräder (Laternen, Glocken u. s. w.)
herstellen, so kann man annehmen, daß der heutigen Fabrikation von Fahrrädern
in Amerika ein Capital von nicht weniger als 650 Millionen Mark zu Grunde
liegt. Man schätzt die Zahl der Radfahrer in diesem Lande auf reichlich drei,
vielleicht vier Millionen, so daß auf 24 Einwohner der Vereinigten Staaten ein
Radfahrer kommt. (In Frankreich beispielsweise erst auf 250 Einwohner.)

Die Größe des Bedarfes an Fahrrädern in Amerika verhindert indeß nicht,
daß überdies eine bedeutende Menge von Maschinen nach Europa exportiert wird.
Im Mai 1899 betrug der Werth derselben nahezu 4 1/2 Millionen Mark. Fast die
Hälfte dieses Betrages fällt auf Deutschland, obwohl hier die Fahrrad-Fabrikation

Fahrräder. — Draiſinen.
der aus etwa 3½ Meter Rohr beſteht, wiegt kaum mehr als zwei bis drei Kilo-
gramm.

Einen Fabrikationszweig für ſich, der ſich in den Dienſt der Fahrrad-
Induſtrie geſtellt hat, bildet die Herſtellung der Gummireifen. Eine Mittheilung
des Leiters der berühmten Continental-Pneumatikfabrik, G. Zachariades,
ſchildert die Herſtellung dieſes Artikels wie folgt: Die Reifen werden roh aus dem
beſten erhältlichen Gummi und Gewebeeinlagen auf einem eiſernen Ringe con-
fectionirt, letzterer mitſammt dem aufgebeutelten Mantel in eine zweitheilige guß-
eiſerne Form gelegt und vulcaniſirt. Hierauf wird der Ring aus der Form
genommen, der Mantel innen aufgeſchlitzt und von dem Ringe abgezogen. Dieſes
Verfahren wird bei ſtarken Straßenreifen angewendet, deren Mantel unaufgepumpt
die runde Form hat. Die zweite Type ſind die leichten Straßenreifen und die
Rennradreifen, flache, bandförmige Mäntel, welche nach ihrem eigenen Querſchnitt
gedreht ſind, ſo daß der rohe Mantel beim Vulcaniſiren die Form der Trommel-
oberfläche annimmt.

Dieſe Mäntel ſind aus einem äußerſt elaſtiſchen Gewebe erzeugt, welches
dem Reifen eine große Geſchmeidigkeit und unerreicht leichten Lauf verleiht. Die
Luftſchläuche werden in einer beſonderen Abtheilung genau auf ihre Dichtigkeit
ausprobirt und mit äußerſter Sorgfalt aus Platten erzeugt, welche durch ein
beſonderes Verfahren abſolut luftdicht ſind. Je nachdem die Oberfläche der Trommel
oder die Innenfläche der Formen für die Pneumatik-Fabrikation glatt oder gerippt
iſt, erhalten die Mäntel dementſprechend eine glatte oder gerippte Form.

Ueber den Umfang der Fahrrad-Fabrikation giebt eine Zuſammenſtellung
von Haedicke (in der Zeitſchrift »Stahl und Eiſen«, 1899), der wir hier aus-
zugsweiſe folgen, intereſſante Daten. Die Länder, in welchen dieſer Induſtriezweig
außergewöhnlichen Aufſchwung genommen hat, ſind die Vereinigten Staaten von
Amerika, England und Frankreich. In dem erſtgenannten Lande gab es im Jahre
1885 erſt 6 Fabriken, welche zuſammen jährlich 11.000 Maſchinen lieferten, im
Jahre 1895 dagegen 500 Fabriken mit einer jährlichen Erzeugnißmenge von
600.000 Maſchinen, 1899 900 Fabriken, welche 1¼ Millionen Fahrräder
erzeugten. Rechnet man die Nebeninduſtrien, welche das Material vorbereiten und
die verſchiedenen Gegenſtände zur Ausrüſtung der Fahrräder (Laternen, Glocken u. ſ. w.)
herſtellen, ſo kann man annehmen, daß der heutigen Fabrikation von Fahrrädern
in Amerika ein Capital von nicht weniger als 650 Millionen Mark zu Grunde
liegt. Man ſchätzt die Zahl der Radfahrer in dieſem Lande auf reichlich drei,
vielleicht vier Millionen, ſo daß auf 24 Einwohner der Vereinigten Staaten ein
Radfahrer kommt. (In Frankreich beiſpielsweiſe erſt auf 250 Einwohner.)

Die Größe des Bedarfes an Fahrrädern in Amerika verhindert indeß nicht,
daß überdies eine bedeutende Menge von Maſchinen nach Europa exportiert wird.
Im Mai 1899 betrug der Werth derſelben nahezu 4 ½ Millionen Mark. Faſt die
Hälfte dieſes Betrages fällt auf Deutſchland, obwohl hier die Fahrrad-Fabrikation

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[871/0953] Fahrräder. — Draiſinen. der aus etwa 3½ Meter Rohr beſteht, wiegt kaum mehr als zwei bis drei Kilo- gramm. Einen Fabrikationszweig für ſich, der ſich in den Dienſt der Fahrrad- Induſtrie geſtellt hat, bildet die Herſtellung der Gummireifen. Eine Mittheilung des Leiters der berühmten Continental-Pneumatikfabrik, G. Zachariades, ſchildert die Herſtellung dieſes Artikels wie folgt: Die Reifen werden roh aus dem beſten erhältlichen Gummi und Gewebeeinlagen auf einem eiſernen Ringe con- fectionirt, letzterer mitſammt dem aufgebeutelten Mantel in eine zweitheilige guß- eiſerne Form gelegt und vulcaniſirt. Hierauf wird der Ring aus der Form genommen, der Mantel innen aufgeſchlitzt und von dem Ringe abgezogen. Dieſes Verfahren wird bei ſtarken Straßenreifen angewendet, deren Mantel unaufgepumpt die runde Form hat. Die zweite Type ſind die leichten Straßenreifen und die Rennradreifen, flache, bandförmige Mäntel, welche nach ihrem eigenen Querſchnitt gedreht ſind, ſo daß der rohe Mantel beim Vulcaniſiren die Form der Trommel- oberfläche annimmt. Dieſe Mäntel ſind aus einem äußerſt elaſtiſchen Gewebe erzeugt, welches dem Reifen eine große Geſchmeidigkeit und unerreicht leichten Lauf verleiht. Die Luftſchläuche werden in einer beſonderen Abtheilung genau auf ihre Dichtigkeit ausprobirt und mit äußerſter Sorgfalt aus Platten erzeugt, welche durch ein beſonderes Verfahren abſolut luftdicht ſind. Je nachdem die Oberfläche der Trommel oder die Innenfläche der Formen für die Pneumatik-Fabrikation glatt oder gerippt iſt, erhalten die Mäntel dementſprechend eine glatte oder gerippte Form. Ueber den Umfang der Fahrrad-Fabrikation giebt eine Zuſammenſtellung von Haedicke (in der Zeitſchrift »Stahl und Eiſen«, 1899), der wir hier aus- zugsweiſe folgen, intereſſante Daten. Die Länder, in welchen dieſer Induſtriezweig außergewöhnlichen Aufſchwung genommen hat, ſind die Vereinigten Staaten von Amerika, England und Frankreich. In dem erſtgenannten Lande gab es im Jahre 1885 erſt 6 Fabriken, welche zuſammen jährlich 11.000 Maſchinen lieferten, im Jahre 1895 dagegen 500 Fabriken mit einer jährlichen Erzeugnißmenge von 600.000 Maſchinen, 1899 900 Fabriken, welche 1¼ Millionen Fahrräder erzeugten. Rechnet man die Nebeninduſtrien, welche das Material vorbereiten und die verſchiedenen Gegenſtände zur Ausrüſtung der Fahrräder (Laternen, Glocken u. ſ. w.) herſtellen, ſo kann man annehmen, daß der heutigen Fabrikation von Fahrrädern in Amerika ein Capital von nicht weniger als 650 Millionen Mark zu Grunde liegt. Man ſchätzt die Zahl der Radfahrer in dieſem Lande auf reichlich drei, vielleicht vier Millionen, ſo daß auf 24 Einwohner der Vereinigten Staaten ein Radfahrer kommt. (In Frankreich beiſpielsweiſe erſt auf 250 Einwohner.) Die Größe des Bedarfes an Fahrrädern in Amerika verhindert indeß nicht, daß überdies eine bedeutende Menge von Maſchinen nach Europa exportiert wird. Im Mai 1899 betrug der Werth derſelben nahezu 4 ½ Millionen Mark. Faſt die Hälfte dieſes Betrages fällt auf Deutſchland, obwohl hier die Fahrrad-Fabrikation

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Zitationshilfe: Schweiger-Lerchenfeld, Amand von: Im Reiche der Cyklopen: eine populäre Darstellung der Stahl- und Eisentechnik. Wien u. a., 1900, S. 871. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schweiger_cyklopen_1900/953>, abgerufen am 22.11.2024.