Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schwenter, Daniel: Deliciae physico-mathematicae oder mathematische und philosophische Erquickstunden. Nürnberg, 1636.

Bild:
<< vorherige Seite

Dritter Theil der Erquickstunden.
eylet auch außnatürlichem trieb je länger je mehr/ biß er an das lang ge-
wünschte Ort gelanget.

Jch setze auch Aristotelis meynung davon/ daß auch noch ein andere
natürliche Vrsach dazu komme/ Dann der Lufft welcher die Kugel mit jhrem
fall zertheilet/ eylet ob der Kugel geschwind wider zusammen/ vnd treibet sie
jmmer je stärcker/ was aber einmahl bewegt/ vnnd schon im fallen oder Lauff
ist/ sagt gedachter Aristoteles ferner in Mechanicis, läst sich leichtlich wei-
ter vnd geschwinder bewegen.

Weiln ferner die Kugel je länger je geschwinder fället/ folget auch/ daß
jhr effect jmmer stärcker vnd grösser werde: Nimb ein Exempel an einer stei-
nern Kugel/ Es kan seyn/ wann du sie ein Eln weit von der Erden erhebest
vnd fallen lässest/ sie gantz bleibe/ so du sie aber 10. 20. oder mehr Eln hoch
erhübest vnd fallen liessest/ sie zerschmetterte: Hingegen wann ein corpus
mit gewalt getrieben wird/ je weiter solches gelanget/ je längsamer es sich be-
wegt/ biß es endlich gantz matt wird. Folget also auch diß: Je näher ein ding
bey dem anfang einer fallenden Kugel/ je weniger Gewalt es empfähet: Hin-
gegen je näher es einer Kugel/ so mit gewalt getrieben oder geworffen ist/ je
mehr Gewalt muß es leiden.

Die XX. Auffgab.
Wann ein Kugel nicht durch ein Loch gehet/ ob die Kugel
zu groß oder das Loch zu klein?

Der Frantzösische Author führet wegen gedachter Frag einen kurtzwei-
ligen Discurs, ist auch sein Jntent nicht anders/ als ein Gelächter vnd Er-
götzligkeit zu erwecken. Vnd solche will ich hie auch nit aussen lassen: Diese
Frag/ spricht er/ kan zu allerley gebraucht werden. Zum Exempel/ wann ein
Mensch eine Böckelhauben nicht an den Kopff bringen köndte/ oder sein
Fuß in einen Schuch oder Stiffel/ möchte man fragen/ ob der Kopff zu groß
oder die Böckelhauben zu klein? Also ob der Fuß zu groß/ oder der Schuch
vnd Stieffel zu klein? Jtem so eine Materi nicht gar in ein Geschirr gehet/
ob das Geschirr zu klein/ oder der Materi zu viel? Also wann eine Eln nicht
just erräichte die Läng eines Tuchs/ ob die Eln zu kurtz oder das Tuch zu
lang? Letzlich so ein Centner ein stuck Bley nicht gar außwege/ ob der Cent-

ner

Dritter Theil der Erquickſtunden.
eylet auch außnatuͤrlichem trieb je laͤnger je mehr/ biß er an das lang ge-
wuͤnſchte Ort gelanget.

Jch ſetze auch Ariſtotelis meynung davon/ daß auch noch ein andere
natuͤrliche Vrſach dazu komme/ Dañ der Lufft welcher die Kugel mit jhrem
fall zertheilet/ eylet ob der Kugel geſchwind wider zuſammen/ vnd treibet ſie
jmmer je ſtaͤrcker/ was aber einmahl bewegt/ vnnd ſchon im fallen oder Lauff
iſt/ ſagt gedachter Ariſtoteles ferner in Mechanicis, laͤſt ſich leichtlich wei-
ter vnd geſchwinder bewegen.

Weiln ferner die Kugel je laͤnger je geſchwinder faͤllet/ folget auch/ daß
jhr effect jmmer ſtaͤrcker vnd groͤſſer werde: Nimb ein Exempel an einer ſtei-
nern Kugel/ Es kan ſeyn/ wann du ſie ein Eln weit von der Erden erhebeſt
vnd fallen laͤſſeſt/ ſie gantz bleibe/ ſo du ſie aber 10. 20. oder mehr Eln hoch
erhuͤbeſt vnd fallen lieſſeſt/ ſie zerſchmetterte: Hingegen wann ein corpus
mit gewalt getrieben wird/ je weiter ſolches gelanget/ je laͤngſamer es ſich be-
wegt/ biß es endlich gantz matt wird. Folget alſo auch diß: Je naͤher ein ding
bey dem anfang einer fallenden Kugel/ je weniger Gewalt es empfaͤhet: Hin-
gegen je naͤher es einer Kugel/ ſo mit gewalt getrieben oder geworffen iſt/ je
mehr Gewalt muß es leiden.

Die XX. Auffgab.
Wann ein Kugel nicht durch ein Loch gehet/ ob die Kugel
zu groß oder das Loch zu klein?

Der Frantzoͤſiſche Author fuͤhret wegen gedachter Frag einen kurtzwei-
ligen Diſcurs, iſt auch ſein Jntent nicht anders/ als ein Gelaͤchter vnd Er-
goͤtzligkeit zu erwecken. Vnd ſolche will ich hie auch nit auſſen laſſen: Dieſe
Frag/ ſpricht er/ kan zu allerley gebraucht werden. Zum Exempel/ wann ein
Menſch eine Boͤckelhauben nicht an den Kopff bringen koͤndte/ oder ſein
Fuß in einen Schuch oder Stiffel/ moͤchte man fragen/ ob der Kopff zu groß
oder die Boͤckelhauben zu klein? Alſo ob der Fuß zu groß/ oder der Schuch
vnd Stieffel zu klein? Jtem ſo eine Materi nicht gar in ein Geſchirr gehet/
ob das Geſchirr zu klein/ oder der Materi zu viel? Alſo wann eine Eln nicht
juſt erraͤichte die Laͤng eines Tuchs/ ob die Eln zu kurtz oder das Tuch zu
lang? Letzlich ſo ein Centner ein ſtuck Bley nicht gar außwege/ ob der Cent-

ner
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="188"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Dritter Theil der Erquick&#x017F;tunden.</hi></fw><lb/>
eylet auch außnatu&#x0364;rlichem trieb je la&#x0364;nger je mehr/ biß er an das lang ge-<lb/>
wu&#x0364;n&#x017F;chte Ort gelanget.</p><lb/>
        <p>Jch &#x017F;etze auch <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;totelis</hi> meynung davon/ daß auch noch ein andere<lb/>
natu&#x0364;rliche Vr&#x017F;ach dazu komme/ Dan&#x0303; der Lufft welcher die Kugel mit jhrem<lb/>
fall zertheilet/ eylet ob der Kugel ge&#x017F;chwind wider zu&#x017F;ammen/ vnd treibet &#x017F;ie<lb/>
jmmer je &#x017F;ta&#x0364;rcker/ was aber einmahl bewegt/ vnnd &#x017F;chon im fallen oder Lauff<lb/>
i&#x017F;t/ &#x017F;agt gedachter <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;toteles</hi> ferner in <hi rendition="#aq">Mechanicis,</hi> la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich leichtlich wei-<lb/>
ter vnd ge&#x017F;chwinder bewegen.</p><lb/>
        <p>Weiln ferner die Kugel je la&#x0364;nger je ge&#x017F;chwinder fa&#x0364;llet/ folget auch/ daß<lb/>
jhr <hi rendition="#aq">effect</hi> jmmer &#x017F;ta&#x0364;rcker vnd gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er werde: Nimb ein Exempel an einer &#x017F;tei-<lb/>
nern Kugel/ Es kan &#x017F;eyn/ wann du &#x017F;ie ein Eln weit von der Erden erhebe&#x017F;t<lb/>
vnd fallen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t/ &#x017F;ie gantz bleibe/ &#x017F;o du &#x017F;ie aber 10. 20. oder mehr Eln hoch<lb/>
erhu&#x0364;be&#x017F;t vnd fallen lie&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t/ &#x017F;ie zer&#x017F;chmetterte: Hingegen wann ein <hi rendition="#aq">corpus</hi><lb/>
mit gewalt getrieben wird/ je weiter &#x017F;olches gelanget/ je la&#x0364;ng&#x017F;amer es &#x017F;ich be-<lb/>
wegt/ biß es endlich gantz matt wird. Folget al&#x017F;o auch diß: Je na&#x0364;her ein ding<lb/>
bey dem anfang einer fallenden Kugel/ je weniger Gewalt es empfa&#x0364;het: Hin-<lb/>
gegen je na&#x0364;her es einer Kugel/ &#x017F;o mit gewalt getrieben oder geworffen i&#x017F;t/ je<lb/>
mehr Gewalt muß es leiden.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">XX.</hi></hi> Auffgab.</hi><lb/> <hi rendition="#fr">Wann ein Kugel nicht durch ein Loch gehet/ ob die Kugel<lb/>
zu groß oder das Loch zu klein?</hi> </head><lb/>
        <p>Der Frantzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;che <hi rendition="#aq">Author</hi> fu&#x0364;hret wegen gedachter Frag einen kurtzwei-<lb/>
ligen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">D</hi>i&#x017F;curs,</hi> i&#x017F;t auch &#x017F;ein Jntent nicht anders/ als ein Gela&#x0364;chter vnd Er-<lb/>
go&#x0364;tzligkeit zu erwecken. Vnd &#x017F;olche will ich hie auch nit au&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en: Die&#x017F;e<lb/>
Frag/ &#x017F;pricht er/ kan zu allerley gebraucht werden. Zum Exempel/ wann ein<lb/>
Men&#x017F;ch eine Bo&#x0364;ckelhauben nicht an den Kopff bringen ko&#x0364;ndte/ oder &#x017F;ein<lb/>
Fuß in einen Schuch oder Stiffel/ mo&#x0364;chte man fragen/ ob der Kopff zu groß<lb/>
oder die Bo&#x0364;ckelhauben zu klein? Al&#x017F;o ob der Fuß zu groß/ oder der Schuch<lb/>
vnd Stieffel zu klein? Jtem &#x017F;o eine Materi nicht gar in ein Ge&#x017F;chirr gehet/<lb/>
ob das Ge&#x017F;chirr zu klein/ oder der Materi zu viel? Al&#x017F;o wann eine Eln nicht<lb/>
ju&#x017F;t erra&#x0364;ichte die La&#x0364;ng eines Tuchs/ ob die Eln zu kurtz oder das Tuch zu<lb/>
lang? Letzlich &#x017F;o ein Centner ein &#x017F;tuck Bley nicht gar außwege/ ob der Cent-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ner</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0202] Dritter Theil der Erquickſtunden. eylet auch außnatuͤrlichem trieb je laͤnger je mehr/ biß er an das lang ge- wuͤnſchte Ort gelanget. Jch ſetze auch Ariſtotelis meynung davon/ daß auch noch ein andere natuͤrliche Vrſach dazu komme/ Dañ der Lufft welcher die Kugel mit jhrem fall zertheilet/ eylet ob der Kugel geſchwind wider zuſammen/ vnd treibet ſie jmmer je ſtaͤrcker/ was aber einmahl bewegt/ vnnd ſchon im fallen oder Lauff iſt/ ſagt gedachter Ariſtoteles ferner in Mechanicis, laͤſt ſich leichtlich wei- ter vnd geſchwinder bewegen. Weiln ferner die Kugel je laͤnger je geſchwinder faͤllet/ folget auch/ daß jhr effect jmmer ſtaͤrcker vnd groͤſſer werde: Nimb ein Exempel an einer ſtei- nern Kugel/ Es kan ſeyn/ wann du ſie ein Eln weit von der Erden erhebeſt vnd fallen laͤſſeſt/ ſie gantz bleibe/ ſo du ſie aber 10. 20. oder mehr Eln hoch erhuͤbeſt vnd fallen lieſſeſt/ ſie zerſchmetterte: Hingegen wann ein corpus mit gewalt getrieben wird/ je weiter ſolches gelanget/ je laͤngſamer es ſich be- wegt/ biß es endlich gantz matt wird. Folget alſo auch diß: Je naͤher ein ding bey dem anfang einer fallenden Kugel/ je weniger Gewalt es empfaͤhet: Hin- gegen je naͤher es einer Kugel/ ſo mit gewalt getrieben oder geworffen iſt/ je mehr Gewalt muß es leiden. Die XX. Auffgab. Wann ein Kugel nicht durch ein Loch gehet/ ob die Kugel zu groß oder das Loch zu klein? Der Frantzoͤſiſche Author fuͤhret wegen gedachter Frag einen kurtzwei- ligen Diſcurs, iſt auch ſein Jntent nicht anders/ als ein Gelaͤchter vnd Er- goͤtzligkeit zu erwecken. Vnd ſolche will ich hie auch nit auſſen laſſen: Dieſe Frag/ ſpricht er/ kan zu allerley gebraucht werden. Zum Exempel/ wann ein Menſch eine Boͤckelhauben nicht an den Kopff bringen koͤndte/ oder ſein Fuß in einen Schuch oder Stiffel/ moͤchte man fragen/ ob der Kopff zu groß oder die Boͤckelhauben zu klein? Alſo ob der Fuß zu groß/ oder der Schuch vnd Stieffel zu klein? Jtem ſo eine Materi nicht gar in ein Geſchirr gehet/ ob das Geſchirr zu klein/ oder der Materi zu viel? Alſo wann eine Eln nicht juſt erraͤichte die Laͤng eines Tuchs/ ob die Eln zu kurtz oder das Tuch zu lang? Letzlich ſo ein Centner ein ſtuck Bley nicht gar außwege/ ob der Cent- ner

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schwenter_deliciae_1636
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schwenter_deliciae_1636/202
Zitationshilfe: Schwenter, Daniel: Deliciae physico-mathematicae oder mathematische und philosophische Erquickstunden. Nürnberg, 1636, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwenter_deliciae_1636/202>, abgerufen am 24.11.2024.