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Schwenter, Daniel: Deliciae physico-mathematicae oder mathematische und philosophische Erquickstunden. Nürnberg, 1636.

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Vorrede.
wie leicht kan der jenige so wegen der Bewegung Naturlicher ding gu-
ten Grund hat/ ein so vngeschwungenen Jrrthumb widerlegen vnd zu
nicht machen: Dann es ist nit vnverborgen/ daß der Allmächtige alle
ding nach der schwere oder leichte erschaffen/ vnd die Natur gebe daß in
natürlichen Bewegungen das schwere vntersich gerad zum
centro das
leichte aber vom
centro übersich von sich selbstenbegere. Hingegen aber
durch eine gezwungene Bewegung das schwere in die höhe/ das leich-
te aber nider getrieben werde: Dann ein Vogel kan sich durch die
kräffte seiner Flügel/ mit seinen schweren Cörper in die Lufft schwingen/

motu nimirum animali wie jhn die Gelehrten nennen/ Also eine Feder so
sonsten wegen jrer leichtigkeit über sich begeret/ muß vom Lufft herun-
ter fallen/ so sie an einen stein gebunden vnd also genötiget wird Damit
wir aber zu vnserer antwort gelangen/ so ist auch gewiß/ daß je schwe-
rer ein
corpus ist/ je schneller vnd geschwinder es vntersich begeret/ dar-
auß nun zu schliessen/ daß die Menschen vnd Thier/ als die schwere Cör-
per haben/ alle zu vnd nit vom
centro begeren/ oder davon gegen dem
Himmel fallen können/ vnd diß durch die naturliche Bewegung/ hin-
gegen so eine Mine gesprenget wird/ kans seyn daß ein Mensch zimblich
hoch von dem gewalt deß Pulvers geworffen wird/ aber doch wenn der
gewalt deß stosses deß Pulvers sich endet/ muß doch der Mensthliche
Cörper vnd was sonsten von schwerer Materi in die höhe getrieben/
wider zu ruck auff die Erde fallen. Ferner durch die Wissenschafft vnd
Verstand der dreyerley Bewegung als der Natürlichen Gezwungen
vnd auß beyden Vermischten/ kan ein Büchsenmeister wann er Gra-
naten oder andre Kugel in eine Vestung werffen soll/ gewiß werffen
vnd grossen schaden thun: Dann wie in dem
XI. Theil folgen wird/ in
eim solchem Wurff/ die gedachten dreyerley Bewegungen sich ereyg-
nen/ wann nun ein Conestabel diese verstehet/ kan er leichtlich die Ku-
gel in die nähen ferrn oder dazwischen werffen. Drittens wir wissen
daß man mit einer Schleuder oder Schlingen/ einen Stein viel weiter
wirffet vnd treibet/ als schlecht mit der Hand/ ein Bawer weiß solchs
auß Erfahrenheit/ aber Vrsach der fernen Bewegung zugeben/ ist jhm
vnmüglich. Ein Einfältiger dem die Erfahrenheit vnbekannt möchte
vielmehr
statuirn, mit der blossen Hand ein Stein weiter zuwerffen we-
re/ als mit einer Schleuder: Dann wann man den Stein mit der Hand
werffe/ habe man nur einen Last nemlich den Stein zu bewegen/ so aber
die Schleuder dazu komme müsse man zween Läst bewegen. Nun sey

aber

Vorrede.
wie leicht kan der jenige ſo wegen der Bewegung Natůrlicher ding gu-
ten Grund hat/ ein ſo vngeſchwungenen Jrꝛthumb widerlegen vnd zu
nicht machen: Dann es iſt nit vnverborgen/ daß der Allmaͤchtige alle
ding nach der ſchwere oder leichte erſchaffen/ vñ die Natur gebe daß in
natuͤrlichen Bewegungen das ſchwere vnterſich gerad zum
centro das
leichte aber vom
centro uͤberſich von ſich ſelbſtẽbegere. Hingegen aber
durch eine gezwungene Bewegung das ſchwere in die hoͤhe/ das leich-
te aber nider getrieben werde: Dann ein Vogel kan ſich durch die
kraͤffte ſeiner Fluͤgel/ mit ſeinẽ ſchweren Coͤrper in die Lufft ſchwingen/

motu nimirum animali wie jhn die Gelehrten nennen/ Alſo eine Feder ſo
ſonſten wegen jrer leichtigkeit uͤber ſich begeꝛet/ muß vom Lufft herun-
ter fallen/ ſo ſie an einen ſtein gebunden vnd alſo genoͤtiget wird Damit
wir aber zu vnſerer antwort gelangen/ ſo iſt auch gewiß/ daß je ſchwe-
rer ein
corpus iſt/ je ſchneller vnd geſchwinder es vnterſich begeret/ dar-
auß nun zu ſchlieſſen/ daß die Menſchen vnd Thier/ als die ſchwere Coͤr-
per haben/ alle zu vnd nit vom
centro begeren/ oder davon gegen dem
Himmel fallen koͤnnen/ vnd diß durch die natůrliche Bewegung/ hin-
gegen ſo eine Mine geſprenget wird/ kans ſeyn daß ein Menſch zimblich
hoch von dem gewalt deß Pulvers geworffen wird/ aber doch weñ der
gewalt deß ſtoſſes deß Pulvers ſich endet/ muß doch der Menſthliche
Coͤrper vnd was ſonſten von ſchwerer Materi in die hoͤhe getrieben/
wider zu ruck auff die Erde fallen. Ferner durch die Wiſſenſchafft vnd
Verſtand der dreyerley Bewegung als der Natuͤrlichen Gezwungen
vnd auß beyden Vermiſchten/ kan ein Buͤchſenmeiſter wann er Gra-
naten oder andre Kugel in eine Veſtung werffen ſoll/ gewiß werffen
vnd groſſen ſchaden thun: Dann wie in dem
XI. Theil folgen wird/ in
eim ſolchem Wurff/ die gedachten dreyerley Bewegungen ſich ereyg-
nen/ wann nun ein Coneſtabel dieſe verſtehet/ kan er leichtlich die Ku-
gel in die naͤhen ferꝛn oder dazwiſchen werffen. Drittens wir wiſſen
daß man mit einer Schleuder oder Schlingen/ einen Stein viel weiter
wirffet vnd treibet/ als ſchlecht mit der Hand/ ein Bawer weiß ſolchs
auß Erfahrenheit/ aber Vrſach der fernen Bewegung zugeben/ iſt jhm
vnmuͤglich. Ein Einfaͤltiger dem die Erfahrenheit vnbekannt moͤchte
vielmehr
ſtatuirn, mit der bloſſen Hand ein Stein weiter zuwerffen we-
re/ als mit einer Schleuder: Dann wann man den Stein mit der Hand
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[391/0405] Vorrede. wie leicht kan der jenige ſo wegen der Bewegung Natůrlicher ding gu- ten Grund hat/ ein ſo vngeſchwungenen Jrꝛthumb widerlegen vnd zu nicht machen: Dann es iſt nit vnverborgen/ daß der Allmaͤchtige alle ding nach der ſchwere oder leichte erſchaffen/ vñ die Natur gebe daß in natuͤrlichen Bewegungen das ſchwere vnterſich gerad zum centro das leichte aber vom centro uͤberſich von ſich ſelbſtẽbegere. Hingegen aber durch eine gezwungene Bewegung das ſchwere in die hoͤhe/ das leich- te aber nider getrieben werde: Dann ein Vogel kan ſich durch die kraͤffte ſeiner Fluͤgel/ mit ſeinẽ ſchweren Coͤrper in die Lufft ſchwingen/ motu nimirum animali wie jhn die Gelehrten nennen/ Alſo eine Feder ſo ſonſten wegen jrer leichtigkeit uͤber ſich begeꝛet/ muß vom Lufft herun- ter fallen/ ſo ſie an einen ſtein gebunden vnd alſo genoͤtiget wird Damit wir aber zu vnſerer antwort gelangen/ ſo iſt auch gewiß/ daß je ſchwe- rer ein corpus iſt/ je ſchneller vnd geſchwinder es vnterſich begeret/ dar- auß nun zu ſchlieſſen/ daß die Menſchen vnd Thier/ als die ſchwere Coͤr- per haben/ alle zu vnd nit vom centro begeren/ oder davon gegen dem Himmel fallen koͤnnen/ vnd diß durch die natůrliche Bewegung/ hin- gegen ſo eine Mine geſprenget wird/ kans ſeyn daß ein Menſch zimblich hoch von dem gewalt deß Pulvers geworffen wird/ aber doch weñ der gewalt deß ſtoſſes deß Pulvers ſich endet/ muß doch der Menſthliche Coͤrper vnd was ſonſten von ſchwerer Materi in die hoͤhe getrieben/ wider zu ruck auff die Erde fallen. Ferner durch die Wiſſenſchafft vnd Verſtand der dreyerley Bewegung als der Natuͤrlichen Gezwungen vnd auß beyden Vermiſchten/ kan ein Buͤchſenmeiſter wann er Gra- naten oder andre Kugel in eine Veſtung werffen ſoll/ gewiß werffen vnd groſſen ſchaden thun: Dann wie in dem XI. Theil folgen wird/ in eim ſolchem Wurff/ die gedachten dreyerley Bewegungen ſich ereyg- nen/ wann nun ein Coneſtabel dieſe verſtehet/ kan er leichtlich die Ku- gel in die naͤhen ferꝛn oder dazwiſchen werffen. Drittens wir wiſſen daß man mit einer Schleuder oder Schlingen/ einen Stein viel weiter wirffet vnd treibet/ als ſchlecht mit der Hand/ ein Bawer weiß ſolchs auß Erfahrenheit/ aber Vrſach der fernen Bewegung zugeben/ iſt jhm vnmuͤglich. Ein Einfaͤltiger dem die Erfahrenheit vnbekannt moͤchte vielmehr ſtatuirn, mit der bloſſen Hand ein Stein weiter zuwerffen we- re/ als mit einer Schleuder: Dann wann man den Stein mit der Hand werffe/ habe man nur einen Laſt nemlich den Stein zu bewegen/ ſo aber die Schleuder dazu komme muͤſſe man zween Laͤſt bewegen. Nun ſey aber

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Zitationshilfe: Schwenter, Daniel: Deliciae physico-mathematicae oder mathematische und philosophische Erquickstunden. Nürnberg, 1636, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schwenter_deliciae_1636/405>, abgerufen am 22.11.2024.