pse_109.002 Es bleibt immer entscheidend, wie der Mensch auf Lagen, pse_109.003 in die er gerät, mit seinem Innersten antwortet. Eine ganz pse_109.004 andere Antwort, als das Schwere ernsthaft zu erleben, ist die pse_109.005 Heiterkeit. Aus ihr heraus wird der Mensch die Welt ganz pse_109.006 anders sehen und dann auch gestalten. Wir wollen uns davor pse_109.007 hüten, die Heiterkeit gegenüber dem Ernst abzuwerten und pse_109.008 für oberflächlicher zu nehmen. Denn wir denken mit Heiterkeit pse_109.009 nicht so sehr an eine vitale, beinahe untermenschliche pse_109.010 Fröhlichkeit, die ja auch mitklingen kann, sondern an eine pse_109.011 Stimmung und Gesamthaltung, die den Menschen als geistiges pse_109.012 Wesen kennzeichnet. Wir kennen sie aus Mozart, an pse_109.013 Watteau, auch an pompeianischen Wandmalereien, aus den pse_109.014 Idyllen von Salomon Geßner.
pse_109.015 Die besondere Form der Heiterkeit, die für die Dichtung pse_109.016 von großer Bedeutung ist, ist der Humor. Auch er bietet der pse_109.017 Betrachtung, ähnlich wie Tragik und Komik, erhebliche pse_109.018 Schwierigkeiten. Vor allem die Beziehungen zur Komik. pse_109.019 Vielfach sieht man den Humor im Zusammenhang mit dieser, pse_109.020 ja geradezu als eine Spielart davon. Daß enge Bindungen pse_109.021 bestehen, ist sicher. Aber es bleibt fraglich, ob man so weit pse_109.022 gehen darf zu sagen: ohne Komik des Gegenstandes kein pse_109.023 Humor und ohne Humor des Auffassens keine Komik pse_109.024 (N. Hartmann). Denn man muß dagegen feststellen: ein pse_109.025 humorvoller Mensch erregt kaum Komik, man lacht mit pse_109.026 ihm, nicht über ihn, und ein komischer Mensch ist kaum pse_109.027 humorvoll. Humor ist eine menschliche Haltung. Das Entscheidende pse_109.028 am Humor ist der Mensch, und zwar seine Gestimmtheit pse_109.029 im Sinne Heideggers. Im Humor wird der ganze pse_109.030 Mensch im Bezug zur ganzen Welt sichtbar. "Der Humor pse_109.031 gleicht der milden Sonne über einer mit allerlei sonderbarem pse_109.032 Getier belebten Landschaft" (Lützeler). So entsteht eine bestimmte pse_109.033 seelische Atmosphäre. Ihr Ausdruck ist das Lachen.pse_109.034 Aber auch darunter ist sehr Verschiedenes zu verstehen. pse_109.035 Sicher ist das Lachen eine Erleichterung, eine Art Lebensbewältigung. pse_109.036 Es kann tiefe Menschlichkeit enthüllen. Um
pse_109.001 Die Heiterkeit
pse_109.002 Es bleibt immer entscheidend, wie der Mensch auf Lagen, pse_109.003 in die er gerät, mit seinem Innersten antwortet. Eine ganz pse_109.004 andere Antwort, als das Schwere ernsthaft zu erleben, ist die pse_109.005 Heiterkeit. Aus ihr heraus wird der Mensch die Welt ganz pse_109.006 anders sehen und dann auch gestalten. Wir wollen uns davor pse_109.007 hüten, die Heiterkeit gegenüber dem Ernst abzuwerten und pse_109.008 für oberflächlicher zu nehmen. Denn wir denken mit Heiterkeit pse_109.009 nicht so sehr an eine vitale, beinahe untermenschliche pse_109.010 Fröhlichkeit, die ja auch mitklingen kann, sondern an eine pse_109.011 Stimmung und Gesamthaltung, die den Menschen als geistiges pse_109.012 Wesen kennzeichnet. Wir kennen sie aus Mozart, an pse_109.013 Watteau, auch an pompeianischen Wandmalereien, aus den pse_109.014 Idyllen von Salomon Geßner.
pse_109.015 Die besondere Form der Heiterkeit, die für die Dichtung pse_109.016 von großer Bedeutung ist, ist der Humor. Auch er bietet der pse_109.017 Betrachtung, ähnlich wie Tragik und Komik, erhebliche pse_109.018 Schwierigkeiten. Vor allem die Beziehungen zur Komik. pse_109.019 Vielfach sieht man den Humor im Zusammenhang mit dieser, pse_109.020 ja geradezu als eine Spielart davon. Daß enge Bindungen pse_109.021 bestehen, ist sicher. Aber es bleibt fraglich, ob man so weit pse_109.022 gehen darf zu sagen: ohne Komik des Gegenstandes kein pse_109.023 Humor und ohne Humor des Auffassens keine Komik pse_109.024 (N. Hartmann). Denn man muß dagegen feststellen: ein pse_109.025 humorvoller Mensch erregt kaum Komik, man lacht mit pse_109.026 ihm, nicht über ihn, und ein komischer Mensch ist kaum pse_109.027 humorvoll. Humor ist eine menschliche Haltung. Das Entscheidende pse_109.028 am Humor ist der Mensch, und zwar seine Gestimmtheit pse_109.029 im Sinne Heideggers. Im Humor wird der ganze pse_109.030 Mensch im Bezug zur ganzen Welt sichtbar. »Der Humor pse_109.031 gleicht der milden Sonne über einer mit allerlei sonderbarem pse_109.032 Getier belebten Landschaft« (Lützeler). So entsteht eine bestimmte pse_109.033 seelische Atmosphäre. Ihr Ausdruck ist das Lachen.pse_109.034 Aber auch darunter ist sehr Verschiedenes zu verstehen. pse_109.035 Sicher ist das Lachen eine Erleichterung, eine Art Lebensbewältigung. pse_109.036 Es kann tiefe Menschlichkeit enthüllen. Um
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0125"n="109"/><divn="3"><lbn="pse_109.001"/><head><hirendition="#c"><hirendition="#i">Die Heiterkeit</hi></hi></head><p><lbn="pse_109.002"/>
Es bleibt immer entscheidend, wie der Mensch auf Lagen, <lbn="pse_109.003"/>
in die er gerät, mit seinem Innersten antwortet. Eine ganz <lbn="pse_109.004"/>
andere Antwort, als das Schwere ernsthaft zu erleben, ist die <lbn="pse_109.005"/>
Heiterkeit. Aus ihr heraus wird der Mensch die Welt ganz <lbn="pse_109.006"/>
anders sehen und dann auch gestalten. Wir wollen uns davor <lbn="pse_109.007"/>
hüten, die Heiterkeit gegenüber dem Ernst abzuwerten und <lbn="pse_109.008"/>
für oberflächlicher zu nehmen. Denn wir denken mit Heiterkeit <lbn="pse_109.009"/>
nicht so sehr an eine vitale, beinahe untermenschliche <lbn="pse_109.010"/>
Fröhlichkeit, die ja auch mitklingen kann, sondern an eine <lbn="pse_109.011"/>
Stimmung und Gesamthaltung, die den Menschen als geistiges <lbn="pse_109.012"/>
Wesen kennzeichnet. Wir kennen sie aus Mozart, an <lbn="pse_109.013"/>
Watteau, auch an pompeianischen Wandmalereien, aus den <lbn="pse_109.014"/>
Idyllen von Salomon Geßner.</p><p><lbn="pse_109.015"/>
Die besondere Form der Heiterkeit, die für die Dichtung <lbn="pse_109.016"/>
von großer Bedeutung ist, ist der <hirendition="#i">Humor.</hi> Auch er bietet der <lbn="pse_109.017"/>
Betrachtung, ähnlich wie Tragik und Komik, erhebliche <lbn="pse_109.018"/>
Schwierigkeiten. Vor allem die Beziehungen zur Komik. <lbn="pse_109.019"/>
Vielfach sieht man den Humor im Zusammenhang mit dieser, <lbn="pse_109.020"/>
ja geradezu als eine Spielart davon. Daß enge Bindungen <lbn="pse_109.021"/>
bestehen, ist sicher. Aber es bleibt fraglich, ob man so weit <lbn="pse_109.022"/>
gehen darf zu sagen: ohne Komik des Gegenstandes kein <lbn="pse_109.023"/>
Humor und ohne Humor des Auffassens keine Komik <lbn="pse_109.024"/>
(N. Hartmann). Denn man muß dagegen feststellen: ein <lbn="pse_109.025"/>
humorvoller Mensch erregt kaum Komik, man lacht mit <lbn="pse_109.026"/>
ihm, nicht über ihn, und ein komischer Mensch ist kaum <lbn="pse_109.027"/>
humorvoll. Humor ist eine menschliche Haltung. Das Entscheidende <lbn="pse_109.028"/>
am Humor ist der Mensch, und zwar seine Gestimmtheit <lbn="pse_109.029"/>
im Sinne Heideggers. Im Humor wird der ganze <lbn="pse_109.030"/>
Mensch im Bezug zur ganzen Welt sichtbar. »Der Humor <lbn="pse_109.031"/>
gleicht der milden Sonne über einer mit allerlei sonderbarem <lbn="pse_109.032"/>
Getier belebten Landschaft« (Lützeler). So entsteht eine bestimmte <lbn="pse_109.033"/>
seelische Atmosphäre. Ihr Ausdruck ist das <hirendition="#i">Lachen.</hi><lbn="pse_109.034"/>
Aber auch darunter ist sehr Verschiedenes zu verstehen. <lbn="pse_109.035"/>
Sicher ist das Lachen eine Erleichterung, eine Art Lebensbewältigung. <lbn="pse_109.036"/>
Es kann tiefe Menschlichkeit enthüllen. Um
</p></div></div></div></body></text></TEI>
[109/0125]
pse_109.001
Die Heiterkeit pse_109.002
Es bleibt immer entscheidend, wie der Mensch auf Lagen, pse_109.003
in die er gerät, mit seinem Innersten antwortet. Eine ganz pse_109.004
andere Antwort, als das Schwere ernsthaft zu erleben, ist die pse_109.005
Heiterkeit. Aus ihr heraus wird der Mensch die Welt ganz pse_109.006
anders sehen und dann auch gestalten. Wir wollen uns davor pse_109.007
hüten, die Heiterkeit gegenüber dem Ernst abzuwerten und pse_109.008
für oberflächlicher zu nehmen. Denn wir denken mit Heiterkeit pse_109.009
nicht so sehr an eine vitale, beinahe untermenschliche pse_109.010
Fröhlichkeit, die ja auch mitklingen kann, sondern an eine pse_109.011
Stimmung und Gesamthaltung, die den Menschen als geistiges pse_109.012
Wesen kennzeichnet. Wir kennen sie aus Mozart, an pse_109.013
Watteau, auch an pompeianischen Wandmalereien, aus den pse_109.014
Idyllen von Salomon Geßner.
pse_109.015
Die besondere Form der Heiterkeit, die für die Dichtung pse_109.016
von großer Bedeutung ist, ist der Humor. Auch er bietet der pse_109.017
Betrachtung, ähnlich wie Tragik und Komik, erhebliche pse_109.018
Schwierigkeiten. Vor allem die Beziehungen zur Komik. pse_109.019
Vielfach sieht man den Humor im Zusammenhang mit dieser, pse_109.020
ja geradezu als eine Spielart davon. Daß enge Bindungen pse_109.021
bestehen, ist sicher. Aber es bleibt fraglich, ob man so weit pse_109.022
gehen darf zu sagen: ohne Komik des Gegenstandes kein pse_109.023
Humor und ohne Humor des Auffassens keine Komik pse_109.024
(N. Hartmann). Denn man muß dagegen feststellen: ein pse_109.025
humorvoller Mensch erregt kaum Komik, man lacht mit pse_109.026
ihm, nicht über ihn, und ein komischer Mensch ist kaum pse_109.027
humorvoll. Humor ist eine menschliche Haltung. Das Entscheidende pse_109.028
am Humor ist der Mensch, und zwar seine Gestimmtheit pse_109.029
im Sinne Heideggers. Im Humor wird der ganze pse_109.030
Mensch im Bezug zur ganzen Welt sichtbar. »Der Humor pse_109.031
gleicht der milden Sonne über einer mit allerlei sonderbarem pse_109.032
Getier belebten Landschaft« (Lützeler). So entsteht eine bestimmte pse_109.033
seelische Atmosphäre. Ihr Ausdruck ist das Lachen. pse_109.034
Aber auch darunter ist sehr Verschiedenes zu verstehen. pse_109.035
Sicher ist das Lachen eine Erleichterung, eine Art Lebensbewältigung. pse_109.036
Es kann tiefe Menschlichkeit enthüllen. Um
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription.
(2015-09-30T09:54:39Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: nicht übernommen;
Kustoden: nicht übernommen;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine;
rundes r (ꝛ): wie Vorlage;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: nicht übernommen;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: ja;
Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/125>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.