Zu den großen Erhebungen und inneren Bereicherungen, pse_001.003 die uns Menschen beschieden sind, gehört die Kunst. Was pse_001.004 Kunstwerke uns bedeuten können, erfährt jeder für die künstlerischen pse_001.005 Werte aufgeschlossene Mensch immer wieder. Es pse_001.006 ist nun aber eine Eigentümlichkeit des geistig interessierten pse_001.007 Menschen, daß er alles, was ihm als Bedeutsames, Ergreifendes pse_001.008 entgegentritt, in seinem Wesen, in seinen systematischen pse_001.009 Zusammenhängen betrachten und denkend erfassen will. So pse_001.010 auch die Kunst. Die großen Kunsterlebnisse regen solchen pse_001.011 Menschen an, über die Bedingungen, die Möglichkeiten, die pse_001.012 Arten, ja sogar die Gesetze der Kunstwerke nachzudenken pse_001.013 oder sich darüber zu unterrichten. Man will von den Maltechniken, pse_001.014 von den Baustilen, von den Unterschieden zwischen pse_001.015 einer Symphonie und einem Oratorium, von den Möglichkeiten pse_001.016 der einzelnen Musikinstrumente etwas wissen. Nicht pse_001.017 daß solche Kenntnisse unmittelbar und sicher zu einem künstlerischen pse_001.018 Erlebnis führen könnten, geschweige denn, daß sie pse_001.019 es je zu ersetzen vermöchten; aber neben dem rein theoretischen pse_001.020 Interesse, das uns Menschen immer auch irgendwie bewegt, pse_001.021 können solche Einsichten und Übersichten künstlerische pse_001.022 Erlebnisse vielleicht manchmal vorbereiten, ja sogar vertiefen: pse_001.023 denn es öffnen sich so doch auch Blicke in die geistigen pse_001.024 Möglichkeiten des Menschen, in die Forderungen ans Können pse_001.025 und das Ringen um höchste Wertdarstellungen.
pse_001.026 Das gilt auch für den Bereich der Dichtkunst. Kaum jemand, pse_001.027 der nicht irgendwie mit Werken der Literatur zusammenkommt: pse_001.028 pflichtgemäß in der Schule, zur Entspannung pse_001.029 an Abenden, zur Vertreibung der Langeweile auf der pse_001.030 Fahrt ins Geschäft, aber auch in Augenblicken höchster Gestimmtheit pse_001.031 und Bereitschaft für hohe Dichtung. Dabei pse_001.032 schweben immer gewisse allgemeinste und oft nur sehr oberflächliche
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EINLEITUNG
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Zu den großen Erhebungen und inneren Bereicherungen, pse_001.003 die uns Menschen beschieden sind, gehört die Kunst. Was pse_001.004 Kunstwerke uns bedeuten können, erfährt jeder für die künstlerischen pse_001.005 Werte aufgeschlossene Mensch immer wieder. Es pse_001.006 ist nun aber eine Eigentümlichkeit des geistig interessierten pse_001.007 Menschen, daß er alles, was ihm als Bedeutsames, Ergreifendes pse_001.008 entgegentritt, in seinem Wesen, in seinen systematischen pse_001.009 Zusammenhängen betrachten und denkend erfassen will. So pse_001.010 auch die Kunst. Die großen Kunsterlebnisse regen solchen pse_001.011 Menschen an, über die Bedingungen, die Möglichkeiten, die pse_001.012 Arten, ja sogar die Gesetze der Kunstwerke nachzudenken pse_001.013 oder sich darüber zu unterrichten. Man will von den Maltechniken, pse_001.014 von den Baustilen, von den Unterschieden zwischen pse_001.015 einer Symphonie und einem Oratorium, von den Möglichkeiten pse_001.016 der einzelnen Musikinstrumente etwas wissen. Nicht pse_001.017 daß solche Kenntnisse unmittelbar und sicher zu einem künstlerischen pse_001.018 Erlebnis führen könnten, geschweige denn, daß sie pse_001.019 es je zu ersetzen vermöchten; aber neben dem rein theoretischen pse_001.020 Interesse, das uns Menschen immer auch irgendwie bewegt, pse_001.021 können solche Einsichten und Übersichten künstlerische pse_001.022 Erlebnisse vielleicht manchmal vorbereiten, ja sogar vertiefen: pse_001.023 denn es öffnen sich so doch auch Blicke in die geistigen pse_001.024 Möglichkeiten des Menschen, in die Forderungen ans Können pse_001.025 und das Ringen um höchste Wertdarstellungen.
pse_001.026 Das gilt auch für den Bereich der Dichtkunst. Kaum jemand, pse_001.027 der nicht irgendwie mit Werken der Literatur zusammenkommt: pse_001.028 pflichtgemäß in der Schule, zur Entspannung pse_001.029 an Abenden, zur Vertreibung der Langeweile auf der pse_001.030 Fahrt ins Geschäft, aber auch in Augenblicken höchster Gestimmtheit pse_001.031 und Bereitschaft für hohe Dichtung. Dabei pse_001.032 schweben immer gewisse allgemeinste und oft nur sehr oberflächliche
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Interesse, das uns Menschen immer auch irgendwie bewegt, pse_001.021
können solche Einsichten und Übersichten künstlerische pse_001.022
Erlebnisse vielleicht manchmal vorbereiten, ja sogar vertiefen: pse_001.023
denn es öffnen sich so doch auch Blicke in die geistigen pse_001.024
Möglichkeiten des Menschen, in die Forderungen ans Können pse_001.025
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Das gilt auch für den Bereich der Dichtkunst. Kaum jemand, pse_001.027
der nicht irgendwie mit Werken der Literatur zusammenkommt: pse_001.028
pflichtgemäß in der Schule, zur Entspannung pse_001.029
an Abenden, zur Vertreibung der Langeweile auf der pse_001.030
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. E1. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/17>, abgerufen am 03.12.2024.
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