pse_009.001 Ähnlichkeiten als auch in ihren Unterschieden. So gelingen pse_009.002 ihr Reihen- und Typenbildungen, die schon der erste Schritt pse_009.003 zum Allgemeinen sind. Insofern ist die Poetik induktiv. Aber pse_009.004 doch sind auch allgemeine Erkenntnisse, etwa über den Menschen pse_009.005 und seine schöpferischen Leistungen, über Kunst und pse_009.006 Kunstwerke, über die Gegenstandswelt, die den Menschen pse_009.007 umgibt, und über die Art, wie er sie erfaßt und erlebt, nötig, pse_009.008 um feste Grundlagen der Poetik zu bieten.
pse_009.009 Auf diesem Weg zu den Einsichten über die Dichtung darf pse_009.010 man die Hilfe der Dichter nicht verachten. Freilich ist dichterische pse_009.011 Tätigkeit, also das Schaffen von Dichtungen, nicht pse_009.012 zu vergleichen mit der theoretischen Betrachtung von Dichtungen. pse_009.013 Man kann im Grunde vom Dichter ebensowenig pse_009.014 voraussetzen und erwarten, daß er neben dichterisch-schöpferischer pse_009.015 Tätigkeit auch Literaturwissenschaftler sei, als man pse_009.016 vom Literaturforscher verlangen darf, er müsse auch Dichter pse_009.017 sein. Gewiß kann beides zusammentreffen, aber kaum je in pse_009.018 gleichrangiger Weise. Und doch kommt es sehr häufig vor, pse_009.019 daß Dichter sich über ihr Schaffen und die ihm zugrunde pse_009.020 liegenden Gesetzlichkeiten Rechenschaft ablegen in Briefen, pse_009.021 Gesprächen, Tagebüchern, Essays und ganzen Abhandlungen. pse_009.022 Vor allem finden wir bei ihnen häufig Hinweise gerade auf pse_009.023 zwei ganz gegensätzliche Seiten der Dichtung: auf das Göttliche, pse_009.024 Ewige und Tiefe in ihr und auf die Kunstregeln bis pse_009.025 in alle Einzelheiten.
pse_009.026 Die Aufgaben der Poetik sind sehr mannigfaltig. Man kann pse_009.027 auf der einen Seite die Grundgesetze, die Grundgegebenheiten, pse_009.028 die Bedingungen der Dichtung erforschen, auf der anderen pse_009.029 Seite die künstlerischen Möglichkeiten der Gestaltung pse_009.030 in alle Einzelheiten verfolgen und dabei zu Gruppen und pse_009.031 Typen verschiedenster Art kommen. Es scheint mir aber nicht pse_009.032 nötig, beide Seiten als Logik und Ästhetik der Dichtung pse_009.033 scharf zu scheiden. Eine andere Unterscheidung kennen wir pse_009.034 schon aus dem geschichtlichen Überblick. Die normative pse_009.035 Poetik, die Regeln des Schaffens zu geben versuchte, ist seit pse_009.036 dem deutschen Idealismus und der europäischen Romantik pse_009.037 von einer beschreibenden und verstehenden abgelöst worden, pse_009.038 die die tatsächlichen Gegebenheiten beschreibt und in ihrer
pse_009.001 Ähnlichkeiten als auch in ihren Unterschieden. So gelingen pse_009.002 ihr Reihen- und Typenbildungen, die schon der erste Schritt pse_009.003 zum Allgemeinen sind. Insofern ist die Poetik induktiv. Aber pse_009.004 doch sind auch allgemeine Erkenntnisse, etwa über den Menschen pse_009.005 und seine schöpferischen Leistungen, über Kunst und pse_009.006 Kunstwerke, über die Gegenstandswelt, die den Menschen pse_009.007 umgibt, und über die Art, wie er sie erfaßt und erlebt, nötig, pse_009.008 um feste Grundlagen der Poetik zu bieten.
pse_009.009 Auf diesem Weg zu den Einsichten über die Dichtung darf pse_009.010 man die Hilfe der Dichter nicht verachten. Freilich ist dichterische pse_009.011 Tätigkeit, also das Schaffen von Dichtungen, nicht pse_009.012 zu vergleichen mit der theoretischen Betrachtung von Dichtungen. pse_009.013 Man kann im Grunde vom Dichter ebensowenig pse_009.014 voraussetzen und erwarten, daß er neben dichterisch-schöpferischer pse_009.015 Tätigkeit auch Literaturwissenschaftler sei, als man pse_009.016 vom Literaturforscher verlangen darf, er müsse auch Dichter pse_009.017 sein. Gewiß kann beides zusammentreffen, aber kaum je in pse_009.018 gleichrangiger Weise. Und doch kommt es sehr häufig vor, pse_009.019 daß Dichter sich über ihr Schaffen und die ihm zugrunde pse_009.020 liegenden Gesetzlichkeiten Rechenschaft ablegen in Briefen, pse_009.021 Gesprächen, Tagebüchern, Essays und ganzen Abhandlungen. pse_009.022 Vor allem finden wir bei ihnen häufig Hinweise gerade auf pse_009.023 zwei ganz gegensätzliche Seiten der Dichtung: auf das Göttliche, pse_009.024 Ewige und Tiefe in ihr und auf die Kunstregeln bis pse_009.025 in alle Einzelheiten.
pse_009.026 Die Aufgaben der Poetik sind sehr mannigfaltig. Man kann pse_009.027 auf der einen Seite die Grundgesetze, die Grundgegebenheiten, pse_009.028 die Bedingungen der Dichtung erforschen, auf der anderen pse_009.029 Seite die künstlerischen Möglichkeiten der Gestaltung pse_009.030 in alle Einzelheiten verfolgen und dabei zu Gruppen und pse_009.031 Typen verschiedenster Art kommen. Es scheint mir aber nicht pse_009.032 nötig, beide Seiten als Logik und Ästhetik der Dichtung pse_009.033 scharf zu scheiden. Eine andere Unterscheidung kennen wir pse_009.034 schon aus dem geschichtlichen Überblick. Die normative pse_009.035 Poetik, die Regeln des Schaffens zu geben versuchte, ist seit pse_009.036 dem deutschen Idealismus und der europäischen Romantik pse_009.037 von einer beschreibenden und verstehenden abgelöst worden, pse_009.038 die die tatsächlichen Gegebenheiten beschreibt und in ihrer
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zum Allgemeinen sind. Insofern ist die Poetik induktiv. Aber pse_009.004
doch sind auch allgemeine Erkenntnisse, etwa über den Menschen pse_009.005
und seine schöpferischen Leistungen, über Kunst und pse_009.006
Kunstwerke, über die Gegenstandswelt, die den Menschen pse_009.007
umgibt, und über die Art, wie er sie erfaßt und erlebt, nötig, pse_009.008
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Auf diesem Weg zu den Einsichten über die Dichtung darf pse_009.010
man die Hilfe der Dichter nicht verachten. Freilich ist dichterische pse_009.011
Tätigkeit, also das Schaffen von Dichtungen, nicht pse_009.012
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Man kann im Grunde vom Dichter ebensowenig pse_009.014
voraussetzen und erwarten, daß er neben dichterisch-schöpferischer pse_009.015
Tätigkeit auch Literaturwissenschaftler sei, als man pse_009.016
vom Literaturforscher verlangen darf, er müsse auch Dichter pse_009.017
sein. Gewiß kann beides zusammentreffen, aber kaum je in pse_009.018
gleichrangiger Weise. Und doch kommt es sehr häufig vor, pse_009.019
daß Dichter sich über ihr Schaffen und die ihm zugrunde pse_009.020
liegenden Gesetzlichkeiten Rechenschaft ablegen in Briefen, pse_009.021
Gesprächen, Tagebüchern, Essays und ganzen Abhandlungen. pse_009.022
Vor allem finden wir bei ihnen häufig Hinweise gerade auf pse_009.023
zwei ganz gegensätzliche Seiten der Dichtung: auf das Göttliche, pse_009.024
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in alle Einzelheiten.
pse_009.026
Die Aufgaben der Poetik sind sehr mannigfaltig. Man kann pse_009.027
auf der einen Seite die Grundgesetze, die Grundgegebenheiten, pse_009.028
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Seite die künstlerischen Möglichkeiten der Gestaltung pse_009.030
in alle Einzelheiten verfolgen und dabei zu Gruppen und pse_009.031
Typen verschiedenster Art kommen. Es scheint mir aber nicht pse_009.032
nötig, beide Seiten als Logik und Ästhetik der Dichtung pse_009.033
scharf zu scheiden. Eine andere Unterscheidung kennen wir pse_009.034
schon aus dem geschichtlichen Überblick. Die normative pse_009.035
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/25>, abgerufen am 03.12.2024.
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