pse_599.001 Seelischen. Der Monolog ist durchaus mit Dramatik und pse_599.002 Drama verträglich. Er kann Ruhestellen bringen und damit pse_599.003 als Entspannung und Gegengewicht wirksam sein. Er kann pse_599.004 innere Dramatik prägen, also Gespanntheit in der Seele des pse_599.005 Sprechenden. So sind im Monolog alle dramatischen Elemente pse_599.006 enthalten: Selbstdarstellung der Person, er kann auch pse_599.007 stärkste Spannung erzeugen und endlich besonders stark auch pse_599.008 die Gespaltenheit ausdrücken, so der große Wallenstein- pse_599.009 Monolog oder der Monolog Iphigenies am Schluß des vierten pse_599.010 Aufzugs, wo sie vor eine furchtbare Entscheidung gestellt ist pse_599.011 und sich noch nicht entscheiden kann. Den Monolog als unnatürlich pse_599.012 abzulehnen, bedeutet Verkennung der Grundlagen pse_599.013 der Dichtung; gerade im Zuge der Wirklichkeitsenthebung pse_599.014 durch die Kunst erhält er seinen Sinn. Vor allem in ihm kann pse_599.015 das Tiefgründige vernehmbar gemacht werden. Zugleich pse_599.016 kann er auch im Bau des Dramas bestimmte Funktionen erfüllen. pse_599.017 Eine ist die Eröffnung des ganzen Werkes ("Faust", pse_599.018 Wächtermonolog im "Agamemnon") oder bestimmter wichtiger pse_599.019 Teile (Monolog in der hohlen Gasse). Eine andere ist die pse_599.020 Verbindung wichtiger Handlungsglieder. Endlich kann er pse_599.021 auch in den Kern des dramatischen Geschehens führen und pse_599.022 dabei die innere Gespanntheit der Person offenbaren (Iphigenie pse_599.023 am Schluß des 4. Aktes) oder dem Gegner im Geiste pse_599.024 gegenübertreten (Wallensteins großer Monolog). Die dämonischen pse_599.025 Bereiche des Menschentums eröffnet der Dolchmonolog pse_599.026 Macbeths. Es kann ganze Monologketten geben, die pse_599.027 fortschreitend aus immer neuen Lagen das Innere des Helden pse_599.028 enthüllen, so die Monologe Hamlets, Iphigenies oder Tassos.
pse_599.029 Auch das sprachliche Bild verrichtet bestimmte Leistungen pse_599.030 im Drama. In ihnen besonders ist die Spannung auf das Ziel pse_599.031 hin gestaltbar. Gleich im Anfang des "Kaufmanns von Venedig" pse_599.032 lenken die Bilder Salarios auf die See und das kommende pse_599.033 Schicksal der Schiffe Antonios. Zugleich eignet den echt pse_599.034 dramatischen Bildern starke Knappheit, Leerlauf ist undramatisch. pse_599.035 Innerlich sind die Bilder des echten Dramas meistens pse_599.036 gespannt, sie weisen in sich schon das Dramatische auf. Auch pse_599.037 im Miteinander und Gegeneinander der Bilder kann Dramatik pse_599.038 liegen. Besonders deutlich in der Gegensätzlichkeit der
pse_599.001 Seelischen. Der Monolog ist durchaus mit Dramatik und pse_599.002 Drama verträglich. Er kann Ruhestellen bringen und damit pse_599.003 als Entspannung und Gegengewicht wirksam sein. Er kann pse_599.004 innere Dramatik prägen, also Gespanntheit in der Seele des pse_599.005 Sprechenden. So sind im Monolog alle dramatischen Elemente pse_599.006 enthalten: Selbstdarstellung der Person, er kann auch pse_599.007 stärkste Spannung erzeugen und endlich besonders stark auch pse_599.008 die Gespaltenheit ausdrücken, so der große Wallenstein- pse_599.009 Monolog oder der Monolog Iphigenies am Schluß des vierten pse_599.010 Aufzugs, wo sie vor eine furchtbare Entscheidung gestellt ist pse_599.011 und sich noch nicht entscheiden kann. Den Monolog als unnatürlich pse_599.012 abzulehnen, bedeutet Verkennung der Grundlagen pse_599.013 der Dichtung; gerade im Zuge der Wirklichkeitsenthebung pse_599.014 durch die Kunst erhält er seinen Sinn. Vor allem in ihm kann pse_599.015 das Tiefgründige vernehmbar gemacht werden. Zugleich pse_599.016 kann er auch im Bau des Dramas bestimmte Funktionen erfüllen. pse_599.017 Eine ist die Eröffnung des ganzen Werkes (»Faust«, pse_599.018 Wächtermonolog im »Agamemnon«) oder bestimmter wichtiger pse_599.019 Teile (Monolog in der hohlen Gasse). Eine andere ist die pse_599.020 Verbindung wichtiger Handlungsglieder. Endlich kann er pse_599.021 auch in den Kern des dramatischen Geschehens führen und pse_599.022 dabei die innere Gespanntheit der Person offenbaren (Iphigenie pse_599.023 am Schluß des 4. Aktes) oder dem Gegner im Geiste pse_599.024 gegenübertreten (Wallensteins großer Monolog). Die dämonischen pse_599.025 Bereiche des Menschentums eröffnet der Dolchmonolog pse_599.026 Macbeths. Es kann ganze Monologketten geben, die pse_599.027 fortschreitend aus immer neuen Lagen das Innere des Helden pse_599.028 enthüllen, so die Monologe Hamlets, Iphigenies oder Tassos.
pse_599.029 Auch das sprachliche Bild verrichtet bestimmte Leistungen pse_599.030 im Drama. In ihnen besonders ist die Spannung auf das Ziel pse_599.031 hin gestaltbar. Gleich im Anfang des »Kaufmanns von Venedig« pse_599.032 lenken die Bilder Salarios auf die See und das kommende pse_599.033 Schicksal der Schiffe Antonios. Zugleich eignet den echt pse_599.034 dramatischen Bildern starke Knappheit, Leerlauf ist undramatisch. pse_599.035 Innerlich sind die Bilder des echten Dramas meistens pse_599.036 gespannt, sie weisen in sich schon das Dramatische auf. Auch pse_599.037 im Miteinander und Gegeneinander der Bilder kann Dramatik pse_599.038 liegen. Besonders deutlich in der Gegensätzlichkeit der
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innere Dramatik prägen, also Gespanntheit in der Seele des pse_599.005
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stärkste Spannung erzeugen und endlich besonders stark auch pse_599.008
die Gespaltenheit ausdrücken, so der große Wallenstein- pse_599.009
Monolog oder der Monolog Iphigenies am Schluß des vierten pse_599.010
Aufzugs, wo sie vor eine furchtbare Entscheidung gestellt ist pse_599.011
und sich noch nicht entscheiden kann. Den Monolog als unnatürlich pse_599.012
abzulehnen, bedeutet Verkennung der Grundlagen pse_599.013
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durch die Kunst erhält er seinen Sinn. Vor allem in ihm kann pse_599.015
das Tiefgründige vernehmbar gemacht werden. Zugleich pse_599.016
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Teile (Monolog in der hohlen Gasse). Eine andere ist die pse_599.020
Verbindung wichtiger Handlungsglieder. Endlich kann er pse_599.021
auch in den Kern des dramatischen Geschehens führen und pse_599.022
dabei die innere Gespanntheit der Person offenbaren (Iphigenie pse_599.023
am Schluß des 4. Aktes) oder dem Gegner im Geiste pse_599.024
gegenübertreten (Wallensteins großer Monolog). Die dämonischen pse_599.025
Bereiche des Menschentums eröffnet der Dolchmonolog pse_599.026
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fortschreitend aus immer neuen Lagen das Innere des Helden pse_599.028
enthüllen, so die Monologe Hamlets, Iphigenies oder Tassos.
pse_599.029
Auch das sprachliche Bild verrichtet bestimmte Leistungen pse_599.030
im Drama. In ihnen besonders ist die Spannung auf das Ziel pse_599.031
hin gestaltbar. Gleich im Anfang des »Kaufmanns von Venedig« pse_599.032
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dramatischen Bildern starke Knappheit, Leerlauf ist undramatisch. pse_599.035
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Seidler, Herbert: Die Dichtung: Wesen, Form, Dasein. Stuttgart, 1959, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/seidler_poetik_1959/615>, abgerufen am 22.11.2024.
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